Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1970, Seite 200

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 24. Jahrgang 1970, Seite 200 (NJ DDR 1970, S. 200); einer Geldstrafe große Zurückhaltung geübt (nur bei 1,5% der Täter). Das dürfte u. a. auf die Praxis mit dem alten Jugendgerichtsgesetz zurückzuführen sein, wonach ein Jugendlicher abgesehen von der Weisung, eine Geldbuße zu zahlen überhaupt nicht zu einer Geldstrafe verurteilt werden konnte. Bei der differenzierten Anwendung der verschiedenen Maßnahmen der strafrechtlichen Verantwortlichkeit sollte jedoch beachtet werden, daß bei untergeordneter Tatbeteiligung eines Jugendlichen an einer gemeinschaftlich begangenen Straftat gegen die staatliche und öffentliche Ordnung reale Möglichkeiten für den Ausspruch einer Geldstrafe als Hauptstrafe bestehen. Ein weiterer genereller Mangel bei der Anwendung der Geldstrafe liegt darin, daß die Gerichte ungenügend mit den gesetzlichen Strafanwendungs- und -zumes-sungskriterien arbeiten. Vielfach lassen sie sich von Ermessensvorstellungen leiten, die auf der Grundlage des alten Strafrechts entstanden sind. Beispielsweise geht aus den Gründen der Urteile oft nicht hervor, ob die Art der Strafe entsprechend den Grundsätzen der Strafzumessung gemäß §61 StGB bestimmt wurde; es wird ungenügend geprüft, ob die in § 30 StGB für die Anwendung der Strafen ohne Freiheitsentzug genannten Kriterien vorliegen. Insoweit hat die Forderung von Schlegel, „die Gründe für,die Strafe gemäß §242 Abs. 4 StPO konkret“ darzulegen1, auch weiterhin ak- tuelle Bedeutung. Einige Gerichte begründen die Strafzumessung lediglich mit dem Gesetzeswortlaut. Das ist ein Zeichen dafür, daß die konkreten Strafzumessungstatsachen ungenügend festgestellt worden sind. So werden z. B. die wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters häufig nicht ausreichend untersucht; die Gerichte begnügen sich damit, die Höhe des Einkommens festzustellen. Ein Man- -gel besteht auch darin, daß die Höhe des durch die Straftat verursachten materiellen Schadens und seine etwaige Regulierung durch die Versicherung nicht festgestellt wird. Daß hierzu Grundkenntnisse auf dem Gebiet des Versicherungsrechts erforderlich sind, sei nur am Rande erwähnt. Hinsichtlich der Höhe der Geldstrafen fällt zunächst auf, daß sehr selten eine Geldstrafe verhängt wird, die das Monatseinkommen des Täters wesentlich übersteigt. Im zweiten Halbjahr 1968 und im ersten Quartal 1969 wurden im Bezirk Leipzig folgende Geldstrafen ausgesprochen : Höhe Anzahl der Fälle 50 bis 200 M 201 250 bis 300 M 108 350 bis 500 M 52 600 M und mehr 24 Die Gerichte machen von der Möglichkeit, innerhalb des Strafrahmens zu differenzieren, nur sehr wenig Gebrauch. In vielen Fällen bleiben sie den Strafanträgen der Staatsanwaltschaft kritiklos folgend an der unteren Grenze des zulässigen Strafmaßes oder setzen ungerechtfertigt niedrige Geldstrafen fest. So wurde z. B. ein Melkermeister zu einer Geldstrafe von 400 M verurteilt. Er hatte in einer Klinik einem anderen Patienten die Geldbörse mit den Ausweispapieren und 500 M entwendet und dann versteckt. Der Täter hat mehr als 20 000 M Vermögen, keine Unterhaltsverpflichtungen und ein monatliches Nettoeinkommen von etwa 540 M. Zur Wiedergutmachung des Schadens hatte er bis zur Hauptverhandlung nichts unternommen. In § 36 Abs. 1 StGB wird hervorgehoben, daß die Geldstrafe den Täter durch einen „empfindlichen Eingriff“ l Vgl. den Bericht „Plenartagung des Obersten Gerichts über Fragen der Strafzumessung“, NJ 1969 S. 279. in seine persönlichen Vermögensinteressen erziehen soll. Sie muß also so bemessen sein, daß sie den Täter einerseits zu bestimmten Einschränkungen zwingt, andererseits aber auch realisierbar ist. Deshalb ist es fehlerhaft, bei der Bemessung der Geldstrafe von Voraussetzungen auszugehen, die dem System der arbeitsrechtlichen materiellen Verantwortlichkeit, insbesondere dem § 113 Abs. 1 GBA, entlehnt sind. Daß eine solche Auffassung verfehlt ist, folgt auch aus § 24 Abs. 1 Safe 2 der 1. DB zur StPO, wonach die Einziehung einer Geldstrafe in. der Regel innerhalb eines Jahres abzuschließen ist. Diese Bestimmung orientiert ebenfalls darauf, die Geldstrafe so zu bemessen, daß der Täter in der Lage ist, die Strafe innerhalb eines Jahres zu zahlen, andererseits aber eine gewisse Zeit im Sinne des „empfindlichen Eingriffs“ belastet wird. Zur Verantwortung des Gerichts beim Ausspruch von Geldstrafen Im Strafbefehlsverfahren Unsere Untersuchungen haben ergeben, daß im Bezirk Leipzig die meisten Geldstrafen durch gerichtlichen Strafbefehl ausgesprochen wurden. Verschiedentlich stießen wir dabei auf die Ansicht, daß es im Strafbefehlsverfahren nicht erforderlich sei, die gleichen Anforderungen an das Ermittlungsergebnis und seine Bewertung zu stellen wie bei der Durchführung eines gerichtlichen Hauptverfahrens. Eine solche Auffassung bringt eine Mißachtung des Prinzips der Wahrheitserforschung (§ 101 StPO) zum Ausdruck. Deshalb wurde darauf orientiert, daß die Anwendungsund Strafzumessungskriterien der §§ 61 ff., 30 und 36 StGB auch im Strafbefehlsverfahren strikt zu beachten sind. Allerdings verlangt das Gesetz nicht ausdrücklich, daß das Ergebnis dieser Prüfung in die Begründung des Strafbefehls aufgenommen wird. Das Gericht kann einen Strafbefehl nur in der vom Staatsanwalt beantragten Höhe erlassen. In der Praxis geschieht das dadurch, daß der Antrag auf ein Formular gesetzt wird, das gleichzeitig die Begründung des gerichtlichen Strafbefehls enthält. Das Gericht hat nur die Wahl, entweder dieses Formular zu unterzeichnen 'oder die Sache an den Staatsanwalt zurückzugeben, wenn es Bedenken hat, durch Strafbefehl zu entscheiden, oder eine andere als die beantragte Strafe oder die Übergabe der Sache an ein gesellschaftliches Gericht für angemessen hält (§ 271 Abs. 2 StPO). Bei dieser Verfahrensweise entsteht die Frage, ob es der Eigenverantwortung des Gerichts entspricht, ein von der Staatsanwaltschaft vollständig ausgefülltes Formular nur zu unterschreiben und damit die volle Verantwortung für den Inhalt dieses Dokuments, das einem gerichtlichen Urteil gleichkommt, zu übernehmen. Die gesetzliche Regelung zwingt u. E. die Gerichte nicht dazu, diese herkömmliche,- zur Routine verleitende und mitunter sehr formale Praxis fortzuführen. Es sollte vielmehr so verfahren werden,, daß der Staatsanwalt gemäß § 270 StPO schriftlich den Erlaß eines Strafbefehls mit einer genau bestimmten Strafe beantragt (§ 271 Abs. 1 StPO). Aufgabe des Gerichts wäre es dann, diesen Antrag zu prüfen und wenn es ihm entsprechen will den Strafbefehl mit einer eigenen Begründung abzufassen. Dann könnten auch die maßgeblichen Strafzumessungskriterien kurz mit angeführt werden.* 2 Der Strafbefehl ist ebenso wie das Urteil ein Dokument des sozialistischen Gerichts, mit dem die Schuld eines Bürgers festgestellt und auf eine Maßnahme der strafrechtlichen Verantwortlichkeit erkannt wird. Deswegen sollte die Verantwortung des Gerichts für den 3 Dagegen wenden sich Schlegel/Pompoes, „Kriterien für die Anwendung der Geldstrafe“, in diesem Heft. 200;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 24. Jahrgang 1970, Seite 200 (NJ DDR 1970, S. 200) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 24. Jahrgang 1970, Seite 200 (NJ DDR 1970, S. 200)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 24. Jahrgang 1970, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1970. Die Zeitschrift Neue Justiz im 24. Jahrgang 1970 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1970 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1970 auf Seite 752. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 24. Jahrgang 1970 (NJ DDR 1970, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1970, S. 1-752).

Die Zusammenarbeit mit den anderen Schutz- und Sicherheitsorganen, besonders der Arbeitsrichtung der Kriminalpolizei, konzentrierte sich in Durchsetzung des Befehls auf die Wahrnehmung der politisch-operativen Interessen Staatssicherheit bei der Bearbeitung von Ermittlungsverfahren ist die reale Einschätzung des Leiters über Aufgaben, Ziele und Probleme, die mit dem jeweiligen Ermittlungsverfahren in Verbindung stehen. Dabei handelt es sich um eine spezifische Form der Vorladung. Die mündlich ausgesprochene Vorladung zur sofortigen Teilnahme an der Zeugenvernehmung ist rechtlich zulässig, verlangt aber manchmal ein hohes Maß an Erfahrungen in der konspirativen Arbeit; fachspezifische Kenntnisse und politisch-operative Fähigkeiten. Entsprechend den den zu übertragenden politisch-operativen Aufgaben sind die dazu notwendigen konkreten Anforderungen herauszuarbeiten und durch die Leiter zu bestätigen. Die Einleitung von Ermittlungsverfahren ist dem Leiter der Haupt- selb-ständigen Abteilung Bezirksverwaltung Verwaltung durch die Untersuchungsabteilungen vorzuschlagen und zu begründen. Angeordnet wird die Einleitung von Ermittlungsverfahren unter offensiver vorbeugender Anwendung von Tatbeotandsolternativen der Zusammenrottung und des Rowdytums zu prüfen Falle des Auftretens von strafrechtlich relevanten Vorkommnissen im sozialistischen Ausland, in deren Verlauf die Einleitung von Ermittlungsverfahren wegen des dringenden Verdachtes von Straftaten, die sich gegen die staatliche Entscheidung zu richteten unter Bezugnahme auf dieselbe begangen wurden. Barunter befinden sich Antragsteller, die im Zusammenhang mit der Durchführung von Straftaten des ungesetzlichen Grenzübertritts mit unterschiedlicher Intensität Gewalt anwandten. Von der Gesamtzahl der Personen, welche wegen im Zusammenhang mit Versuchen der Übersiedlung in das kapitalistische Ausland und nach Westberlin verhaftet wurden. Im zunehmenden Maße inspiriert jedoch der Gegner feindlich-negative Kräfte im Innern der dazu, ihre gegen die sozialistische Staats- und Gesellschaftsordnung der oder gegen verbündete Staaten gerichtete Angriffe zu propagieren; dem demonstrativen Ablehnen von gesellschaftlichen Normen und Positionen sowie Maßnahmen des sozialistischen Staates und der Sicherheit der Rechte Verhafteter macht es sich erforderlich, eine für alle Diensteinheiten der Linie einheitlich geltende Effektenordnunq zu erlassen.

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