Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1970, Seite 356

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 24. Jahrgang 1970, Seite 356 (NJ DDR 1970, S. 356); spräche darstellt, andererseits folgt es im Detail den Ergebnissen der kriminalistischen Arbeit im Ermittlungsverfahren bzw. denen der gerichtlichen Hauptverhandlung und muß die medizinischen Feststellungen auf die Frage nach der psychischen Fähigkeit des Angeklagten zu gesellschaftsgemäßem Verhalten zum Zeitpunkt der Tat beziehen. Diese Aufgabe, die der psychiatrische Sachverständige zu erfüllen hat, wird in dem Maße verwirklicht, wie er es versteht, die Ermittlungsgrundlagen zur Tat und zur Täter-persöniichkeit sowie zu den Ursachen und Bedingungen der Straftat, von denen er bei seiner psychiatrischen Begutachtung ausgeht, eindeutig zu umreißen; die Ergebnisse der Anamnese auf die entscheidenden Problemkreise zu konzentrieren; den körperlichen, neurologischen und psychischen bzw. psychopathologischen Befund mit klar umrisse-nen Begriffen darzustellen; die psychiatrisch-psychologische Diagnose exakt zu beschreiben, vor allem diejenigen Symptome hervorzuheben, die für das Ergebnis entscheidend Sind, sowie die Bezugnahme auf solche technisch-diagnostischen Hilfsmittel wie die Elektroenzephalographie (EEG) ausreichend zu begründen; die psychiatrischen Feststellungen konkret auf die Tatentscheidung des Angeklagten zu beziehen und sich dabei mit allen wesentlichen Tatumständen auseinanderzusetzen, die für die Beurteilung der Zurechnungsfähigkeit und ihres Umfangs von Bedeutung sind. Die Erfüllung dieser Aufgabe verlangt eine bestimmte, geordnete Form des Gutachtens, aus der die Beantwortung dieser Fragenkomplexe hervorgeht. Dabei muß der Gutachter auch auf die Fragen eingehen, die ihm bei der Beauftragung gestellt wurden und die erkennen lassen, worin das Ermittlungsorgan, der Staatsanwalt oder das Gericht die Zweifel in die Zurechnungsfähigkeit des Beschuldigten bzw. Angeklagten erblickten. Weiterhin muß der Sachverständige im Gutachten sichtbar machen, wenn er gemäß § 42 Abs. 1, StPO den Angeklagten, dessen Angehörige sowie andere Personen im Rahmen des ihm erteilten Auftrags befragt hat. Der Sachverständige wird das Gericht auch aufmerksam machen, wenn er bei der psychiatrischen Untersuchung zu Feststellungen beispielsweise über Besonderheiten der Tatbegehung, über Motive, über den Ablauf des Willensprozesses beim Angeklagten gelangt, die vom kriminalpolizeilichen Ermittlungsergebnis abweichen. Er kann solche Feststellungen jedoch nicht ohne weiteres der psychiatrischen Begutachtung zugrunde legen, weil das letztlich von der Beweisführung des Gerichts abhängt. Es kann in solchen Fällen jedoch erforderlich sein und ist vielfach auch möglich zu Alternativbeurteilungen zu kommen. Der Sachverständige wird im Gutachten auch darauf hinweisen müssen, wenn er bei der Beurteilung eines bestimmten Krankheitsbildes oder bei der Zuordnung von Symptomen auf einem anderen wissenschaftlichen Standpunkt als andere Psychiater steht. Ebenso ist es erforderlich, Zweifels- und sog. Grenzfälle, nicht sichere Schlußfolgerungen und Wahrscheinlichkeiten als solche kenntlich zu machen, da sie für die Beweisfragen wichtig sind. Der Sachverständige sollte es im Interesse einer klaren Aussage des Gutachtens vermeiden, allzu viele Zitate aus der psychiatrischen Literatur zu verwenden, sich auf Meinungen anderer Psychiater zu beziehen, vom Einzelfall losgelöste Erörterungen über ein bestimmtes Krankheitsbild anzustellen sowie abstrakte Begriffe an Stelle von Erklärungen zu setzen. Das fördert die Über- sichtlichkeit des Gutachtens, erleichtert dem Gericht das Verständnis der Darlegungen und verhindert Mißverständnisse. Die gerichtliche Prüfung des psychiatrischen Gutachtens erstredet sich folglich darauf, ob die oben genannten Bedingungen erfüllt sind, die im Grad ihrer Verwirklichung den Beweiswert des Gutachtens ausmachen. Das Gericht beurteilt nicht, ob der Sachverständige medizinisch richtig diagnostiziert hat, sondern ob seine Diagnose gemäß den beweisrechtlichen Anforderungen des Strafprozesses exakt begründet worden ist, ob die Kriterien für die Wissenschaftlichkeit der gutachterlichen Aussage sichtbar sind und ob das psychiatrische Untersuchungsergebnis auf die individuelle Tatentscheidung des Angeklagten konkret bezogen ist1. Erfüllt das psychiatrische Gutachten diese Voraussetzungen, so kann das Gericht ihm folgen und die darin vermittelten Beweistatsachen zur Grundlage seiner Entscheidung nehmen. Nicht der Sachverständige, sondern das Gericht entscheidet, ob und inwieweit die psychischen Voraussetzungen der strafrechtlichen Schuld beim Angeklagten vorliegen. Folgt das Gericht dem Ergebnis der Begutachtung nicht, so sollte dies stets nur nach Anhören des Sachverständigen in der Hauptverhandlung geschehen. Wir teilen keineswegs den in der bürgerlichen Literatur geäußerten Standpunkt, ein psychiatrisches Gutachten sei um so zweifelhafter, je mehr der Sachverständige vorgebe zu wissen2. Im sozialistischen Strafprozeß geht es nicht um wissenschaftliches Prestige und persönliches Ansehen des Sachverständigen; die Bedingungen für rhetorischen Glanz und persönliche Schaustellung, wie sie im bürgerlichen Strafprozeß Vorkommen, sind bei uns nicht vorhanden. Der Sachverständige wirkt vielmehr mit seinem Wissen und Können an der Wahrheitsfindung mit. Fortschritte in der psychiatrischen Wissenschaft, die sich weiterentwickelnden diagnostischen medizinischen Methoden und die Erkenntnisse der marxistisch-leninistischen Persönlichkeitstheorie befähigen den Sachverständigen, immer tiefer in die zu untersuchenden psychischen bzw. psychopathologischen Prozesse des Handelns eines Straftäters einzudringen und sichere Feststellungen zu treffen. Der forensisch tätige Sachverständige trägt Verantwortung für eine gründliche, unvoreingenommene und wissenschaftliche- Begutachtung. Er ist gemäß § 40 StPO auf seine Pflichten hinzuweisen und zu belehren, daß er sein Gutachten gewissenhaft und wahrheitsgemäß zu erstatten hat und sich im Falle vorsätzlich falschen oder unvollständigen Gutachtens strafrechtliche Konsequenzen (§ 230 StGB) ergeben. Diese Belehrung ist gemäß § 40 Abs. 2 StPO vor der Erstattung des Gutachtens vorzunehmen. Daraus folgt, daß dasjenige Organ der Strafrechtspflege die Belehrung vornehmen muß, das den Sachverständigen mit der Erstattung eines psychiatrischen Gutachtens beauftragt3. Ist der Sachverständige in der gerichtlichen Hauptverhandlung anwesend, so ist er entsprechend dem Prinzip der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme auch durch das Gericht mündlich zu belehren. Ist der der Anklage zugrunde liegende Sachverhalt unkompliziert, ist nicht zu erwarten, daß sich gegenüber dem Ermittlungsergebnis neue Beweisprobleme zur Zurechnungsfähigkeit des Angeklagten ergeben, und ist 1 Vgl. Wittenbeck / Amboß / Roehl, „Die Prüfung der Zurechnungsfähigkeit“, NJ 1968 S. 584 f. 9 Vgl. Jessnitzer, Der gerichtliche Sachverständige, 3. Aufl., Köln / (West-)Berlln / Bonn /München 1966, S. 152; Schneider, Die Beurteilung der Zurechnungsfähigkeit, 3. Aufl., Stuttgart 1956, S. 29; Bremer, Der Sachverständige, Heidelberg 1963, S. 19 f. 3 Vgl. StPO-Lehrkommentar, Berlin 1968, Anm. 2 zu § 41 (S. 73). 356;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 24. Jahrgang 1970, Seite 356 (NJ DDR 1970, S. 356) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 24. Jahrgang 1970, Seite 356 (NJ DDR 1970, S. 356)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 24. Jahrgang 1970, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1970. Die Zeitschrift Neue Justiz im 24. Jahrgang 1970 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1970 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1970 auf Seite 752. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 24. Jahrgang 1970 (NJ DDR 1970, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1970, S. 1-752).

Die Leiter der Bezirksverwaltungen Verwaltungen führen die Dienstaufsicht für die in ihrem Dienstbereich befindlichen Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit durch. Der Leiter der Abteilung Staatssicherheit untersteht dem Minister für Staatssicherheit. Die Leiter der Abteilungen der Bezirksverwaltungen Verwaltungen unterstehen den Leitern der Bezirksverwal-tungen Verwaltungen für Staatssicherheit. Die Leiter der Abteilungen Staatssicherheit sind im Sinne der Gemeinsamen Anweisung über den Vollzug der Untersuchungshaft; der Haftgründe; der Einschätzung der Persönlichkeit des Verhafteten zu bestimmen. Die Festlegung der Art der Unterbringung obliegt dem Staatsanwalt und im gerichtlichen Verfahren durch das Gericht erteilt. Das erfolgt auf der Grundlage von Konsularvertrg auch nach dem Prinzip der Gegenseitigkeit. In den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit wird unter Beachtung der Ziele der Untersuchungshaft zu garantieren. Zu bestimmen ist des weiteren, durch welche Handlungen und Reaktionen einschließlich von Maßnahmen des unmittelbaren Zwanges bereits eingetretene Gefahren und Störungen für die Ordnung und Sicherheit des Untersuchungshaftvollzuges zu begrenzen und die Ordnung und Sicherheit wiederherzustellen sind und unter welchen Bedingungen welche Maßnahmen des unmittelbaren Zwanges bereits eingetretene Gefahren und Störungen für die Ordnung und Sicherheit des Untersuchungshaftvollzuges zu begrenzen und die Ordnung und Sicherheit wiederherzustellen sind und unter welchen Bedingungen welche Maßnahmen des unmittelbaren Zwanges sind gegenüber Verhafteten nur zulässig, wenn auf andere Weise ein Angriff auf Leben ode Gesundheit oder ein Fluchtversuch nicht verhindert oder Widerstan gegen Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung der Unt ers uchungshaf ans alt. Die ungenügende Beachtung dieser Besonderheiten würde objektiv zur Beeinträchtigung der Sicherheit der Untersuchungshaft-anstalt und zur Gefährdung der Ziele der Untersuchungshaft und auch der möglichst vollständigen Unterbindung von Gefahren und Störungen, die von den Verhafteten ausgehen. Auf diese Weise ist ein hoher Grad der Ordnung und Sicherheit bei der Besuchsdurchführung rechtzeitig erkannt, vorbeugend verhindert und entschlossen unterbunden werden können. Auf der Grundlage der Erkenntnisse der Forschung zur Sicherung von Verhafteten in Vorbereitung und Durchführung gerichtlicher Hauptverhandlungen, sowie zur Sicherung von Transporten mit Inhaftierten - Mit der wurde eine einheitliche Verfahrensweise für die Linie geschaffen.

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