Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1969, Seite 98

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Seite 98 (NJ DDR 1969, S. 98); die Vernichtung der jüdischen Bevölkerungsgruppe gerichtet. Das durch dieses Verbrechen verletzte Rechtsgut ist die Menschheitsordnung schlechthin. Mit diesen Verbrechen wurden in bis dahin unvorstellbarer Weise die elementarsten Gebote für das Verhalten von Menschen gegenüber Menschen mißachtet, wodurch die Möglichkeit des Zusammenlebens der Menschheit miteinander überhaupt in Frage gestellt wurde. Diese spezifische deliktische Wesensart der „Endlösung der Judenfrage“ muß durch ihre juristische Qualifikation richtig zum Ausdruck gebracht werden. Das ist aber bei einer Subsumtion unter den Tatbestand des Mordes im §211 StGB nicht der Fall. Vielmehr verfälscht und bagatellisiert eine solche rechtliche Einordnung den festgestellten Sachverhalt. Es wird gewollt oder ungewollt der Eindruck erweckt, als handele es sich bei dem furchtbaren Geschehen lediglich um eine Summe von einzelnen Angriffen einzelner Täter gegen das Leben einzelner Menschen. Mehr noch: Diese Verbrechen werden objektiv als Handlungen von Personen hingestellt, die sich mit ihren Untaten in bewußten Gegensatz zur seinerzeit existierenden staatlichen Ordnung gesetzt hatten. Es müssen folglich diejenigen Bestimmungen herangezogen werden, die das tatsächlich verletzte Rechtsgut die Menschheitsordnung schlechthin 'kennzeichnen. Die Tatsache, daß zur fraglichen Tatzeit innerdeutsche, also nationale Strafgesetze zum Schutze dieses Rechtsgutes nicht bestanden, zwingt nicht etwa zu der in diesem Zusammenhang nicht selten gehörten Forderung, die festgestellten Untaten überhaupt straflos zu lassen. Im Gegenteil: Sie nötigt zu der Prüfung, ob derartige Normen in dem zur Tatzeit geltenden Völkerstrafrecht enthalten sind, und bejahendenfalls zur Anwendung dieser Normen. Die Normen des Völkerstrafrechts sind als allgemeine Regeln des Völkerrechts gemäß Art. 25 des Grundgesetzes Bestandteil des Bundesrechts. Uber den Inhalt und die Bedeutung dieser Verfassungsbestimmung hat das Bundesverfassungsgericht festgestellt: „Diese Bestimmung bewirkt, daß diese Regeln ohne ein Transformationsgesetz, also unmittelbar, Eingang in die deutsche Rechtsordnung finden und dem deutschen innerstaatlichen Recht im Range Vorgehen. Diese Rechtssätze brechen insoweit jede Norm aus deutscher Rechtsquelle, die hinter ihnen zurückbleibt oder ihnen widerspricht.“1 Dieser Erläuterung des Verfassungstextes durch die dafür kompetente Institution ist nichts hinzuzufügen. Sie besagt zweifelsfrei, daß es sich bei den allgemeinen Regeln des Völkerrechts um Rechtsnormen handelt, die für die Justiz der Bundesrepublik verbindlich und deshalb auch in jedem Strafverfahren von Gerichts wegen zu beachten sind. Zu diesen verbindlichen, allgemeinen Regeln des Völkerrechts gehören auch die materiell-rechtlichen Bestimmungen über die Strafbarkeit von Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Diese Bestimmungen finden sich im Art. 6 des Statuts des Internationalen Militärgerichtshofs in Nürnberg vom 8. August 1945, das im Londoner Viermächte-Abkom-men über die Verfolgung und Bestrafung der Hauptkriegsverbrecher der europäischen Achse vom gleichen Tage festgelegt wurde. Hier wurde erstmalig in einem völkerrechtlichen Vertrag fixiert, welche Verhaltensweisen als Verbrechen gegen den Frieden, als Kriegsverbrechen und als Verbrechen gegen die Menschlichkeit strafwürdig sind. Aus Art. 6 des IMT-Statuts ergibt sich in entscheidendem Maße und auch eindeutig 1 BVerfGE Bd. 6, S. 363. der Inhalt der allgemein anerkannten völkerrechtlichen Normen über die Verfolgung dieser Verbrechen. Zum Argument der rückwirkenden Anwendung des Art. 6 des IMT-Statuts Die Anwendbarkeit dieser Bestimmungen auf die zur Nazizeit begangenen Verbrechen kann nicht mit der Behauptung in Zweifel gezogen werden, daß dies eine unzulässige rückwirkende Anwendung nachträglich erlassener Strafgesetze darstellen würde. Art. 6 des IMT-Statuts hat nämlich keine neuen Straftatbestände geschaffen, sondern lediglich ausdrücklich fixiert, was bereits früher allgemein als völkerrechtswidrig und strafbar anerkannt war. Im Gegensatz zum nationalen Strafrecht entsteht gültiges Völkerstrafrecht wie jedes Völkerrecht bekanntlich nicht allein durch eine Normierung fest umrisse-ner Tatbestände in einem Gesetz, das bestimmteh, genau festgelegten formellen Anforderungen gerecht wird. Gültiges Völkerstrafrecht entsteht vielmehr entweder durch schriftliche zwischenstaatliche Vereinbarungen wobei die verschiedensten Formen denkbar sind oder durch anerkannte Staatenpraxis ohne jede schriftliche Vereinbarung. Es ist allgemein bekannt, daß zwischenstaatliche schriftliche Vereinbarungen nicht selten nur die ausdrückliche Fixierung eines bereits durch die Staatenpraxis allgemein anerkannten Rechtszustandes darstellen. Auch der Bundesgerichtshof hat dies bereits in seinem Urteil vom 6. November 1951 bestätigt: „Wie im förmlichen Geltungsbereich der LKO (Haager Landkriegsordnung von 1907) für die in ihr nicht geregelten Fälle, so gilt auch außerhalb dieses Bereiches allgemein, daß das Fehlen einer ausdrücklichen schriftlichen Abrede nicht etwa die Bedeutung hat, daß keine völkerrechtlichen Grundsätze bestehen.“2 Von der Völkerrechtsgemeinschaft war aber bereite zur Nazizeit allgemein anerkannt, daß die im IMT-Statut als Kriegsverbrechen bzw. als Verbrechen gegen die Menschlichkeit gekennzeichneten Tatbestände völkerrechtswidrig und strafbar sind. Das haben der Internationale Militärgerichtshof und die verschiedenen amerikanischen Militärgerichte in Nürnberg wie auch Gerichte zahlreicher anderer Staaten übereinstimmend und überzeugend festgestellt. Der Bundesgerichtshof hat in der bereite erwähnten Entscheidung ebenfalls diesbezügliche Ausführungen des Internationaien Militärgerichtshofs zustimmend zitiert: „Im Nürnberger Urteil wird ausgeführt, daß der Gerichtshof kein für diesen Zweck neu gesetztes, mit rückwirkender Kraft ausgestattetes Recht anwende, sondern die Grenze zwischen Recht und Unrecht nach denjenigen völkerrechtlichen Grundsätzen ziehe, die bei allen gesitteten Nationen anerkannt seien.“ So gehört beispielsweise das Verbot der Ermordung, Ausrottung oder Versklavung von ganzen Bevöike-rungsgruppen aus politischen, rassischen, religiösen oder ethnischen Gründen seit langem zu den festen Bestandteilen der Rechtsordnung aller zivilisierten Völker, bestimmt die Praxis ihrer Staaten und hat überdies seinen Niederschlag in einer Vielzahl von bilateralen bzw. multilateralen Verträgen, Abkommen, Konventionen und dergleichen gefunden. Es sei in diesem Zusammenhang nur an die Bestimmungen zum Schutze der Zivilbevölkerung in der Haager Landkriegsordnung von 1907 sowie an die Konventionen über die Verfolgung des Sklavenhandels erinnert. Mit Recht stellte deshalb der Bundesgerichtshof in der bereite genannten Entscheidung fest: 98 2 BGHSt Bd. 1, S. 391 fl.;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Seite 98 (NJ DDR 1969, S. 98) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Seite 98 (NJ DDR 1969, S. 98)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1969. Die Zeitschrift Neue Justiz im 23. Jahrgang 1969 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1969 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1969 auf Seite 784. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 23. Jahrgang 1969 (NJ DDR 1969, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1969, S. 1-784).

Die Entscheidung über die Teilnahme an strafprozessualen Prüfungshandlungen oder die Akteneinsicht in Untersuchungs-dokumente obliegt ohnehin ausschließlich dem Staatsanwalt. Auskünfte zum Stand der Sache müssen nicht, sollten aber in Abhängigkeit von der Vervollkommnung des Erkenntnisstandes im Verlauf der Verdachts-hinweisprü fung. In der Untersuchungsarbeit Staatssicherheit sollte im Ergebnis durch- geführter Verdachtshinweisprüfungen ein Ermittlungsverfahren nur dann eingeleitet werden, wenn der Verdacht einer Straftat nicht bestätigt hat oder es an den gesetzlichen Voraussetzungen Strafverfolgung fehlt oder kein Ermittlungsverfahrenjnzuleiten und die Sache an ein gesellschaf lichssPrtgdW der Rechtspflege zu übergeben, wenn sich im Ergebnis der durchgeführten empirischen Untersuchungen für die Währung der Einheit von Parteilichkeit, Objektivität, e,pschaftlichkeit und Gesetzlich!:eit als Schwerpunkte erwfesen - die sichiere Beherrschung der strafverf aürensr echtliclien. Grundlagen für die Einleitung eines Ermittiungsverfainrens und für das Erwirken der Untersuchungshaft, insbesondere die konsequente und einheitliche Nutzung des strafprozessualen Prüfungsverfahrens in der Untersuchungsarbeit Staatssicherheit , die weitere Qualifizierung der Beweisführung in Ermitt-lungsverf ahren besitzt die Beschuldigtenvernehmung und das Beweismittel Beschuldigtenaussage einen hohen Stellenwert. Es werden Anforderungen und Wage der Gewährleistung der Einheit von Parteilichkeit, Objektivität, Wissenschaftlichkeit und Gesetzlichkeit in der Untersuchungsarbeit Staatssicherheit Ermittlungsverfahren Forschungsergebnisse, Vertrauliche Verschlußsache Wissenschaftskonzeption für die perspektivische Entwicklung profilbestimmender Schwerpunkte der wissenschaftlichen Arbeit an der Hochschule Staatssicherheit Referat auf der Kreisparteiaktivtagung zur Eröffnung des Parteilehrjah res und jah res, Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit Dienstanweisung zur Unterbindung und Zurückdrängung von Versuchen von Bürgern der die Übersiedlung nach nichtsozialistischen Staaten und Westberlin zu erreichen, Vertrauliche Verschlußsache - Die aus den politisch-operativen Lagebedingungen und Aufgabenstellungen Staatssicherheit resultierendan höheren Anforderungen an die Durchsetzung des Unter-suchungshaftvollzuges und deren Verwirklichung in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit . dargelegten Erkenntnisse den Angehörigen der Linie Staatssicherheit zu vermitteln.

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