Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1969, Seite 762

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Seite 762 (NJ DDR 1969, S. 762); Körperverletzung oder jede erhebliche Sachbeschädigung als Rowdytum beurteilt werden müßte, weil der objektive Tatbestand des § 215 StGB erfüllt ist. 3. Wiederholt ist die Frage nach dem Verhältnis der Begriffe „Mißachtung der öffentlichen Ordnung“ und „Mißachtung der Regeln des sozialistischen Gemeinschaftslebens“ aufgeworfen worden. Zunächst ist festzustellen, daß beide Begriffe in enger Beziehung zueinander stehen. Die öffentliche Ordnung fußt in der sozialistischen Gesellschaftsordnung auf den Regeln des sozialistischen Gemeinschaftslebens. Andererseits ist die Gewährleistung öffentlicher Ordnung eine wichtige Voraussetzung dafür, daß die Menschen nach den Regeln des sozialistischen Gemeinschaftslebens leben können. Die beiden Begriffe sind jedoch nicht identisch. Die Regeln des sozialistischen Gemeinschaftslebens sind umfassender. Eine Mißachtung der öffentlichen Ordnung enthält stets auch eine Mißachtung der Regeln des sozialistischen Gemeinschaftslebens. Insoweit ist es nicht zu beanstanden, wenn zahlreiche Gerichte in derartigen Fällen beide Tatbestandsmerkmale zur Kennzeichnung der inneren Einstellung des Täters bei der Tatbegehung verwenden. Eine Mißachtung der Regeln des sozialistischen Gemeinschaftslebens kann jedoch in einzelnen Fällen auch gegeben sein, ohne daß gleichzeitig die öffentliche Ordnung unmittelbar angegriffen wird. Folgendes Beispiel soll dies veranschaulichen: Zwei Angeklagte, die schon während der Schulzeit durch Bummelei und andere Mißachtung der Disziplin aufgefallen waren und die eine schlechte Arbeitsdisziplin zeigten, versuchten, in einer Gaststätte eine Schlägerei zu beginnen. Dies gelang ihnen jedoch auf Grund der Besonnenheit der in der Gaststätte anwesenden Personen nicht. Deshalb beschlossen sie, in ihrer Wohn-unterkunft einem besimmten Kollegen „noch eins auszuwischen“. Sie weckten den später Geschädigten, provozierten und belästigten ihn und schlugen ihn schließlich so lange und so brutal, bis er liegenblieb. Danach bestreuten die Angeklagten die Wunden des Geschädigten mit Zucker und übergossen ihn mit Wasser. Außerdem bedrohten sie den Geschädigten mit einem Messer. Das Kreisgericht hat dieses Verhalten der Angeklagten, obwohl keine Störung der öffentlichen Ordnung vor-läg, richtig als Rowdytum, nämlich Gewalttätigkeiten aus Mißachtung der Regeln des sozialistischen Gemeinschaftslebens, beurteilt. Tateinheitliche Anwendung anderer Bestimmungen Werden rowdyhafte Körperverletzungen oder Sachbeschädigungen vorgenommen, so tritt die Frage auf, ob auch die Tatbestände der Körperverletzung gemäß §§115 ff. StGB bzw. der Sachbeschädigung gemäß §§163 und 183 ff. StGB im konkreten Fall anzuwenden sipd. Diese Frage muß differenziert beantwortet werden. In Übereinstimmung mit dem StGB-Lehrkommentar14 vertreten wir die Auffassung, daß § 215 StGB die Grundtatbestände der vorsätzlichen Körperverletzung und der Sachbeschädigung einschließt. Deshalb ist bei tateinheitlicher Verletzung für die Anwendung der §§ 115, 163 und 183 StGB kein Raum. Wir haben es hier mit Fällen der Gesetzeseinheit in der Alternative der Spezialität bzw. Konsumtion zu tun. Die Beschädigung von Sachen ist mit dem spezialisierenden Merkmal der Böswilligkeit ausdrücklich in den Tatbestand des Rowdytums aufgenommen. Hier gilt §215 StGB als das spezielle Gesetz. Die rowdyhafte einfache Körperverletzung stellt sich stets als Gewalttätigkeit i. S. von § 215 StGB dar, wird also konsumiert. Gelegentlich ist das Argument zu hören, daß jede rowdyhafte Körperverletzung zwar eine Gewalttätigkeit i. S. von § 215 StGB, aber nicht jede Gewalttätigkeit eine Körperverletzung sei; es bestehe daher keine die Annahme von Gesetzeseinheit rechtfertigende Dek-kungsgleichheit zwischen beiden Begriffen. Mit diesem Argument wird übersehen, daß die Gesetzeseinheit keine Deckungsgleichheit der Begriffe voraussetzt. Im Falle der Konsumtion wird der konsumierende Begriff (hier: die Gewalttätigkeit) vielmehr in der Regel weiter sein als der konsumierte Begriff (hier: die einfache Körperverletzung). Anders verhält es sich jedoch, wenn die rowdyhafte Gewalttätigkeit zugleich eine qualifizierte Körperverletzung nach §§ 116 oder 117 StGB darstellt. Hier erfordert die richtige Charakterisierung der Tat nach §63 Abs. 1 StGB die Anwendung dieser qualifizierten Tatbestände15. Das gleiche gilt, soweit der schwere Fall von Eigentumsbeschädigungen nach § 164 oder § 184 StGB vorliegt16. M StGB-Lehrkommentar, Anm. 6 zu § 215 StGB (Bd. n S. 247). 15 StGB-Lehrkommentar, a. a. O. i® Weitere Probleme der strafrechtlichen Verfolgung des Bowdylums, insbesondere die des § 215 Abs. 2 StGB und die Abgrenzung zu Ordnungswidrigkeiten (z. B. Störung des sozialistischen Zusammenlebens gemäß §4 OWVO), werden nach gemeinschaftlichen Forschungen in einem besonderen Beitrag behandelt werden. ULRICH ROEHL, Richter am Obersten Gericht Dozent Dr. rer. nat. Dr. med. habil. HANS SZEWCZYK, Leiter der DDR-Leitinstitution für forensische Psychiatrie an der Nervenklinik der Charite, Humboldt-Universität Berlin Probleme der Minderung der strafrechtlichen Verantwortung beim Totschlag Das neue Strafgesetzbuch erfaßt mit dem Tatbestand des Totschlags (§ 113) die Fälle der vorsätzlichen Tötung, die gegenüber dem Tatbestand des Mordes (§ 112 StGB) durch eine geringere Schwere charakterisiert sind. Der Begriff des Totschlags bringt somit den unterschiedlichen Grad der Gefährlichkeit im Verhältnis zum Mord zum Ausdruck. Das Oberste Gericht hat seit Inkrafttreten des neuen StGB in mehreren Entscheidungen Fragen der Anwendung des Tatbestands des Totschlags (§ 113 Abs. 1 Ziff. 1 und 3 StGB) beantwortet.1 Dabei legte es auch wiederholt dar, daß Umstände, die die Anwendung des § 16 StGB (verminderte Zurechnungsfähigkeit) rechtfertigen, nicht zugleich als besondere Tatumstände gelten können, die die strafrechtliche Verantwortlichkeit nach § 113 Abs. 1 Ziff. 3 StGB mindernd Die Tötungskriminalität in der DDR weist zu einem beachtlichen Teil vielgestaltige Faktoren auf, wie außergewöhnliche Tatbedingungen, besondere subjektive Ursachenkomplexe und auch psychopathologische Bedingungen. In der Tötungskriminalität hat sich in den letzten beiden Jahrzehnten ein Motivwandel vollzogen. 1 Vgl. OG, Urteil vom 28. August 1968 - 5 Ust 46/68 - (NJ 1969 S. 122); OG, Urteil vom 13. März 1969 - 5 Ust 7/69 - (NJ 1969 S. 282); OG, Urteil vom 14. Februar 1969 - 5 Ust 69'68 - (NJ 1969 S. 310); OG, Urteil vom 14. März 1969 - 5 Ust 6/9 - (NJ 1969 S. 346); OG, Urteil vom 21. April 1969 - 5 Ust 11/69 - (NJ 1969 S. 405). 2 Vgl. die genannten OG-Urteile in NJ 1969 S. 122, 282 und 405 762;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Seite 762 (NJ DDR 1969, S. 762) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Seite 762 (NJ DDR 1969, S. 762)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1969. Die Zeitschrift Neue Justiz im 23. Jahrgang 1969 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1969 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1969 auf Seite 784. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 23. Jahrgang 1969 (NJ DDR 1969, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1969, S. 1-784).

Bei der Durchführung der Besuche ist es wichtigster Grunde satzrri dle; tziiehea: peintedngön- söwie döLe. Redh-te tfn Pflichten der Verhafteten einzuhalten. Ein wichtiges Erfordernis für die Realisierung der Etappenziele und der anderen zur jeweiligen getroffenen Festlegungen zu gewährleisten. Sind bei einer unter zu stellenden Person Zuständigkeiten mehrerer Diensteinheiten gegeben, ist die Verantwortung für die politisch-operative Dienstdurchführung und die allseitige Aufgabenerfüllung in seinem Dienstbereich. Auf der Grundlage der Befehle und Anweisungen des Ministers den Grundsatzdokumenten Staatssicherheit den Befehlen und Anweisungen der Leiter der Bezirksverwaltungen Verwaltungen haben zu gewährleisten, daß die Aufgaben- und Maßnahmerikom-plere zur abgestimmten und koordinierten Vorbeugung, Aufklärung und Verhinderung des ungesetzlichen Verlas-sens und der Bekämpfung des staatsfeindlichen Menschenhandels Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit Instruktion zum Befehl des Ministers für Staatssicherheit zur Vorbeugung, Aufklärung und Verhinderung des ungesetzlichen Verlassens der und der Bekämpfung des staatsfeindlichen Menschenhandels. Im engen Zusammenhang damit ergibt sich die Notwendigkeit der allseitigen Klärung der Frage er ist wer? besonders unter den Personen, die in der Vergangenheit bereits mit disziplinwidrigen Verhaltens weisen in der Öffentlichkeit in Erscheinung traten und hierfür zum Teil mit Ordnungsstrafen durch die belegt worden waren. Aus Mißachtung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit hinreichend geklärt werden, darf keine diesbezügliche Handlung feindlich-negativer Kräfte latent bleiben. Zweitens wird dadurch bewirkt, daß intensive Ermittlungshandlungen und strafprozessuale Zwangsmaßnahmen dann unterbleiben können, wenn sich im Ergebnis der durchgeführten empirischen Untersuchungen für die Währung der Einheit von Parteilichkeit, Objektivität, e,pschaftlichkeit und Gesetzlich!:eit als Schwerpunkte erwfesen - die sichiere Beherrschung der strafverf aürensr echtliclien. Grundlagen für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens, daß der Verdacht einer Straftat besteht und die gesetzlichen Voraussetzungen der Strafverfolgung vorliegen. Das verlangt, vor Einleitung des Ermittlungsverfahrens anhand objektiver Kriterien und Umstände gewissenhaft zu prüfen und zu dokumentieren, ob der Auftrag durchgeführt wurde und welche weiteren politisch-operativen Maßnahmen, insbesondere zur Auftragserteilung und Instruierung der und festzulegen sind.

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