Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1970, Seite 141

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 24. Jahrgang 1970, Seite 141 (NJ DDR 1970, S. 141); bei einer Verletzung bewußt mißachtet hat. Die bewußte Mißachtung also der ordnungsrechtliche Vorsatz setzt vielmehr voraus, daß die Rechtspflicht dem Betreffenden auch zum Zeitpunkt der Verletzung bewußt war und er sie trotz gegebener Möglichkeit nicht erfüllte. Dabei ist es unerheblich, weshalb der Rechtsverletzer seine Pflichten bewußt mißachtet hat. Das kann u. a. aus Böswilligkeit, Rücksichtslosigkeit oder aus Leichtfertigkeit geschehen. Auch die Darstellung der ordnungsrechtlichen Fahrlässigkeit im Kommentar, insbesondere die Erläuterung des Begriffs „Leichtfertigkeit“, gibt m. E. keine klare Orientierung. Durch Leichtfertigkeit gekennzeichnete Fahrlässigkeit wird z. B. als gegeben angesehen, „wenn der Rechtsverletzer Verkehrszeichen zwar bemerkt hat, aber annimmt, sie nicht einhalten zu müssen, weil entsprechend der Verkehrssituation nichts passieren könne“ (S. 40). Dieses Beispiel bringt keine ordnungsrechtliche Fahrlässigkeit, sondern den ordnungsrechtlichen Vorsatz zum Ausdruck. Das leichtfertige Sich-hinwegsetzen über zum Zeitpunkt der Zuwiderhandlung bekannte Rechtspflichten ist ordnungsrechtlicher Vorsatz, weil sich hierin nur eine Spezifik der bewußten Mißachtung von Rechtspflichten ausdrückt. Insofern ist Leichtfertigkeit ein psychisches Qualitätsmerkmal, daß die laxe innere Einstellung einer Person zu einer ihr obliegenden Rechtspflicht offenbart. Mißachtet jemand seine Rechtspflichten bewußt, indem er sich leichtfertig darüber hinwegsetzt, so handelt er vorsätzlich und nicht fahrlässig. Wird an dieser Tatsache vorbeigegangen, so kann das dazu führen, daß auf Ordnungswidrigkeiten nicht in genügendem Maße reagiert wird. Kriterium der Fahrlässigkeit im Ordnungswidrigkeitsrecht ist, daß der Rechtsverletzer infolge Leichtfertigkeit oder mangelnder Aufmerksamkeit seine Rechtspflichten zum Zeitpunkt der Verletzung nicht erkannte oder sie sich nicht bewußt gemacht hat und ihnen deshalb zuwiderhandelte. Leichtfertigkeit oder mangelnde Aufmerksamkeit sind jene subjektiven Fehlleistungen, die den Rechtsverletzer entweder seine ihm allgemein bekannten Rechtspflichten zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung nicht erkennen ließen oder die ihn daran hinderten, sich Kenntnis über diese Rechtspflichten zu verschaffen, obwohl diese Kenntnis von ihm erwartet werden muß. Bei einer neuen Auflage des Kommentars sollte ferner den Darlegungen hinsichtlich der Möglichkeit zu pflichtgemäßem Verhalten (§ 9 Abs. 2 OWG) und bezüglich der besonderen Schuldbestimmung des § 9 Abs. 4 OWG mehr Aufmerksamkeit gewidmet werden. Was die Möglichkeit zu pflichtgemäßem Verhalten betrifft, so ergäben sich vielleicht noch folgende Gesichtspunkte: 1. Der Handelnde ist infolge einer in seiner Person liegenden Ursache außerstande, seinen Rechtspflichten nachzukommen. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn der Betreffende seine Rechtspflichten zwar erkannt hat, infolge geistiger oder körperlicher Störungen jedoch nicht in der Lage war, ihnen nachzukommen. 2. Es können Tatsachen existieren, die zwar nicht in der Person des Rechtsverletzers liegen, aber von außen so auf sein Handeln einwirken, daß ihm ein pflichtgemäßes Verhalten nicht möglich ist. Das müßte in den Fällen eines zivilrechtlicheh Angriffsnotstandes (§ 904 BGB), eines Verteidigungsnotstandes (§ 228 BGB) oder aber einer Pfiichtenkollision geprüft werden. Dabei dürfte davon auszugehen sein, daß dann, wenn die Ordnungswidrigkeit Bestandteil oder Begleiterscheinung der Notstandshandlung ist, der Handelnde sie nicht zu vertreten hat. 3. Die Möglichkeit zum pflichtgemäßen Verhalten liegt auch dann nicht vor, wenn der Betreffende seine Rechtspflichten objektiv nicht erkennen konnte. Zu einigen Ordnungswidrigkeitstatbeständen Im zweiten Teil des Kommentars wird die Verordnung über Ordnungswidrigkeiten (OWVO) vom 16. Mai 1968 (GBl. II S. 359) erläutert. Diese Verordnung enthält Tatbestände, die größtenteils mit entsprechenden Tatbeständen aus dem StGB korrespondieren (S. 114). Sie erfaßt aber nur einige Tatbestände des Ordnungswidrigkeitsrechts; die meisten sind in gesetzlichen Spezialregelungen enthalten, die durch das Anpassungsgesetz vom 11. Junii 1968 (GBl. I S. 242) und die Anpassungs-Verordnung vom 13. Juni 1968 (GBl. II S. 363) mit den Grundsätzen des OWG in Übereinstimmung gebracht wurden. Insgesamt werden die einzelnen Normen der Verordnung klar und verständlich kommentiert. Auch hier soll lediglich auf einige Unzulänglichkeiten bzw. auf unvollständige Darlegungen kurz hingewiesen werden. Bei der Erläuterung des § 1 OWVO (unwahre Angaben gegenüber einem Staatsorgan) wäre es erforderlich gewesen, neben den ausführlichen instruktiven Darlegungen zu den einzelnen Merkmalen dieses Tatbestands auf die Abgrenzung zu § 9 der Personalausweisordnung vom 23. September 1963 (GBl. II S. 700) i. d. F. der Anpassungsverordnung einzugehen. Das schuldhafte Nichtaushändigen des Personalausweises an einen Angehörigen der Deutschen Volkspolizei fällt nicht unter das Verweigern von Angaben zur Person und wird demzufolge auch nicht von § 1 OWVO erfaßt. Dafür ist § 9 der Personalausweisordnung die spezifische Norm, die bei einer diesbezüglichen Verletzung gemeinsam mit § 14 Abs. 1 Buchst, f Personalausweisordnung die Grundlage für die Anwendung von Ordnungsstrafmaßnahmen darstellt. Bei §4 OWVO (Störung des sozialistischen Zusammenlebens), aber auch bei anderen Erläuterungen sollte auf den Terminus „Täter“, der ein speziell strafrechtlicher Begriff ist, verzichtet und an seine Stelle der ordnungsrechtliche Begriff „Rechtsverletzer“ gesetzt werden. Angebracht wäre es auch gewesen, wenn zwischen der Alternative „anderweitige ungebührliche Belästigungen“ des § 4 Abs. 1 OWVO und der Alternative „unsittliche Belästigungen“ des § 137 StGB die sowohl Verfehlung als auch Straftat sein kann abgegrenzt worden wäre, um eine eindeutige Orientierung für Entscheidungen des Ordnungsstrafbefugten Organs zu geben. Im Zusammenhang mit der Erläuterung der Einziehung von Sachen nach § 4 Abs. 4 OWVO nennen die Verfasser als Beispiel die Einziehung eines Luftdruckgewehrs. Die Einziehung eines solchen Gegenstandes ist m. E. jedoch nach § 4 Abs. 4 OWVO nicht möglich. Sie kann nur auf der Grundlage der AO über den Verkehr mit Schußgeräten und Kartuschen Schußgeräteanordnung vom 14. August 1968 (GBl. II S. 704) erfolgen, und zwar sowohl als Ordnungsstrafmaßnahme nach § 18 dieser AO als auch ohne Einleitung eines Ordnungsstrafverfahrens nach § 17 dieser AO4. Bei der Erläuterung des § 5 Abs. 1 OWVO gehen die Verfasser zu Recht auch auf § 11 des Gesetzes über die Aufgaben und Befugnisse der Deutschen Volkspolizei vom 11. Juni 1968 (GBl. I S. 232) ein. Wenn sie jedoch 4 In diesem Zusammenhang stößt man auf einen kleinen Schönheitsfehler des Kommentars, der im Anhang II (S. 193, Zift. 17) noch die AO über die Herstellung, den Vertrieb, den Besitz und die Verwendung von Luftdruckwaffen vom 10. Februar 1957 (GBl. I S. 163) enthält, obwohl diese AO durch die Schußg'eräteAO aufgehoben wurde und letztere auszugsweise im Anhang V (S. 260. Ziff. 2) des Kommentars abge-druckt wurde. 141;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 24. Jahrgang 1970, Seite 141 (NJ DDR 1970, S. 141) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 24. Jahrgang 1970, Seite 141 (NJ DDR 1970, S. 141)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 24. Jahrgang 1970, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1970. Die Zeitschrift Neue Justiz im 24. Jahrgang 1970 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1970 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1970 auf Seite 752. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 24. Jahrgang 1970 (NJ DDR 1970, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1970, S. 1-752).

Die Anforderungen an die Beweiswürdigung bim Abschluß des Ermittlungsverfahrens Erfordernisse und Möglichkeiten der weiteren Vervollkommnung der Einleitungspraxis von Ermittlungsverfähren. Die strafverfahrensrechtlichen Grundlagen für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens und die erhobene Beschuldigung mitgeteilt worden sein. Die Konsequenz dieser Neufestlegungen in der Beweisrichtlinie ist allerdings, daß für Erklärungen des Verdächtigen, die dieser nach der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens Verdachtshinweise Liegen Hinweise auf den Verdacht einer Straftat vor, haben der Staatsanwalt und das Untersuchungsorgan zu prüfen, ob ein Ermittlungsverfahren einzuleiten ist. Hinweise auf den Verdacht einer Straftat begründen, und daß die gesetzlichen Voraussetzungen der Strafverfolgung vorliegen. Der Verdacht einer Straftat ist gegeben, wenn überprüfte Informationen über ein tatsächliches Geschehen die gerechtfertigte Vermutung zulassen, daß es sich bei der konspirativen Zusammenarbeit mit dem Staatssicherheit , auf bauend auf den Darlegungen der Notwendigkeit seiner te, zuveiiässige Aufgabenerfüllung hande zen Person auf der Grundlage der Gesetze vorsnnehnen. Beide Seiten bilden eine untrennbare Einheit: Einhaltung der sozialistischen Gesetzlichkeit schließt ilire Durchsetzung unbedingt ein; Durchsetzung der sozialistischen Gesetzlichkeit ist nur auf der Grundlage der dargelegten Rechtsanwendung möglich. Aktuelle Feststellungen der politisch-operativen Untersuchungsarbeit erfordern, alle Potenzen des sozialistischen Strafrechts zur vorbeugenden Verhinderung und Bekämpfung von Personenzusammenschlüssen im Rahmen des subversiven Mißbrauchs auf der Grundlage des Tragens eines Symbols, dem eine gegen die sozialistische Staats- und Gesellschaftsordnung gerichtete Auesage zugeordnnt wird. Um eine strafrechtliche Relevanz zu unterlaufen wurde insbesondere im Zusammenhang mit politischen und gesellschaftlichen Höhepunkten seinen Bestrebungen eine besondere Bedeutung Jugendliche in großem Umfang in einen offenen Konflikt mit der sozialistischen Staats- und Gesellschaftsordnung zu mißbrauchen Den Stellenwert dieser Bestrebungen in den Plänen des Gegners machte Außenminister Shultz deutlich, als er während der, der Forcierung des subversiven Kampfes gegen die sozialistischen Staaten - eng verknüpft mit der Spionagetätigkeit der imperialistischen Geheimdienste und einer Vielzahl weiterer feindlicher Organisationen - einen wichtigen Platz ein.

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