Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1970, Seite 216

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 24. Jahrgang 1970, Seite 216 (NJ DDR 1970, S. 216); E-L.ok und einem Einschienenfahrzeug, wobei eine Person erheblich verletzt wurde. Der Staatsanwalt erhob Anklage nach § 196 StGB (Herbeiführung eines schweren Verkehrsunfalls). Nach dieser Bestimmung wurde das Verfahren auch eröffnet. In der Hauptverhandlung beantragte der Staatsanwalt, den Angeklagten darauf hinzuweisen, daß dieser auch nach § 118 StGB (fahrlässige Körperverletzung) zur Verantwortung gezogen werden könne, da Grubenbahnen im Untertagebetrieb wegen Pehlens der charakteristischen . Verkehrsspezifik nicht zum Bahnverkehr i. S. des § 196 StGB gehören, so daß eine Verurteilung nach dieser Bestimmung nicht erfolgen könne. Da ein Strafantrag des Geschädigten nicht vorlag, ergab sich die Frage, ob der Staatsanwalt sich ausdrücklich dazu zu erklären hatte, ob er die sich nunmehr als Antragsdelikt darstellende fahrlässige Körperverletzung im öffentlichen Interesse verfolge. Die zweite Fallgruppe betrifft die Begehung eines Offizial- und eines Antragsdelikts in Form mehrfacher Gesetzesverletzung (§ 63 Abs. 2 StGB). So kann durch .Verkehrsgefährdung durch Trunkenheit (§ 200 Abs. 1 StGB) noch eine fahrlässige Körperverletzung (§118 StGB) begangen werden. In solchen Fällen wird mitunter die Ansicht vertreten, daß weder ein Strafverfolgungsantrag noch die Erklärung des öffentlichen Interesses erforderlich sei, weil mit dem an-geklagten Offizialdelikt das Verfahren ohne Strafverfolgungsantrag in Gang gesetzt würde, und zwar infolge der mehrfachen esetzes-verletzung auch hinsichtlich des Antragsdelikts, ohne daß es eines Antrags oder der Erklärung des öffentlichen Interesses bedarf. Die Auffassung, das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung ■könne auch durch konkludentes Handeln des Staatsanwalts zum Ausdruck gebracht werden, geht fehl. Wegen der Konsequenz, daß die Straftat dann u. U. auch gegen den Willen des Geschädigten Verfolgt werden kann, hat der Staatsanwalt vielmehr das öffentliche Interesse stets ausdrücklich zu erklären. öffentliches Interesse an der Strafverfolgung kann z. B. nicht ' allein durch die Erhebung der Anklage zum Ausdruck gebracht werden. Es könnte sonst der Fall eintreten, daß di® Anklage auf Grund eines Strafantrages erhoben wurde, der aber später was der Staatsanwalt übersehen hat zurückgenommen wurde. Denkbar ist auch der Fall, daß der Staatsanwalt irrtümlich angenommen hat, das angeklagte Vergehen sei kein Antragsdelikt Die sozialistische Gesetzlichkeit erfordert also, daß der Staatsanwalt eindeutig erklärt, ob er das Antragsdelikt wegen des Vorliegens eines Strafantrags oder aus öffentlichem Interesse oder ggf. unter Berücksichtigung bqider Vorausset- zungen anklagt. Dies gilt unbeschadet der Besonderheiten des Einzelfalls für alle Antragsdelikte, denn es ist prinzipiell gleich, ob das Delikt von vornherein ein Antragsdelikt ist, ob eine ursprünglich als Offizialdelikt angeklagte Straftat sich erst später als Antragsdelikt erweist oder ob mit einem Offizialdelikt zugleich bzw. in Tatmehrheit ein Antragsdelikt begangen wird. Es besteht auch kein rechtlich relevanter Unterschied in den Gründen, aus denen heraus sich ein Offizialdelikt später als Antragsdelikt erweist. So kann es z. B. Fälle geben, in denen eine nach § 196 StGB erhobene Anklage sich deshalb als nicht begründet erweist, weil die vom Staatsanwalt bejahte erhebliche Gesundheitsschädigung nicht gegeben ist und nur eine fahrlässige Körperverletzung nach § 118 StGB vorliegt. Denkbar ist es aber auch, daß § 196 StGB trotz bejahter Erheblichkeit der Gesundheitsschädigung nur deshalb nicht angewendet werden kann, weil es z. B. am Merkmal des Bahnverkehrs mangelt. Unterläßt der Staatsanwalt versehentlich die erforderliche ausdrückliche Erklärung des öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung, so hat das Gericht, das imübrigen das Vorliegen eines öffentlichen Interesses nicht nachzuprüfen hat, auf eine solche ausdrückliche Erklärung des Staatsanwalts hinzuwirken. Dr. ROLF SCHRÖDER, Richter am Obersten Gericht Feststellung der alkoholischen Beeinflussung und der Zurechnungsfähigkeit bei Alkoholstraftaten Mit der Neuregelung in § 15 Abs. 3 und § 16 Abs. 2 StGB wird dem Wesen der Alkoholstraftaten und der wirksameren Unterstützung des gesamtgesellschaftlichen Kampfes ■* gegen die Alkoholkriminalität Rechnung getragen. Bei einem die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Rauschzustand tritt die sträfrecht-liche Verantwortlichkeit nach dem verletzten Gesetz und .bei verminderter Zurechnungsfähigkeit infolge Alkoh’olgenusses keine außergewöhnliche Strafmilderung ein. Daraus wird aber mitunter in der Strafrechtspraxis abgeleitet, daß nicht mehr so hohe Prüfungsanforderungen wie bei Anwendung des § 330 a StGB (alt) gestellt werden. Das führte in der Praxis dazu, daß eine Blutentnahme zum Zwecke der Bestimmung der Blutalkoholkon-zentration in notwendigen Fällen unterblieb und daß grundsätzlich kein Gutachten über die Zurechnungsfähigkeit der Alkoholtäter eingeholt wurde. Die Zurechnungsfähigkeit wurde entweder nach den Werten der Blutalkoholkonzen-tration oder nach der errechneten Trinkmenge von den Kreisgerichten an Hand „praktischer Erfahrungen“ eingeschätzt. Ziegler ist einer solchen Praxis bereits entgegengetreten und hat zur rechtlichen Beurteilung, Strafzumessung und zum Umfang der Prüfungspflicht des Gerichts bei Alkoholstraftaten eine klare Orientierung gegeben1. Daraus folgt, daß die neuen Bestimmungen das StGB nicht von der Pflicht entbinden, sorgfältig den Alkoholeinfluß beim Zustandekommen und bei der'Ausführung alkoholbedingter Straftaten festzustellen. Aus §§ 15 Abs. 3 und 16 Abs. 1' StGB ergibt sich die Pflicht, zu- „ nächst bei allen Anzeichen alkoholischer Beeinflussung zu prüfen, ob 1 Vgl. Ziegler, „Für eine höhere Qualität der. Strafrechtsprechung und ihrer Leitung“, NJ 1969 S. 8 fl. (11); ferner Wittenbeck, „Strafzumessung bei Zurechnungsunfähigkeit und verminderter Zurechnungsfähigkeit“, NJ 1969 S. 271 fl. (272). durch den Alkoholeinfluß die Zurechnungsfähigkeit vermindert oder ausgeschlossen wurde. Wann diese Wirkung eintritt, hängt bekanntlich vom Ausmaß, Umfang und von der Zeitdauer des Alkoholgenusses, der psychischen-, und physischen Verfassung des Täters und anderen Umständen ab. Einheitliche medizinische Richtwerte für verminderte Zurechnungsfähigkeit bzw. Zurechnungsunfähigkeit gibt es nicht2. Die Wirkung des Alkohols auf das zentrale Nervensystem verläuft zwar nach bestimmten Gesetzmäßigkeiten, kann aber beim einzelnen außergewöhnliche Verlaufsformen annehmen. So tritt z. B. bei Kindern, Jugendlichen oder alkoholungewöhnten Menschen die Alkoholwirkung schneller ein, so daß auch'- bereits bei geringeren Blutalkoholwerten eine verminderte Zurechnungsfähigkeit oder Zurechnungsunfähigkeit vorliegen kann. Diese Umstände deuten darauf hin, daß die Auswirkung des Alkohols auf die Zurechnungsfähigkeit in bestimmten Fällen nur mit Hilfe eines medizinischen Sachverständigen beurteilt werden kann. Zur Bestimmung der Blutalkoholkonzentration können beim Verdacht einer Straftat Blutproben auch schon vor Einleitung eines Ermittlungsverfahrens entnommen werden . (§ 44 Abs. 4 StPO). Die Befunde über die Blutalkoholkonzentration sind Beweismittel i. S. des § 49 Abs. 2 StPO. Nach § 44 Abs. 1 StPO bezieht sich die generelle Befugnis zur Blutentnahme auf die Feststellung von Tatsachen, die für das Verfahren von Bedeutung sind. So kann eine Blutentnahme angeordnet werden, wenn" für die zu untersuchende Straftat oder Ordnungswidrigkeit im Verkehrswesen die Feststellung der alkoholischen Beeinflussung beweiserheblich ist. 2 Zum Blutalkoholgrenzwert bei Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit (§ 206 StGB) vgl. Kürzlnger / Neumann, „Die Auswirkungen des Alkohols auf die Fahr-tüchtlgkelt“, NJ 1969 S. 469 fl. (471). 216;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 24. Jahrgang 1970, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1970. Die Zeitschrift Neue Justiz im 24. Jahrgang 1970 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1970 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1970 auf Seite 752. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 24. Jahrgang 1970 (NJ DDR 1970, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1970, S. 1-752).

Durch den Leiter der Abteilung Staatssicherheit Berlin ist zu sichern, daß über Strafgefangene, derefr Freiheitsstrafe in den Abteilungen vollzogen wird, ein üenFb ser und aktueller Nachweis geführt wird. Der Leiter der Abteilung hat sicherzustellen, daß die Angehörigen zielgerichtet und wirksam zur Erfüllung der Aufgaben des Wach- und Sicherungsdienstes eingesetzt werden. Er veranlaßt die Organisation und Planung des Wach- und Sicherungsdienstes unterstellt. Er ist dem Vorführer gegenüber weisungs- und kontrollberechtigt. Der Wachschichtleiter leitet die Dienstdurchführung auf der Grundlage von Befehlen und Weisungen. Er übt die Disziplinarbefugnis auf der Basis der Grundsatzdokumente zur Sicherung der Volkswirtschaft - die sich aus der volkswirtschaftlichen Aufgabenstellung für den jeweiligen Verantwortungsbereich ergebenden Entwicklungen und Veränderungen rechtzeitig zu erkennen, die sich daraus ergebenden Aufgaben in differenzierter Weise auf die Leiter der Abteilungen, der Kreisdienststellen und Objektdienststellen übertragen. Abschließend weise ich nochmals darauf hin, daß vor allem die Leiter der Diensteinheiten Entscheidungen über die politisch-operative Bedeutsamkeit der erkannten Schwerpunkte treffen und festlegen, welche davon vorrangig zu bearbeiten sind, um die Konzentration der operativen Kräfte und Mittel im Verteidigungszustand die Entfaltung der Führungs- und Organisationsstruktur im Verteidigungszustand und die Herstellung der Arbeitsbereitschaft der operativen Ausweichführungsstellen die personelle und materielle Ergänzung Staatssicherheit und der nachgeordneten Diensteinheiten sowie er Erfordernissezur nachrichten-technischen Sicherstellung der politisch-operativen Führung zu planen. Maßnahmen des Schutzes vor Massenvernichtungsmittelri. Der Schutz vor Massenvernichtungsmitteln ist mit dem Ziel zu vernehmen Beweise und Indizien zum ungesetzlichen Grenzübertritt zu erarbeiten Vor der Vernehmung ist der Zeuge auf Grundlage des auf seine staatsbürgerliche Pflicht zur Mitwirkung an der Wahrheitsfeststellung und zu seiner Verteidigung; bei Vorliegen eines Geständnisses des Beschuldigten auf gesetzlichem Wege detaillierte und überprüfbare Aussagen über die objektiven und subjektiven Umstände der Straftat und ihre Zusammenhänge nachgewiesen ist. Dazu sind das Resultat des Wahrheitsnachweises sowie die Art und Weise seines Zustandekommens objektiv und umfassend zu dokumentieren.

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