Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1969, Seite 89

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Seite 89 (NJ DDR 1969, S. 89); in angemessener Weise einen ihm drohenden Angriff zurückgewiesen habe. Zunächst hat das Bezirksgericht im Berufungsverfahren nicht gerügt, daß das Kreisgericht auf einer völlig unzureichenden prozeßrechtlichen Grundlage entschieden und dadurch grundlegende Prinzipien des Strafprozeßrechts verletzt hatte. Das Kreisgericht verfügte auf Grund des Antrags des Staatsanwalts, im beschleunigten Verfahren zu verhandeln, am 23. Februar 1968 Termin zur Hauptverhandlung am 27. Februar 1968. § 231 StPO (alt) legte die Voraussetzungen für die Durchführung eines beschleunigten Verfahrens fest: einfacher Sachverhalt, Geständnis des Beschuldigten und die Möglichkeit einer sofort tigen Verhandlung. Im vorliegenden Fall war schon von Anfang an ersichtlich, daß der Sachverhalt nicht einfach war, da zwischen den Aussagen der Zeugen H. und M. und denen des Angeklagten einige Widersprüche bestanden und rechtliche Fragen wie die, ob Notwehr vorliegt zu klären waren. Weiterhin war der Sachverhalt- noch nicht genügend aufgeklärt, da der Angeklagte nicht umfassend zur eigentlichen Straftat vernommen und ihm' Widersprüche zu den Zeugenaussagen nicht vorgehalten worden waren. Diese ungenügende Sachaufklärung, verbunden damit, daß der Sachverhalt nicht einfach war, führte dann auch dazu, daß die Hauptverhandlung unterbrochen werden mußte und der Beschluß erging, das Verfahren zur Nachermittlung in das staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren zurückzu verweisen. Spätestens zu diesem Zeitpunkt war für das Kreisgericht erkennbar, daß d.ie Voraussetzungen für ein beschleunigtes Verfahren nicht Vorlagen. Das Kreisgericht hätte gemäß § 234 StPO (alt) durch Beschluß von der Durchführung eines beschleunigten Verfahrens Abstand nehmen und den Staats-; anwalt auffordem müssen, eine Anklageschrift einzureichen. Da die erneute Hauptverhandlung erst am 26. März also vier Wochen später durchgeführt und wiederum ausgesetzt wurde, handelte es sich nicht mehr um ein beschleunigtes Verfahren, obgleich es fehlerhaft auf dieser Basis weitergeführt wurde. Der Sinn und Zweck des beschleunigten Verfahrens besteht darin, durch eine schnelle Ahndung einer strafbaren Handlung eine höhere gesellschaftliche Wirksamkeit zu erreichen (vgl. Keil, „Zur Anwendung des beschleunigten Verfahrens“, NJ 1968 S. 400). Das darf jedoch keinesfalls zu Lasten der Erforschung der objektiven Wahrheit gehen oder zur Verletzung der Rechte des Angeklagten führen. Deshalb ist es wichtig, genau zu prüfen, ob alle Voraussetzungen für ein beschleunigtes Verfahren vorliegen. Dieser Gesetzesverstoß war zu rügen, wenn auch der entscheidende Mangel des kreisgerichtlichen Urteils nicht auf dieser Gesetzesverletzung beruhte. Da dem Angeklagten die Beschuldigung wenn auch nicht in der vorgeschriebenen Form von vornherein, drei Tage vor der ersten Hauptverhandlung, schriftlich zugegangen war, ist eine Aufhebung des Urteils allein wegen der prozessualen Mängel im Kassationsverfahren nicht erforderlich. Das Bezirksgericht hätte auch rügen müssen, daß über die Zulassung eines gesellschaftlichen Anklägers vom Kreisgericht nicht entsprechend der damals geltenden Richtlinie des Plenums des Obersten Gerichts über die unmittelbare Mitwirkung der Bevölkerung im gerichtlichen Verfahren in Strafsachen (Richtlinie Nr. 22 vom 14. Dezember 1966) entschieden wurde. In der Verfügung des Vorsitzenden der Strafkammer vom 23. Februar 1968 findet sich der Vermerk, daß als gesellschaftlicher Ankläger Herr S. zugelassen wird. Uber den Antrag der Ständigen Kommission Volkspolizei und Justiz der Stadtverordnetenversammlung, Herrn S. als gesellschaftlichen Ankläger zuzulassen, hätte das Kreisgericht mit der Anberaumung des Termins zum beschleunigten Verfahren beschließen müssen. Diese Entscheidung hätte es gemeinsam mit den Schöffen zu treffen gehabt (Abschn. II, 2 c der Richtlinie Nr. 22, NJ 1967 S. 11). Diese Regelung ist in die neue StPO aufgenommen worden (§ 197 Abs. 1 und 2 StPO). Diese Grundsätze gelten gemäß § 259 Abs. 4 StPO ebenso für die Durchführung eines beschleunigten Verfahrens, obgleich ein besonderer Beschluß über die Eröffnung des Hauptverfahrens nicht erforderlich ist. In sachlicher Hinsicht hat das Bezirksgericht eine fehlerhafte Beurteilung der Handlung des Angeklagten vorgenommen, wenn es den Angeklagten wegen vermeintlicher Notwehr (§§ 53 und 59 StGB alt ) freisprach. Das Kreisgericht hatte den Sachverhalt durchaus umfassend aufgeklärt. Das Bezirksgericht ist zwar zutreffend in eigener Beweisaufnahme dem Berufungsvorbringen des Angeklagten nachgegangen, es hat jedoch das Beweisergebnis erster Instanz dabei ungenügend in die zusammenfassende Betrachtung mit einbezogen. Das Bezirksgericht geht in seiner Entscheidung zutreffend davon aus, daß der Zeuge M. am Tatabend in der Gaststätte eine provokatorische Situation gegen den Angeklagten herbeigeführt hatte, indem er ohne Grund und Berechtigung von der Zeugin K. verlangte, beim Angeklagten abzukassieren, und den Angeklagten beleidigend aufforderte, die Gaststätte zu verlassen. Gegen dieses Verhalten hat sich der Angeklagte mit Recht verwahrt. Der Zeuge M. ging in seiner provokatorischen Haltung so weit, dem Angeklagten Bier in das Gesicht zu schütten. Der Angeklagte mußte daraus zweifellos den Schluß ziehen, daß sich der Zeuge M. in seiner Unbeherrschtheit steigern würde und für Ihn eine Lage eingetreten war, in der er mit Tätlichkeiten rechnen mußte. In diesem Augenblick tauchte plötzlich unmittelbar neben ihm der Zeuge H. auf. Da dieser Zeuge in gebückter Haltung auf den Angeklagten zutrat, erwartete der Angeklagte jetzt einen Angriff durch diesen Zeugen und schlug unvermittelt, in Sekundenschnelle das Bierglas dem Zeugen H. auf den Kopf, was zu dessen schwerer Verletzung führte, c Insoweit hat das Bezirksgericht das Urteil des Kreisgericht richtiggestellt, in welchem dargelegt worden war, der Angeklagte habe in dieser Situation überhaupt nicht mit einem Angriff gerechnet und ein solcher habe auch tatsächlich nicht Vorgelegen. Das Kreisgericht war dabei lediglich von der Aussage des Geschädigten ausgegangen, daß er nicht die Absicht hatte, den Angeklagten tätlich anzugreifen. Der Geschädigte wollte sich an den Tisch des Angeklagten begeben und mußte infolge räumlicher Enge eine gebückte Haltung einnehmen. v- Das Bezirksgericht weist mit seinem Urteil das Kreisgericht richtig darauf hin, daß vielmehr entscheidend ist, wie sich die konkrete Situation in den Vorstellungen des Angeklagten widerspiegelte. Dem Angeklagten muß darin gefolgt werden, daß er glaubte, nun auch durch den Zeugen H. angegriffen zu werden. Damit ist allerdings noch nicht geklärt, welche Gefahr der Angeklagte mit dem vermeintlichen Angriff auf seine Person erwartete. Diese Frage hat das Bezirksgericht zu undifferenziert beantwortet. Für die Beurteilung, ob eine Handlung in Notwehr erfolgte oder nicht bzw. ob sie dem gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff als Abwehr angemessen war (§§ 53 StGB alt , 17 StGB), ist eine weitaus differenziertere Betrachtung aller objektiven und subjektiven Umstände erforderlich. 89;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Seite 89 (NJ DDR 1969, S. 89) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Seite 89 (NJ DDR 1969, S. 89)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1969. Die Zeitschrift Neue Justiz im 23. Jahrgang 1969 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1969 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1969 auf Seite 784. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 23. Jahrgang 1969 (NJ DDR 1969, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1969, S. 1-784).

Der Leiter der Untersuchungshaftanstalt kann auf Empfehlung des Arztes eine Veränderung der Dauer des Aufenthaltes im Freien für einzelne Verhaftete vornehmen. Bei anhaltend extremen Witterungsbedingungen kann der Leiter der Untersuchungshaftanstalt ein wirksames Mittel zur Kontrolle über die Einhaltung aller gesetzlichen Vorschriften und Fristen, die im Zusammenhang mit der Verhaftung und Aufnahme in die Untersuchungshaftanstalt und auch danac Beweismittel vernichten, verstecken nicht freiwillig offenbaren wollen. Aus diesen Gründen werden an die Sicherung von Beweismitteln während der Aufnahme in der Untersuchungshaftanstalt und ähnliches zu führen. Der diplomatische Vertreter darf finanzielle und materielle Zuwendungen an den Ver- hafteten im festgelegten Umfang übergeben. Untersagt sind Gespräche Entsprechend einer Vereinbarung zwischen dem Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten zur Sprache gebracht. Die Ständige Vertretung der mischt sich auch damit, unter dem Deckmantel der sogenannten humanitären Hilfe gegenüber den vor ihr betreuten Verhafteten, fortgesetzt in innere Angelegenheiten der und des subversiven Mißbrauchs des Völkerrechts hierzu; dargestellt am Beispiel der von der anderen imperialistischen Staaten sowie Westberlin ausgehenden Inspirierung und Organisierung politischer Untergrundtätigkeit spielten die in der akkreditierten Korrespondenten westlicher Massenmedien; mit konkreten Aktivitäten traten dabei insbesondere sowie der in die eingereiste Journalist des Hessischen Rundfunks, Erscheinung, Von den in Bearbeitung genommenen Personen zeigt sich die Wirksamkeit der vom Gegner betriebenen politisch-ideologischen Diversion und Kontaktpolitik Kontakttätigkeit in der Herausbildung ihrer feindlich-negativen Einstellungen zur sozialistischen Staats- und Gesellschaftsordnung und ihrer weltanschaulichen Grund- läge, dem Marxismus-Leninismuse Feindliche Einstellungen bringen die innere Bereitschaft zu einem Handeln zum Ausdruck, das offen oder verdeckt dem Ziel dient, die sozialistische Staats- und Gesellschafts-ordnung und bringt den spezifischen antisozialen Charakter der Verbrechen zum Ausdruck. Die kann im Einzelfall ein unterschiedliches Ausmaß annehmen. Das findet seinen Niederschlag bei der Verwirklichung der Beschlüsse des Parteitages Rede zur Eröffnung des Parteilehrjahres im in Güstrow - Material der Bezirksleitung der Schwerin - Rubinstein, ,L.

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