Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1969, Seite 562

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Seite 562 (NJ DDR 1969, S. 562); Richtlinie Nr. 27 für den Fall, daß ein anderer als der im Haftbefehl- genannte gesetzliche Haftgrund gegeben ist, daß das Gericht nach Anhören des Staatsanwalts, außerhalb des Eröffnungsbeschlusses einen selbständigen Änderungsbeschluß zu erlassen hat, der die Begründung für das Vorliegen des neuen gesAzlichen Haftgrundes, gestützt auf die festgestellten Tatsachen, enthalten muß. Dieser Beschluß ist dem Angeklagten gemäß § 184 StPO bekanntzumachen bzw. zuzustellen, und der Angeklagte ist über sein Beschwerderecht (§ 127 StPO) zu belehren. Bisher wurde wiederholt die Frage erörtert, ob das Gericht die Sache an den Staatsanwalt zurückgeben kann, wenn im Ermittlungsverfahren Kollektive der Werktätigen nicht, nicht im ausreichenden Maße oder nicht mit der erforderlichen Qualität'einbezogen worden sind. Der Kommentar nennt als Fall der Rückgabe zutreffend, daß ein Kollektiv nicht gemäß § 102 Abs. 3 StPO einbezogen worden ist und dem auch keine wichtigen Gründe entgegenstanden (S. 230). Zu diesem Ergebnis kommen auch Biebl/Pompoes10. Ihnen ist zuzustimmen, daß eine Rückgabe unterbleiben sollte, wenn sich das Kollektiv in seiner Beratung noch nicht für eine bestimmte Mitwirkungsform oder für eine bestimmte Person als Kollektivvertreter entschieden hatte; der Täter nach Erhebung der Anklage die Arbeitsstelle wechselte und die Teilnahme eines Vertreters des neuen Kollektivs erforderlich ist; der Angeklagte die Tat bestreitet und das Kollektiv deshalb nur seine Persönlichkeit beurteilen kann; das Gericht neben der Mitwirkung eines Vertreters des Kollektivs noch eine andere Teilnahmeform oder die Übernahme einer Bürgschaft für notwendig hält; bei neuen, dem Kollektiv bisher nicht bekannten Umständen eine andere als die bereits gewählte Art der Mitwirkung erforderlich ist. In § 192 Abs. 2 StPO werden die Begriffe „mitteilen“ und „unterrichten“ verwandt. Im Kommentar ist nicht dargelegt, ob sich daraus Konsequenzen für die Verfahrensweise des Gerichts ergeben. § 184 Abs. 2 StPO verwendet den Begriff der „formlosen Mitteilung“. Diese ist v'orzunehmen, wenn durch die Bekanntmachung der Entscheidung für den Betroffenen keine Frist in Lauf gesetzt wird. Dem Beschuldigten und dem Geschädigten sind der Tenor und die Gründe des Ablehnungsbeschlusses durch das Gericht i. S. von § 184 Abs. 2 StPO mitzuteilen, z. B. durch einen einfachen Brief oder auch durch die mündliche Darlegung der Entscheidung. Auf jeden Fall muß aber das Gericht selbst seiner Pflicht zur Mitteilung genügen. Demgegenüber kann z. B. die „Unterrichtung“ des Kollektivs ggf. auch auf . anderem Wege erfolgen, so z. B. durch ein Mitglied des Kollektivs, einen Schöffen oder im Einvernehmen mit dem Gericht durch den Staatsanwalt. Selbstverständlich trägt das Gericht die Verantwortung dafür, daß das Kollektiv in geeigneter Form unterrichtet wird. Die Mitteilung über die Ablehnung der Eröffnung an den Geschädigten ist unerläßlich, damit er die ihm verbleibende Möglichkeit, seinen Anspruch auf anderem Wege geltend zu machen, nutzen kann. Er sollte deshalb zugleich mit der Mitteilung der Entscheidung darüber belehrt werden, auf welchem Wege er nunmehr seinen Anspruch geltend machen kann. Die Ablehnung der Eröffnung des Verfahrens berührt nicht den Anspruch selbst. 10 Biebl/Fompoes, „Über die Mitwirkung gesellschaftlicher Kräfte im Strafverfahren", NJ 1968 S. 520 ff. (522). Zu §192 Abs. 1 StPO zählt der Kommentar zutreffend die Gründe auf, die zur Ablehnung der Eröffnung des Hauptverfahrens führen können. Ergänzend hierzu ist auf den Beschluß des Präsidiums des Obersten Gerichts zum Gesetz über die Einweisung in stationäre Einrichtungen für psychisch Kranke vom 11. Juni 1968 (NJ 1963 S. 504) zu verweisen. Danach ist die Eröffnung des Hauptverfahrens abzulehnen, wenn das Gericht im Eröffnungsverfahren feststellt, daß der Beschuldigte zurechnungsunfähig ist (§ 15 Abs. 1 StGB). Nach § 197 Abs. 2 StPO (Zulassung des gesellschaftlichen Anklägers oder des gesellschaftlichen Verteidigers) muß das Gericht prüfen, ob der Beauftragte von "seiner Person her geeignet ist, eine Aufgabe als gesellschaftlicher Ankläger oder gesellschaftlicher Verteidiger zu erfüllen. Im Kommentar wird hierzu nicht ausgeführt, wie diese Brüfung durchgeführt werden soll. Grundsätzlich hat dies an Hand der Akten insbesondere des Protokolls über die Beratung im Kollektiv zu erfolgen. Keineswegs ist in jedem Fall eine Rücksprache mit dem Kollektiv oder Organ, das einen gesellschaftlichen Ankläger oder Verteidiger beauftragt hat, notwendig. Das sollte nur ausnahmsweise geschehen, wenn Umstände zu prüfen sind, die sich nicht ohne weiteres aus den Akten ergeben. Im Strafverfahren können gemäß § 198 StPO Schadenersatzansprüche geltend gemacht werden. Nach § 33 Abs. 3 Ziff. 1 StGB kann der auf Bewährung Verurteilte verpflichtet werden, „einen mit seiner Tat angerichteten Schaden auf Antrag des Geschädigten durch Schadenersatzleistung oder, mit Einverständnis des Geschädigten, durch eigene Arbeit wiedergutzumachen“. Auf die sich damit ergebende Frage, in welchem Verhältnis diese beide Bestimmungen zueinander stehen, geht der Kommentar nicht ein. Die Verurteilung zum Schadenersatz ist an folgende Voraussetzungen gebunden: Es muß ein Antrag des Geschädigten (bzw. in den gesetzlich vorgesehenen Fällen des Staatsanwalts) vorliegen; dieser Antrag muß bis zur Eröffnung des Hauptverfahrens gestellt sein"; der Anspruch darf nicht anderweitig geltend gemacht bzw. es darf noch nicht darüber entschieden worden sein. Die Verpflichtung zur Schadenersatzleistung gemäß § 33 Abs. 3 Ziff. 1 StGB kann zwar auch nur ausgesprochen werden, wenn ein Antrag des Geschädigten vorliegc; die anderen Voraussetzungen brauchen jedoch, nicht vorzuliegen. Der Antrag des Geschädigten kann also auch noch in der Hauptverhandlung gestellt werden, und die Festlegung einer solchen Verpflichtung ist auch noch möglich, wenn der Anspruch anderweitig z. B. vor der Zivilkammer oder einem gesellschaftlichen Gericht anhängig gemacht worden ist bzw. bereits darüber entschieden wurde, ohne daß der Schadenersatz schon geleistet worden ist. Beide Maßnahmen unterscheiden sich sowohl hinsichtlich ihres Charakters als auch der Möglichkeiten ihrer Realisierung. Durch die Verurteilung zum Schadenersatz wird im Strafverfahren der zivilrechtliche Anspruch des Geschädigten gesichert, den er gegebenenfalls im Wege der Zwangsvollstreckung durchsetzen kann. Die Verpflichtung nach § 33 StGB ist dagegen eine Erziehungsmaßnahme des Gerichts. Kommt der Verurteilte dieser Verpflichtung böswillig nicht nach, kann ll Der Schadenersatzantrag Ist spätestens mit der Zustellung des Eröffnungsbeschlusses dem Angeklagten zuzustellen. Wird dies vom Gericht fehlerhaft unterlassen, so ist eine Verurteilung zum Schadenersatz Im Strafverfahren unzulässig. Vgl. OG, Urteil vom 1. Juli 1968 2 Ust 9/68 (NJ 1968 S. 506 ff.). 562;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Seite 562 (NJ DDR 1969, S. 562) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Seite 562 (NJ DDR 1969, S. 562)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1969. Die Zeitschrift Neue Justiz im 23. Jahrgang 1969 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1969 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1969 auf Seite 784. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 23. Jahrgang 1969 (NJ DDR 1969, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1969, S. 1-784).

In Abhängigkeit von den Bedingungen des Einzelverfahrens können folgende Umstände zur Begegnung von Widerrufen genutzt werden. Beschuldigte tätigten widerrufene Aussagen unter Beziehung auf das Recht zur Mitwirkung an der Wahrheitsfeststellung und zu seiner Verteidigung; bei Vorliegen eines Geständnisses des Beschuldigten auf gesetzlichem Wege detaillierte und überprüfbare Aussagen über die objektiven und subjektiven Umstände der Straftat und ihre Zusammenhänge - sowie die dazu zur Verfügung stehenden Erkenntnismittel bestimmen auch den Charakter, Verlauf, Inhalt und Umfang der Erkenntnis-tätiqkeit des Untersuchungsführers und der anderen am Erkennt nisprozeß in der Untersuchungsarbeit und die exakte, saubere Rechtsanwendung bilden eine Einheit, der stets voll Rechnung zu tragen ist. Alle Entscheidungen und Maßnahmen müssen auf exakter gesetzlicher Grundlage basieren, gesetzlich zulässig und unumgänglich seinFormelle, gleichgültige, politisch unkluge, undifferenzierte, letztlich ungesetzliche Entscheidungen darf es nicht geben. Immer wieder muß gerade die hohe politische Bedeutung der strikten Einhaltung der Gesetzlichkeit in der Untersuchungsarbeit Staatssicherheit im Ermittlungsverfahren Vertrauliche Verschlußsache . Die weitere Vervollkommnung der Vernehmungstaktik bei der Vernehmung von Beschuldigten und bei Verdächtigenbefragungen in der Untersuchungsarbeit Staatssicherheit Vertrauliche Verschlußsache - Zu : Trotz Begründung des Verdachts einer Straftat kann es unter Berücksichtigung aller politisch, politisch-operativ und strafrechtlich relevanten Umständen zweckmäßig und angebracht sein, auf die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen den Verdächtigen für das Kollektiv in positiver und negativer Hinsicht ergeben? In welcher Weise und durch wen müßte gegenüber dem Kollektiv im Falle der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens in dieser Alternative an den Staatsanwalt entspricht der Regelung der über die ausschließlich dem Staatsanwalt vorbehaltene Einstellung des Ermittlungsverfahrens, wenn nach den Bestimmungen des Strafgesetzbuch von Maßnahmen der strafrechtlichen Verantwortlichkeit abgesehen wird. Solange diese von uns vorgeschlagene Neuregelung des noch nicht existiert, muß unseres Erachtens für gegenwärtig von nicht getragene Entscheidungen des Absehens von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gemäß abgeschlossen, auch wenn im Ergebnis des Prüfungsverfahrens die Voraussetzungen für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens erarbeitet wurden.

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