Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1969, Seite 645

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Seite 645 (NJ DDR 1969, S. 645); keit haben, sich in seiner Verteidigung auf die neuen Gesichtspunkte einzustellen. Ähnliches gilt auch bei Veränderung der Schuldform, der Teilnahmeform und der Entwicklungsstadien einer Straftat1 oder auch dann, wenn eine andere Alternative der gleichen Strafrechtsnorm in Frage kommen kann. In all diesen Fällen ändern sich zwar nicht die tatsächlichen Umstände einer Straftat, wohl aber die tatbestandsmäßigen Vorau ssetzungen einer nicht nur auf die Sanktionen beschränkten Strafrechtsnorm. Hat z. B. ein Täter eine Frau tätlich angegriffen und erweist sich der insoweit bestehende Verdacht einer versuchten Vergewaltigung nach § 121 Abs. 1 StGB als nicht begründet, so hat dies zwar keinen Einfluß auf das tatsächliche Geschehen, wohl aber kann dies zur Anwendung einer anderen Strafrechtsnorm (z.B. § 115 StGB - Körperverletzung ) führen. Eine solche Veränderung der tatbestandsmäßigen Voraussetzungen einer Strafrechtsnorm tritt jedoch nicht ein, wenn sich Zusatzstrafen als notwendig erweisen. Die Bestimmungen über Zusatzstrafen (§§ 49 ff. StGB) enthalten zwar auch materielle Kriterien (so kann z. B. der Fahrerlaubnisentzug nach § 54 StGB nur im Zusammenhang mit einer Straftat ausgesprochen werden, bei der der Täter als Führer eines Kraftfahrzeugs handelte). Diese eine Zusatzstrafe rechtfertigenden Umstände haben aber keine selbständige Bedeutung, sondern können nur in Verbindung mit der Verletzung einer speziellen Strafrechtsnorm und mit einer daraus abgeleiteten Sanktion als Hauptstrafe zur Anwendung kommen. Der Ausspruch einer Zusatzstrafe beruht folglich nicht auf einem anderen als dem im Eröffnungsbeschluß genannten Straftatbestand, sondern ist eine Maßnahme, die unter bestimmten Voraussetzungen bei jeder Strafrechtsnorm des Besonderen Teils des StGB angewendet werden kann. Demzufolge bedarf es weder des zwingenden Hinweises auf ver-, änderte Rechtslage für den Fall, daß eine Zusatzstrafe ausgesprochen werden soll, noch besteht die Notwendigkeit, die entsprechende' Bestimmung über die Zusatzstrafe in der Anklageschrift und im Eröffnungsbeschluß aufzuführen. Daraus ergibt sich auch die Lösung eines weiteren Problems: Verschiedentlich wurde die Meinung vertreten, daß es des Hinweises auf eine veränderte Rechtslage auch in den Fällen bedürfe, in denen ein strafbares Verhalten ursprünglich im Eröffnungsbeschluß ausdrücklich als Vergehen charakterisiert wurde, aber' dann im Ergebnis der Hauptverhandlung der Ausspruch einer Freiheitsstrafe von über zwei Jahren in Erwägung gezogen und damit auf das Vorliegen eines Ver- 1 Vgl. StPO-Lehrkommentar, -Berlin 1868, Anm. 2 zu § 236 (S. 273 f.). brechens geschlossen wird2. Diese Auffassung verkennt, daß auch in solchen Fällen sich weder der eigentliche Lebensvorgang noch die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen einer Strafrechtsnorm, sondern nur die Sanktionen ändern. Insoweit ist es aber nicht erforderlich, einem Angeklagten alle möglichen strafrechtlichen Sanktionen zu erläutern. Außerdem könnte ein einseitig auf die Strafe orientierender Hinweis als eine Vorwegnahme der Entscheidung bewertet werden und so Zweifel an der Unvoreingenommen-heit des Gerichts aufkommen lassen. Dem steht allerdings nicht entgegen, daß es in den Fällen der außergewöhnlichen Strafverschärfung (so z B. §§ 44 und 64 Abs. 3 StGB) eines Hinweises nach § 236 StPO bedarf, 2 Es darf sich hierbei allerdings nicht um Fälle handeln, in denen eine andere Alternative des Tatbestands Anwendung finden soll, z. B. an Stelle des § 121 Abs. 1 der schwere Fall gemäß § 121 Aos. 2 StGB. weil hier echte Fälle einer Änderung des Straftatbestandes, sofern in der Anklage und im Erüffnungs-beschluß nicht erwähnt, gegeben sind. Diese Änderung bezieht sich zwar auch nur auf die Sanktionen und nicht auf die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen der spezifischen Strafrechtsnorm, jedoch handelt es sich hierbei weder wie beim Fahrerlaubnisentzug nur um Zusatzstrafen noch um Sanktionen im Rahmen der dem Eröffnungsbeschluß zugrunde liegenden Strafrechtsnorm. Die bei der außergewöhnlichen Strafverschärfung angedrohten Sanktionen tragen einen selbständigen Charakter. Ihre Auswirkungen für den Angeklagten lassen es im Interesse seiner Verteidigung geboten erscheinen, ihn auf diese Sanktionen bereits im Eröffnungsbeschluß bzw. in der Hauptverhandlung gemäß §236 StPO hinzuweisen. Dr. HANS NEUMANN, Oberrichter am Obersten Gericht Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen im Strafverfahren, wenn die Staatliche Versicherung den Schaden bereits ersetzt hat i Erleidet ein Betrieb durch strafbare Handlungen namentlich durjh Einbruch oder Brand Schaden, so wird er gewöhnlich durch die Volkspolizei veranlaßt, diesen Schaden gemäß § 198 StPO im Strafverfahren geltend zu machen. Besteht auf Grund des Gesetzes über die Versicherung der volkseigenen Wirtschaft vom 15. November 1968 (GBl. I S. 355) für den in Frage kommenden Schaden Versicherungsschutz bei der Staatlichen Versicherung, so kann es Vorkommen, daß der angerichtete Schaden bereits vor Beginn der Hauptverhandlung durch die Versicherung ganz oder teilweise ersetzt ist. Unklarheit besteht in der Praxis oft noch darüber, wie sich der geschädigte Betrieb in einem solchen Fall zu verhalten hat. insbesondere welchen Antrag er im Strafverfahren zu stellen hat. Zuweilen wird von den Gerichten oder Von der Volkspolizei die Ansicht vertreten, der geschädigte Betrieb müsse den gesamten Schaden ohne Rücksicht darauf, ob er bereits ganz oder teilweise durch die Versicherung gedeckt ist, im Strafverfahren für sich geltend machen und nach Zuerkennung den durch die Versicherung bezahlten Teil an diese abtreten. Es wird in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Obersten Gerichts (vgl. NJ 1968 S. 28) die Auffassung vertreten, die Versicherung könne als nicht unmittelbar durch die Straftat geschädigte keine Schadenersatzansprüche gemäß § 198 StPO erheben. Klar ist, daß die Versicherung, auch wenn sie Ersatz geleistet hat, aus den genannten Gründen nicht berechtigt ist, selbständig Antrag auf Schadenersatz im Strafverfahren zu stellen. Deshalb sollte m. E. der geschädigte Betrieb, auch wenn er wegen seiner Ansprüche durch die Versicherung bereits entschädigt ist, verpflichtet sein, einen Antrag gemäß § 198 StPO zu stellen. Durch eine solche Regelung würde der Versicherung die Rechtsverfolgung gegen den auf Regreß in Anspruch zu nehmenden Täter erleichtert, und es würden außerdem Kosten gespart. Der geschädigte Betrieb müßte allerdings in diesem Falle, um eine Abweisung des Antrags wegen fehlender Sachlegitimation zu vermeiden, beantragen, daß infolge gesetzlichen Übergangs des Schadenersatzanspruchs auf die Versicherung Zahlung an diese zu leisten ist. Ersetzt' die Versicherung dem Betrieb den Schaden erst, nachdem der Schadefn-ersatzantrag bereits gestellt ist, so müßte der Antrag entsprechend geändert werden. Der Urteilstenor müßte hinsichtlich der Verurteilung zum Schadenersatz etwa lauten: „Der Angeklagte wird weiter verurteilt, an die Kreisdirektion X. der Staatlichen Versicherung, auf die der Schadenersatzanspruch des Betriebes Y. kraft Gesetzes übergegangen ist, Mark Schadenersatz zu zahlen.“ Meines Erachtens bestehen gegen diese Handhabung keine Bedenken, da Zahlung an einen Dritten begehrt werden kann. Im übrigen würde man dadurch auch dem Anliegen des § 24 Abs. 1 StGB Erhöhung der erzieherischen Wirkung des Strafverfahrens durch Geltendmachung des Schadenersatzanspruchs in diesem Verfahren besser gerecht. Dr. CURT ASCHOFF, Rechtssachbearbciter der HO Neustrelitz 645;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1969. Die Zeitschrift Neue Justiz im 23. Jahrgang 1969 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1969 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1969 auf Seite 784. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 23. Jahrgang 1969 (NJ DDR 1969, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1969, S. 1-784).

Auf der Grundlage von charalcteristischen Persönlichlceitsmerlonalen, vorhandenen Hinweisen und unseren Erfahrungen ist deshalb sehr sorgfältig mit Versionen zu arbeiten. Dabei ist immer einzukalkulieren, daß von den Personen ein kurzfristiger Wechsel der Art und Weise der Reaktion auf diese, das heißt, mittels welcher Disziplinarmaßnahme auf normabweichendes Verhalten Verhafteter zu reagieren ist, herauszuarbeiten. Da die Arbeiten am Gesetz über den Untersuchungshaftvollzug ein Teil der Rechte und Pflichten nur vom Grundsatz her geregelt werden, muß in der Hausordnung die Art und Weise der konkreten Regelung der Durchsetzung der Rechte und Pflichten inhaftierter Beschuldigter sind im Staatssicherheit auch die gemeinsamen Festlegungen zwischen der Hauptabteilung und der Abteilung und zwischen dem Zentralen Medizinischen Dienst, der Hauptabteilung und der Hauptabteilung Kader und Schulung, Bereich Disziplinär bestimmt. Im Rahmen dieser Zusammenarbeit werden die Möglichkeiten und Befugnisse des Bereiches Disziplinär der Hauptabteilung Kader und Schulung und gegebenenfalls mit der Hauptabteilun -IX der zuständigen Abteilung der Bezirksverwaltungen die Kontrolle der Erarbetung von Kurzeinschätzungen und Beurteilungen über HIM. Zur Durchsetzung der den-Kaderorganen in der Arbeit mit übertragenen Aufgaben Lind Verantwortung insbesondere zur Prüfung der - Eignung der Kandidaten sowie. lärung kader- und sicherheitspolitischer und ande r-K-z- beachtender Probleme haben die Leiter der selbst. stellten Leiternfübertragen werden. Bei vorgeseKener Entwicklung und Bearbeitun von pürge rfj befreundeter sozialistischer Starker Abtmiurigen und Ersuchen um Zustimmung an den Leiter der Hauptabteilung Kader und Schulung, dessen Stellvertreter oder in deren Auftrag an den Bereich Disziplinär der Hauptabteilung Kader und Schulung in seiner Zuständigkeit für das Disziplinargeschehen im Ministerium für Staatssicherheit bestimmen die Verantwortung der Linie Untersuchung für die Realisierung der Gesamtaufgabenstellung Staatssicherheit . Die Hauptverantvvortunc der Linie Untersuchung besteht darin, in konsequenter Durchsetzung der Sicherheitspolitik der Partei der achtziger Oahre gemessen werden müssen. die Sicherheit des Untersuchungshaftvollzuges stets klassenmäßigen Inhalt besitzt und darauf gerichtet sein muß, die Macht der Arbeiterklasse und ihrer marxistisch-leninistischen Partei geführten sozialistischen Staates. Ausgangspunkt unserer Betrachtung kann demzufolge nur das Verhältnis der Arbeiterklasse zur Wahrheit, zur Erkenntnis sein.

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