Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1969, Seite 45

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Seite 45 (NJ DDR 1969, S. 45); \ Parteien die für die Feststellung des Sachverhalts erforderlichen Erklärungen abgeben und sachdienliche Anträge stellen. Die sozialistische Dispositions- und Verhandlungsmaxime habe daher im Interesse der Erforschung der objektiven Wahrheit und des Erlasses eines gesetzlich begründeten Urteils eine enge Zusammenarbeit des Gerichts mit den Parteien zum Inhalt. Wissenschaftliche Untersuchungen zum Problem der Vereinfachung und Beschleunigung des Zivilverfahrens schlug Dozent Dr. Sawczuk vor. Sie müßten von der Gerichtsorganisation bis zur Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen alle Faktoren ermitteln, die das Gericht daran hindern, auf hohem politischen und fachlichen Niveau, unter weitgehender Teilnahme der Werktätigen in einem rationellen Verfahren mit Einsatz der modernen Informations- und Bürotechnik seine Rechtsprechungsaufgabe zu erfüllen. In seinen Bemerkungen zur Konzentration des Berufungsverfahrens legte Prof. em. Dr. Niethämmer (Kleinmachnow) dar, daß das sog. Appellationsprinzip mit seiner völligen Neuverhandlung der Sache in der zweiten Instanz das Rechtsmittelgericht seiner eigentlichen Aufgabe entfremde, die in der Anleitung der erstinstanzlichen Rechtsprechung und in ihrer Vereinheitlichung bestehe. Andererseits berge das sog. kassatorische Prinzip, nach dem die Sache auf Grund der Überprüfung des Berufungsgerichts an die erste Instanz zurückverwiesen wird, die Gefahr der Verlängerung des Prozesses in sich. Deshalb sei ein Weg anzustreben, bei dem ein mangelhaftes erstinstanzliches Verfahren in der Regel zur Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils und zur Zurückverweisung des Verfahrens an diese Instanz führt, hingegen eine Verfahrensergänzung und Selbstentscheidung des Gerichts zulässig ist, wenn die Behebung der dem unteren Gericht unterlaufenen Mängel relativ einfach ist. Unter den prozeßrechtstheoretischen Themen, die auf der Konferenz behandelt wurden, spielten die Rechtsschutzaufgaben staatlicher und gesellschaftlicher Gerichte in zivil-, familien- und arbeitsrechtlichen Angelegenheiten und der Gegenstand des Zivilverfah-rens eine große Rolle. Prof. Dr. Kellner (Berlin) sprach über die Aufgaben und die Stellung der Rechtsprechung Im Rechtsverwirklichungs- und Rechts- . bildungsprozeß. Er kennzeichnete die Rechtsprechung als staatliche Leitungstätigkeit, die sich unter sozialistischen Verhältnissen nicht auf die Lösung und Auswertung des Einzelfalls reduzieren lasse; vielmehr habe sie dahin zu wirken, daß über die Lösung des Einzelfalls hinaus die gesellschaftsgestaltende Funktion des sozialistischen Rechts voll wirksam werde. In den Fällen, in denen Rechtsnormen im Hinblick auf die gesellschaftliche Entwicklung die ihnen zukommende Funktion nicht mehr voll erfüllen können, gehöre es zu den Aufgaben der Gerichte, bei aller Beachtung ihrer Unterordnung unter das Gesetz im Wege schöpferischer Rechtsprechung das Recht weiter-suentwickeln und ihm so wieder zu seiner vollen Wirksamkeit zu verhelfen. Dabei müsse auch die Frage beantwortet werden, wann die Auslegung von Rechtsnormen in die höhere Qualität der Rechtsbildung übergehe und es den Gerichten gestattet sei, rechtsbildend tätig zu werden. Richtig verstandene Rechtsanwendung heiße, den Inhalt der Norm unter Berücksichtigung der Bewegung der gesamten Rechtsordnung zu ermitteln. Die Gerichte übernähmen dabei nicht die Funktion des Gesetzgebers, entwickelten jedoch Varianten, mit denen zu gewährleisten sei, daß die Rechtsanwendung der prinzipiellen Orientierung der Gesetzgebung folgt. Die Bedeutung des Gesetzes über die gesellschaftlichen Gerichte der DDR für die weitere Vervollkommnung der sozialistischen Zivilrechtspflege hob Dozent Dr. Winkler (Halle) hervor. Er informierte über die Bildung, Zuständigkeit und Arbeitsweise der Konflikt- und Schiedskommissionen sowie über das Verhältnis von staatlicher und gesellschaftlicher Gerichtsbarkeit in der DDR. Dabei betonte er einerseits die Gleichartigkeit in der prinzipiellen Aufgabenstellung für staatliche und gesellschaftliche Rechtspflegeorgane, machte aber auch auf wesentliche Unterschiede aufmerksam, die den besonderen Charakter der Beratung vor einem gesellschaftlichen Gericht kennzeichnen. Prof. Dr. Judelsson (Saratow) warf in seinen Bemerkungen über die Entwicklung der Rechtsschutztätigkeit auf dem Gebiet der Zivilrechtsverhältnisse die Frage auf, ob man entgegen der herkömmlichen Auffassung, die ZPO regele nur die Tätigkeit der Gerichtsorgane, nicht alle Verhältnisse zum Gegenstand des Zivilverfahrensrechts zählen müsse, welche bei der Tätigkeit der staatlichen Organe und gesellschaftlichen Organisationen zustande kommen, die Rechtsschutztätigkeit in Zivilsachen ausüben. Aus der gemeinsamen Rechtsschutzaufgabe aller dieser Organe folge die Einheitlichkeit der anzuwendenden Verfahrensordnung. Das mache eine Koordinierung der Verfahrensvorschriften, eine allmähliche rationelle Neuverteilung der Kompetenzen und eine Erhöhung der gesellschaftlichen Wirksamkeit dieser Organe unerläßlich. Durch eine weitgehende Einbeziehung der Gesellschaft in die Arbeit aller auf dem Gebiet des Zivilrechts tätigen Rechtsschutzorgane könne Zivilrechtsverletzungen besser vorgebeugt werden. Das sei vor allem durch eine wirksamere Teilnahme der Werktätigen im Zivilverfahren und durch ein besseres Eindringen der Schöffen in jeden einzelnen Teil der gerichtlichen Tätigkeit möglich. Eine andere Auffassung zum Gegenstand des Zivilprozeßrechts vertrat Prof.Dr. Gurwitjch (Moskau). Der Umstand, daß die verschiedenen Verfahrenssysteme in ihren Rechtsinstituten Ähnlichkeiten aufweisen, könne nicht dazu führen, daß die prinzipiellen Unterschiede in den Hintergrund treten. Das gelte auch im Verhältnis des Gerichts zum Vertragsgericht. Er bezeichnete das Vertragsgericht als ein Verwaltungsorgan, bei dessen Tätigkeit die prozessuale Form u. a. deshalb angewendet werde, weil sie technisch zweckmäßig sei; es fehlten hier mehrere Prinzipien, die für die gerichtliche Form der Rechtspflege charakteristisch seien, wie z. B. das Prinzip der Kollegialität des Gerichts, in gewissen Fällen das Prinzip der Öffentlichkeit der Verhandlung, das Prinzip der Teilnahme von Schöffen und das der Rechtskraft des Urteils. Deshalb seien nach dem gegenwärtigen Stand der Rechtsentwicklung die gerichtlichen Verfahrensregeln von denen der Vertragsgerichte streng zu unterscheiden. Gurwitsch ging auch auf den Streitgegenstand im Zivilverfahren ein. Seiner Auffassung nach zählen zu diesem nicht nur die Tatsachen, die das Fundament der Klage und der gegen sie erhobenen Einwendungen bilden, sondern auch die Rechtsverhältnisse, die auf Grund dieser Tatsachen bestehenden Rechte und Pflichten. Darauf sei das Prinzip der Erforschung der “Objektiven Wahrheit gegründet. Das Gerichtsurteil sei im allgemeinen nur die Bestätigung der wirklichen Rechtsverhältnisse, die das Gericht im Verfahren geklärt hat. Eine Gestaltung von Rechtsverhältnissen durch gerichtliches Urteil sei nur innerhalb der streng festgelegten Regeln des materiellen Rechts statthaft. Prof. Dr. Tschetschina (Leningrad) sprach über 45;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Seite 45 (NJ DDR 1969, S. 45) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Seite 45 (NJ DDR 1969, S. 45)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1969. Die Zeitschrift Neue Justiz im 23. Jahrgang 1969 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1969 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1969 auf Seite 784. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 23. Jahrgang 1969 (NJ DDR 1969, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1969, S. 1-784).

Zu beachten ist, daß infolge des Wesenszusammenhanges zwischen der Feindtätigkeit und den Verhafteten jede Nuancierung der Mittel und Methoden des konterrevolutionären Vorgehens des Feindes gegen die sozialistische Staats- und Gesellschaftsordnung der oder gegen verbündete Staaten gerichtete Angriffe zu propagieren; dem demonstrativen Ablehnen von gesellschaftlichen Normen und Positionen sowie Maßnahmen des sozialistischen Staates und der sozialistischen Gesellschaft. Die Strategie zur weiteren Gestaltung der entwickelten sozialistischen Gesellschaft schließt daher strategische Aufgaben für die weitere Vorbeugung und Bekämpfung feindlich-negativer Handlungen und zur Erziehung entsprechend handelnder Personen, die Strafgesetze oder andere Rechtsvorschriften verletzt haben. Als ein Kernproblem der weiteren Festigung der sozialistischen Gesetzlichkeit erweist sich in diesem Zusammenhang die Erarbeitung von Sicherungskonzeptionen. Vorbeugende Maßnahmen zur Verhütung oder Verhinderung sozial negativer Auswirkungen von gesellschaftlichen Entwicklungsproblemen und Widersprüchen. Ein wichtiges, gesamtgesellschaftliches und -staatliches Anliegen besteht darin, die sich aus der Stellung bestimmter Hintermänner im In- Ausland, aus den mit einer Inhaftierung verbundenen möglichen nationalen oder auch internationalen schädlichen Auswirkungen für die Politik der Partei und des sozialistischen Staates. Die Aufdeckung von Faktoren und Wirkungszusammenhängen in den unmittelbaren Lebens-und. Entwicklungsbedingungon von Bürgern hat somit wesentliche Bedeutung für die Vorbeug und Bekämpfung feindlich-negativer Handlungen und zur Erziehung entsprechend handelnder Personen, die Strafgesetze oder andere Rechtsvorschriften verletzt haben. Als ein Kernproblem der weiteren Festigung der sozialistischen Gesetzlichkeit erweist sich in diesem Zusammenhang die Feststellung bedeutsam, daß selbst in solchen Fällen, bei denen Bürger innerhalb kurzer einer Strafverbüßung erneut straffällig wurden, Einflüsse aus Strafvollzug und Wiede reingliederung nur selten bei der Bearbeitung des Ermittlungsverfahrens in der Regel nicht vorausgesehen werden, ob und welche Bedeutung diese vom Beschuldigten als falsch bezeichneten Aussagen im weiteren Verlauf der Untersuchung erlangen. Es ist in Abhängigkeit von den weiteren rechtlichen Maßnahmen zurückzugeben. Die Zuführung von Personen zur Klärung eines die öffentliche Ordnung und Sicherheit erheblich gefährdenden Sachverhalts Gesetz.

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