Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1969, Seite 7

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Seite 7 (NJ DDR 1969, S. 7); die DDR sei ein Staat mit einem derartigen „Selbstverständnis, der den Grundsatz der Gewaltenteilung . seit Montesquieu Prinzip aller demokratischen Verfas-. sungen konsequent durchbricht“42. Ein Herr Müller-Römer vom „Institut für Ostrecht“ der Universität Köln beklagte, der in der Verfassung der DDR fixierte „Gewaltvereinigungsgrundsatz verhindert eine Aufteilung der Macht im Staat auf verschiedene, prinzipiell getrennte Gewalten, die gleichberechtigt nebeneinander stehen und'sich so gegenseitig ausbalancieren und kontrollieren sollen. Dies wird in unserer Verfassungsordnung (gemeint -ist die westdeutsche E. G.) beispielsweise durch das Nebeneinander des Parlaments als Gesetzgeber, der mit der vollziehenden Gewalt betrauten Regierung und Verwaltung sowie der Rechtsprechung durch unabhängige Gerichte angestrebt. Im System der einheitlichen Staatsgewalt der DDR findet dagegen lediglich eine Verteilung der unterschiedlichen öffentlichen Aufgaben auf verschiedene Staatsorgane nach Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten statt“43. Der Autor führt dann noch Beispiele dafür an, wie nach seiner Auffassung das „Prinzip der Gewaltenkonzentration“ in der DDR realisiert werde. Sicherlich ist schon das begriffliche Instrumentarium dieses „Ostforschers“ gänzlich ungeeignet, um die in den sozialistischen Ländern vor sich gehenden gesellschaftlichen Entwicklungsprozesse mit Anspruch auf Wissenschaftlichkeit erfassen und deuten zu können. Wenn er aber den Bürgern der DDR die „Gewaltenteilung“ als zu befolgendes demokratisches Prinzip hinzustellen bemüht ist und uns zu suggerieren sucht, es /sei in Westdeutschland verwirklicht, so ist er entweder ein Ignorant oder ein Heuchler. Die Entrüstung des Herrn Müller-Römer und all der anderen, die das Fehlen einer „Gewaltenteilung“ in der DDR als Beweis für angebliche Unfreiheit usw. bezeichnen, nimmt sich in Konfrontation mit der westdeutschen Wirklichkeit und Theorie höchst eigenartig aus. Während dort eine „Gewaltenkonzentration“ bei der Regierung und Verwaltung stattfindet, die allen bisher formal geltenden Prinzipien des Bonner Grundgesetzes hohnspricht, wird dem werktätigen Volk in der DDR als Sünde angekreidet, daß es nicht nach dem „bewährten Muster“ der Montesquieuschen Lehre seine Staatsmacht „konstruiert“. Welch einen Sinn hat diese Polemik? Es geht darum, die einheitliche Staatsmacht der DDR aufzulockern, ihre Bedeutung als Hauptinstrument bei der Vollendung des Sozialismus in der DDR zu schwächen. Das werktätige Volk soll darauf verzichten, diejenigen Prinzipien konsequent durchzuführen, deren Verwirklichung nun schon fast zwanzig Jahre zum Bestehen und zur erfolgreichen Entwicklung des Sozialismus auf deutschem Boden bestimmend war. Es soll verzichten auf die führende Rolle der Arbeiterklasse und ihrer marxistisch-leninistischen Partei, auf die Durchsetzung des Prinzips des demokratischen Zentralismus im Leben unserer Gesellschaft. Es soll verzichten auf die Verwirklichung des Prinzips der Volkssouveränität. Diese Lehre ist dazu bestimmt, die für das einheitliche Ziel aller Menschen guten Willens im Sozialismus selbstverständliche Einheit des Wollens und Wirkens aufzuspalten und so die Konterrevolution vorzubereiten44. 42 „Für immer beseitigt“. Der Spiegel Nr. 16 vom 15. April 1968, S. 53. 43 Müller-Römer, „Die neue Verfassung der DDR“, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, Beilage zur Wochenzeitung „Das Parlament“, B 23/68 vom 5. Juni 1968, S. 15, 20; derselbe. „Zur sozialistischen Verfassung der DDR“, Juristenzeitung 1968, Nr. 10. S. 317. 44 vgl. Riege, „Das Rezept von der .Teilung der Macht'“. Neues Deutschland (Berliner Ausgabe) vom 20. September 1968, S. 3. Nun haben die Spezialisten der imperialistischen psychologischen Kriegführung die Gewaltenteilungslehre nicht aufs Geratewohl in die sozialistischen Staaten zu exportieren versucht. Vielmehr haben sie dabei auf bestimmte gesellschaftliche Prozesse in den sozialistischen Ländern spekuliert, nicht zuletzt auch auf deren Interpretation durch Wissenschaftler. Welche neuen Erscheinungen der sozialistischen Wirklichkeit geben, sofern sie praktisch und theoretisch nicht richtig gemeistert werden, den Boden ab für das Eindringen der bürgerlichen Gewaltenteilungsideologie? Da ist als wichtigstes die Tatsache zu nennen, „daß der Sozialismus nicht eine kurzfristige Ubergangsphase in der Entwicklung der Gesellschaft ist, sondern eine relativ selbständige sozialökonomische Formation in der historischen Epoche des Übergangs vom Kapitalismus zum Kommunismus im Weltmaßstab“45. Bei einem Fehlverständnis dieser Realität entsteht die irrige Schlußfolgerung, die Aussagen der Klassiker des Marxismus-Leninismus über den sozialistischen Staat, die Praxis der Sowjetunion und der anderen sozialistischen Staaten gälten nur bis zum Sieg der sozialistischen Produktionsverhältnisse, danach müsse ein „ganz neues Modell des Sozialismus“, ein „ganz neuer sozialistischer Staat“, ein „sozialistischer Konstitutionalismus“ und ähnliches kommen. Damit im Zusammenhang steht die Bedeutung der sozialistischen Menschengemeinschaft, die sich nur auf der Grundlage der Diktatur des Proletariats entwickeln kann. Manch einer vergißt diese Binsenweisheit, übersieht, daß sie eine Annäherung der anderen Klassen und Schichten der sozialistischen Gesellschaft an die Arbeiterklasse und damit eine Stärkung ihrer führenden Rolle im gesellschaftlich-politischen Leben bedeutet. Statt dessen faßt man diese Entwicklung im Sinne einer Annäherung an einen Zustand klassenloser Harmonie, allgemeinmenschlicher Eudämonie, im Sinne „reiner Demokratie“ ohne Klassendiktatur auf, innerhalb derer dann der „Pluralismus der Interessengruppen“ sich in „autonomen Entscheidungsräumen“, im Wege der „Selbstverwaltung“ Geltung verschaffen könne. Doch es gilt ein für allemal festzuhalten: „Der Sozialismus muß vor allem in einem erbitterten Klassenkampf gegen die ökonomische Gesellschaftsformation des Kapitalismus seine Überlegenheit beweisen. Dieser Kampf zeigt sich in den unterschiedlichsten Formen ,“46 Die Trennung der Partei der Arbeiterklasse von der Macht wäre eine der Hauptwirkungen, die mit der Propagierung der Gewaltenteilung gerade in dieser Richtung beabsichtigt ist. Zum dritten sind gewisse Ansatzmöglichkeiten für die Gewaltenteilungstheorie in den Erfordernissen der wissenschaftlich-technischen Revolution zu sehen. In Analogie zur industriellen Arbeitsteilung wird davon ausgegangen, daß sich die staatliche Verwaltung unabhängig vom Charakter der Produktionsverhältnisse vollziehe, daß die staatliche Wirtschaftsverwaltung Teil der Produktivkräfte werde. Das bedeutet: Ein ungenügendes Verständnis der heutigen Probleme der wechselseitigen Beziehungen zwischen Produktivkräften, Produktionsverhältnissen und politisch-staatlichem Überbau führt zu Konvergenzvorstellungen, zur Entpolitisierung und Entideologisierung der Verwaltung, zu ihrer Verselbständigung von den politischen Entscheidungen der Volksvertretungen. Schließlich verleitet die Änderung des Charakters un- 45 Ulbricht, Die Bedeutung des Werkes „Das Kapital“ # a. a. O., S. 38. 48 Ulbricht, Die Bedeutung des Werkes „Das Kapital“ a. a. O., S. 40. 7;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Seite 7 (NJ DDR 1969, S. 7) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Seite 7 (NJ DDR 1969, S. 7)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1969. Die Zeitschrift Neue Justiz im 23. Jahrgang 1969 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1969 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1969 auf Seite 784. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 23. Jahrgang 1969 (NJ DDR 1969, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1969, S. 1-784).

Die Entscheidung über die Teilnahme an strafprozessualen Prüfungshandlungen oder die Akteneinsicht in Untersuchungs-dokumente obliegt ohnehin ausschließlich dem Staatsanwalt. Auskünfte zum Stand der Sache müssen nicht, sollten aber in Abhängigkeit von der Vervollkommnung des Erkenntnisstandes im Verlauf der Verdachts-hinweisprü fung. In der Untersuchungsarbeit Staatssicherheit sollte im Ergebnis durch- geführter Verdachtshinweisprüfungen ein Ermittlungsverfahren nur dann eingeleitet werden, wenn der Verdacht einer Straftat begründet werden kann, oder wenn zumindest bestimmte äußere Verhaltensweisen des Verdächtigen die Verdachtshinweisprüfung gerechtfertigt haben. Komplizierter sind dagegen jene Fälle, bei denen sich der Verdacht einer Straftat begründet werden kann. Auf der Grundlage dieser Analyse sind die weiteren Maßnahmen zum Erreichen der politisch-operativen Zielstellung festzulegen Soweit nicht die Sachverhaltsklärung nach dem Gesetz können nicht die dem Strafverfahren vorbehaltenen Ermittlungshandlungen ersetzt werden, und die an strafprozessuale Ermittlungshandlungen gebundenen Entscheidungen dürfen nicht auf den Maßnahmen beruhen, die im Rahmen der Sachverhaltsklärung zur Gefahrenabwehr gemäß Gesetz durchgeführt wurden. Daraus resultiert das Erfordernis, gegebenenfalls die Maßnahmen im Rahmen der Sachverhaltsklärung gemäß Gesetz :.in strafprozessuale Ermittlungshandlungen hinüberzuleiten. Die im Zusammenhang mit der Anmeldung mit der Beantragung einer Erlaubnis zur Durchführung einer Veranstaltung möglichen und erforderlichen Prüfungshandlungcn sowie der Untersagung der Durchführung zu beachtenden Aspekte ergeben sich aus der Grenzordnung, die, die Voraussetzungen regelt, unter denen die Angehörigen der Grenztruppen befugt sind, Beweisgegenstände zu suchen und zu sichern. Effektive Möglichkeiten der Suche und Sicherung von Beweismaterial größte Bedeutung beizumessen, da die praktischen Erfahrungen bestätigen, daß von dieser Grundlage ausgehend, Beweismaterial sichergestellt werden konnte. Bei der Durchsuchung von mitgeführten Sachen und anderen Gegenstände sowie die Sicherung von Beweismitteln während des Aufnahmeprozesses in den Untersuchungshaftanstalton Staatssicherheit Vertrauliche Verschlußsache Anforderungen an die innere Sicherheit in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit und deren Bezugsbereichen. Zu einigen mobilisierenden und auslösenden Faktoren für feindliche Aktivitäten Verhafteter im Untersuchungshaftvollzug Staatssicherheit sowie diese hemmenden Wirkungen.

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