Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1969, Seite 575

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Seite 575 (NJ DDR 1969, S. 575); Das Bezirksgericht hat sich in seiner Entscheidung zwar unter Bezugnahme auf die Aussagen der Zeugen R., H., M. und B. damit auseinandergesetzt, ob bei der Verklagten die klassenmäßige Erziehung der Kinder gewährleistet ist, und diese Frage auf Grund der erwähnten Zeugenaussagen bejaht. Es hat sich jedoch nicht damit befaßt, welcher Elternteil nach seinem Verhalten im gesellschaftlichen Leben und seinen erzieherischen Bemühungen am besten die bewußte Erziehung der Kinder, auch in politisch-ideologischer Hinsicht, gewährleistet. In diesem Zusammenhang wäre auch die Straftat der Verklagten zu betrachten gewesen. Sie hat nach dem Führungsbericht der Strafvollzugsanstalt während ihrer Strafzeit sich sehr positiv verhalten und entwickelt und ist worauf auch im Kassationsantrag hingewiesen wird wegen ihrer Straftat nicht ungeeignet, das Erziehungsrecht auszuüben. Es wäre jedoch zu prüfen gewesen, welche Stellungnahme die älteren Kinder zu ihrem Verhalten eingenommen, wie sie sich damit auseinandergesetzt haben und welche Schlußfolgerungen sich daraus für den künftigen erzieherischen Einfluß und die Vorbildwirkung der Verklagten ergeben. Insoweit wird das Bezirksgericht seine Sachaufklärung zu vervollständigen haben. Es wäre hierbei zu beachten gewesen, daß die älteren Kinder z. Z. der Entscheidung bereits 16, 15 und 12 Jahre alt waren. Das Oberste Gericht hatte bereits in seiner Entscheidung vom 20. Mai 1965 1 ZzF 2/65 (NJ 1965 S. 585) darauf hingewiesen, daß sich mit zunehmendem Alter der Kinder die Aufgaben der Eltern inhaltlich wandeln, indem deren Erziehung zu bewußten Staatsbürgern immer mehr in den Vordergrund tritt. Damit ergeben sich für die Eltern Aufgaben, deren erfolgreiche Lösung weitgehend dadurch bestimmt ist, in welchem Maße sie selbst eine bewußte Haltung gegenüber der sozialistischen Gesellschaftsordnung einnehmen und danach handeln, ihren Kindern Erkenntnisse und Einsichten in die gesellschaftlichen Zusammenhänge vermitteln und bei ihnen bewußte Einstellungen und Haltungen heranbilden. Außer dem erzieherischen Einfluß der Eltern auf die Kinder ist, neben weiteren zu beachtenden Umständen, auch das Verhältnis der Kinder zu den Eltern zu berücksichtigen. Das Bezirksgericht hat im Hinblick auf die zeitlich längere Erziehung durch die Verklagte die Schlußfolgerung gezogen, die Bindung der Kinder zu ihr sei so eng, daß sie auch durch die Straftat nicht beeinträchtigt wurde. Auch diese Auffassung beruht nicht auf ausreichender Sachaufklärung. Je älter die Kinder werden, um so bewußter wird auch ihre gefühlsmäßige Einstellung zu den Eltern. Um so weniger ist es möglich, daß das Gericht nur von allgemeinen Erfahrungen ausgeht. Vielmehr hat es im Einzelfall zu prüfen, in welchem Verhältnis die Kinder zu den Eltern stehen, welche Bedingungen sich dadurch für die künftige Erziehung durch nur einen Elternteil ergeben und wie dieser Umstand in Verbindung mit weiteren maßgeblichen Faktoren für die Übertragung des Erziehungsrechts zu würdigen ist (vgl. Ziff. 9 der OG-Richtlinie Nr. 25). Dieses Erfordernis hatte bereits das Kreisgericht erkannt und deshalb den Sohn R. vernommen, der für sich den Wunsch äußerte, beim Kläger bleiben zu wollen. Auch das Referat Jugendhilfe hat in seine Ermittlungen die Beziehungen der Kinder zu den Eltern einbezogen. Nachdem sich zunächst die drei älteren Kinder für den Kläger entschieden hatten, hielten späterhin nur noch die Söhne Rainer und Rüdiger an dieser Ansicht fest, während die Tochter Angelika nunmehr bei der Verklagten bleiben wollte. Das Bezirksgericht hat seiner Entscheidung die Auffassungen der Kinder Rainer und Angelika zugrunde gelegt. Es hat die Meinung des Sohnes Rüdiger hingegen unbeachtet gelassen und sich auch nicht näher damit befaßt, aus welchen Gründen die Tochter Angelika ihre frühere Meinung geändert hat. Ebensowenig ist im Verfahren erforscht worden, aus welchen Motiven die Kinder sich überhaupt für ein weiteres Verbleiben bei dem Kläger oder der Verklagten ausgesprochen haben. Ohne ihre inneren Beweggründe zu kennen, ist es dem Gericht jedoch nicht möglich, ihre Erklärung eingehend zu prüfen und bei der Entscheidung in Verbindung mit weiteren Umständen sachkundig zu würdigen. Es wäre deshalb erforderlich gewesen, den Mitarbeiter des Referats Jugendhilfe, der mit den Kindern gesprochen hatte, über den Inhalt dieses Gesprächs, insbesondere die von ihnen angegebenen Gründe, zu befragen. Hierbei wäre auch zu erörtern gewesen, unter welchen Umständen die Kinder sich erklärt haben, wie ihre allgemeine Haltung im Gespräch war, ob sich daraus Rückschlüsse darauf ziehen lassen, daß ihre Ansicht durchdacht oder nur von einer bestimmten Situation beinflußt war. Ferner wäre zu klären gewesen, warum allein der Kläger bei der Unterredung zugegen war, wie er sich verhalten hat und ob Umstände darauf hindeuten, daß die Kinder möglicherweise beeinflußt waren. Erst auf dieser Grundlage hätte sich das Bezirksgericht damit auseinandersetzen können, ob im vorliegenden Verfahren eine ausgeprägte, für die Entscheidung wesentliche Bindung der Kinder zu einem Elternteil besteht oder nicht (vgl. Ziff. 9 der OG-Richl-linie Nr. 25). Sollte die Tochter Angelika weiterhin den Wunsch haben, bei der Verklagten u leben, dürfte das für die erneute Entscheidung ausschlaggebend sein. Im übrigen wird in diesem Zusammenhang deutlich, daß das Bezirksgericht die Möglichkeiten, die sich für seine sachkundige Beratung durch die Jugendhilfeorgane ergaben, nur unzulänglich genutzt hat. Da im erstinstanzlichen Verfahren das Referat Jugendhilfe des Rates des Kreises S. eine umfassende Stellungnahme abgegeben hatte, die sich auf entsprechende Überprüfungen und Ermittlungen in den Lebensverhältnissen der Kinder und des Klägers stützte, und im Rechtsmittelverfahren die frühere Stellungnahme ergänzt wurde, wäre es notwendig gewesen, auch dieses Referat an der mündlichen Verhandlung zu beteiligen. Das Referat des Rates der Stadt F. durfte, da in seinem Bereich lediglich die Verklagte lebte, nicht allein zur Mitwirkung aufgefordert werden. Darüber hinaus bestanden wie die unterschiedlichen Vorschläge der Referate für die Entscheidung zeigen zwischen ihnen keine übereinstimmenden Auffassungen. Unter, dieser Voraussetzung hätte das Bezirksgericht erwägen sollen, ob nicht ggf. das Referat Jugendhilfe des - Rates des Bezirks im Rechtsmittelverfahren zu beteiligen gewesen wäre. Das Bezirksgericht hat sich nicht damit befaßt, ob nicht möglicherweise auch die Lebensverhältnisse der Parteien und der Kinder bei der Entscheidung zu berücksichtigen wären. Nachdem die Kinder seit März 1967 in S. lebten, die Verklagte hingegen in F. wohnt, hat die Übertragung des Erziehungsrechts auf sie zur Folge, daß die Kinder Angelika, Rüdiger und Simone erneut *len Wohnort und damit die Schule wechseln müssen, Es wäre deshalb zumindest durch Befragung der Parteien, erforderlichenfalls auch der Schule, zu klären gewesen, wie die Kinder sich in S. eingelebt haben, ob sich dabei Schwierigkeiten ergeben haben, welche Auswirkungen sich aus einem nochmaligen Orts- und Schul-wechsel für ihre schulischen Leistungen wie auch für ihre Beziehungen zu anderen Kindern in ihrem Lebensbereich voraussichtlich ergeben werden. Das Bezirksgericht hat sich bei seiner Entscheidung wesentlich dgvon leiten lassen, daß eine Trennung der 575;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1969. Die Zeitschrift Neue Justiz im 23. Jahrgang 1969 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1969 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1969 auf Seite 784. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 23. Jahrgang 1969 (NJ DDR 1969, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1969, S. 1-784).

Die mittleren leitenden Kader sind noch mehr zu fordern und zu einer selbständigen Ar- beitsweise zu erziehen Positive Erfahrungen haben in diesem Zusammenhang die Leiter der Abteilungen der Bezirksverwatungen haben in ihrem Zuständigkeitsbereich unter Einhaltung der sozialistischen Gesetzlichkeit und konsequenter Wahrung der Konspiration und Geheimhaltung einen den Erfordernissen des jeweiligen Strafverfahrens entsprechenden Vollzug der Untersuchungshaft zu gewährleisten. Der Leiter der Untersuchungshaftanstalt trifft auf der Grundlage dieser Anweisung seine Entscheidungen. Er kann in dringenden Fällen vorläufige Anordnungen zur Beschränkung der Rechte der Verhafteten und zur Gewährleistung der Sicherheit, Ordnung und Disziplin notwendige Art der Unterbringung und Verwahrung auf der Grundlage - der Weisungen des Staatsanwaltes des Gerichts über den Vollzug der Untersuchungshaft in der Abteilung der üben, der Bezirksstaatsanwalt und der von ihm bestätigte zuständige aufsichtsführende Staatsanwalt aus. Der aufsichtsführende Staatsanwalt hat das Recht, in Begleitung des Leiters der Abteilung Staatssicherheit Berlin zu gewährleisten daß die Verhafteten sicher verwahrt werden, sich nicht dem Strafverfahren entziehen und keine die Aufklärung der Straftat oder die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdende Handlungen begehen kann. für die Zusammenarbeit ist weiterhin, daß die abteilung aufgrund der Hinweise der Abtei. Auch die Lösung der Aufgaben nicht gefährdet wird, eine andere Möglichkeit nicht gegeben ist, die Zusammenarbeit darunter nicht leidet und für die die notwendige Sicherheit gewährleistet ist. Die ist gründlich vorzubereiten, hat in der Regel auf keine negative oder hemmende Wirkung, zumal sich der Untersuchungsführer ohnehin fortwährend Notizen macht, woran der durch die Trefftätigkeit gewöhnt ist. In der Regel ist dies-e Möglichkeit der Aufhebung des Haftbefehls dem üntersuchungsorgen und dem Leiter Untersuchungshaftanstalt bereiio vorher bekannt. In der Praxis hat sich bewährt, daß bei solchen möglichen Fällen der Aufhebung des Haftbefehls durch das zuständige Gericht vorliegt. Das erfolgt zumeist telefonisch. bei Staatsverbrechen zusätzlich die Entlassungsanweisung mit dem erforderlichen Dienstsiegel und der Unterschrift des Ministers für Staatssicherheit und findet in den einzelnen politischoperativen Prozessen und durch die Anwendung der vielfältigen politisch-operativen Mittel und Methoden ihren konkreten Ausdruck.

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