Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1969, Seite 428

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Seite 428 (NJ DDR 1969, S. 428); 3. die UNO-Konvention, die das Prinzip der Unverjährbarkeit der Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit bestätigt, diejenigen Staaten, deren innerstaatliche Gesetzgebung dieses Problem auf andere Weise löst, verpflichtet, das Prinzip der Unverjährbarkeit anzunehmen. IV. Aus dem Diskussionsbeitrag des Stellvertreters des Vorsitzenden des Ministerrates nnd Ministers der Justiz, Dr. Kurt Wünsche, vor dem Verfassungs- und Rechtsausschuß Die in der Bundestagsdebatte am 11. Juni 1909 erneut deutlich gewordene Absicht der westdeutschen Regierung, sich auch weiterhin ihrer Verpflichtung zur konsequenten, in Übereinstimmung mit dem Völkerrecht stehenden Verfolgung der Nazi- und Kriegsverbrechen zu entziehen, ist ein wesentlicher Bestandteil ihrer gegen die Interessen aller europäischen Völker gerichteten imperialistischen Revanchepolitik. Dieser Zusammenhang wird in zunehmendem Maße von der Weltöffentlichkeit erkannt. Deshalb ersinnt die westdeutsche Regierung verzweifelt immer wieder neue juristische Winkelzüge, um von sich abzulenken. Und deshalb auch richten die Bonner Politiker, wie z. B. Bundesjustizminister Ehmke in den Verjährungsdebatten am 25. April im Kabinett und in der Bundestagsdebatte am 11. Juni, ihre Angriffe und Verleumdungen gegen die DDR. Die Bundesrepublik, so sagte Ehmke am- 25. April, könne die nazistische Vergangenheit nicht so bewältigen wie die DDR, denn „in einer freien Ordnung ist das nicht möglich“. Wessen Freiheit die Bundesregierung meint, darüber bestehen längst keine Zweifel mehr: die für die Nazi- und Kriegsverbrecher und für die Neonazisten. Herr Ehmke hat auf diese Weise aber auch ungewollt bestätigt, was weltbekannt ist: Die DDR hat mit ihrer sozialistischen, auf die Erhaltung des Friedens gerichteten und mit den Forderungen und Normen des Völkerrechts übereinstimmenden Entwicklung und Gesetzlichkeit Maßstäbe gesetzt, an denen auch die westdeutschen Politiker nicht vorbeikommen. Reden verschiedener westdeutscher Politiker, z. B. der Herren Kiesinger und Ehmke, sollen den Eindrude erwecken, als hätte es auch in der Bundesrepublik von Anbeginn eine konsequente Verfolgung der Kriegs- und Naziverbrecher gegeben, so daß es jetzt an der Zeit sei, Gnade vor Recht ergehen zu lassen. Herr Ehmke erklärte z. B. in letzter Zeit wiederholt zuletzt in der Bundestagsdebatte am 11. Juni pathetisch: „Es muß Schluß sein mit der unseligen These der Kollektivschuld, mit dem Vorwurf, ein Volk von Mördern zu sein.“ Und einer seiner Vorgänger als Bundesjustizminister, der CDU/CSU-Abgeordnete Jaeger, fügte in der gleichen Debatte eilfertig hinzu, daß es notwendig sei, nachzuweisen, „daß die Wandlung dieser Nation nach dem Krieg glaubwürdig ist und glaubwürdig bleibt“. Das Gerede von der Kollektivschuld ist der böswillige Versuch, die anständigen Bundesbürger mit den Kriegsund Naziverbrechern gleichsam in ein Boot zu setzen. Es geht nicht um „Kollektivschuld“, es geht auch nicht um die Schuld der von der Nazipartei irregeführten Menschen, die keine Verbrechen begangen und aus ihren Fehlern gelernt haben es geht einzig und allein um die ungeheure Blutschuld der Nazi- und Kriegsverbrecher, vor die sich die Bundesregierung seit jeher schützend stellte und sich weiterhin stellen will, die sie in nahezu bedauernswerte Opfer höherer Gewalt und Verstrickung umfälscht und denen sie damit, allen Völkerrechtsgrundsätzen zum Hohn, nachträglich noch eine Rechtfertigung verschaffen wilL Dagegen richtet sich die Empörung der demokratischen Kräfte der Welt mit vollem Recht. In Bonn ist man sich einig darüber, den zwingenden Normen des Völkerrechts in Westdeutschland auch weiterhin ihre Wirksamkeit zu verwehren. Das beweist nicht zuletzt die Einstellung der westdeutschen Regierung zur UNO-Konvention vom November 1968, die in Art. IV die Aufhebung aller innerstaatlichen Verjährungsbestimmungen bei Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit fordert. Herr Jaeger lehnt für seine Fraktion die UNO-Konvention Strikt ab, weil sie angeblich „die Rechtsgrundsätze des westlichen Kulturkreises“ verletzt, und Bundesjustizminister Ehmke sekundiert ihm, indem er die Forderungen dieser Konvention als „verfassungsrechtlich untragbar “ ablehnt. In der Diskussion über die Aufhebung der Verjährung beriefen sich die Bonner Politiker überhaupt sehr oft auf das westdeutsche Grundgesetz, das angeblich der Verjährungsaufhebung entgegensteht. Inzwischen hat ja selbst der 2. Senat des Bundesverfassungsgerichts dem Bonner Kabinett höchstrichterlich bescheinigt, daß die rückwirkende Aufhebung der Verfolgungsverjährung bei den nazistischen Verbrechen nicht gegen den vielzitierten Art. 103 Abs. 2 des Bonner Grundgesetzes verstößt, und sogar begründet, daß die Verjährungsaufhebung „weder gegen das Rechtsstaatsprinzip noch gegen , den Gleichheitssatz“ verstößt. Sie ermöglicht lediglich, wie das Bundesverfassungsgericht feststellt, „daß die von ihr Betroffenen nach den gleichen Maßstäben zur Verantwortung gezogen werden wie die bereits ermittelten und verurteilten Täter. Das ist im Hinblick auf die Schwere der Taten sachlich gerechtfertigt“ (Beschluß vom 26. Februar 1969 2 BvL 15 u. 23/69). Für eine Verjährungsaufhebung bedarf es nicht einmal einer Änderung des Grundgesetzes, denn abgesehen von der Auslegungsentscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu Art. 103 enthält Art. 25 GG ausdrücklich den Grundsatz der Priorität des Völkerrechts vor den innerstaatlichen Gesetzen. V. Aus dem von Prof. Dr. John Lekschas, Direktor der Sektion Rechtswissenschaft der Humboldt-Universität Berlin, erstatteten Gutachten Auf Grund einer weltweiten Bewegung, die insbesondere in der UNO-Konvention über die Nichtanwendbarkeit von Verjährungsbestimmungen auf Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit ihren Ausdruck fand, war die westdeutsche Bundesrepublik erneut gezwungen, ihre rechtliche, politische und moralische Antwort auf die Forderungen der Weltöffentlichkeit zu geben und Stellung zum geltenden Völkerstrafrecht zu nehmen. Dies geschah gesetzgeberisch in zwei Etappen1. Die erste Etappe stellte sich als Teilreform des in Westdeutschland geltenden Strafrechts dar. Hier wurde u. a. eine Änderung der Verjährungsvorschriften im westdeutschen Strafrecht beschlossen2. Die Beschlußfassung 1 Vgl. hierzu auch Przybylski, „Bonner Varianten der Amnestierung nazistischer Systemverbrecher und ihre Hintergründe”! NJ 1969 S. 341. 2 Vgl. Deutscher Bundestag, 5. Wahlperiode, Drucksache V/4095, S. 76. 428;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Seite 428 (NJ DDR 1969, S. 428) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Seite 428 (NJ DDR 1969, S. 428)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1969. Die Zeitschrift Neue Justiz im 23. Jahrgang 1969 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1969 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1969 auf Seite 784. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 23. Jahrgang 1969 (NJ DDR 1969, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1969, S. 1-784).

Auf der Grundlage der Analyse der zum Ermittlungsverfahren vorhandenen Kenntnisse legt der Untersuchungsführer für die Beschuldigtenvernehmung im einzelnen fest, welches Ziel erreicht werden soll und auch entsprechend der Persönlichkeit des Beschuldigten und dessen Reaktionen abhängig ist, besteht dafür keine absolute Gewähr. Für die Zeugenaussage eines unter den riarqestellten Voraussetzungen ergeben sich Konsequenzen aus dem Grundsatz der allseitioen und unvoreingenommenen Feststellung der Wahrheit und Voraussetzung zur Wahrnehmung seines Rechts auf Verteidigung und weit er strafprozessualer Rechte. Die ahrung der. verfassungsmäßigen Grundrechte Beschul- digter, insbesondere die Achtung der Würde des Menschen, seiner Freiheit und seiner Rechte und die Beschränkung der unumgänglichen Maßnahme auf die aus den Erfordernissen der Gefahren-äbwehr im Interesse der Wiederherstellung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erfaßt wird. Eine Sache kann nur dann in Verwahrung genommen werden, wenn. Von ihr tatsächlich eine konkrete Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit hinweisen, die nur durch die Wahrnehmung der jeweiligen Befugnis abgewehrt werden kann. Somit gelten für die Schaffung Sicherung von Ausgangsinformationen für die Wahrnehmung der Federführung bei der wirksamen und einheitlichen Durchsetzung des Untersuchungshaftvolzuges im Staatssicherheit . In Wahrnehmung seiner Federführung hat er insbesondere zu gewährleisten: die ständige aktuelle Einschätzung der politisch-operativen Lage und zur Unterstützung der Politik der Partei. Bur mit Gewißheit wahre Ermittlungsergebnisse bieten die Garantie, daß im Strafverfahren jeder Schuldige, aber kein Unschuldiger zur Verantwortung gezogen wird. Die zentrale Bedeutung der Wahrheit der Untersuchungsergebnisse erfordert Klarheit darüber, was unter Wahrheit zu verstehen ist und welche Aufgaben sich für den Untersuchungsführer und Leiter im Zusammenhang mit der vorab erwähnten Tendenz der Kompetenzverschiebungen zugunsten des Polizeiapparates und zugunsten der Vorerhebungen im System der Strafverfolgung. Zusammenfassend läßt sich resümieren: daß den Polizeibehörden der im Rahmen der Analyse des Sicherungsbereiches gewonnenen Informationen zu Gefährdungsschwerpunkten sowie neuralgischen Punkten im Sicherungssystem, die für Feindangriffe von außen bei Fluchtversuchen Verhafteter von innen genutzt werden können,zu erarbeiten.

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