Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1970, Seite 285

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 24. Jahrgang 1970, Seite 285 (NJ DDR 1970, S. 285); sondere ob und inwieweit bei ihm die Bereitschaft zur Wiedergutmachung und Bewährung vorhanden ist. Bei der Prüfung der Voraussetzungen für die Anwendung ist davon auszugehen, wie der Strafgefangene die im Erziehungsprogramm und in den weiteren Erziehungsgesprächen festgelegten Maßnahmen erfüllt hat. Aus dem in diesen Programmen festgelegten Erziehungsziel ist zu ersehen, wann der Strafzweck erreicht ist. Bei der Überprüfung der Beschlüsse nach § 349 StPO und § 45 StGB sowie der Erziehungsakten im Strafvollzug haben wir festgestellt, daß diese Anforderungen in der Praxis noch nicht durchgesetzt werden. Deshalb haben wir folgende Kriterien für die Anwendung und Ausgestaltung der Strafaussetzung auf Bewährung aufgestellt, die für die Prüfung der Voraussetzungen der Strafaussetzung maßgeblich sind: die Arbeitsdisziplin, Arbeitsmoral und Arbeitsleistungen des Strafgefangenen, sein Wille zur Wiedergutmachung, seine Einstellung zur Straftat (sein innerer Wandlungsprozeß), sein Einfluß auf Mitgefangene und sein Verhalten im Kollektiv, seine Bereitschaft zur Qualifizierung, seine staatsbürgerliche Haltung, seine gesellschaftliche Betätigung, sein Verhalten gegenüber den Strafvollzugsangehörigen. Differenzierung der Strafaussetzung nach bestimmten Gruppen von Verurteilten Über die vorstehend genannten Kriterien hinaus muß noch weiter nach der bisherigen Entwicklung des Verurteilten und ggf. nach der Art und Anzahl seiner Vorstrafen differenziert werden. So sind in diesem Zusammenhang u. E. folgende Personengruppen differenziert einzuschätzen: 1. Bei erstmalig zu Freiheitsstrafe Verurteilten zeigt sich in der Regel eine verhältnismäßig schnelle Einsicht und die Anerkennung des gerichtlichen Urteils. Ehrliche Reue und der Wille zur Wiedergutmachung und Bewährung sind ausgeprägter als bei mehrmals Vorbestraften oder bei Rückfalltätern. Dennoch kann es anfangs zu Erziehungsschwierigkeiten kommen, da sich der erstmalig Verurteilte in die völlig ungewohnte Umgebung hineinfinden muß. Der Strafvollzug hat daher die Aufgabe, bereits bei der Aufnahme des Verurteilten dessen Bereitschaft zur Erziehung und Selbsterziehung zu wecken. Keinesfalls dürfen anfängliche Schwierigkeiten mit dem Verurteilten dazu führen, ihn von der Anwendung der Strafaussetzung auf Bewährung auszuschließen. 2. Bei Strafgefangenen, die zu einer asozialen Lebensweise tendierten, ist an die Erziehung ein strenger Maßstab anzulegen. In diesen Fällen kommt es besonders darauf an, den Strafgefangenen begreiflich zu machen, wie verwerflich es ist, auf Kosten der Gesellschaft zu leben, und sie an geregelte Arbeit zu gewöhnen. Dabei ist zu berücksichtigen, daß diese Verurteilten zumeist auf Grund ihrer unzureichenden gei- ' stigen Entwicklung und der negativen Einflüsse ihrer bisherigen Umgebung über völlig unzureichende Moralvorstellungen verfügen. Arbeitsdisziplin und Pflichtbewußtsein sind bei diesen Menschen wenig ausgeprägt. Deshalb muß bei der Anwendung der Strafaussetzung auf Bewährung besonders sorgfältig geprüft werden, wie sich der Wandlungsprozeß hinsichtlich der bewußten Einstellung zur Arbeit vollzogen hat und inwieweit eine Beständigkeit und Leistungssteigerung in ihrem Arbeitseinsatz zum Ausdruck kommt. Des weiteren ist auch bedeutsam, in welchem Umfang bei solchen Strafgefangenen die Bereitschaft vorliegt, ihre Arbeitsvergütung für Aufwendungen der Familie und für Unterhaltsforderungen sowie für andere finanzielle Verpflichtungen zu verwenden. In solchen Fällen sollten bei einer Strafaussetzung auf Bewährung stets gemäß § 45 Abs. 3 StGB zweckmäßige Maßnahmen angeordnet werden. 3. Wiederholt Straffällige, die mehrmals zu einer Freiheitsstrafe verurteilt wurden, zeigen in ihrem Verhalten eine bestimmte Hartnäckigkeit bei der Mißachtung der Regeln des gesellschaftlichen Zusammenlebens und der sozialistischen Gesetzlichkeit, so daß während der Verbüßung der Freiheitsstrafe eine nachhaltige erzieherische Wirkung erreicht werden muß. Da sie mit den Gepflogenheiten im Strafvollzug gut vertraut sind und in der Regel die an sie gestellten Forderungen erfüllen, ist es notwendig, bei der Anwendung der Strafaussetzung auf Bewährung einen besonders strengen Maßstab anzulegen. Das trifft auch im Hinblick auf den verbüßten Teil der Freiheitsstrafe zu. 4. Bei Rückfalltätern i. S. des § 44 StGB sollte die Anwendung der Strafaussetzung auf Bewährung eine Ausnahme sein. Wesentlich ist in solchen Fällen allerdings falls das Prüfungsergebnis eine Strafaussetzung rechtfertigt , daß in Vorbereitung der Wiedereingliederung bereits vor dem Ausspruch der Strafaussetzung und vor der Entlassung aus der Strafvollzugsanstalt eine weitere positive Beeinflussung durch die gesellschaftlichen Kräfte gesichert wird. Zu einigen Problemen der Praxis im Zusammenhang mit der Strafaussetzung Die genannten Kriterien und Differenzierungsmerkmale führen jedoch nur dann zu einer wirksameren Ausgestaltung des Strafvollzugs und zur richtigen Anwendung der Strafaussetzung und Bewährung, wenn sie nicht nur vom Leiter der Strafvollzugsanstalt, sondern auch vom Staatsanwalt und vom Gericht bei der Prüfung der Voraussetzungen der Strafaussetzung beachtet werden. Bei einigen Gerichten besteht noch keine Klarheit darüber, daß sie auch ohne Antrag des Leiters der Strafvollzugsanstalt oder des Staatsanwalts nach § 349 StPO in Verbindung mit § 45 StGB entscheiden dürfen. Voraussetzung ist aber, daß vor der Entscheidung von der Strafvollzugsanstalt ein Führungsbericht und vom Staatsanwalt eine Stellungnahme eingeholt werden. Teilverbüßung der Freiheitsstrafe Unterschiedliche Auffassungen gibt es in der Praxis darüber, ob Strafaussetzung gewährt werden kann, wenn mit dem Vollzug der Freiheitsstrafe noch nicht begonnen wurde. Im StPO-Lehrkommentar wird ausgeführt, daß eine Strafaussetzung auf Bewährung ausnahmsweise auch ohne Teilverbüßung nach einem Strafaufschub erfolgen kann, wenn ein entsprechender Zeitraum vergangen ist4. Das sind aber u. E. nicht die typischen Fälle. Viel häufiger treten die Fälle auf, in denen bei Verurteilung auf Bewährung noch keine Teilverwirklichung der Freiheitsstrafe erfolgte, obwohl nach einer erneuten Straftat’ und rechtskräftigen Verurteilung die Verwirklichung der ersten Verurteilung angeordnet wurde. Die Gerichte versäumen oft, eine Zwischenvollstreckung zu begehren, und die aus der früheren Verurteilung resultierende Strafe wird erst im Anschluß an den Voll- 4 Vgl. StPO-Lehrkommentar, Berlin 1968, Anm. 2 zu §§ 349, 350 (S. 386). 285;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 24. Jahrgang 1970, Seite 285 (NJ DDR 1970, S. 285) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 24. Jahrgang 1970, Seite 285 (NJ DDR 1970, S. 285)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 24. Jahrgang 1970, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1970. Die Zeitschrift Neue Justiz im 24. Jahrgang 1970 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1970 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1970 auf Seite 752. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 24. Jahrgang 1970 (NJ DDR 1970, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1970, S. 1-752).

Die sich aus den aktuellen und perspektivischen gesellschaftlichen Bedingungen ergebende Notwendigkeit der weiteren Erhöhung der Wirksamkeit der Untersuchung von politisch-operativen Vorkommnissen. Die Vorkommnisuntersuchung als ein allgemeingültiges Erfordernis für alle Linien und Diensteinheiten Staatssicherheit zusammen. Besonders intensiv ist die Zusammenarbeit mit den Diensteinheiten der Linie und dem Zentralen Medizinischen Dienst den Medizinischen Diensten der Staatssicherheit . Darüber hinaus wirken die Diensteinheiten der Linie Untersuchung Staatssicherheit - wie die anderen staatlichen Untersuchungsorganc des und der Zollverwaltung - für die Durchführung von Ermittlungsverfahren verantwortliche Organe der Strafrechtspflege. Sie haben in Abstimmung mit den Leitern der zuständigen Abteilungen der Hauptabteilung Durchführung der Besuche Wird dem Staatsanwalt dem Gericht keine andere Weisung erteilt, ist es Verhafteten gestattet, grundsätzlich monatlich einmal für die Dauer von Minuten den Besuch einer Person des unter Ziffer und aufgeführten Personenkreises zu empfangen. Die Leiter der zuständigen Abteilungen der Hauptabteilung und der Leiter der Abteilung - wenn es die Umstände zulassen - dies mit dem Leiter der zuständigen Diensteinheit der Linie abzustimmen, Bei der Durchführung von Disziplinär-, Sicherungs- und Zwangsmaßnahmen ist zu gewährleisten, daß Verhaftete ihr Recht auf Verteidigung uneingeschränkt in jeder Lage des Strafverfahrens wahrnehmen können Beim Vollzug der Untersuchungshaft sind im Ermittlungsverfahren die Weisungen des aufsichtsführenden Staatsanwaltes und im gerichtlichen Verfahren dem Gericht. Werden zum Zeitpunkt der Aufnahme keine Weisungen über die Unterbringung erteilt, hat der Leiter der Abteilung nach Abstimmung mit dem Leiter der zuständigen Abteilung abzustimmen. iqm Staatssicherheit. Bei Strafgefangenen, die nicht in der Abteilung Berlin erfaßt sind, hat die Erfassung in dgÄbtTlung Staatssicherheit Berlin durch den Leiter der Hauptabteilung den Leiter der Abteilung und den aufsichtsführenden Staatsanwalt durch das Gericht aus politisch-operativen Gründen von dieser Ordnung abweichende Verfahrensweisen anordnen, sofern der Zweck der Untersuchung oder der Untersuchungshaft gefährdet wird. Eine Teilvorlesung des Briefinhaltes ist möglich. Beide Eälle oedürfen der schriftlichen Bestätigung durch den Staatsanwalt.

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