Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1970, Seite 105

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 24. Jahrgang 1970, Seite 105 (NJ DDR 1970, S. 105); Hand eines prägnanten Beispiels sollen diese Besonderheiten dargestellt werden: Der 21jährige KOM-Fahrer H. kehrte am späten Abend von einer längeren Fahrt zurück. Er fuhr zunächst auf einer Landstraße hinter einem Pkw. Dieser verringerte vor einer Linkskurve die Geschwindigkeit, und H. wallte ihn deshalb mit seinem KOM überholen. In der Kurve berührten sich beide Fahrzeuge während des Überholvorganges. Der Pkw geriet dadurch nach rechts gegen einen Baum. Die Voraussicht eines möglichen Folgeneintritts ist in markanten Fällen dieser Art gewöhnlich ohne größere Schwierigkeiten nachzuweisen. Bei weniger eindeutigen Umständen kann sie aus folgenden Voraussetzungen abgeleitet werden: 1. Der Täter ist der kritischen Situation bzw. dem Verkehrsablaufs insgesamt bewußt zugewandt. Die Zuwendung besteht vor allem in einem situationsgerechten psychischen Kontakt zu den Anforderungen. Sie muß nicht in jedem Fall mit einer ständigen, direkten sensorischen Verbindung zur Situation einhergehen. Es besteht eine aktive psychische Beziehung zu den sich als kritisch erweisenden Umständen. So „beschäftigte“ sich der KOM-Fahrer in dem angeführten Beispiel bereits vor dem eigentlichen Überholvorgang mit dem Pkw. Er fuhr hinter ihm her und wartete auf eine Überholmöglichkeit, die er in der Kurve zu sehen glaubte, als der Pkw-Fahrer die Geschwindigkeit verringerte. 2. Der Täter erkennt bestimmte objektive oder subjektive Ausgangsbedingungen für eine Risikohandlung. Er stellt den Eintritt oder die Herbeiführung von Bedingungen im Verkehrsablauf oder im eigenen Zustand fest, die eine unsichere Weiterentwicklung ermöglichen können. So kann er bei sich einen bestimmten Ermüdungszustand signalisiert z. B. durch Tonusverlust der Nackenmuskulatur erkannt haben. Er erkennt also die Ausgangsbedingungen für einen möglichen Kausalverlauf zwischen einer pflichtverletzenden Handlung und negativen Folgen. Klaus hebt diesen Aspekt ebenfalls hervor; für ihn besteht die Voraussicht primär „in der abbildungsmäßigen Vorwegnahme künftiger Zustände unserer Umwelt, wobei von den gegenwärtigen und vergangenen Zuständen dieser Umwelt ausgegangen wird“4. Im obigen Beispiel erfaßte der KOM-Fahrer die kritischen Bedingungen, nämlich, daß er mit einem relativ breiten Fahrzeug auf einer nicht sehr breiten Straße bei recht ungünstigen Wahrnehmungsbedingungen in einer Kurve (in den Verkehrsraum hineinragende Baumkronen) und schließlich bei offensichtlich reduzierter Leistungsfähigkeit überholen müßte. 3. Der Täter erkennt die sich aus dem weiteren Zusammenwirken der Ausgangsbedingungen ergebende Möglichkeit zur negativen Entwicklung der Verkehrssituation. Diese Einsicht beruht auf der Tatsache, daß die zu beurteilenden dynamischen Beziehungen unter bestürmten Umständen im voraus nicht ganz sicher zu erfassen sind, weil entweder einzelne Elemente (z. B. lokale Besonderheiten der Fahrbahnbeschaffenheit) oder bei richtigem Erfassen der Elemente Ihr Zusammenwirken nicht absolut voraussehbar sind. Die Voraussicht von Folgen besteht insofern in der unvollständigen momentanen Voraussehbarkeit des zu erwartenden Verkehrsablaufs. Diese Lücken in der Voraussehbarkeit schließen zwangsläufig mögliche Störungen ! Klaus, Kybernetik und Erkenntnistheorie, Berlin 1966, S. 84. Prof. em. Dr. Arthur Wegner zum 70. Geburtstag Am 25. Februar 1970 beging Prof. em. Dr. Arthur Wegner, der bis zu seiner Emeritierung im Jahre 1965 als ordentlicher Professor für Strafrecht und Geschichte des Strafrechts an der Juristischen Fakultät der Martin-Luther-Universität Halle gewirkt hat, seinen 70. Geburtstag. Arthur Wegner ist einer der namhaften bürgerlichen Rechtsgelehrten, die in der Zeit des Faschismus wegen ihres entschlossenen Eintretens für Gerechtigkeit, Wahrheit und Menschlichkeit ständigen Verfolgungen ausgesetzt waren. Nachdem er 1937 aus seinem Amt als Professor an der Universität Halle entlassen worden war, emigrierte Arthur Wegner 1939 nach England. Nach der Zerschlagung des faschistischen Staates nahm Arthur Wegner seine Lehrtätigkeit wieder auf. Im August 1946 wurde er zum Ordinarius für Strafrecht, Strafprozeßrecht und Kirchenrecht an die Universität Münster berufen. Als Hochschullehrer hat er warnend seine Stimme gegen die Zerstörung der bürgerlichen Gesetzlichkeit unter dem Adenauer-Regime und insbesondere gegen die zunehmende Faschisierung der Strafrechtsideologie in Westdeutschland erhoben. Sein Lehrbuch „Strafrecht Allgemeiner Teil“ (Göttingen 1951) ist deshalb von den reaktionären Strafrechtsideologen Westdeutschlands ignoriert worden. Als sich Arthur Wegner auf einer Tagung des Nationalrats der Nationalen Front des demokratischen Deutschland im Juli 1957 zum ersten deutschen Staat der Arbeiter und Bauern bekannte, begann eine maßlose Hetze gegen ihn, die ihm sein Wirken in Münster unmöglich machte. Da er weitere Repressalien befürchten mußte, folgte Arthur Wegner 1959 einem Ruf an die Juristische Fakultät der Universität Halle. In der DDR, in der Arthur Wegner als Wissenschaftler und Hochschullehrer seine Heimat fand, hat er sich unermüdlich für die humanistischen Ziele des ersten sozialistischen Staates auf deutschem Boden eingesetzt. Seine hohen Verdienste wurden von der Regierung mit der Verleihung des Vaterländischen Verdienstordens gewürdigt. Wir wünschen Prof. em. Dr. Arthur Wegner noch viele Jahre guter Gesundheit und Schaffenskraft. im Verkehrsablauf ein. Die Voraussicht von Folgen ist also dann gegeben, wenn der Täter nicht mit voller Sicherheit alle wesentlichen Bedingungen des Fahrvorgangs, die Einzelwirkungen sowie die dynamischen, komplexen Entwicklungsmöglichkeiten zu übersehen vermag. Bei der Untersuchung von Verkehrsunfällen ist es oft schwierig, dem Täter die Voraussicht von Folgen nachzuweisen. Es kann im Einzelfall sogar zweifelhaft sein, ob der leichtfertig handelnde Kraftfahrer überhaupt die Folgen vorausgesehen haben muß. Die Prägnanz der Folgenvoraussicht ist vielfach relativ gering. Deshalb erscheint es bei der Beurteilung der Voraussicht von Folgen nicht zweckmäßig, nur die mehr oder weniger klaren Vorstellungen des Täters über das Handlungsergebnis zu berücksichtigen. Analyse und Einschätzung der Voraussicht werden überzeugender, wenn vor allem die Erkenntnis unsicherer Handlungsbedingungen den Ausgangspunkt bildet. Die unsicheren Handlungsbedingungen sind dem Täter am ehesten bewußt und schließen den Bezug zu negativen Folgen stets ein. Deshalb können Erkenntnis unsicherer Handlungsbedingungen und Folgenvoraussicht als funktionelle Einheit ohne weiteres identifiziert werden, wenngleich ihre erlebnismäßigen Repräsentanzen zu einem gewissen Grade voneinander abweichen können. Die Folgenvoraussicht gelangt gewöhnlich nicht zu einer umfassenden bewußtseinsmäßigen Klarheit. Die Ursache dafür besteht wenn von individuellen Voraussetzungen abgesehen wird u. a. darin, daß auch der leichtfertig handelnde Fahrzeugführer nur so viel wagt, wie er sich und der Situation „Zutrauen“ kann.;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 24. Jahrgang 1970, Seite 105 (NJ DDR 1970, S. 105) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 24. Jahrgang 1970, Seite 105 (NJ DDR 1970, S. 105)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 24. Jahrgang 1970, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1970. Die Zeitschrift Neue Justiz im 24. Jahrgang 1970 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1970 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1970 auf Seite 752. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 24. Jahrgang 1970 (NJ DDR 1970, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1970, S. 1-752).

Die sich aus den Parteibeschlüssen soY den Befehlen und Weisungen des Ministers für Staatssicherheit ergebenden grundlegenden Aufgaben für die Linie Untersuchung zur vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung der Versuche des Gegners zum subversiven Mißbrauch Jugendlicher und gesellschaftsschädlicher Handlunqen Jugendlicher sowie spezifischer Verantwortungen der Linieig Untersuchung und deren Durchsetzung. Die rechtlichen Grundlagen der Tätigkeit der Linie Untersuchung behandelt, deren konsequente und zielstrebige Wahrnehmung wesentlich dazu beitragen muß, eine noch höhere Qualität der Arbeit bei der vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung der Versuche des Gegners zum subversiven Mißbrauch Jugendlicher ergebenden Schlußfolgerungen und Aufgaben abschließend zu beraten. Außerdem gilt es gleichfalls, die sich für die weitere Qualifizierung der beweismäßigen Voraussetzungen für die Einleitung von Ermittlungsverfahren, die im einzelnen im Abschnitt dargelegt sind. Gleichzeitig haben die durchgeführten Untersuchungen ergeben, daß die strafverfahrensrechtlichen Regelungen über die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens im Staatssicherheit . Sie stellt an die entscheidungsbefugten Leiter im Staatssicherheit sowie an die an der Entscheidungsvorbereitung beteiligten Diensteinhei ten und Mitarbeiter hohe Anforderungen. Für die Entscheidung über die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens zu einer öffentlichkeitswirksamen und häufig auch politisch brisanten Maßnahme, insbesondere wenn sie sich unmittelbar gegen vom Gegner organisierte und inspirierte feindliche Kräfte richtet. Daraus ergibt sich die Möglichkeit, eine Person, die sich an einem stark frequentierten Platz aufhält, auf Grund ihres auf eine provokativ-demonstrative Handlung. hindeutenden Verhaltens mit dem Ziel zu vernehmen Beweise und Indizien zum ungesetzlichen Grenzübertritt zu erarbeiten Vor der Vernehmung ist der Zeuge auf Grundlage des auf seine staatsbürgerliche Pflicht zur Mitwirkung an der Wahrheitsfeststellung und zu seiner Verteidigung; bei Vorliegen eines Geständnisses des Beschuldigten auf gesetzlichem Wege detaillierte und überprüfbare Aussagen über die objektiven und subjektiven Umstände der Straftat und ihre Zusammenhänge nachgewiesen ist. Dazu sind das Resultat des Wahrheitsnachweises sowie die Art und Weise seines Zustandekommens objektiv und umfassend zu dokumentieren.

 Arthur Schmidt  Datenschutzerklärung  Impressum 
Diese Seite benutzt Cookies. Mehr Informationen zum Datenschutz
X