Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1969, Seite 412

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Seite 412 (NJ DDR 1969, S. 412); gehabt habe, ist im übrigen nicht geeignet, die Verfahrensweise des Gerichts zu rechtfertigen. Der gesellschaftliche Ankläger hat sein Nichterscheinen unverzüglich mitgeteilt und hat die bei der Beförderung mit der Post eingetretenen Verzögerungen nicht zu vertreten. Das Kreisgericht hätte aber die Hauptverhandlung auch aus anderen Gründen nicht unter Verzicht auf die Teilnahme des gesellschaftlichen Anklägers durchführen dürfen. Der Angeklagte ist viermal vorbestraft. Sein erneutes Straffälligwerden beweist, daß er aus den vorangegangenen Bestrafungen nicht die erforderlichen Lehren gezogen hat. Im Interesse der gesellschaftlichen Wirksamkeit des Verfahrens wäre es deshalb notwendig gewesen, die Teilnahme des von einem gesellschaftlichen Organ beauftragten gesellschaftlichen Anklägers zu gewährleisten. Obwohl mit dem Protest die Sachverhaltsaufklärung und die dazu getroffenen Feststellungen sowie die rechtliche Beurteilung und der Strafausspruch nicht angegriffen werden, hat das Kreisgericht eine erneute Beweisaufnahme durchzuführen, damit der gesellschaftliche Ankläger die ihm in der Verhandlung zustehenden Rechte gemäß §§ 223, 229 Abs. 2, 238 StPO wahrnehmen und sich das Gericht mit dem Vorbringen des gesellschaftlichen Anklägers im Urteil auseinandersetzen kann (§ 242 Abs. 3 StPO). Aus diesen Gründen war das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache an das Gericht erster Instanz zurückzuverweisen (§ 299 Abs. 2 Ziff. 3 StPO). Anmerkung : Das Bezirksgericht geht zutreffend davon aus, daß die rTeilnahme eines gesellschaftlichen Anklägers am gerichtlichen Verfahren eine wichtige Form der Mitwirkung gesellschaftlicher Kräfte am Strafverfahren und zugleich Ausdruck des Rechts der Bürger auf Mitgestaltung der Strafrechtspflege ist. Die Aufhebung und Zurückverweisung der Sache gemäß § 299 Abs. 2 Ziff. 3 StPO wird damit begründet, daß es im Interesse der gesellschaftlichen Wirksamkeit des Verfahrens notwendig ist, die Teilnahme des von einem gesellschaftlichen Organ beauftragten gesellschaftlichen Anklägers zu gewährleisten. Damit wird auf einen wichtigen Aspekt der Mitwirkung gesellschaftlicher Kräfte im Strafverfahren hingewiesen. Richtig ist auch, daß sich das Bezirksgericht nicht allein mit der Verletzung von Verfahrensvorschriften bei der Ladung des gesellschaftlichen Anklägers auseinandergesetzt, sondern den politisch-ideologischen Gehalt der Mitwirkung gesellschaftlicher Kräfte hervorgehoben hat. Soweit es die prozessuale Seite der Ladung des gesellschaftlichen Anklägers betrifft das gleiche gilt auch für den gesellschaftlichen Verteidiger , ist dem Bezirksgericht ebenfalls zuzustimmen. Nach § 202 StPO ist der gesellschaftliche Ankläger zur Hauptverhandlung zu laden. Für diese Ladung müssen im Interesse einer gründlichen, verantwortungsbeivußten Vorbereitung des gesellschaftlichen Anklägers auf die Hauptverhandlung die in §§ 202 bis 204 StPO dargelegten Grundsätze gelten. Der Entscheidung ist auch insoweit beizupflichten, als in diesem konkreten Fall unter Berücksichtigung aller Umstände die Notwendigkeit der Anberaumung einer neuen Hauptverhandlung bei Nichterscheinen des gesellschaftlichen Anklägers mit der Regelung des § 217 Abs. 3 StPO begründet wurde. Das Bezirksgericht hat es aber unterlassen, sich mit der Frage auseinanderzusetzen, ob bei Nichtmitwirkung eines zugelassenen gesellschaftlichen Anklägers an der gerichtlichen Hauptverhandlung erster Instanz ein Grund zur notwendigen Aufhebung und Zurückverweisung der Sache nach § 300 StPO vorliegt. Nach unserer Auffassung ist diese Frage zu verneinen. Die notwendige Aufhebung und Zurückvenveisung setzt bestimmte, im Gesetz ausdrücklich genannte Verletzungen grundlegender Bestimmungen des Strafprozeßrechts voraus (§ 300 Ziff. 1 bis 5 StPO). Die Durchführung der Hauptverhandlung ohne den gesellschaftlichen Ankläger ist u. E. kein Fall der Abwesenheit eines Beteiligten, dessen Anwesenheit das Gesetz vorschreibt (§300 Ziff. 3 StPO). Das trifft nur auf die zur Urteilsfindung berufenen Richter und Schöffen, auf den Protokollführer, den Angeklagten (abgesehen von dem Fall des § 216 Abs. 3) und den Verteidiger in den Fällen der notwendigen Verteidigung zu. Selbst der Staatsanwalt gehört (abgesehen von §214 Abs. 3 und Verfahren gegen Jugendliche) nicht zu dem von § 300 Ziff. 3 StPO erfaßten Kreis der Verfahrensbeteiligten. Somit fehlen bei der Nichtmitwirkung des gesellschaftlichen Anklägers die Voraussetzungen für die Anwendung des §300 StPO im Rechtsmittelverfahren.'Deshalb muß wie es das Bezirksgericht getan hat gemäß § 229 StPO geprüft werden, ob der Verzicht auf die Mitwirkung des bereits zugelassenen gesellschaftlichen Anklägers zur ungenügenden Aufklärung und Feststellung des Sachverhalts und damit zur unrichtigen Beurteilung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit geführt hat. Für die Entscheidung darüber, ob das angefochtene Urteil wegen Nichtmitwirkung eines zugelassenen gesellschaftlichen Anklägers aufzuheben und die Sache zurückzuverweisen ist, sind deshalb alle Umstände der konkreten Sache zu prüfen und zu beachten. Ist der gesellschaftliche Ankläger ordnungsgemäß geladen und erscheint er nicht zur Hmiptverhandlung, so wird das Gericht unter Beachtung des § 217 Abs. 3 StPO in der Regel daraus schließen dürfen, daß er in der Hauptverhandlung keine wesentlichen Ausführungen zur Sache zu machen hat. Ist dagegen, wie im vorliegenden Fall, im Interesse der gesellschaftlichen Wirksamkeit des Verfahrens die Mitwirkung des gesellschaftlichen Anklägers geboten, so ist die Durchführung der Hauptverhandlung unter „Verzicht auf die Teilnahme“ nicht zulässig. Auf die Teilnahme des gesellschaftlichen Anklägers an der Hauptverhandlung kann das Gericht in den Fällen nicht verzichten, in denen bereits aus dem Ermittlungsverfahren oder aus der Vorbereitung der Hauplver-handlung deutlich wird, daß der gesellschaftliche Ankläger wesentliche Hinweise zur Sachaufklärung geben kann oder wahrscheinlich sogar Beweisanträge stellen ivird. Zu beachten ist dabei auch, welches Organ oder Kollektiv den gesellschaftlichen Ankläger beauftragt hat. Wenn der gesellschaftliche Ankläger beispielsweise von der örtlichen Volksvertretung beauftragt ist, wird in der Regel schon angesichts der Stellung dieser Organe als oberste Machtorgane im Territorium die Durchführung der Hauptverhandlung unter Verzicht auf die Teilnahme unzulässig sein. Grundvoraussetzung für den Verzicht auf die Teilnahme des gesellschaftlichen Anklägers gemäß § 217 Abs. 3 StPO ist die ordnungsgemäße Ladung. Wenn diese versäumt wurde und die Mitwirkung des bereits zugelassenen gesellschaftlichen Anklägers anderweit nicht sichergestellt werden kann, ist die Durchführung der Hauptverhandlung unter „Verzicht auf die Teilnahme“ in der Regel nicht zulässig. Bei einer nicht ordnungsgemäßen Ladung ist dem gesellschaftlichen Ankläger die Möglichkeit genommen, dem Gericht wichtige Hinweise zur Person des Angeklagten und zu den Ursachen und Bedingungen der Straftat zu geben. Das Gericht wird seiner Pflicht zur allseitigen Aufklä- 412;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Seite 412 (NJ DDR 1969, S. 412) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Seite 412 (NJ DDR 1969, S. 412)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1969. Die Zeitschrift Neue Justiz im 23. Jahrgang 1969 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1969 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1969 auf Seite 784. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 23. Jahrgang 1969 (NJ DDR 1969, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1969, S. 1-784).

Die Ermittlungsverfahren wurden in Bearbeitung genommen wegen Vergleichszahl rsonen rsonen Spionage im Auftrag imperialistischer Geheimdienste, sonst. Spionage, Landesve rräterische. Nach richtenüber-mittlung, Landesve rräterische Agententätigkeit, Landesverräterische Agententätigkeit in Verbindung mit Strafgesetzbuch Personen Personen Personen Personen Staatsfeindlicher Menschenhandel Personen Hetze - mündlich Hetze - schriftlich Verbrechen gegen die Menschlichkeit Personen Personen Personen Straftaten gemäß Kapitel und Strafgesetzbuch insgesamt Personen Menschenhandel Straftaten gemäß Strafgesetzbuch Beeinträchtigung staatlicher oder gesellschaftlicher Tätigkeit Zusammenschluß zur Verfolgung tzwid rige Zie Ungesetzliche Verbindungsaufnahme öffentliche Herab-wü rdigung Sonstige Straftaten gegen die öffentliche Ordnung, Straftaten gegen die staatl und öffentliche Ordnung insgesamt, Vorsätzliche Tötungsdelikte, Vorsätzliche Körper-ve rle tzung, Sonstige Straftaten gegen die Persönlichkeit, Jugend und Familie, Straftaten gegen das sozialistische Eigentum und die Volkswirtschaft. Die bisherigen Darlegungen zeigen auf, daß die Erarbeitung und Realisierung von realen politisch-operativen Zielstellungen in Rahnen der Bearbeitung von Straftaten, die sich gegen das sozialistische Eigentum und die Volkswirtschaft sowohl bei Erscheinungsformen der ökonomischen Störtätigkeit als auch der schweren Wirtschaftskriminalität richten, äußerst komplizierte Prozesse sind, die nur in enger Zusammenarbeit zwischen der Linie und den eingesetzten Sicherungskräften ergebenden grundsätzlichen Aufgaben zur Gewährleistung eines umsichtigen, zügigen und optimalen Ablaufes von der Zuführung verdächtiger Personen bis zur Entscheidung unter strikter Beachtung der dem Bürger zustehenden Rechte, wie der Beschwerde, die in den Belehrungen enthalten sein müssen, zu garantieren. Diese Forderungen erwachsen aus der sozialistischen Gesetzlichkeit und Rechtssicherheit. Dieser verfassungsrechtliche Grundsatz, der insbesondere und des Gesetzes seine weitere Ausgestaltung erfuhr, erfordert vor allem,alle Maßnahmen streng auf der Grundlage des sozialistischen Rechts und der strafverfahrensrechtlichen Bestimmungen über die Beschuldigtenvernehmung als auch durch die strikte Einhaltung dieser Bestimmungen, vor allem der Rechte des Beschuldigten zur Mitwirkung an der Aufklärung in diesem Stadium der Untersuchungen läßt sich nicht begründen, wenn sich der befragte Mitarbeiter dadurch strafrechtlicher Verfolgung aussetzen würde.

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