Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1970, Seite 114

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 24. Jahrgang 1970, Seite 114 (NJ DDR 1970, S. 114); besagt zweifelsfrei, daß es sich bei den allgemeinen Regeln des Völkerrechts, zu denen auch Art. 6 des IMT-Statuts zählt, um Rechtsnormen handelt, die für die Justiz in der Bundesrepublik verbindlich und deshalb auch in jedem Strafverfahren von Gerichts wegen zu beachten sind. Die Behauptung des 2. Strafsenats des Bundesgerichtshofs in der Begründung des Revisionsurteils gegen Mulka u. a., es bestünde keine völkerrechtliche Bindung, steht zu dieser vom Bundesverfassungsgericht festgestellten Rechtslage in krassem Widerspruch. Sollte das Essener Schwurgericht trotz dieser eindeutigen Rechtslage jedoch Bedenken gegen die Anwendbarkeit des Völkerstrafrechts gemäß Art. 6 des IMT-Sta-tüts haben, so wäre es verpflichtet, eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts darüber einzuholen, ob die völkerstrafrechtlichen Bestimmungen allgemeine Regeln des Völkerrechts i. S. des Art. 25 des Bonner Grundgesetzes sind. Diese Notwendigkeit ergibt sich aus Art. 100 Abs. 2 des Grundgesetzes, der vorschreibt: „Ist in einem Rechtsstreit zweifelhaft, ob eine Regel des Völkerrechts Bestandteil des Bundesrechts ist und ob sie unmittelbar Rechte und Pflichten für den einzelnen erzeugt (Art. 25), so hat das Gericht die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts einzuholen.“ Das Grundgesetz verbietet also jedem Gericht der Bundesrepublik, derartige Bedenken durch eigenes Urteil auszuräumen. Hierfür ist einzig und allein das Bundesverfassungsgericht zuständig. Bei Anwendung der völkerstrafrechtlichen Bestimmungen kann auch kein Zweifel daran bestehen, daß die Angeklagten als Täter und nicht etwa nur wegen Beihilfe zu bestrafen sind, denn Täter dieser völkerrechtlichen Verbrechen ist jeder, der schuldhaft an der Verwirklichung ihrer Tatbestände mitgewirkt hat. Das haben im Falle der Mordtaten im KZ „Dora“ alle drei Angeklagten getan. Selbst wenn man das Völkerstrafrecht ignorieren und unrichtigerweise die Verbrechen der Angeklagten nur als Mord i. S. des § 211 westd. StGB beurteijen wollte, müßten aber die drei Angeklagten als Mittäter und nicht nur als Gehilfen bestraft werden4. Bischoff und Sander haben zugegeben, daß sie nicht nur fremde Befehle rückhaltlos befolgt, sondern auch in eigener Verantwortung Befehle erteilt haben und Handlungen ausführten, ohne die es nicht zur gewaltsamen Tötung der Opfer gekommen wäre. Bustas Verhalten trug ebenfalls alle Zeichen des Einverständnisses mit der Terror-und Mordpraxis im KZ „Dora“. Auch an seiner Qualifikation als Täter kann es nicht den geringsten Zweifel geben5. Auseinandersetzung mit der Position der Verteidigung Die Verteidigung der im KZ „Dora“-Prozeß angeklagten SS-Mörder begründete abgesehen von den bei Verfahren gegen nazistische Systemverbrecher üblichen Angriffen gegen die Glaubwürdigkeit von Belastungszeugen und den Zweifeln am Beweiswert von Sachverständigengutachten und verlesenen Urkunden ihre Anträge auf Einstellung des Verfahrens bzw. auf Freispruch der Angeklagten in erster Linie mit prinzipiellen Einwendungen gegen die Durchführung des Verfahrens überhaupt. Grundlage dieser prinzipiellen Einwendungen sind im wesentlichen zwei Behauptungen, die nicht unwidersprochen bleiben dürfen: 4 Zur Problematik der Täterschaft und Teilnahme vgl. Kaul / Noack, a. a. O S. toi f. 5 In seiner Eigenschaft als Nebenklagevertreter forderte Prof. Dr. Kaul für alle drei Angeklagten die lebenslange Zuchthausstrafe. Die Staatsanwaltschaft hatte für Bischoff und Sander ebenfalls lebenslängliches Zuchthaus gefordert, für Busta dagegen nur zehn Jahre Zuchthaus. D. Bed. 1. Die Staatsgewalt der westdeutschen Bundesrepublik und die der Nazidiktatur seien identisch. 2. Alle von Staats wegen getroffenen Maßnahmen des Nazisystems, die seiner Aufrechterhaltung und Absicherung zu dienen bestimmt waren, seien von den Gerichten der Bundesrepublik als seinerzeit rechtsverbindlich anzuerkennen. Diese Argumente wurden uereits im ersten Auschwitz-Prozeß vor dem Schwurgericht in Frankfurt/Main von den Rechtsanwälten Laternser und Fertig vorgebracht und werden seither von Verteidigern nazistischer Systemverbrecher vor den Gerichten der Bundesrepublik immer wiederholt. Unter der Devise des „Schlußstriches unter die Vergangenheit“ stellte der Verteidiger des Angeklagten Bischoff, Rechtsanwalt Steinacker (Frankfurt/Main), vor dem Essener Schwurgericht die Behauptung auf, die Strafverfolgungsbehörden der Bundesrepublik hätten kein Recht, in der Zeit der Nazidiktatur von Staats wegen nicht verfolgte strafbare Handlungen zur Aburteilung zu bringen. Die Gerichte der Bundesrepublik dürften nur dann verurteilen, wenn es sich um sog. Exzeßtaten handele, also um zur nazistischen Gewaltkriminalität gehörende Delikte, die völlig ohne staatliche Initiative begangen und vom nazistischen Staatsapparat selbst als „unerlaubte Übergriffe“ angesehen wurden. Mit dieser Behauptung wird der Justiz der Bundesrepublik das Recht abgesprochen, den in der Nazi-Terminologie als „Endlösung“ oder „Sonderbehandlung“ getarnten Massenmord, dem in den Vernichtungslagern Millionen von Menschen zum Opfer fielen, heute noch strafrechtlich zu verfolgen. Denn diese im Verbrecheridiom der nazistischen Verwaltung als „Sonderbehandlung“ bezeichneten Massenmorde waren ebensowenig ein für das nazistische System „unerlaubter Übergriff“ wie es die „Sonderbehandlung“ war, die der Angeklagte Sander eingestandenermaßen für die Häftlinge des KZ „Dora“ empfahl und die der Angeklagte Bischoff unbestritten in die Wirklichkeit umsetzte. Eben diese Tatsache aber, daß die im KZ „Dora“ durchgeführten gewaltsamen Tötungen einer Vielzahl von Häftlingen vom nazistischen Staatsapparat geduldet, ja angeordnet worden waren, führte Rechtsanwalt Steinacker als Begründung für seine Behauptung an, die Staatsgewalt der Bundesrepublik besitze keinen Strafanspruch gegen diejenigen, die an sich strafrechtlich für diese gewaltsamen Tötungen im KZ „Dora“ verantwortlich sind. Steinacker argumentierte folgendermaßen: Nach der bis zum heutigen Tage in Westdeutschland herrschenden Rechtsauffassung sei die Bundesrepublik mit dem damaligen Staat, dem sog. Dritten Reich, identisch. Es habe nach 1945 „doch nur ein Regierungswechsel stattgefunden“, der die Substanz des Staates nicht berührt habe. Der Staat könne und dürfe aber seine Bürger nicht für Handlungen bestrafen, die diese Bürger früher auf Befehl des Staates oder zumindest mit dessen Billigung begangen haben. Das konnte Ende 1969 in Essen gesagt werden, ohne daß der Vorsitzende des Schwurgerichts den Vortrag der Verteidigung unterbrach und Rechtsanwalt Steinacker um eine präzise Stellungnahme ersuchte, ob er ersthaft behaupten wollte, daß der ehemalige Bundeskanzler Adenauer zäsurlos die Nachfolge Hitlers angetreten habe, als ob es niemals eine totale Zerschlagung des nazistischen Verbrecherstaates und ein Potsdamer Abkommen gegeben hätte! Die Ausführungen Rechtsanwalt Steinackers zeigen, welches politische Wunschdenken in bestimmten oder besser gesagt: in bestimmenden Schichten der Bundes- 114;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 24. Jahrgang 1970, Seite 114 (NJ DDR 1970, S. 114) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 24. Jahrgang 1970, Seite 114 (NJ DDR 1970, S. 114)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 24. Jahrgang 1970, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1970. Die Zeitschrift Neue Justiz im 24. Jahrgang 1970 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1970 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1970 auf Seite 752. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 24. Jahrgang 1970 (NJ DDR 1970, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1970, S. 1-752).

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