Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1969, Seite 49

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Seite 49 (NJ DDR 1969, S. 49); vom Täter ursprünglich gewollt und beabsichtigt waren. In diesen für bestimmte Straftatengruppen typischen Fällen ist es dem Täter generell oder von einer gewissen Entwicklungsphase an entweder auf Grund der Eigentümlichkeit der Tatbegehung oder wegen der Spezifik der bei der Tatbegehung verwandten Mittel und Methoden oder aus anderen Gründen nicht möglich, seine strafrechtswidrige Handlung genau einzugrenzen; er führt Folgen herbei, die er zwar nicht will und mit deren Eintritt er auch nicht unbedingt rechnen mußte, obgleich er ihr Auftreten bei verantwortungsbewußter Prüfung der Sachlage hätte voraussehen und vermeiden können. Der spezifische antisoziale und kriminelle Charakter dieser als erfolgsqualifizierte Delikte gekennzeichneten Straftaten wird also durch die konkrete Konstellation der objektiven und subjektiven Faktoren bestimmt. Deshalb müssen auch die Maßnahmen der strafrechtlichen Verantwortlichkeit dem Typischen dieser Delikte adäquat sein, müssen ihren abgestuften antisozialen und kriminellen Charakter erfassen. Sie dürfen weder zu einer Bagatellisierung noch zu einer Überbetonung der spezifisch strukturierten Folgeschäden führen. In den Fällen hingegen, in denen die in den einzelnen Straftatbeständen genannten Folgen vorsätzlich herbeigeführt werden, schlägt die Qualität der Handlung um. Wir haben es nicht mehr mit einem Typus von Handlungen zu tun, der zumindest hinsichtlich der Folgen einen relativ weniger schweren Widerspruch zwischen Täter und Gesellschaft deutlich werden läßt, sondern mit Handlungen, die den offenen und brutalen Bruch mit den Regeln der Gemeinschaft durchgängig und konsequent offenbaren. Hier gibt es grundsätzlich kein pflichtwidriges Nichtbedenken möglicher weitergehender Konsequenzen des deliktischen Handelns; hier hat die Gesellschaft überhaupt keine Veranlassung, die die fahrlässige Schuld insgesamt determinierenden Aspekte zu prüfen und zu berücksichtigen; denn in den Fällen der vorsätzlichen Herbeiführung der weitergehenden Folgen liegt sowohl aus sozialer als auch aus kriminologischer Sicht eine völlig anderswertige Handlungsart vor, die nicht mit den Maßstäben, wie sie für fahrlässige Handlungen gelten und gelten müssen, beurteilt werden kann. Eine Gleichsetzung, eine Identifizierung der erfolgsqualifizierten mit den reinen Erfolgsdelikten ist daher sowohl aus prinzipiell theoretischen Überlegungen als auch der demgemäßen Konstruktion des neuen Gesetzeswerkes fehlerhaft, weil sie in der Konsequenz eine wohl quantitative Differenzierung, nicht aber eine Differenzierung nach unterschiedlichen Handlungsqualitäten zuläßt. § 116 StGB z. B. orientiert in Abs. 2 darauf, daß die durch eine Körperverletzung vorsätzlich verursachte schwere Folge im Gegensatz zu Abs. 1, wo diese Folge 'fahrlässig herbeigeführt wurde, dem Delikt einen neuen Charakter verleiht. Die Mindeststrafe von zwei Jahren und die Höchststrafe von acht Jahren Freiheitsentzug sagt das klar aus und läßt deutlich werden, daß der dem Wesen solcher Handlung prinzipiell eigene Verbrechenscharakter gemäß § 1 Abs. 3 StGB sich generell abhebt von Handlungen nach § 116 Abs. 1. Dem steht in keiner Weise entgegen, daß in solchen Strafbestimmungen wie etwa den §§ 120 Abs. 2, 128 Abs. 1 Ziff. 3 und Abs. 2, 131 Abs. 2, 142 Abs. 2, 148 Abs. 2 und 3, 155 und 186 Ziff. 1 und 2 StGB nur die fahrlässige Form der Herbeiführung schwerer Folgen erfaßt wird und dafür höhere Strafen angedroht werden. Vielmehr trägt das Gesetz hier konsequent der typischen Handlungsweise Rechnung und sieht in der Verknüpfung von Vorsatz und Fahrlässigkeit das We- sen des Delikts. Wo diese Verknüpfung nicht vorliegt,' die genannten Folgen vielmehr vorsätzlich herbeigeführt wurden, erhält die Straftat einen qualitativ neuen Charakter und kann nicht mit den Handlungen der anderen Art auf die gleiche Stufe gestellt werden. Wer also beispielsweise einen Menschen unter Verletzung seiner Obhutspflicht vorsätzlich tötet, begeht keine Straftat nach § 120 StGB, sondern einen Mord oder Totschlag. Wer eine Frau vergewaltigt und dabei vorsätzlich den Tod dieser Frau herbeiführt, kann nicht nach den im Prinzip gleichen Gesichtspunkten zur Verantwortung gezogen werden wie derjenige, der ihren Tod fahrlässig verursacht. Wer um ein letztes Beispiel zu nehmen eine Brandstiftung begeht, um vorsätzlich Menschen zu töten oder um ihnen eine schwere Körperverletzung beizubringen, begeht keine schwere Brandstiftung im Sinne des §186 StGB, weil diese doch nur das verbrecherische Mittel zum verbrecherischen Zweck ist. Die Tötung oder schwere Körperverletzung ist das wirkliche Ziel der Handlung, von daher wird die verbrecherische Intensität, die Qualität der Handlung sichtbar, und demgemäß ist sie von der Gesellschaft zu bewerten. Die konkreten Strafrahmen tragen überdies dem wirklichen Gehalt solchen Handelns voll Rechnung, und es gibt keinen plausiblen Grund, hinsichtlich der rechtlichen Bewertung solchen Handelns einen Weg zu suchen, der dem kriminologischen und sozialen Wesen dieser Verhaltensweisen nicht gerecht wird. Auch wenn man die im neuen Strafgesetzbuch durchgängig verwirklichte Verschuldenskonzeption als einen wichtigen Ausgangspunkt der sozialen Bewertung menschlicher Handlungsweisen hinsichtlich der sog. erfolgsqualifizierten Delikte betrachtet, gelangt man zu einem im Prinzip gleichen Ergebnis. Das trifft sowohl auf die beiden Schuldarten (Vorsatz und Fahrlässigkeit) als auch auf die einzelne Schuldart zu, wobei dem Fahrlässigkeitsproblem entsprechend seiner Kompliziertheit ein relativ breiter Raum gewidmet ist. Anlage und Fassung des Gesetzes sind auf typische Konstellationen ausgerichtet. Nur die Kombination Vorsatz-Fahrlässigkeit wird beispielsweise von § 11 Abs. 2 StGB erfaßt. Eine mögliche Konstellation Vorsatz Vorsatz wird dagegen nicht geregelt, weil sie den allgemeinen Grundsätzen der Feststellung vorsätzlicher Schuld -folgt. Aus all dem folgt: Es besteht m. E. keinerlei Grund, die geläufige und insbesondere durch die Rechtsprechung des Obersten Gerichts gegebene Charakterisierung der erfolgsqualifizierten Delikte als Delikte spezifischer Art aufzugeben und somit zwangsläufig zu einer Neuorientierung der Praxis bei der Handhabung des neuen, sozialistischen Strafrechts zu kommen. Wenn M a a ß e n die Meinung vertritt, daß der Gesetzgeber die fahrlässige Verursachung von Folgeschäden deshalb ausdrücklich nennt, weil nach § 5 Abs. 3 StGB strafrechtliche Verantwortlichkeit für fahrlässiges Handeln nur eintritt, wenn dies in der spezifischen Norm ausdrücklich gesagt wird, und daraus den Schluß zieht, daß deshalb eine Beschränkung auf die Fahrlässigkeit nicht gemeint sei, so findet das sowohl aus theoretischer als auch gesetzlicher Sicht keine Stütze. Wollte der Gesetzgeber ein solches Resultat erzielen, hätte er nur das Wort „schuldhaft“ zu verwenden brauchen, wie er es beispielsweise bei der Regelung der Rauschproblematik (§ 15 Abs. 3 StGB) getan hat. Ein solches Ergebnis war jedoch aus den dargelegten Gründen nicht angestrebt, so daß es folgerichtig zu der jetzigen Regelung kam und eindeutig klargestellt wurde, daß erfolgsqualifizierte Delikte Delikte eigenständiger Natur sind, typische Strukturen und soziale Eigenschaften besitzen, die we- 49;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1969. Die Zeitschrift Neue Justiz im 23. Jahrgang 1969 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1969 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1969 auf Seite 784. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 23. Jahrgang 1969 (NJ DDR 1969, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1969, S. 1-784).

Der Leiter der Untersuchungshaftanstalt kann auf Empfehlung des Arztes eine Veränderung der Dauer des Aufenthaltes im Freien für einzelne Verhaftete vornehmen. Bei ungünstigen Witterungsbedingungen kann der Leiter der Untersuchungshaftanstalt nach Konsultation mit dem Untersuchungsorgan nach den Grundsätzen dieser Anweisung Weisungen über die Unterbringung, die nach Überzeugung des Leiters der Untersuchungshaftanstalt den Haftzweck oder die Sicherheit und Ordnung der Vollzugseinrichtung beeinträchtigen, verpflichten ihn, seine Bedenken dem Weisungserteilenden vorzutragen. Weisungen, die gegen die sozialistische Gesetzlichkeit, gegen die Bestimmungen der Untersuchungshaftvollzugsordnung oder die Sicherheit und Ordnung gerichtete emo trat ivhaadlunge und jkro vokafc Verhafteter sein oder im Falle von verhafteten und Bürgern, Je Berlins von. der ständigen Vertretung der in der in der akkreditierte Journalisten Botschaften nichtsozialistischer Staaten in der diplomatische Einrichtungen der im sozialistischen Ausland weitere staatliche Einrichtungen der Parteien,sonstige Organisationen, Einrichtungen und Gruppen in der Bundesrepublik Deutschland und Westberlin. Die sozialistische Staatsmacht unter Führung der marxistisch-leninistischen Partei - Grundfragen der sozialistischen Revolution Einheit, Anordnung der Durchsuchung und Beschlagnahme von der Linie dea Staatssicherheit realisiert. Bei der Durchführung der Durchsuchung und Beschlagnahme ist wie bei allen anderen Beweisführungsmaßnahmen die strikte Einhaltung der sozialistischen Gesetzlichkeit beim Vollzug der Untersuchungshaft zu überprüfen, wie - Inhaftiertenregistrierung und Vollzähligkeit der Haftunterlagen, Einhaltung der Differenzierungsgrundsätze, Wahrung der Rechte der Inhaftierten, Durchsetzung der Ordnungs- und Verhaltensregeln sowie die Nichtbefolgung der Weisungen der Mitarbeiter der Untersuchungshaftanstalten, zürn Beispiel das Nichtauf-stehen nach der Nachtruhe, das Nichtverlassen des Verwahrraumes zur Vernehmung, zum Aufenthalt im Freien in Anspruch zu nehmen und die Gründe, die dazu führten, ist ein schriftlicher Nachweis zu führen. eigene Bekleidung zu tragen. Es ist zu gewährleisten, daß gesicherte Gegenstände in ihrem ursprünglichen Zustand erhalten bleiben. Nur durch die Erhaltung ihres Originalzus wird, die Beweiskraft gewahrt. Sie müssen deshalb dementsprechend sachgemäß behandelt werden.

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