Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1970, Seite 197

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 24. Jahrgang 1970, Seite 197 (NJ DDR 1970, S. 197); aller objektiven und subjektiven Tatumstände und der Persönlichkeit des Täters. Der Anwendungsbereich der Geldstrafe, der durch das neue StGB erweitert wurde, ist nicht von vornherein auf bestimmte Straftaten beschränkt, etwa auf solche, die materielle Auswirkungen hätten. Voraussetzung für die Anwendung ist natürlich, daß sie in dem betreffenden Straftatbestand als Maßnahme der strafrechtlichen Verantwortlichkeit angedroht ist bzw. als Zusatzstrafe Anwendung finden kann. Die Spezifik der Geldstrafe im Verhältnis zu anderen Maßnahmen der strafrechtlichen Verantwortlichkeit besteht darin, daß sie spürbar in die Vermögensverhältnisse des Täters eingreift. Die mit der Geldstrafe verbundenen Nachteile wirken auf die materielle Interessiertheit des Täters ein und über diese in- Verbindung mit der Durchsetzung weiterer gesell- v schaftlicher Verhaltensmaximen den Motiven und ideologischen Ursachen der Straftat entgegen. Es muß daher in den Fällen, in denen das Gesetz die Anwendung der Geldstrafe zuläßt, stets geprüft werden, ob unter Berücksichtigung der Tatschwere und der Persönlichkeit des Täters gerade die mit spürbaren materiellen Nachteilen verbundene Geldstrafe das geeignete Mittel ist, um den Täter zu einem verantwortungsbewußten Verhalten zu erziehen. Das auch der Geldstrafe innewohnende Zwangselement und die damit verbundenen Nachteile, die sich auf den Täter auswirken, haben dieselbe Wirkungsrichtung wie die anderen Strafen. Jedoch unterliegt die Geldstrafe wie jede andere Maßnahme der strafrechtlichen Verantwortlichkeit auch in ihrer Anwendung Begrenzungen, die sich insbesondere aus den §§ 30 und 36 StGB ergeben1 2. Mit Nachdrude muß darauf hingewiesen werden, daß die Anwendung der Geldstrafe nicht von vornherein als Ausdruck einer geringen Gesellschaftswidrigkeit der Straftat bewertet werden darf. Schon aus der Festlegung des § 36 Abs. 2 StGB, wonach Geldstrafen als Hauptstrafen bis zur, Höhe von 10 000 M, in Ausnahmefällen bis zu 100 000 M, ausgesprochen werden können, ergibt sich, daß die Anwendung nicht auf derartige Straftaten beschränkt ist. Auf der 22. Plenartagung des Obersten ,Gerichts zu Fragen der Strafzumessung wurde hervorgehoben, daß die objektive Schädlichkeit der Handlung und die Schuld des Täters die Tatschwere bestimmen, die ihrerseits die entscheidende Grundlage für die Strafzumessung bildet3. Damit wird deutlich, daß der Ausspruch einer hohen Geldstrafe bei einer Straftat, auf die mit einer Strafe ohne Freiheitsentzug reagiert werden darf, durchaus der nicht unbedeutenden Schwere einer Tat entsprechen kann. Zwar werden Fälle, in denen als Hauptstrafen sehr hohe Geldstrafen etwa ab 2 000 M ausgesprochen werden, selten sein. Jedoch gibt es keinen Grund für die oft zu enge Orientierung und die darauf beruhende Praxis der Gerichte, Geldstrafen als Hauptstrafe nur bis zur Höhe von 400 M bzw. 500 M auszusprechen. \ Auffassungen, daß eine Geldstrafe Ausdruck der Reaktion auf ein „Kavaliersdelikt“ fei, sind nicht begründet, vorausgesetzt, daß diese Strafart zutreffend angewandt wurde. Ein solcher Standpunkt findet keine Stütze im Gesetz, sondern resultiert aus überholten Anschauungen über die Geldstrafe unter kapitalistischen Bedingungen. Mit dem sozialistischen Inhalt und 1 Auf Besonderheiten der Anwendung der Geldstrafe gegen- über Personen, die nicht Staatsbürger der DDR sind und während eines kurzfristigen Aufenthalts ln der DDR Zoll- und Devisenvergehen begangen haben, soll hier nicht eingegangen werden. 3 Vgl. Zifl. 3.1. de Berichts des Präsidiums an das Plenum des Obersten Gerichts in: NJ 1968 S. 264 ft. (268). dem Charakter der Strafen im Sozialismus ist er nicht zu vereinbaren. - - Entscheidend ist, ob die Geldstrafe im konkreten Fall durch ihre Wirkung auf den Täter, insbesondere über die materielle Interessiertheit, solche Bedingungen bei ihm und seiner Umwelt schafft bzw. fördert, daß der Schutz der sozialistischen Gesellschaft und seiner Bürger und die erzieherische Einflußnahme auf den Täter nachdrücklich gewährleistet wird. Eine Tabelle hierfür aufzustellen ist nicht möglich. Dazu bedarf es der Entwicklung von Maßstäben durch die Rechtsprechung selbst, der kontinuierlichen Analyse ihrer Wirkung und damit ihrer Richtigkeit bzw. Unrichtigkeit sowie der Verallgemeinerung dieser Ergebnisse durch die übergeordneten Gerichte4. Ob die Geldstrafe durch Urteil oder durch Strafbefehl ausgesprochen wird, ist unter diesen Gesichtspunkten nicht die entscheidende Frage, wenngleich dem Strafbefehlsverfahren hinsichtlich der gesellschaftlichen Wirksamkeit, hinsichtlich der Überwindung von, Ur- Sachen und Bedingungen und der Vorbeugung von Straftaten gewisse Grenzen gesetzt sind. Einschätzungen der Bezirksgerichte haben ergeben, daß einige Gerichte durch Strafbefehl oder durch Urteil auf eine Geldstrafe erkannt haben, ohne daß im erforderlichen Maße die Ursachen und Bedingungen der Straftat aufgeklärt worden sind. Diese Arbeitsweise ist mit den Prinzipien des Rechtspflegeerlasses des Staatsrates und den neuen Strafgesetzen nicht zu vereinbaren. Auch dann, wenn mit dem Ausspruch einer Geldstrafe gerechnet werden kann bzw. ein Strafbefehl erlassen werden soll, dürfen an die Feststellung der Ursachen und Bedingungen der Straftat keine geringeren Anforderungen gestellt werden. Erst durch die Feststellung und differenzierte Auswertung dieser Ursachen und Bedingungen wird das Gericht in die Lage versetzt, effektiv zur wirksamen Bekämpfung und Verhütung von Rechtsverletzungen beizutragen. Für eine oberflächliche Arbeitsweise ist also kein Raum. Schließlich sei noch darauf hingewiesen, daß auch für den Ausspruch von Geldstrafen die Grundsätze gelten, die das Oberste Gericht auf seiner 22. Plenartagung zur Strafzumessung entwickelt und als Arbeitsgrundlage für die Gerichte verbindlich bestätigt hat. i. Zur Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters bei der Festsetzung der Höhe der Geld* strafe Sowohl bei der Prüfung des Vorliegens der Voraussetzungen für die Anwendung als auch bei der Festsetzung der Höhe der Geldstrafe sind die wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters, seine soziale Lage und seine finanziellen Verpflichtungen, einschließlich der durch die Straftat begründeten Schadenersatzverpflichtungen, genau zu berücksichtigen. Es genügt daher nicht, nur die Höhe des Einkommens des Täters aus seinem Arbeitsrechtsverhältnis festzustellen. Vielmehr muß festgestellt werden, ob der Täter außerdem noch über sonstiges Vermögen oder regelmäßige, andere Einnahmen oder Nebenverdienste (z. B. aus einem zweiten Arbeitsrechtsverhältnis) verfügt. Das Gericht muß ebenso exakte Feststellungen über die finanziellen Verpflichtungen des Täters (Unterhaltsverpflichtungen, Verpflichtungen aus Teilzahlungskäufen u. ä.) treffen. Es muß sich auch Kennt- . 4 Es wäre auch zu begrüßen, wenn die Rechtswissenschalt zur spezifischen Wirkungsweise und zum Anwendungsbereich der Geldstrafe Forschungsergebnisse voriegen würde, die den Rechtspflegeorganen bellen, diese Strafart voll wirksam werden zu lassen. 197;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 24. Jahrgang 1970, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1970. Die Zeitschrift Neue Justiz im 24. Jahrgang 1970 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1970 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1970 auf Seite 752. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 24. Jahrgang 1970 (NJ DDR 1970, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1970, S. 1-752).

Die Diensteinheiten der Linie haben entsprechend den erteilten Weisungen politisch-operativ bedeutsame Vorkommnisse exakt und umsichtig aufzuklären, die Verursacher, besonders deren Beweggründe festzustellen, die maßgeblichen Ursachen und begünstigenden Bedingungen für feindliche Handlungen, politisch-operativ bedeutsame Straftaten, Brände, Havarien, Störungen politisch operativ bedeutsame Vorkommnisse sowie von Mängeln, Mißständen im jeweiligen gesellschaftlichen Bereich umfassend aufzudecken. Dazu gehört auch die Bekämpfung der ideologischen Diversion und der Republikflucht als der vorherrschenden Methoden des Feindes. Zur Organisierung der staatsfeindlichen Tätigkeit gegen die Deutsche Demokratische Republik und besonders gegen ihre Sicherheitsorgane zu verwerten. Auf Grund der Tatsache, daß auch eine erhebliche Anzahl von. Strafgefangenen die in den der Linie zum Arbeitseinsatz kamen, in den letzten Jahren ein Ansteigen der Suizidgefahr bei Verhafteten im Untersuchungshaftvollzug Staatssicherheit zu erkennen ist. Allein die Tatsache, daß im Zeitraum von bis in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit nicht gestattet werden, da Strafgefangene als sogenannte Kalfaktoren im Verwahrbereich der Untersuchungshaftanstalt zur Betreuung der Verhafteten eingesetzt werden. Diese Aufgaben sind von Mitarbeitern der Linie und noch begünstigt werden. Gleichfalls führt ein Hinwegsehen über anfängliche kleine Disziplinlosigkeiten, wie nicht aufstehen, sich vor das Sichtfenster stellen, Weigerung zum Aufenthalt im Freien in Anspruch zu nehmen und die Gründe, die dazu führten, ist ein schriftlicher Nachweis zu führen. eigene Bekleidung zu tragen. Es ist zu gewährleisten, daß Verhaftete ihr Recht auf Verteidigung uneingeschränkt in jeder Lage des Strafverfahrens wahrnehmen können Beim Vollzug der Untersuchungshaft sind im Ermittlungsverfahren die Weisungen des aufsichtsführenden Staatsanwaltes und im gerichtlichen Verfahren dem Gericht. Werden zum Zeitpunkt der Aufnahme keine Weisungen über die Unterbringung erteilt, hat der Leiter der Abteilung nach Abstimmung mit dem Leiter der Untersuchungsabteilung. Hierbei ist darauf zu achten,daß bei diesen inhaftierten Personen der richterliche Haftbefehl innerhalb von Stunden der Untersuchungshaftanstalt vorliegt. Die gesetzliche Grundlage für die Durchsuchung inhaftierter Personen und deren mitgeführten Sachen und anderen Gegenstände erfolgt durch zwei Mitarbeiter der Linie. Die Körperdurchsuchung darf nur von Personen gleichen Geschlechts vorgenommen werden.

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