Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1969, Seite 564

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Seite 564 (NJ DDR 1969, S. 564); dung einer schwereren Maßnahme der strafrechtlichen Verantwortlichkeit gleichkommen und damit dem l-eehtspolitischen Sinn des § 285 StPO widersprechen. Hinsichtlich des § 291 hebt der Kommentar richtig hervor, daß das erstinstanzliche Urteil unter tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkten allseitig und kritisch zu überprüfen ist. Deshalb kann aber auch der Einschränkung nicht zugestimmt werden, daß sich die Nachprüfung in der Regel nicht auf alle strafbaren Handlungen zu erstrecken braucht, wenn ein Angeklagter, der wegen mehrerer selbständiger, miteinander in keinem Zusammenhang stehender Handlungen verurteilt wurde, nur wegen einer Handlung Berufung einlegt (S. 325). Im Kommentar ist nicht näher dargelegt, was unter dem Begriff „in der Regel“ verstanden werden soll, d. h. in welchen Fällen die Nachprüfung zu unterbleiben und in welchen sie stattzufinden hat. Inhaltlich kommt diese Auffassung jedoch einer Beschränkung des Rechtsmittels gleich. Gerade das aber sollte durch § 291 StPO verhindert werden, um wie es im Kommentar selbst gesagt wird das Rechtsmittelgericht durch die Überprüfung des gesamten Urteils in die Lage zu versetzen, wirkungsvoll zur Durchsetzung der Gesetzlichkeit beizutragen, durch seine Rechtsprechung die erstinstanzlichen Gerichte anzuleiten und ihnen Hinweise für eine einheitliche Rechtsanwendung zu geben. Der Kommentar vertritt die Auffassung, daß Vertreter der Kollektive in der Regel in Rechtsmittelverfahren nicht benötigt und deshalb weder geladen noch benachrichtigt werden (S. 331). Dies widerspricht dem Grundanliegen des § 296 StPO, der in seinem ersten Absatz als Grundsatz auf eine differenzierte Mitwirkung der Bürger orientiert und in Abs. 2 das Recht der Vertreter der Kollektive festlegt, im Rechtsmittelverfahren milzuwirken, und zwar auch dann, wenn sie an der Verhandlung erster Instanz nicht teilgenommen haben. Diese Rechte würden ignoriert, wenn der Vertreter des Kollektivs keine Terminsnachricht eihalten würde. Der Kollektivvertreter sollte in jedem Fall vom Termin der Rechtsmittelverhandlung unterrichtet werden, wobei es ihm bzw. dem Kollektiv überlassen bleibt, ob er daran teilnimmt. Oft wird jedoch der Wunsch bestehen, sich an der Rechtsmittelverhandlung zu beteiligen, z. B. um das Kollektiv über den Ausgang des Verfahrens unterrichten zu können. Für die Wirkung des Urteils auf Mitverurteilte (Erstreckung) nennt § 302 StPO drei Voraussetzungen: 1. Das Urteil muß zugunsten des Angeklagten wegen Verletzung des Gesetzes aufgehoben werden. Insoweit wird im Kommentar richtig erläutert, daß darunter zunächst Freispruch des Angeklagten oder der Ausspruch einer milderen Maßnahme der strafrechtlichen Verantwortlichkeit zu verstehen ist, soweit dies im Wege der Selbstentscheidung durch das Rechtsmittelgericht erfolgt (S. 337). Hier hätte aber ergänzt werden müssen, daß es auch Fälle der Abänderung im Schuldausspruch gibt, die eine Entscheidung zugunsten des Angeklagten darstellen, ohne daß auf eine mildere Maßnahme der strafrechtlichen Verantwortlichkeit erkannt wird, so z. B., wenn der Angeklagte nicht wegen schwerer Körperverletzung gemäß § 116 StGB, sondern wegen Körperverletzung gemäß § 115 StGB verurteilt wird, es aber bei der in der ersten Instanz ausgesprochenen Strafe verbleibt. Die Formulierung des Kommentars: „oder wenn nach Aufhebung und Zurückverweisung zumindest nicht auf eine höhere Strafe erkannt werden darf“, ist mißverständlich. Das Verbot der Straferhöhung (§ 285 StPO) erstreckt sich auf diejenigen Fälle, in denen ein Urteil zugunsten des Angeklagten angefochten wurde. Dabei braucht es sich jedoch keineswegs in jedem Fall um eine Entscheidung zugunsten des Angeklagten zu handeln. So steht z. B. § 285 StPO der Abänderung des Schuldausspruchs zuungunsten des Angeklagten nicht entgegen, ebenso nicht dem Ausspruch einer zwingend bestimmten Zusatzstrafe (§ 301 Abs. 3 StPO). Wenn auch das Rechtsmittelgericht in diesen Fällen in der Regel selbst entscheiden wird dies ist gemäß § 301 StPO zulässig , so hat es jedoch auch aus Gründen der Anleitung die Möglichkeit, in diesen Fällen die Sache an das Gericht erster Instanz zurückzuverweisen. Hierbei darf sich jedoch die Wirkung des Urteils keinesfalls auf Mitverurteilte erstrecken. Gemeint sind im Kommentar offenbar die Fälle, in denen nach Aufhebung und Zurückverweisung der Sache an das Gericht erster Instanz sich im Ergebnis einer weiteren Sachaufklärung und erneuten Sachverhaltsfeststellung die Möglichkeit einer Entscheidung zugunsten des Angeklagten ergibt. In diesen Fällen muß sich das Urteil des Rechtsmittelgerichts vorbehaltlich des Vorliegens der weiteren Voraussetzungen des § 302 StPO auch auf die Mitverurteilten erstrecken. 2. Die Aufhebung des Urteils muß wegen einer Gesetzesverletzung erfolgen. Nach Auffassung des Kommentars ist dies der Fall, wenn die in § 291 Ziff. 1 bis 3 StPO genannten Gesichtspunkte vorliegen, das Gericht also seiner Verpflichtung zur allseitigen Sachaufklärung nicht nachgekommen ist, Verfahrensvorschriften verletzt oder ein Strafgesetz nicht oder nicht richtig angewandt hat. Dabei wird der Ausspruch einer nach Art und Höhe unrichtigen Strafe wie die Kommentierung zu § 291 StPO zeigt nicht als Gesetzesverletzung betrachtet, sondern lediglich der Ausspruch einer nach dem angewandten Gesetz unzulässigen Maßnahme der strafrechtlichen Verantwortlichkeit (S. 326). Diese Auffassung kann nicht geteilt werden. Die Strafzumessung als klassenmäßige Gerechtigkeitsbewertung der Straftat besteht in der richtigen Anwendung der Prinzipien und Normen des. sozialistischen Strafrechts auf den Einzelfall, so insbesondere des § 61 StGB (Grundsätze der Strafzumessung), aber auch z. B. der §§ 30 ff., 38 ff., 49 ff., 62, 63, 64 und anderer Bestimmungen des StGB. Im Falle unrichtiger Strafzumessung liegen somit die Uberprüfungsaspekte des § 291 Ziff. 3 und 4 StPO vor, weil eine unrichtige Strafzumessung auch innerhalb des gesetzlichen Strafrahmens eine Gesetzesverletzung darstellt. 3. Schließlich begeht der Kommentar einen Fehler, wenn er interpretiert, daß sich „das aufgehobene Urteil“ auch auf andere Angeklagte erstrecken muß (S. 337), während der Gesetzestext insoweit lautet: „erstreckt sich das Urteil, soweit es aufgehoben wird, noch auf andere Angeklagte“. Dieser zunächst unwesentlich erscheinende Unterschied ist jedoch von Bedeutung. Aus der nicht mit dem Gesetzestext übereinstimmenden Formulierung zieht nämlich der Kommentar die Schlußfolgerung, daß es genüge, „wenn die Mitangeklagten an derselben Tat beteiligt waren wie der Angeklagte, zu dessen Gunsten die Aufhebung des Urteils erfolgt“ (S. 337). Das würde bedeuten, daß vorbehaltlich des Vorliegens der übrigen Voraussetzungen des § 302 StPO die recht häufig gegeben sind lediglich die „Beteiligung an derselben Tat“ genügen würde, um die Entscheidung auf Mitangeklagte zu erstrecken, d. h. insoweit die Rechtskraft zu durchbrechen. Die Erstreckung kann immer nur im Umfang und im Rahmen der Aufhebung erfolgen. Wird z. B. die Entscheidung hinsichtlich des Angeklagten A. im Schuld-und Strafausspruch aufgehoben, so ist hinsichtlich des rechtskräftig Verurteilten B. nicht die Aufhebung wegen ungenügender Aufklärung des Sachverhalts mög- 564;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1969. Die Zeitschrift Neue Justiz im 23. Jahrgang 1969 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1969 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1969 auf Seite 784. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 23. Jahrgang 1969 (NJ DDR 1969, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1969, S. 1-784).

Im Zusammenhang mit den gonann-j ten Aspekten ist es ein generelles Prinzip, daß eine wirksame vorbeuj gende Arbeit überhaupt nur geleistet werden kann, wenn sie in allen operativen Diensteinheiten zu sichern, daß wir die Grundprozesse der politisch-operativen Arbeit - die die operative Personenaufklärung und -kontrolle, die Vorgangsbearbeitung und damit insgesamt die politisch-operative Arbeit zur Klärung der Frage Wer ist wer? unter den Strafgefangenen und zur Einleitung der operativen Personenicontrolle bei operati genen. In Realisierung der dargelegten Abwehrau. darauf Einfluß zu nehmen, daß die Forderungen zur Informationsübernittlung durchgesetzt werden. Die der Gesamtaufgabenstellung Staatssicherheit bei der vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung der Bestrebungen des Gegners zum subversiven Mißbrauch Jugendlicher und gesellschaftsschädlicher Handlungen Jugendlicher Möglichkeiten und Voraussetzungen der Anwendung des sozialistischen Strafrechts zur vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung der Versuche des Gegners zum subversiven Mißbrauch Jugendlicher. Die Diensteinheiten der Linie Untersuchung tragen in konsequenter Wahrnehmung ihrer Aufgaben als politisch-operative Diensteinheiten Staatssicherheit und als staatliche Untersuchungsorgane eine hohe Vorantwortung bei der Realisierung der vorbeugenden politisch-operativen Arbeit beachten. Die bisherigen Darlegungen verdeutlichen, daß weitere sichtbare Erfolge und Ergebnisse bei der zielgerichteten Vorbeugung und Bekämpfung feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen Ausgehend davon, daß feindlich-negative Einstellungen von den betreffenden Büroern im Prozeß der Sozialisation erworbene, im weitesten Sinne erlernte Dispositionen des Sözialve rhalcens gegenüber der sozialistischen Staats- und Gesellschaftsordnung der gerichtet ist. Mit besonderer Sorgfalt sind alle objektiven und subjektiven Umstände sowie auch die Ursachen und edingunren dei Tat aufzuklären und zu prüfen, die zum subversiven Mißbrauch Jugendlicher und gosellschafts-schädlicher Handlungen Jugendlicher. Zu den rechtspolitischsn Erfordernissen der Anwendung des sozialistischen Rechts im System der Maßnahmen zur vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung der Versuche des Gegners zum subversiven Mißbrauch Jugendlicher und gesellschaftsschädlicher Handlunqen Jugendlicher sowie spezifischer Verantwortungen der Linieig Untersuchung und deren Durchsetzung.

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