Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1970, Seite 287

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 24. Jahrgang 1970, Seite 287 (NJ DDR 1970, S. 287); Kräften während des Strafvollzugs auf Rückfalltäter beschränkt sein wie das an einer Stelle des vorstehenden Beitrags anklingt. Die von Kruse/Uhlig/Zucker herausgearbeiteten Kriterien für eine Strafaussetzung betreffen nur das Verhalten des Täters im Strafvollzug. Nach § 45 StGB sind jedoch neben der Persönlichkeit des Täters auch die Umstände und die Schwere der Straftat zu berücksichtigen. Das Oberste Gericht hat in seiner unveröffentlichten Entscheidung vom 15. September 1969 5 Wst 2/69 unter dem Gesichtspunkt des Strafzwecks zu der wirksamen Erziehung des Rechtsverletzers und zum Schutz der sozialistischen Gesellschaftsordnung wie folgt Stellung genommen: „Die Entscheidung darüber, ob und zu welcher Zeit die Anwendung der Strafaussetzung auf Bewährung berechtigt und notwendig ist, setzt die Prüfung aller in § 45 Abs. 1 StGB i. Verb. m. Art. 2 StGB festgelegten Faktoren über die Funktion der Strafe voraus, da sich nur dann beurteilen läßt, ob der Zweck- der gegen einen Angeklagten ausgesprochenen Freiheitsstrafe als erreicht angesehen werden kann. Nach Art. 2 Abs. 1 StGB besteht der Strafzweck nicht nur in der wirksamen Erziehung des Rechtsverletzers, sondern auch im Schutz der sozialistischen Staatsund Gesellschaftsordnung, der Bürger und ihrer Rechte vor kriminellen Handlungen. In diesem Sinne ist § 45 Abs. 1 StGB auszulegen, der es hinsichtlich der Voraussetzungen der Strafaussetzung auf Bewährung auf die Erreichung des Strafzwecks abstellt und die Berücksichtigung der Umstände der Straftat neben der der Persönlichkeit des Verurteilten ausdrücklich hervorhebt.“ Daraus ergibt sich, daß selbst bei Tätern, deren Verhalten während des Strafvollzugs über einen längeren Zeitraum hinweg als überwiegend positiv beurteilt wird, eine Strafaussetzung auf Bewährung als verfrüht abgelehnt werden kann, wenn dem die Umstände der Tat, d. h. in der Regel deren Schweregrad, entgegenstehen. Liegen aber die gesetzlichen Voraussetzungen vor, dann besteht auch eine Pflicht zur Strafaussetzung auf Bewährung. Noch immer gibt es vereinzelte Beispiele dafür, daß die Gerichte zwar im Verfahren die in § 45 StGB und § 349 StPO genannten Voraussetzungen für eine Strafaussetzung bejahen, die Beschlußfassung jedoch mit dem Hinweis verzögern, daß die staatlichen Organe nicht rechtzeitig einen geeigneten Arbeitsplatz zur Verfügung gestellt haben. Das ist unzulässig. Vielmehr haben die Gerichte in solchen Fällen unverzüglich über den Antrag zu entscheiden, auch wenn dadurch eine vorgesehene Verpflichtung zur Bewährung am Arbeitsplatz als zusätzliche Erziehungsmaßnahme nicht ausgesprochen werden kann1. Der Ausspruch einer Bewährung am Arbeitsplatz (§ 45 Abs. 3 Ziff. 2 StGB) ohne konkrete Bezeichnung des dafür vorgesehenen Betriebes sollte unterbleiben, weil das Gericht dann ohnehin die Geeignetheit des Arbeitsplatzes nicht prüfen kann. Derartige negative Beispiele offenbaren, daß sowohl das Strafvollzugsorgan als auch die Abteilung Innere Angelegenheiten des örtlichen Rates und nicht zuletzt das Gericht den Prozeß der Wiedereingliederung des Verurteilten ungenügend vorbereitet haben. Der Auffassung von Kruse/Uhlig/Zucker, daß bei wiederholt Straffälligen, die mehrmals zu Freiheitsstrafen verurteilt wurden, bei der Strafaussetzung ein besonders strenger Maßstab anzulegen sei, kann im allgemeinen gefolgt werden nicht aber ihrer Begründung, daß diese Verurteilten sich in der Regel nur deshalb ohne Beanstandungen verhalten, weil sie mit den Ge- i i Vgl. dazu den „Bericht über die 25. Plenartagung des Obersten Gerichts“, NJ 1970 S. 48 ff. (49). pflogenheiten des Strafvollzugs gut vertraut sind. Tatsächlich gibt es vor allem bei den' Organen des Strafvollzugs noch immer Tendenzen, mit dieser Begründung bei wiederholt straffällig gewordenen Tätern auf die Verbüßung der Freiheitsstrafe zu orientieren, obwohl sie, wie durch Tatsachen belegt werden kann, über einen längeren Zeitraum hinweg eine außerordentlich positive Entwicklung genommen haben. Derartige subjektivistische Auffassungen wirken sich schädlich auf den Prozeß der Selbsterziehung des Verurteilten aus. Für sie darf in der Praxis der Rechtspflegeorgane kein Raum sein. Soweit Kruse/Uhlig/Zucker die Strafaussetzung bei Rückfalltätern, die nach § 44 StGB bestraft wurden, als Ausnahme deklarieren, erscheint dies bereits im Hinblick auf die im Gesetz angedrohten Mindeststrafen fehlerhaft. Allerdings wird das erneute Straffälligwerden trotz Verbüßung vorausgegangener mehrjähriger Freiheitsstrafen in der Regel die Notwendigkeit begründen, den Zeitpunkt für eine vorzeitige Entlassung wesentlich später anzusetzen als beispielsweise bei einem Ersttäter. Mündliche Verhandlung zur Entscheidung über Strafaussetzung Die Verfasser betonen zu Recht, daß die mündliche Verhandlung zur Entscheidung über eine Strafaussetzung auf Bewährung- (§ 349 Abs. 9 StPO) Ausnahmecharakter trägt. Dies muß aber auch dann gelten, wenn im Zusammenhang mit der Gewährung von Strafaussetzung eine Bürgschaftsübernahme zu erwarten ist. Um die Erziehungsbereitschaft bei Arbeitskollektiven oder einzelnen Personen zu wecken, sollten die Bürgschaften vielmehr kontinuierlich und auf lange Sicht vorbereitet werden. Mangelt es an einer solchen Kontinuität, dann sollten die Gerichte bestimmte Anknüpfungspunkte aus der Hauptverhandlung aufgreifen und ggf. mit Hilfe der Schöffen die Im Zusammenhang mit einer etwaigen Strafaussetzung bestehenden Probleme vor der Beschlußfassung darüber im Arbeitskollektiv des Verurteilten erörtern. Dabei wird es vor allem darauf ankommen, anknüpfend an die im Führungsbericht des Strafvollzugsorgans genannten positiven Entwicklungstendenzen des Verurteilten, konkrete Maßnahmen festzulegen, die eine möglichst konfliktlose Wiedereingliederung in das gesellschaftliche Leben ermöglichen. Eine mündliche Verhandlung gemäß § 349 Abs. 9 StPO kann erforderlich sein, wenn die dem Gericht zur Verfügung stehenden schriftlichen Unterlagen noch keine Entscheidung zulassen. Dies kann z. B. dann der Fall sein, wenn die Entwicklung eines Täters im Führungsbericht als negativ charakterisiert wird, andererseits aber Arbeitskollektive öder auch Angehörige des Verurteilten, gestützt auf Kenntnisse aus persönlichen Besuchen während des Strafvollzugs, gegenteilige Auffassungen vertreten und sich dabei auf das Zeugnis von Mitarbeitern des Strafvollzugs berufen. Maßnahmen zur Erhöhung der erzieherischen Wirksamkeit der Strafaussetzung Der Auffassung von Kruse/Uhlig/Zucker, daß selbst bei böswilliger Nichterfüllung der gerichtlichen Auflage, den Schaden während der Bewährungszeit nach besten Kräften wiedergutzumachen, der Vollzug der Freiheitsstrafe nicht angeordnet werden könne, weil eine solche Maßnahme in § 45 Abs. 3 StGB nicht vorgesehen sei, kann nicht zugestimmt werden. Zunächst ist davon auszugehen, daß die Bereitschaft des Verurteilten zur Wiedergutmachung sowohl für die Prüfung einer möglichen Strafaussetzung als auch 287;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 24. Jahrgang 1970, Seite 287 (NJ DDR 1970, S. 287) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 24. Jahrgang 1970, Seite 287 (NJ DDR 1970, S. 287)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 24. Jahrgang 1970, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1970. Die Zeitschrift Neue Justiz im 24. Jahrgang 1970 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1970 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1970 auf Seite 752. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 24. Jahrgang 1970 (NJ DDR 1970, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1970, S. 1-752).

Die Leiter der Bezirksverwaltungen Verwaltungen haben zu gewährleisten, daß die Aufgaben- und Maßnahmenkomplexe zur abgestimmten und koordinierten Vorbeugung, Aufklärung und Verhinderung des ungesetzlichen Verlas-sens und der Bekämpfung des staatsfeindlichen Menschenhandels Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit Instruktion zum Befehl des Ministers für Staatssicherheit zur Vorbeugung, Aufklärung und Verhinderung des ungesetzlichen Verlassens der und der Bekämpfung des staatsfeindlichen Menschenhandels. Im engen Zusammenhang damit ergibt sich die Notwendigkeit der allseitigen Klärung der Frage er ist wer? besonders unter den Personen, die in der Vergangenheit bereits mit disziplinwidrigen Verhaltens weisen in der Öffentlichkeit in Erscheinung traten und hierfür zum Teil mit Ordnungsstrafen durch die belegt worden waren. Aus Mißachtung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit einhergeht. Fünftens ist in begründeten Ausnahmefällen eine Abweichung von diesen Grundsätzen aus politischen oder politisch-operativen, einschließlich untersuchungstaktischen Gründen möglich, wenn die jeweiligen gesetzlichen Voraussetzungen für die Anordnung der Untersuchungshaft einerseits und für die Verurteilung durch das Gericht andererseits aufgrund des objektiv bedingten unterschiedlichen Erkenntnisstandes unterschiedlich sind. Während die Anordnung der Untersuchungshaft gebietet es, die Haftgründe nicht nur nach formellen rechtlichen Gesichtspunkten zu prüfen, sondern stets auch vom materiellen Gehalt der Straftat und der Persönlichkeit des Verdächtigen als auch auf Informationen zu konzentrieren, die im Zusammenhang mit der möglichen Straftat unter politischen und politisch-operativen Aspekten zur begründeten Entscheidung über die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen die gleiche Person anzugeben, weil die gleichen Ermittlungsergebnisse seinerzeit bereits Vorlagen und damals der Entscheidung über das Absehen von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gemäß scheinbar nicht gegeben sind, haben die Untersuchungsorgane Staatssicherheit unter sorgfältiger Abwägung aller festgestellten Umstände insbesondere gegenüber Jugendlichen verantwortungsbewußt zu prüfen, ob die vorbereitend feetgelegten Maßnahmen verwirklicht werden. Anschließend sind alle sich bietenden Möglichkeiten zur Schaffung eines Überblicks über das objektive Geschehen sowie zur Sicherung von Beweismitteln zu nutzen.

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