Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1970, Seite 18

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 24. Jahrgang 1970, Seite 18 (NJ DDR 1970, S. 18); stahl und Betrug. Dort heißt es: „Wer die Tat als Beteiligter einer Gruppe ausführt, die sich zur wiederholten Begehung von Straftaten gegen das Eigentum zusammengeschlossen hat " (§ 162 Abs. 1 Ziff. 2 StGB). Hier wird die kriminelle Zielstellung als Grund der Gruppenbildung verlangt, um damit die gezielte Ausnutzung der Vorteile und die dadurch erhöhte Gefährlichkeit solcher Gruppenhandlungen zu erfassen. Ähnliche Formulierungen finden sich in den §§216 Abs. 1 Ziff. 2, 128 Abs. 1 Ziff. 2, 89 Abs. 2 und 92 Abs. 2 StGB. Die Abhandlung der Problematik an entscheidungstheoretischen Termini darf allerdings nicht dazu verleiten, differenzierte Abwägungen und Überlegungen insbesondere hinsichtlich der jeweils in Ziff. 2 beschriebenen Faktoren auf seiten der Täter zu erwarten. Dazu noch ein Beispiel: Vor Beginn einer tätlichen Auseinandersetzung mit zwei Erwachsenen wurde diesen von einem der Jugendlichen zugerufen: „Wir sind fünf, da geht’s euch schlecht“ und „nun macht mal was“. Diese Äußerungen drücken wenn auch mit primitiven Worten deutlich das subjektive Empfinden größeren Kraftgefühls (Nutzenerwartung) und der geringeren Gegenwehrmöglichkeit der Geschädigten (Realisierungswertung) aus. Aber auch wenn aus Äußerungen vor, während oder nach der Tat nicht auf derartige psychische Vorgänge und ihre Bedeutung für den Tatablauf geschlossen werden kann, so sind sie doch meistens an Hand des Handlungsablaufs und aus anderen objektiven Fakten nachzuweisen. Wie bei vielen anderen Problemen der Motivation kriminellen Verhaltens wird auch hier deutlich, daß wir uns bei der Motivanalyse nicht ausschließlich auf die Aussagen der Täter selbst stützen können9. Wenn auch die genannten sozialpsychologischen Kriterien der Gruppe im engen Sinne nicht vorzuliegen brauchen der Grund des Zusammenschlusses sagt noch nichts über die Struktur einer Gruppe aus , so liegen doch hier Möglichkeiten der differenzierten Beurteilung von Gruppenstraftaten und -tätem, auf die nicht verzichtet werden kann. Im Schema lassen sich bei Gruppenhandlungen diese Beziehungen etwa wie folgt erfassen: Psychologische Kriterien Reaktion im StGB als Elemente der Gefährlichkeit einer kriminellen Handlung Vorteile der gruppenweisen Begehung werden erlebt, in Kauf genommen; sie führen zu erhöhter Nutzungs- und Realisierungseinschätzung und zu veränderter Entscheidungsstrategie Vorteile der gruppenweisen Begehung werden angestrebt und gezielt ausgenutzt Dabei Punktionsteilung, Strukturbildung, Ranggliederung und Optimalisierung der kriminellen Kooperation (weitere Untergliederung möglich) Schaffung spezieller Gruppentatbestände (z. B. § 215 Abs. 1) und Teilbestimmungen zur gruppenweisen Begehung auch als Einzeltat verfolgter Straftaten (z. B. § 213 Abs. 2 Ziff. 3), um der erhöhten Gefährlichkeit begegnen zu können Schaffung von Tatbeständen schwerer Fälle (z. B. §§ 128 Abs. 1 Ziff. 2, 216 Abs. 1 Ziff. 2. aber auch 162 Abs. 1 Ziff. 2) Keine spezielle Reaktion (Berücksichtigung bei der Beurteilung des Grades der Schuld und den Maßnahmen der strafrechtlichen Verantwortlichkeit gern. § 61) Zu den Kriterien der Gruppenstraftat und der individuellen Verantwortlichkeit der Täter Wenn bisher entscheidungstheoretische Grundaspekte als die maßgeblichen Ansätze für die Beantwortung der Frage genannt wurden, ob eine von mehreren Personen begangene Straftat als ein Gruppendelikt zu qualifi- 9 Vgl. hierzu Dettenbom, „Motivdefinition und Motivfeststellung in Kriminologie und Kriminalistik“, Staat und Recht 1968, Heft 4. S. 621. 18 zieren ist, so ist bereits sichtbar geworden, daß das wesentlichste Kriterium für die erhöhte Gefährlichkeit derartiger Handlungsweisen in der objektiv existenten und subjektiv einberechneten Kooperation im strafrechtswidrigen Handeln besteht. In diesem Zusammenhang wollen wir uns der Frage zuwenden, welche Bedeutung eine gemeinsame Vorplanung kriminellen Handelns für die Annahme einer Gruppenstraftat hat. Es ist offensichtlich, daß die beschriebene Form der Kooperation „erfolgreicher“ zu sein verspricht, wenn die einzelnen Beteiligten nach einem abgestimmten Plan handeln. Es gibt Fälle, in denen ein raffiniert ausgeklügeltes System des strafrechtswidrigen Zusammenwirkens bestand, um die Wahrscheinlichkeit des Gelingens, die Größe des vorgestellten Nutzens sehr hoch zu halten, die Wahrscheinlichkeit des Entdecktwerdens zu verringern und damit das Wirksamwerden des gesamtgesellschaftlichen Kampfes gegen diese Straftaten zu erschweren. Daraus darf jedoch nicht der Schluß gezogen werden, daß das Vorliegen eines gemeinsames Planes und dessen so „vorgeplante“ arbeitsteilige Ausführung unabdingbare Voraussetzung für die strafrechtliche Qualifizierung einer von mehreren Personen begangenen kriminellen Handlung als Gruppenstraftat sei. Das ist bisher auch von niemandem ernsthaft gefordert worden. Wenn Seidel/ Lupke darauf hingewiesen haben, daß „in subjektiver Hinsicht . der einzelne . (davon) Kenntnis haben (muß), daß er im Verband mit mehreren anderen tätig wird und er . den gemeinsamen Plan in seinen groben Umrissen kennen (muß)“ (a. a. O., S. 497), so haben sie damit lediglich Voraussetzungen für den Spezialfall des Vorliegens eines vorher abgesprochenen gemeinsamen Planes formuliert. Daneben kann es selbstverständlich Fälle geben, in denen spontane Zusammenschlüsse mehrerer Personen und das Begehen von strafrechtswidrigen Handlungsweisen Gruppenstraftaten darstellen10. Der folgende Sachverhalt unterstreicht diesen Standpunkt und zeigt insbesondere, daß die unterschiedlichen Phasen der Herausbildung des Tatentschlusses, d. h. der eigenverantwortlichen Entscheidung zum „Mittun“, für die Qualifizierung der Handlung als Gruppenstraftat unerheblich sind. Die Angeklagten M., H. und S. fuhren nach dem Aufenthalt in einer Gaststätte, in der sie etwas gegessen und jeder außer einem Schnaps auch etwa 6 bis 7 Glas Bier getrunken hatten, mit der Straßenbahn nach Hause. Als alle anderen Fahrgäste aus der Bahn ausgestiegen waren, verstärkte sich die bereits vorher vorhandene übermütige Stimmung. Als der Angeklagte M. bemerkte, daß im Polster eines Sitzes ein kleines Loch war, vergrößerte er diese schadhafte Stelle mit dem Finger um etwa 6 cm. Dies bemerkte der Angeklagte H., er nahm sein Taschenmesser und schnitt das Polster damit weiter auf. Einen anderen Sitz schnitt er über Kreuz ein. Der Angeklagte S. riß mit den Händen die bereits beschädigten Polster noch weiter auf. Danach verließen sie die Straßenbahn. Die drei Angeklagten wurden wegen eines in Gruppenform begangenen Rowdydelikts verurteilt. Die Ermittlungen und die Beweiserhebung ergaben, daß keiner der Angeklagten dem anderen „nachstehen“ wollte und sie sich mit ihren Handlungen völlig in Übereinstimmung befanden, ohne ihr Vorhaben und Tun etwa vorher exakt abgesprochen und arbeitsteilig organisiert zu haben. Gerade die Tatsache, daß sie zu dritt am Werke Waren, spornte sie in ihren rechtswidrigen Handlungen an. Ihre Kooperation und gleichermaßen die ihnen durchaus bewußte Tatsache, daß sie als drei Täter einen relativ festen Verband wenn auch nur vorübergehend bildeten, der etwaigen gegen sie einschreitenden Personen verstärkt hätte io vgl. Uschke/Keil, a. a. O., S. 179.;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 24. Jahrgang 1970, Seite 18 (NJ DDR 1970, S. 18) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 24. Jahrgang 1970, Seite 18 (NJ DDR 1970, S. 18)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 24. Jahrgang 1970, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1970. Die Zeitschrift Neue Justiz im 24. Jahrgang 1970 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1970 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1970 auf Seite 752. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 24. Jahrgang 1970 (NJ DDR 1970, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1970, S. 1-752).

Die Erarbeitung von Ersthinweisen im Rahmen der Sicherung der Staatsgrenze der zur und Westberlin. Die Aufklärung unbekannter Schleusungs-wege und Grenzübertrittsorte, . Der zielgerichtete Einsatz der zur Erarbeitung, Überprüfung und Verdichtung von Ersthinweisen, Die Aufdeckung und Überprüf ung operativ bedeutsamer Kontakte von Bürgern zu Personen oder Einrichtungen nichtsozialistischer Staaten und Westberlins, insbesondere die differenzierte Überprüfung und Kontrolle der Rückverbindungen durch den Einsatz der GMS. :, Ausgehend davon, daß; die überwiegende Mehrzahl der mit Delikten des unge- !i setzlichen Verlassens und des staatsfeindlichen Menschenhandels. Die vom Feind angewandten Mittel und Methoden. Die Zielgruppen des Feindes. Das Ziel der Vorbeugung, Aufklärung und Verhinderung des ungesetzlichen Verlassens und des staatsfeindlichen Menschenhandels. Die vom Feind angewandten Mittel und Methoden. Die Zielgruppen des Feindes. Das Ziel der Vorbeugung, Aufklärung und Verhinderung des ungesetzlichen Verlassens und die Vermeidung weiterer Schäden. Qualifizierter Einsatz der Suche und Auswahl perspektivreicher Hl, Vervollkommnung ihrer Anleitung und In-struierung mit dem Ziel der politisch-operativen Bearbeitung von Bürgern der die Übersiedlung nach nichtsozialistischen Staaten und Westberlin zu erreichen, Vertrauliche Verschlußsache - Die aus den politisch-operativen Lagebedingungen und Aufgabenstellungen Staatssicherheit resultierendan höheren Anforderungen an die Durchsetzung des Unter-suchungshaf tvollzuges und deren Verwirklichung. In den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit Autoren: Rataizick Heinz, Stein ,u. Conrad - Vertrauliche Verschlußsache Diplomarbeit. Die Aufgaben der Linie bei der Besuchsdurchführung. Von Verhafteten und Strafgefangenen bilden die Befehle und- Weisungen des Genossen- er ins besondere Dienstanweisungen und sowie folgende Weisungen und die Befehle und Weisungen des Genossen Minister und des Leiters der Abteilung durch kluges operatives Auftreten und Verhalten sowie durch eine aktive, zielgerichtete Kontrolle und Observant tion seitens der Angehörigen der Linie - Wesen und Bedeutung der Vernehmung Beschuldigter im Ermittlungsverfähren mit Haft durch die Untersuchungs organe Staatssicherheit sowie sich daraus ergebender wesentlicher Anforderungen an den Untersuchungsführer Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit. Die Vorbereitung der Seschuldigten-ve rnehmung Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit - Aspekte und Aufgaben bei der Führung der Beschuldigtenvernehmung.

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