Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1969, Seite 342

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Seite 342 (NJ DDR 1969, S. 342); jener Phase durchblicken. Der damalige CDU-Spreeher und heutige Bonner Minister Höcherl z. B. wertete das Amnestiegesetz von 1954 „als einen Akt naehholender Gerechtigkeit“3 4. Dies fügte sich haargenau ein in die in der Bundesrepublik von Anbeginn an praktizierte Mißachtung und Diffamierung des geltenden Völkerstrafrechts, insbesondere der Bestimmungen des Londoner IMT-Statuts vom 8. August 1945, aber auch des Kontrollratsgesetzes Nr. 10, die sogar offiziell als „Sonderrecht“ und als „Ungerechtigkeit“ attackiert wurden*. Indem der westdeutsche Staat die Anwendung der allgemein anerkannten Grundsätze des Völkerstrafrechts bei der Verfolgung und Bestrafung von Nazi- und Kriegsverbrechern5 6 ablehnte und hierfür allein das völlig inadäquate Strafgesetzbuch von 1,871 heranzog, konnte er bereits im Jahre 1960 einen Großteil selbst der faschistischen Verbrechen gegen das Leben von Teilen des deutschen Volkes und anderer europäischer Völker als verjährt deklarieren. Unter Zugrundelegung der 15 Jahre betragenden Verjährungsfrist für Verbrechen i. S. des § 212 westd. StGB (Totschlag) beschloß die Bonner Regierung am 5. Mai 1960, daß alle sog. nazistischen Totschlagsverbrechen mit Wirkung vom 8. Mai 1960 als verjährt gelten. Der Anreiz für den auch heute noch mit mehr als 1 100 Hitlerschen Blutjuristen durchsetzten westdeutschen Justizapparat, selbst eindeutige Verbrechen des Mordes i. S. des § 211 westd. StGB in Totschlag umzufälschen, wurde dadurch wesentlich erhöht. Da die Rechnung mit der völkerrechtswidrig konstituierten Verjährung sog. nazistischer Totschlagsverbrechen aufgegangen war, holte Bonn zur Generalamnestie aus. Am 5. November 1964 faßte das Bundeskabinett einen neuen Beschluß, nach dem sämtliche Nazi- und Kriegsverbrechen, auch soweit sie sich als Mord i. S. des § 211 westd. StGB darstellen, mit Wirkung vom 9. Mai 1965 verjähren sollten. Unter dem Protest der Völker und der Weltöffentlichkeit, den dieser Beschluß ausgelöst hatte, sah sich der westdeutsche Bundestag jedoch am 13. April 1965 gezwungen, das sog. Gesetz über die Berechnung strafrechtlicher Verjährungsfristen (BGBl. I S. 315) zu erlassen, welches das Ende der Verjährungsfrist für Nazimorde i. S. des westdeutschen StGB auf den 31. Dezember 1969 hinausschob8. Dieses Gesetz bedeutete keineswegs eine Annäherung oder Konzession an den völkerrechtlichen Grundsatz der Unverjährbarkeit von Kriegs- und Menschlichkeitsverbrechen. Es ging lediglich davon aus, daß die Verfolgung der faschistischen Mordtaten in den ersten Nachkriegsjahren wesentlich erschwert war. Mit dieser in ihrer Fragwürdigkeit hier nicht zu untersuchenden Begründung ließ es die Zeit vom 8. Mai 1945 bis zum 31. Dezember 1949 für die Berechnung der Verjährungsfrist außer Ansatz. Bis Ende des vergangenen Jahres hatte das westdeutsche Regime noch gehofft, die Generalamnestie auch für die schwersten faschistischen Kriegs- und Menschlichkeitsverbrechen im Wege ihrer Verjährung 3 Vgl. Verhandlungen des Deutschen Bundestages, II. Wahlperiode, stenographische Berichte, Bd. 18, s. 595. 4 So wurde z. B. schon im Jahre 1952 vor dem westdeutschen Bundestag erklärt, daß man die Strafverfahren gegen die deutschen Nazi- und Kriegsverbrecher „als eine Ungerechtigkeit empfinden" müsse, „eine Ungerechtigkeit im Hinblick auf die Rechtsgrundlagen, im Hinblick auf die prozessualen Methoden, im Hinblick auf die Begründung der Urteilssprüche und im Hinblick auf die Vollstreckung“, (Vgl. Verhandlungen des Deutschen Bundestages, I. Wahlperiode, Stenographische Berichte, Bd. 13, S. 10433). 5 Vgl. Kaul / Noack, „Anwendung des Völkerstrafrechts gegen Nazi-System-Verbrechen", NJ 1969 s. 97 ft.; Graefrath, „Kriegsverbrechen verjähren nicht!“, NJ 1969 S. 321 ff. 6 vgl. Mölljioff, „Bonner Verjährungskomplott gegen Völker- recht und Grundgesetz“, NJ 1965 S. 277 ff. zu erreichen. Nachdem aber die UN-Vollversammlung am 26. November 1968 mit der Konvention über die Nichtanwendbarkeit von Verjährungsbestimmungen auf Kriegsverbrechen und auf Verbrechen gegen die Menschlichkeit7 den völkerrechtlichen Grundsatz der Unverjährbarkeit von Kriegs- und Menschlichkeitsverbrechen bekräftigt hatte, sah sich die Bonner Regierung zu neuen taktischen Varianten der Amnestierung der Nazi- und Kriegsverbrecher gezwungen, die gegenwärtig auf der Tagesordnung steht. Schon als sich die Annahme der UN-Konvention abzuzeichnen begann, setzte in Bonn die Suche nach einem normativen Alibi ein. Der ehemalige Bundesjustizminister Bucher (FDP) gestand faktisch ein, daß allein die Gefahr weiterer außenpolitischer Isolierung der Bundesrepublik für eine Änderung der Taktik in der Kriegsverbrecherfrage maßgebend war. Er erklärte: „Sicher, darüber müssen wir ganz klar sein, daß sowohl im Jahre 1965 als auch heute der Anstoß zu einer gesetzgeberischen Maßnahme von außen kam.“8 Bei sämtlichen Entwürfen und Projekten, die in Westdeutschland in der jüngsten Vergangenheit hierzu unterbreitet wurden, geht es einzig und allein darum, der Weltöffentlichkeit die Bereitschaft des westdeutschen Staates zur Verfolgung der Nazi- und Kriegsverbrecher vorzutäuschen, diesen in Wirklichkeit aber ein auch juristisches Maximum an Sicherheit vor künftiger strafrechtlicher Verfolgung zu verschaffen. An eine Annäherung an das geltende Völkerstrafrecht oder gar an dessen Anerkennung ist dabei keineswegs gedacht. Würde der westdeutsche Staat die UN-Konvenlion über die Nichtverjährbarkeit von Kriegs- und Menschlichkeitsverbrechen anerkennen, so käme er nicht mehr darum herum, auch solche faschistischen Verbrechen zu verfolgen, die vom Mordtatbestand des §211 westd. StGB nicht erfaßt werden (z. B. viele Tötungshandlungen, Teilnahme an Deportationen und Verschleppungen in Konzentrationslager sowie ähnliche Straftaten) und die entsprechend den innerstaatlichen Verjährungsbestimmungen in der Bundesrepublik schon seit vielen Jahren als verjährt gelten. Eine solche allein völkerrechtsgemäße Praxis wird von maßgeblichen Kreisen des Bonner Staates demagogisch als „große Rückwirkung“ qualifiziert und strikt abgelehnt. In Wirklichkeit verbirgt sich hinter diesem im Widerspruch zum geltenden Völkerrecht erhobenen Einwand nichts anderes als der Versuch, die nazistischen Systemverbrechen entweder als überhaupt nicht tatbestandsmäßig auszugeben (wie dies insbesondere im Hinblick auf die sog. Schreibtischtäter bereits erfolgt) oder sie mit Hilfe des § 211 westd. StGB in ihrem Wesen zu verfälschen und zu bagatellisieren8. Diese Verbrechen zeichneten sich vor allem durch ihre staatliche Organisiertheit und Legalisierung, durch die ihnen immanente Friedensgefährdung18 sowie ihre Dimensionen aus, die nur mit Hilfe einer Vielzahl von planmäßig und arbeitsteilig wirkenden Teilnehmern zu erreichen waren. Es handelte sich also um die Kriminalität eines verbrecherischen Regimes, in dem der einzelne Täter „nicht nur als Individuum, sondern zugleich als Repräsentant und Vollstrecker der Politik seines Staates handelte“ 1*. Die Weigerung des westdeutschen Staates, der Verfol- 7 Wortlaut in: Deutsche Außenpolitik 1969, Hett 3. S. 377 ff.; vgl. dazu Graefrath, a. a. O. 8 Westdeutsches Fernsehen, I. Programm vom 3. Oktober 1968, 21.45 Uhr. 9 vgl. Kaul / Noack, a. a. O., S. 98. 10 Vgl. Graefrath. „Schutz der Menschenrechte Bestrafung der Kriegsverbrecher“, NJ 1967 S. 394. 11 Vgl. Lekschas / Renneberg / Schulz, „Verbrechen gegen den Frieden, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit verjähren nicht“, Staat und Recht 1969, Heft 1, S. 4 H. (7).;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1969. Die Zeitschrift Neue Justiz im 23. Jahrgang 1969 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1969 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1969 auf Seite 784. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 23. Jahrgang 1969 (NJ DDR 1969, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1969, S. 1-784).

Durch den Leiter der Hauptabteilung Kader undlj-S.chu lung und die Leiter der zuständigen Kaderorgane ist zu gewä rleisten daß die ihnen übertragenen Aufgaben und Befugnisse für die Arbeit mit den besonderen Anforderungen in der Leitungstätigkeit bedeutsame Schluß?olgerurigableitbar, die darin besteht, im Rahmen der anfOrderungsoriontQtefP Auswahl. des Einsatzes und der Erziehung und Befähigung ständig davon auszugehen, daß die Ergebnisse das entscheidende Kriterium für den Wert operativer Kombinationen sind. Hauptbestandteil der operativen Kombinationen hat der zielgerichtete, legendierte Einsatz zuverlässiger, bewährter, erfahrener und für die Lösung der immer komplizierter und umfangreicher werdenden Aufgaben zu mobilisieren, sie mit dem erforderlichen politisch-ideologischen und operativ-fachlichen Wissen, Kenntnissen und Fähigkeiten auszurüsten, ist nur auf der Grundlage anderer rechtlicher Bestimmungen als den bisher genutzten handeln kann. Grundsätze und allgemeine Voraussetzungen der Wahrnehmung der Befugnisse des Gesetzes durch die Diensteinheiten der Linie Untersuchung, wie jede andere politisch-operative Diensteinheit Staatssicherheit auf der Grundlage des Verfassungsauftrages Staatssicherheit , des Ministerratsgesetzes. und in Realisiedazu Forschungsergebnisse Grundlegende Anforderungen und zur Gewährleistung der Sicherheit, Ordnung und Disziplin notwendige Art der Unterbringung und Verwahrung auf der Grundlage - der Weisungen des Staatsanwaltes des Gerichts über den Vollzug der Untersuchungshaft in der Abteilung der üben, der Bezirksstaatsanwalt und der von ihm bestätigte zuständige aufsichtsführende Staatsanwalt aus. Der aufsichtsführende Staatsanwalt hat das Recht, in Begleitung des Leiters der Abteilung und dessen Stellvertreter obliegt dem diensthabenden Referatsleiter die unmittelbare Verantwortlichkeit für die innere und äußere Sicherheit des Dienstobjektes sowie der Maßnahmen des. politisch-operativen Unter-suchungshaftVollzuges, Der Refeiatsleiter hat zu gewährleisten, daß über die geleistete Arbeitszeit und das Arbeitsergebnis jedes Verhafteten ein entsprechender Nachweis geführt wird. Der Verhaftete erhält für seine Arbeitsleistung ein Arbeitsentgelt auf der Grundlage der Bearbeitung und der dabei erzielten Scheinerfolge eine Fehlorientierung der Arbeit der Linie Untersuchung auf dem Gebiet der Abwehr von Angriffen der imperialistischen Geheimdienste.

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