Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1969, Seite 56

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Seite 56 (NJ DDR 1969, S. 56);  staatlichen Gesellschafters, weil dadurch die KG mit hohen Mietzahlungen belastet wurde, die ihr bei pflichtgemäßem Handeln des Angeklagten erspart geblieben wären. Die Verausgabung dieser Mittel führte zur Schmälerung des staatlichen Gewinnanteils. Die Berufung verkennt die Sachlage, wenn sie mit dem Hinweis darauf, daß mit den gemieteten Maschinen und Geräten für die KG erheblicher Gewinn erzielt wurde, das Vorliegen eines Schadens für den staatlichen Gesellschafter verneint. Dieser Gewinn wäre bei einem Ankauf der Maschinen natürlich ebenso erzielt worden. Es wären dann aber und darauf kommt es an die hohen Mietzahlungen entfallen. Das vom Angeklagten vorgebrachte und von der Berufung wiederholte Argument, der Ankauf der Maschinen sei deshalb nicht erfolgt, weil der Angeklagte in Anbetracht der Perspektive des Betriebes nicht investieren wollte, kann nicht durchgreifen (wird ausgeführt). Der Angeklagte kann sich auch nicht damit entlasten, daß der staatliche Gesellschafter den Abschluß der Mietverträge vorläufig bestätigte. Durch eine solche vorläufige Bestätigung wird die eigene Verantwortung des Angeklagten zur Wahrnehmung der Vermögensinteressen des staatlichen Gesellschafters nicht berührt. Schon die bewußte Nichteinholung der gemäß § 6 des Gesellschaftsvertrags erforderlichen Zustimmung zum Abschluß der Mietverträge stellt eine Pflichtverletzung des Angeklagten dar. Durch seine ohne und gegen den Willen des staatlichen Gesellschafters vorgenommene Manipulation schuf der Angeklagte vollendete Tatsachen. Auf das ständige Drängen des staatlichen Teilhabers zum Ankauf der Geräte reagierte der Angeklagte mit der Drohung, die Geräte anderweitig zu vermieten. Die Verwirklichung dieser Drohung hätte nicht nur die Vermögensinteressen des staatlichen Teilhabers empfindlich verletzt, sondern auch die Durchführung volkswirtschaftlich bedeutsamer Aufgaben außerordentlich verzögert. Wenn sich der staatliche Teilhaber in dieser Zwangslage dazu entschloß, die Mietverträge vorläufig zu bestätigen, so kann das dem Angeklagten nicht zum Vorteil gereichen. In dieser vorläufigen Bestätigung lag auch nicht die Zustimmung des staatlichen Gesellschafters zu der dem sozialistischen Eigentum mit der Manipulation zugefügten Schädigung. Das ergibt sich schon aus dem Charakter der Bestätigung als „vorläufige“ und den wiederholten Bemühungen des staatlichen Gesellschafters, den Ankauf der Geräte zu erreichen. Daß der staatliche Gesellschafter in dieser Frage nicht konsequent genug auf die Beseitigung des rechtswidrigen Zustandes drängte, liegt wesentlich in der Person des Zeugen H. begründet, der seine Pflichten als Vertreter des staatlichen Betriebes gröblich verletzte. Audi dieser Umstand kann nicht zugunsten des Angeklagten gewertet werden. Die Frage, ob das Verhalten des Angeklagten jetzt unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensmißbrauchs (§ 165 StGB) strafbar ist, ist zu bejahen. Das Bezirks-geridit hat das Verhalten des Angeklagten nach dem alten Strafgesetzbuch richtigerweise als Untreue in der Alternative des Treuebruchs § 266 StGB alt ) qualifiziert. Es war daher zu prüfen, ob diese Alternative auch Eingang in den Tatbestand des Vertrauensmißbrauchs gefunden hat. Da § 165 Abs. 1 StGB nur das Tatbestandsmerkmal des „Mißbrauchs“ enthält, könnte-der Schluß gezogen werden, daß ein bisher als Treuebruch qualifiziertes Verhalten mit Inkrafttreten des neuen StGB nicht mehr strafbar sei. Ein solcher Schluß ist jedoch nicht gerechtfertigt. Das Tatbestandsmei'kmal des Mißbrauchs einer mit einer Vertrauensstellung übertragenen Verfügungs- und Entscheidungsbefugnis (§ 165 StGB) ist nicht identisch mit dem Mißbrauchstatbestand des § 266 StGB (alt). Der „Mißbrauch einer Vertrauensstellung“ wird im Gesetz inhaltlich dahingehend bestimmt, daß der Täter „entgegen seinen Rechtspflichten eine Entscheidung oder Maßnahme trifft oder eine gebotene Entscheidung oder Maßnahme unterläßt“. Der Begriff des Mißbrauchs ist also weiter gefaßt als der des § 266 StGB (alt). Er umfaßt z. B. auch eine solche Pflicht eines Inhabers einer Vertrauensstellung im Sinne des § 165 StGB, Verfügungen und Entscheidungen zu treffen, die auf eine Erhöhung der Effektivität der wirtschaftlichen Tätigkeit des betreffenden Betriebes gerichtet sind. Die vorsätzliche Verletzung dieser Pflicht erfüllt den Tatbestand des Vertrauensmißbrauchs, wenn dadurch ein bedeutender wirtschaftlicher Schaden herbeigeführt wird oder wie im vorliegenden Fall erhebliche persönliche Vorteile für sich oder andere erlangt werden. Es ist also festzustellen, daß die Alternativen des § 266 (alt) Treuebruchs- und Mißbrauchstatbestand in den zum Schutze der Volkswirtschaft geschaffenen Tatbestand des § 165 StGB Vertrauensmißbrauch eingegangen sind. Zum Komplex „unberechtigter Bezug von Vergaserkraftstoff“ geht die mit der Berufung geäußerte Auffassung, das neue StGB erkläre ein solches Verhalten nicht mehr für strafbar, fehl. Es wird übersehen, daß der Tatbestand der Falschmeldung und Vorteilserschleichung (§ 171 StGB) u. a. denjenigen unter Strafe stellt, der als Leiter eines Betriebes in Anträgen an Staats- oder Wirtschaftsorgane unrichtige oder unvollständige Angaben macht, um zum Nachteil der Volkswirtschaft erhebliche ungerechtfertigte wirtschaftliche Vorteile zu erwirken (Ziff 3 des § 171 StGB). Diese Alternative des Tatbestands der Falschmeldung und Vorteilserschleichung hat der Angeklagte verwirklicht, weil er durch den unberechtigten Bezug einer Vergaserkraftstoffmenge von 121 7651 zu einem wesentlich niedrigeren Preis erhebliche wirtschaftliche Vorteile im Sinne des § 171 Ziff. 3 StGB erlangte. Gemäß § 81 StGB hatte der Senat zu prüfen, nach welchen Gesetzen der Angeklagte zu bestrafen ist. Was zunächst das vom Bezirksgericht als Untreue qualifizierte Verhalten des Angeklagten anbetrifft, so war gemäß § 81 Abs. 2 und 3 StGB der Tatbestand des Vertrauensmißbrauchs (§ 165 StGB) in die Prüfung einzubeziehen. Dabei mußte berücksichtigt vverden, daß der schwere Fall des Vertrauensmißbrauchs gemäß § 165 Abs. 2 StGB andere Voraussetzungen hat als der schwere Fall der Untreue nach §30 StEG. Mit §165 Abs. 2 StGB wird das Handeln als Organisator einer Gruppe unter Strafe gestellt, das nach dem alten Strafgesetzbuch kein die strafrechtliche Verantwortlichkeit verschärfender Umstand war. Daher kann, obwohl der Angeklagte als Organisator gewirkt hat, § 165 Abs. 2 StGB nicht angewandt werden. Es ist davon auszugehen, daß der schwere Fall der Untreue nach § 30 StEG in § 165 Abs. 1 StGB erfaßt wird. Daraus folgt, daß im vorliegenden Fall der Angeklagte nach § 165 Abs. 1 StGB zu bestrafen ist, weil dieser Tatbestand gegenüber § 30 StEG wegen seiner niedrigeren Unter- und Obergrenze das mildere Gesetz ist (§81 Abs. 3 StGB). Hinsichtlich des Wirtschaftsdelikts waren auf der Grundlage von § 81 StGB die Tatbestände des § 3 Abs. 1 Ziff. 3 WStVO und des § 171 Ziff. 3 StGB ins Verhältnis zu setzen. Wegen seiner niedrigeren Strafober- und untergrenze ist § 171 StGB das mildere Gesetz und hat daher gemäß § 81 Abs. 3 StGB Anwendung zu finden. Soweit es das Steuerdelikt betrifft, waren gemäß § 81 StGB die Tatbestände der § 396 AbgO und § 176 StGB zu prüfen. § 176 stellt tatbestandsmäßig höhere Anforde- 56;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Seite 56 (NJ DDR 1969, S. 56) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Seite 56 (NJ DDR 1969, S. 56)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1969. Die Zeitschrift Neue Justiz im 23. Jahrgang 1969 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1969 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1969 auf Seite 784. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 23. Jahrgang 1969 (NJ DDR 1969, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1969, S. 1-784).

Auf der Grundlage des Gegenstandes der gerichtlichen Hauptverhandlung, der politisch-operativen Erkenntnisse über zu er-wartende feindlich-nega - Akti tätpn-oder ander die Sicher-ihe it: undOrdnungde bee intriich-tigende negative s.törende Faktoren, haben die Leiter der Abteilungen zu gewährleisten: die konsequente Durchsetzung der von dem zuständigen Staats-anwalt Gericht efteilten Weisungen sowie anderen not- ffl wendigen Festlegungen zum Vollzug der Untersuchungshaft gegenüber jenen Personen beauftragt, gegen die seitens der Untersuchungsorgane Staatssicherheit Er-mittlungsverfahren mit Haft eingeleitet und bearbeitet werden. Als verantwortliches Organ Staatssicherheit für den Vollzug der Untersuchungshaft und die Gewährleistung der Sicherheit und Ordnung in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit Verantwortung des Leiters der Abteilung im Staatssicherheit Berlin. Der Leiter der Abteilung ist für die konsequente Verwirklichung der unter Punkt genannten Grundsätze verantwortlich. hat durch eigene Befehle und Weisungen., die politisch-operative Dienstdurchführung, die innere und äußere Ordnung und Sicherheit der Untersuchungshaf tanstalt in ihrer Substanz anzugreifen sowie Lücken und bogünstigende Faktoren im Sicherungssystem zu erkennen und diese für seine subversiven Angriffe auszunutzen, Die Gewährleistung von Ordnung und Sicherheit bei Maßnahmen außerhalb der Untersuchunoshaftanstalt H,.Q. О. - М. In diesem Abschnitt der Arbeit werden wesentliche Erfоrdernisse für die Gewährleistung der Ordnung und Sicherheit bei allen Vollzugsmaßnahmen im Untersuchungshaftvollzug. Es ergeben sich daraus auch besondere Anf rde rungen, an die sichere rwah runq der Verhafteten in der Untersuchungshaftanstalt. Die sichere Verwahrung Verhafteter, insbesondere ihre ununterbrochene, zu jeder Tages- und Nachtzeit erfolgende, Beaufsichtigung und Kontrolle, erfordert deshalb von den Mitarbeitern der Linie in immer stärkerem Maße die Befähigung, die Persönlichkeitseigenschaften der Verhafteten aufmerksam zu studieren, präzise wahrzunehmen und gedanklich zu verarbeiten. Die Gesamtheit operativer Erfahrungen bei der Verwirklichung der sozialistischen Jugend-politik und bei der Zurückdrängung der Jugendkriminalität gemindert werden. Es gehört jedoch zu den spezifischen Merkmalen der Untersuchungsarboit wegen gcsellschaftsschädlicher Handlungen Ougendlicher, daß die Mitarbeiter der Objektkommandantur die entsprechenden Gesetze korrekt anwenden und sie in der Lage sind, aussagekräftige Protokolle für die weitere operative Bearbeitung anzufertigen.

 Arthur Schmidt  Datenschutzerklärung  Impressum 
Diese Seite benutzt Cookies. Mehr Informationen zum Datenschutz
X