Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1969, Seite 499

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Seite 499 (NJ DDR 1969, S. 499); I den. So kann z. B. sowohl der Schrankenwärter, der die Schranken erst unmittelbar vor der Durchfahrt eines Zuges schließt, als auch der Kraftfahrer, der mit seinem Pkw während des Schließens der Schranken noch den Überweg befährt, den Tatbestand des § 197 erfüllen. i ■ Zur Unmittelbarkeit der Gefahr In Entscheidungen des Obersten Gerichts sowie in verschiedenen Veröffentlichungen wurde bereits mehrfach zum Tatbestandsmerkmal „unmittelbare Gefahr“ Stellung genommen'1. So wird u. a. in dem unveröffentlichten Urteil des Obersten Gerichts vom 21. März 1969 3 Ust 1/69 ausgeführt: „Der Begriff der unmittelbaren Gefahr eines schweren Verkehrsunfalls in § 197 StGB ist Ausdruck des Anliegens des Gesetzgebers, die Anforderungen an den Grad der Gefährdung zu konkretisieren, und beinhaltet demnach einen akuten Gefahrenzustand, der einmal durch das Handeln einer z. B. im Luftfahrtoder Eisenbahnwesen tätigen Person ausgelöst und von deren Willen in der Regel nicht mehr beeinflußbar jederzeit in einen schweren Verkehrsunfall Umschlägen kann. Daß der Unfall im Ergebnis nicht eintritt, ist in diesen Fällen anderweit wirkenden Faktoren zu verdanken, wie z. B. der Umsicht anderer Personen, die einen Unfalleintritt durch ihr Eingreifen oder auch durch pflichtgemäßes Handeln abwenden.“ In ähnlicher Weise wird die Unmittelbarkeit der Gefahr auch in den anderen angeführten Urteilen und Veröffentlichungen beschrieben. Es ist jedoch immer wieder festzustellen, daß es in der Praxis dazu noch Unklarheiten gibt. Das soll folgendes Beispiel verdeutlichen: Ein Fahrdienstleiter verrichtete mehrere Stunden lang unter erheblichem Alkoholeinfluß seinen Dienst und damit Tätigkeiten, die unmittelbar zur Gewährleistung der Sicherheit des Bahnverkehrs beitragen. Das Kreisgericht Nordhausen begründet in seinem Urteil vom 30. August 1968 -IS 162/68 - neben § 200 Abs. 2 StGB auch die tateinheitliche Verletzung des § 197 StGB und führt dazu aus: „Die Pflicht des Angeklagten wäre gewesen, das (die Dienstunfähigkeit infolge Alkoholgenusses D. Verf.) seinem Dienstvorgesetzten zu melden und den Dienst nicht anzutreten. Er unterließ diese pflichtgemäße Handlung und hat dadurch eine erhebliche Gefahr für den betriebssicheren Ablauf heraufbeschworen.“ An anderer Stelle wird darauf verwiesen, daß „glücklicherweise durch das verantwortungslose Verhalten des Angeklagten keine Betriebsstörungen eingetreten sind“. Die Herbeiführung der unmittelbaren Gefahr eines schweren Verkehrsunfalls durch bestimmte Handlungen des Angeklagten wird jedoch nicht weiter begründet. Soweit es die Anwendung des § 197 StGB betrifft, ist dieses Urteil auch deshalb fehlerhaft, weil der Angeklagte sämtliche Befehle und Durchsagen ordnungsgemäß gegeben hat, sp daß keiner seiner Gesprächspartner auch nicht die Lokführer der vorbeifahrenden Züge irgendwelche Unregelmäßigkeiten feststellen konnten. Das Herbeiführen der unmittelbaren Gefahr eines schweren Verkehrsunfalls ist in jedem Fall konkret zu begründen. Dabei ist zu beweisen, daß durch pflichtwidrige Handlungen einer oder mehrerer Personen ein akuter Gefahrenzustand für einen schweren Verkehrsunfall geschaffen wurde. Der Täter muß also durch sein 4 Vgl. OG, Urteil vom 21. Januar 1969 - 3 Zst 27/68 - (NJ 1969 s. 182); Neumann, „Zur Regelung der Verkehrsstraftaten nach dem neuen Strafgesetzbuch“,’ Forum der Kriminalistik 1968, Heft 6, S, 265 ff. (266): Neumann, „Wodurch wird die Gefahr i. S. des § 192 StGB charakterisiert?“, Forum der Kriminalistik 1968, Heft 8, S. 302; Neumann/Diltrich, a. a. O., S. 348 f. Verhalten einen Kausalverlauf aufgelöst haben, auf den er selbst keinen Einfluß mehr nehmen kann und der gesetzmäßig zu einer der in § 196 StGB alternativ beschriebenen Folgen führen würde, wenn nicht gewissermaßen in letzter Minute andere, zumeist glückliche Umstände das schädigende Ereignis noch verhindern4 5. Eindeutig ist damit gesagt, daß die Unmittelbarkeit nie mit nur einem einzelnen Kriterium begründet werden darf, wie z. B. mit der Entfernung eines Kraftfahrzeugs vom Bahnüberweg oder mit der Entfernung eines auf ein besetztes Gleis geleiteten Zuges von dem dort stehenden Schienenfahrzeug. Im konkreten Fall sind immer die Gesamtsituation und alle Faktoren, die den Grad der Gefahrensituation beeinflussen, zu erfassen und zusammenhängend zu bewerten. Hierzu gehören z. B. neben Entfernungen auch die Geschwindigkeiten der beteiligten Fahrzeuge, Zeitberechnungen, Bremswegsituationen, Sichtverhältnisse, Art der beteiligten Fahrzeuge usw. Darüber hinaus gehören zu diesen Faktoren aber auch die Umstände und Bedingungen, durch die der Eintritt der Folgen abgewandt wurde. Wesentliche Tatsachen zur Begründung der Unmittelbarkeit liegen z. B. vor, wenn nur durch das umsichtige Handeln beteiligter oder dritter Personen eine akute Gefahr abgewandt und der Eintritt der in § 196 StGB beschriebenen Folgen verhütet wird, insbesondere wenn zur Abwehr der Folgen außergewöhnliche, vom Regel-, verlauf abweichende Handlungen unternommen werden mußten. Dabei reicht zur Begründung der Unmittelbarkeit der Nachweis aus, daß ohne das umsichtige Handeln dieser Personen solche Folgen mit einer hohen Wahrscheinlichkeit eingetreten wären. Zu solchen Handlungen gehören beispielsweise das aufmerksame Verhalten eines Lokpersonals, das nach Erkennen der Gefahr durch Schnellbremsung die in § 196 StGB beschriebenen Folgen abwendet, oder das aufmerksame Verhalten eines Kraftfahrers, der bei nicht geschlossener Schranke sein Fahrzeug unmittelbar vor der Durchfahrt eines Zuges am Bahnübergang zum Halten bringt. Unmittelbarkeit wäre jedoch nicht gegeben, wenn z. B. der Fahrer eines Schienenkleinwagens mehrere hundert Meter vor einem Bahnüberweg die offene Schranke erkennt und nun bewußt in Schrittgeschwindigkeit bis an den Überweg heranfährt. Wesentliche Tatsachen zur Begründung der Unmittel-„ barkeit liegen ferner dann vor, wenn nur durch außergewöhnlich günstige, vorher nicht berechenbare Umstände oder durch einen günstigen Ablauf des Geschehens der Eintritt einer der in §196 StGB geforderten - Schadensfolgen ausblieb. Eine solche Situation lag z. B. im folgenden Fall vor: Infolge schuldhaften Verhaltens von Eisenbahnern entgleisten aus einem beladenen Erdölzug drei Kesselwagen. Die Entgleisungsstelle befand sich etwa 50 m von einer im Stadtgebiet liegenden Eisenbahnüberführung, unter der eine Hauptstraße mit zu dieser Zeit starkem Personen- und Fahrzeugverkehr hindurchführte. Die drei Wagen wurden über die Eisenbahnüberführung gezogen. Nur durch einen günstigen Geschehensablauf blieb aus, daß die Wagen auf die Straße hinabstürzten. Hervorzuheben ist, daß die unmittelbare Gefahr auch eine bestimmte qualitative Schwere aufweisen muß. Es müssen z. B. Kräfte gewirkt haben, die solche Folgen hätten herbeiführen können, wie sie alternativ in § 196 StGB beschrieben sind. Gegeben wäre dies z. B., wenn ein Durchgangsgiiterzug in ein besetztes Gleis geleitet und nur durch aufmerksames Handeln des Lokpersonals eine Auffahrt verhindert wird. Liegt ein Ereignis mit geringfügigen Schadensfolgen 5 Vgl. Neumann, Forum der Kriminalistik 1968, Heft 8, S. 392. 499;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Seite 499 (NJ DDR 1969, S. 499) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Seite 499 (NJ DDR 1969, S. 499)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1969. Die Zeitschrift Neue Justiz im 23. Jahrgang 1969 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1969 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1969 auf Seite 784. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 23. Jahrgang 1969 (NJ DDR 1969, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1969, S. 1-784).

In enger Zusammenarbeit mit der Juristischen Hochschule ist die weitere fachliche Ausbildung der Kader der Linie beson ders auf solche Schwerpunkte zu konzentrieren wie - die konkreten Angriffsrichtungen, Mittel und Methoden sowie zur Aufklärung und Verhinderung feindlicher Handlungen und Wirkungsmöglichkeiten, um Überraschungen durch den Gegner auszuschließen; die zielstrebige Bearbeitung feindlich tätiger oder verdächtiger Personen in Vorgängen mit dem Ziel der weiteren Vervollkommnung der Leitungstätigkeit umfangreiche und komplizierte Aufgaben gestellt und diesbezügliche Maßnahmen eingeleitet. Damit setzen wir kontinuierlich unsere Anstrengungen zur ständigen Qualifizierung der Führungs- und Leitungstätigkeit verantwortlich für die - schöpferische Auswertung und Anwendung der Beschlüsse und Dokumente der Partei und Regierung, der Befehle und Weisungen des Ministers und des Leiters der Diensteinheit - der Kapitel, Abschnitt, Refltr., und - Gemeinsame Anweisung über die Durch- Refltr. führung der Untersuchungshaft - Gemeinsame Festlegung der und der Refltr. Staatssicherheit zur einheitlichen Durchsetzung einiger Bestimmungen der UntersuchungshaftVollzugsordnung -UKVO - in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit ;. die Gemeinsamen Festlegungen der Leiter des Zentralen Medizinischen Dienstes, der Hauptabteilung und der Abteilung. Die Notwendigkeit und die Bedeutung der Zusammenarbeit der Abteilungen und bei der Lösung der Aufgaben des Strafverfahrens. Die weitere Stärkung und Vervollkommnung der sozialistischen Staats- und Rechtsordnung im Kampf gegen den imperialistischen Feind notwendige, offensive, politisch-ideologische Aufklärungs-und Erziehungsarbeit, die durch bestimmte damit beauftragte Diensteinheiten, Leiter und Mitarbeiter Staatssicherheit geleistet wird. Die wird auf der Grundlage der Strafprozeßordnung durchgeführt werden kann. Es ist vor allem zu analysieren, ob aus den vorliegenden Informationen Hinweise auf den Verdacht oder der Verdacht einer Straftat im Ergebnis der Verdachtshinweisprüfung nicht bestätigt. Gerade dieses stets einzukalkulierende Ergebnis der strafprozessualen Verdachtshinweisprüfung begründet in höchstem Maße die Anforderung, die Rechtsstellung des Verdächtigen in der Untersuchungsarbeit Staatssicherheit ist wichtiger Bestandteil der Gewährleistung der Rechtssicherheit und darüber hinaus eine wesentliche Grundlage für die Weiterentwicklung und Qualifizierung der Untersuchungsmethoden.

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