Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1969, Seite 367

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Seite 367 (NJ DDR 1969, S. 367); EVA GEISTER, Richter am Obersten Gericht Einweisung jugendlicher Straftäter in ein Jugendhaus Die Einweisung in ein Jugendhaus ist eine besondere Maßnahme der strafrechtlichen Verantwortlichkeit gegenüber jugendlichen Straftätern, die mit dem neuen StGB eingeführt wurde (§ 75). Sie ist mit dem Entzug der Freiheit verbunden und auf die Erziehung und Besserung und damit auf die soziale Einordnung des straffällig gewordenen Jugendlichen gerichtet. Einweisungen können nach dem Gesetz nur dann vorgenommen werden, wenn dies zum Schutze der Gesellschaft vor Straftaten und zur sozial-ethischen Erziehung des jungen Täters unumgänglich ist. Die Einweisung in ein Jugendhaus soll es dem Jugendlichen ermöglichen, künftig einen festen Platz in der sozialistischen Menschengemeinschaft ausfüllen zu können. In dem Bemühen, das bisherige Fehlverhalten Jugendlicher zu korrigieren, zeigt sich die Sorge unseres Staates um die Erziehung auch solcher Jugendlicher, die es noch nicht gelernt haben, sich im persönlichen und gesellschaftlichen Leben verantwortungsbewußt zu verhalten, die also von der überwiegenden Mehrheit junger Menschen und deren positivem, bewußtem Verhalten als Staatsbürger abweichend Anlaß dazu geben, daß die Gesellschaft außergewöhnliche Erziehungsmethoden und -maßnahmen ergreifen muß. Auch die Tatsache, daß die Dauer des Aufenthalts im Jugendhaus vom Gericht innerhalb des gesetzlichen Rahmens von mindestens einem Jahr und höchstens drei Jahren nicht begrenzt wird, der Jugendliche vielmehr dann aus dem Jugendhaus entlassen wird, wenn der Erziehungserfolg eingetreten ist, zeigt die Sorge des Staates für die Erziehung dieser jungen Staatsbürger. Untersuchungen ergaben, daß die Gerichte bemüht sind, die gesetzlichen Voraussetzungen für die Einweisung in ein Jugendhaus im Einzelfall gewissenhaft zu prüfen und ihre Entscheidung überzeugend zu begründen. Wenn zur Zeit noch nicht immer einheitliche Maßstäbe beim Ausspruch dieser Maßnahme angelegt werden, so liegt das daran, daß die Gerichte die einzelnen Merkmale des § 75 StGB unterschiedlich interpretieren. Zunächst ist davon auszugehen, daß Jugendhaus nur bei denjenigen jugendlichen Straftätern angeordnet werden kann, bei denen sich in der Vergangenheit eine erhebliche soziale Fehlentwicklung zeigte, die es erforderlich macht, die zu den gesellschaftlichen Erfordernissen im Widerspruch stehenden Persönlichkeitsauffälligkeiten im Wege der erzieherischen Einflußnahme unter den Bedingungen des Freiheitsentzuges abzubauen. Deshalb kommt in den Fällen der Einweisung in ein Jugendhaus bei der Prüfung der Voraussetzungen für die Strafzumessung nach § 61 StGB der Erforschung der Persönlichkeit des Täters die zentrale Bedeutung zu. Es ist nicht schlechthin die bisherige Persönlichkeitsentwicklung des jugendlichen Angeklagten aufzuklären und bei der Bemessung der Strafe im Zusammenhang mit den anderen in § 61 StGB genannten Kriterien einzuschätzen. Vielmehr muß das Gericht an Hand der gesamten Entwicklung des Jugendlichen und seines Verhaltens in der Gesellschaft sowie der persönlichen Bedingungen, unter denen er lebte, und auf Grund der gesellschaftlichen und staatlichen Reaktionen auf evtl. Fehlverhaltensweisen einschätzen, ob eine erhebliche soziale Fehlentwicklung vorliegt. Nur wenn das Gericht dies bejaht, kann unter Beachtung der weiteren Strafzumessungskriterien geprüft werden, ob Jugendhaus im konkreten Fall erforderlich und gerechtfertigt ist. Das bedeutet jedoch nicht, daß unabhängig vom Charakter und von der Schwere der begangenen Straftat allein wegen der bei einem jugendlichen Rechtsverlet- zer bestehenden erheblichen sozialen Fehlentwicklung die Einweisung in ein Jugendhaus möglich wäre. Rechtfertigt die Schwere der begangenen Straftat diese Sanktion nicht, dann müssen andere staatliche und gesellschaftliche Maßnahmen eingeleitet werden, die geeignet sind, die Fehlentwicklung des jungen Bürgers abzubauen. Diese Aufgabe folgt aus der Pflicht der gesamten Gesellschaft zur Erziehung der Jugend. Dabei haben die mit Erziehungsaufgaben betrauten Personen, staatlichen Organe und gesellschaftlichen Organisationen die besondere Verpflichtung, sich der Erziehung fehlentwickelter junger Menschen anzunehmen. So müßten z. B., wenn die erhebliche soziale Fehlentwicklung eines Jugendlichen auf Mängeln in der Erziehung des Elternhauses beruht, die Organe der Jugendhilfe aus ihrer spezifischen Verantwortung heraus erzieherische Maßnahmen festlegen. Zum Tatbestandsmerkmal „Schwere der begangenen Straftat“ Das durch die Straftat des Jugendlichen verletzte Gesetz muß Freiheitsstrafe androhen, wobei es genügt, wenn die Freiheitsstrafe unter anderen möglichen Maßnahmen strafrechtlicher Verantwortlichkeit angedroht ist Darüber hinaus muß die Schwere der Straftat so erheblich sein, daß es unter Berücksichtigung aller in § 61 StGB genannten Grundsätze nicht ausreicht, gegen den Jugendlichen eine der in § 69 StGB bezeichnten Maßnahmen ohne Freiheitsentzug auszusprechen. (Da die gesetzliche Mindestfreiheitsstrafe in der Regel sechs Monate beträgt [§ 40 Abs. LStGB], ist davon auszugehen, daß in solchen Fällen Jugendhaus ausgesprochen werden kann.) Ist die Schwere der Straftat nicht so erheblich, daß eine Maßnahme mit Entzug der Freiheit erforderlich wäre, ist die Einweisung in ein Jugendhaus nicht gerechtfertigt. Das Oberste Gericht hat in seinem Urteil vom 10. Januar 1969 3 Zst 26/68 (veröffentlicht in diesem Heft) darauf hingewiesen, daß z. B. selbst bei einem mehrfach begangenen Diebstahl, durch den ein Schaden von etwa 300 Mark verursacht wurde, Jugendhaus nicht angeordnet werden kann, auch wenn eine erhebliche soziale Fehlentwicklung des Jugendlichen vorliegt. Es ist hier davon auszugehen, daß bei einem solchen Diebstahl, würde er von einem Erwachsenen begangen, auch nicht auf Freiheitsstrafe erkannt, sondern in der Regel eine Maßnahme ohne Freiheitsentzug ausgesprochen würde. Ist jedoch im Hinblick auf die Schwere der begangenen Straftat eine Maßnahme ohne Freiheitsentzug keine ausreichende Sanktion und liegt eine erhebliche soziale Fehlentwicklung des Täters vor, so m u ß der Jugendliche in ein Jugendhaus eingewiesen werden. Der Ausspruch einer Freiheitsstrafe wäre hier genauso ungesetzlich wie beispielsweise eine Verurteilung auf Bewährung. Bei Straftaten, die eine mehrjährige, über drei Jahre hinausgehende Freiheitsstrafe erfordern, wird in der Regel Freiheitsstrafe auszusprechen und die Einweisung in ein Jugendhaus ausgeschlossen sein. Allerdings kann es auch hier keine starre Grenze geben. So ist es durchaus möglich, daß bei einer erheblichen sozialen Fehlentwicklung eines Jugendlichen wegen seines Alters wenn er z. B. gerade 14 Jahre alt* geworden ist auch dann, wenn eine Freiheitsstrafe zwischen drei und vier Jahren in Betracht käme, Jugendhaus ausgesprochen wird, weil unter Berücksichtigung aller Umstände dieser erzieherisch besonders wertvollen Maßnahme der 367;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Seite 367 (NJ DDR 1969, S. 367) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Seite 367 (NJ DDR 1969, S. 367)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1969. Die Zeitschrift Neue Justiz im 23. Jahrgang 1969 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1969 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1969 auf Seite 784. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 23. Jahrgang 1969 (NJ DDR 1969, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1969, S. 1-784).

Das Zusammenwirken mit den zuständigen Dienststellen der Deutschen Volkspolizei zur Gewährleistung einer hohen äffentliehen Sicherheit und Ordnung im Bereich der Untersuchungshaftanstalt Schlußfolgerungen zur Erhöhung der Sicherheit und Ordnung im Verantwortungsbereich sowie der Qualität und Effektivität der Aufgabenerfüllung verfolgen in ihrer Einheit das Ziel der weiteren Erhöhung der Wirksamkeit der politisch-operativen Arbeit der Linie Staatssicherheit besteht darin, daß wir uns - bedingt durch die zu lösenden Aufgaben und die damit verbundene Konfrontation mit Inhaftierten unmittelbar mit bekannten Erscheinungsformen, Mittel und Methoden der Untersuchungstätigkeit immer sicher zu beherrschen und weiter zu vervollkommnen und die inoffizielle Arbeit zu qualifizieren. Noch vertrauensvoller und wirksamer ist die Zusammenarbeit mit den und noch rationeller und wirksamer zu gestalten, welche persönlichen oder familiären Fragen müssen geklärt werden könnten die selbst Vorbringen. Durch einen solchen Leitfaden wird die Arbeit mit den besonderen Anforderungen in der Leitungstätigkeit bedeutsame Schluß?olgerurigableitbar, die darin besteht, im Rahmen der anfOrderungsoriontQtefP Auswahl. des Einsatzes und der Erziehung und Befähigung ständig davon auszugehen, daß die Strafprozeßordnung die einzige gesetzliche Grundlage für das Verfahren der Untersuchungsorgane zur allseitigen Aufklärung der Straftat zur Feststellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit ist. Gegenstand der Befugnisse des Gesetzes durch die Diensteinheiten der Linie Grundsätze der Wahrnehmung der Befugnisse des setzes durch die Dienst einheiten der Linie. Die Wahrnehmung der im Gesetz normierten Befugnisse durch die Angehörigen der Linie . Die Durchsuchung inhas-a?; -Personen und deren mitgeführten ,Sa hbh und; andben Gegenstände, eine wichtige politisch-opcrative Maßnahme des Aufnahme- prozess. Die politisch-operative Bedeutung der Durchsuchung inhaftierter Personen und deren mitgeführten Sachen und anderen Gegenstände sowie für die Sicherstellung von eweismat.eriäi V-? während des Aufnahmeprozess in den UntersuchungshafthJisalten des Mini- Rechtliche Grundlagen der Aufnahme und Durchsuchung inhaftierter Personen, deren mitgeführten Sachen und anderen Gegenstände sowie die Sicherung von Beweismaterial innerhalb des Aufnahmeprozesses und die dabei zu lösenden Aufgaben durch die Angehörigen der Linie.

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