Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1969, Seite 338

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Seite 338 (NJ DDR 1969, S. 338);  oder Erscheinungen. So kann es z. B. jemandem gleichgültig sein, ob er ein grünes oder ein blaues Hemd trägt oder ob die Fußballmannschaft seiner Stadt Spiele gewinnt oder nicht. In diesen Fällen resultieren aus dem Zustand der Gleichgültigkeit Äußerungen oder Handlungen, die gesellschaftlich im wesentlichen bedeutungslos sind. Erstreckt sich die Gleichgültigkeit aber auf Situationen und Vorgänge, die eine Einhaltung bestimmter gesellschaftlich notwendiger und gesetzlich fixierter Verhaltensnormen verlangen, und werden diese Verantwortung begründende Rechtsnormen infolge der Gleichgültigkeit verletzt, so ist das Merkmal der verantwortungslosen Gleichgültigkeit gegeben. Den Bezug zu konkreten Pflichten stellt auch Hinde-r e r in den Mittelpunkt seiner Definition der Verantwortungslosigkeit. Danach gilt eine Entscheidung dann als verantwortungslos, „wenn der Täter die für ihn maßgebenden gesellschaftlichen und beruflichen Pflichten derart verletzt hat, daß er sich in einer moralisch und rechtlich zu mißbilligenden Weise trotz der ihm bei gehöriger Anspannung seiner physischen und psychischen Kräfte und Fähigkeiten möglichen verantwortungsbewußten und pflichtgemäßen Entscheidung zu der als Straftat zu beurteilenden Handlung entschieden hat“7. Es erscheint insofern gerechtfertigt, die verantwortungslose Gleichgültigkeit als diejenige Form der Gleichgültigkeit zu bezeichnen, welche sich auf gesellschaftliche Anforderungen und Pflichten richtet und strafrechtliche Verantwortlichkeit begründen kann. Danach erhebt sich die Frage, ob die eingangs genannte Indifferenz der Einstellung gegenüber mehreren, hinsichtlich der Pflichterfüllung ungleichen Handlungsmöglichkeiten, denen subjektiv gleiche Bedeutung beigemessen wird, das zentrale Kriterium der Gleichgültigkeit darstellt. In diesem Sinne erscheint der Begriff der Gleichgültigkeit durchaus anwendbar, wenn vor allem die besondere Zielrichtung der Gleichgültigkeit richtig bestimmt wird. In ihrer Funktion als Tatbestandsmerkmal kommt die Gleichgültigkeit nicht in einer sozial negativen Beziehung zu einzelnen konkreten Anforderungen und Pflichten in der Unfallsituation zum Ausdruck, sondern in Beziehung zu der jeweiligen Situation im ganzen bzw. bereits zu den vorgelagerten Bedingungen. Würde sie sich auf die konkrete Alternativsituation beziehen, so wäre der Tatbestand einer bewußten Pflichtverletzung nach §§ 7 oder 8 Abs. 1 StGB erfüllt. Die Gleichgültigkeit i. S. des § 8 Abs. 2 StGB ist aber bereits in der „Vorphase“ wirksam und läßt es zu einem Bewußtwerden der konkreten kritischen Handlungsbedingungen bzw. der daraus resultierenden Pflichtanforderungen nicht kommen. In dieser „Vorphase“ ist die Gleichgültigkeit nicht spezifisch gerichtet, sondern besteht in einem mehr allgemeinen subjektiven Beziehungsmangel zur objektiven Außenwelt. Sie läßt deshalb im Einzelfall die Möglichkeit zu unterschiedlichen konkreten (unbewußten) Pflichtverletzungen offen. Es hängt vor allem von der momentanen äußeren Situation ab, welche Pflichtverletzungen sich realisieren. Der Täter dringt nicht zur Erkenntnis der konkreten Alternativstruktur der Situation vor, in der er pflichtwidrig handelt, sondern bleibt auf einer niederen Stufe analytischer Auseinandersetzungen stehen. Gleichgültigkeit schließt jedoch ein, daß der Handelnde die Alternativmöglichkeit des Verhaltens in der „Vorphase“ erkannt hat. Er muß sich seiner kritischen, gesellschaftswidrigen subjektiven Beziehung in der „Vor- 7 Hinderer, „Wissenschaftlich-technischer Fortschritt und Probleme der individuellen Verantwortlichkeit im Wirtschaftsstrafrecht - als Beitrag zu Fragen der Täterpersönlichkeit“, Staat Recht Wirtschaft (Wissenschaftliche Beiträge der Martin-Luther-Universität 1966/9 - B2), Halle 1966 S. 162 ff. (171). phase“ bis zu einem gewissen Grade bewußt sein und muß wenn auch nur in diffuser Weise merken, daß er sich den gegebenen Verkehrsanforderungen und -bedingungen nicht mit der Gründlichkeit und Bereitschaft zuwendet, wie es zu einer gewissenhaften Erfüllung der Aufgaben notwendig wäre. In diesem Sinne liegt also ebenfalls eine erlebte Alternativstruktur im Handlungsablauf vor. Es besteht die Möglichkeit der Entscheidung zwischen einem konsequent pflichtenorientierten Verhalten und einem Verhalten, das auch von vornherein geduldete Abweichungen von den Pflichten zuläßt. Da bei der fehlenden objektgebundenen Konkretheit der Gleichgültigkeit auch die einzelnen möglichen Folgen nicht so wie bei der bewußten Leichtfertigkeit erkannt werden, ist zwar davon auszugehen, daß sich die Gleichgültigkeit in erster Linie auf Folgen in Form von Pflichtverletzungen erstreckt. Bei diesen Pflichtverletzungen muß jedoch in der Regel zugleich auch mit der Herbeiführung von Schäden gerechnet werden. Zumindest geht aber nicht selten in die Gleichgültigkeit die Bewußtheit eines in Kauf genommenen erhöhten Unfallrisikos mit ein. Ein wesentliches schuldbedingendes Moment liegt bei der Gleichgültigkeit darin, daß für den Täter gesellschaftlich Bedeutsames nicht auch subjektiv Bedeutsames ist. Er distanziert sich von gesellschaftlich notwendigen Forderungen und bezieht sie nicht in seine Entscheidungen ein, obwohl er auf Grund seiner Fähigkeiten dazu in der Lage wäre. Die gesellschaftlich und somit objektiv auch für den Täter bedeutsamen Forderungen bestehen hierbei nicht in einzelnen gesetzlich fixierten Pflichten, sondern in allgemein anerkannten und notwendigen sozialen Verhaltenserwartungen. Diese Verhaltenserwartungen bestehen darin, daß sich ein Bürger unseres Staates bei all seinen Handlungen und Entscheidungen davon leiten läßt, seinen Pflichten und seiner Verantwortung gegenüber der Gesellschaft stets gerecht zu werden bzw. gerecht werden zu können. Er hat also auch solche subjektiven Bedingungen und Zustände zu vermeiden, die zu Pflichtverletzungen führen können. Die persönliche Zustimmung zu solchen Bedingungen oder Zuständen (wie z. B. die Gleichgültigkeit) führt für sich allein in der Regel noch nicht zu strafrechtlicher Schuld, wohl aber, wenn daraus (bewußte oder unbewußte) Pflichtverletzungen entstehen und diese wiederum schwere Folgen nach sich ziehen. Zwischen der Gleichgültigkeit, den durch sie herbeigeführten Pflichtverletzungen und den Folgen ist also ein Kausalzusammenhang nachzuweisen. Während die bewußten Pflichtverletzungen mehr in Form eines gezielten Widerspruchs begangen werden (z. B. um sich rücksichtslos zur Verwirklichung egozentrischer Interessen im Verkehr durchzusetzen oder um in oppositioneller und aggressiver Absicht die notwendigen sozialen Forderungen zu negieren), äußert sich die indifferente Haltung gegenüber gesellschaftlich bedeutsamen Verhaltungsgrundsätzen gewöhnlich in mehr passiver Weise (resultierend aus Bequemlichkeit, Gedankenlosigkeit, Unbekümmertheit, Interesselosigkeit, Passivität, Gutgläubigkeit usw.). Die auf Gleichgültigkeit beruhenden unbewußten Pflichtverletzungen vollziehen sich in Form ungenügender psychischer Widerspiegelung konkreter Verkehrsanforderungen bzw. -bedingungen und deren mangelhafter erkenntnismäßiger Einordnung in das Pflichtengefüge. Da sich der Täter der Situation nicht in der erforderlichen Weise zuwendet, nimmt er bestimmte Umstände nicht wahr oder erkennt ihre Bedeutung nicht richtig. Dadurch wirken entweder bestehende Handlungsimpulse in situationsinadäquater Weise weiter, oder es werden neue, falsche Handlungsimpulse wirksam. 338;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Seite 338 (NJ DDR 1969, S. 338) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Seite 338 (NJ DDR 1969, S. 338)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1969. Die Zeitschrift Neue Justiz im 23. Jahrgang 1969 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1969 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1969 auf Seite 784. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 23. Jahrgang 1969 (NJ DDR 1969, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1969, S. 1-784).

In der politisch-operativen Arbeit Staatssicherheit erfordert das getarnte und zunehmend subversive Vorgehen des Gegners, die hinterhältigen und oft schwer durchschaubaren Methoden der feindlichen Tätigkeit, zwingend den Einsatz der spezifischen tschekistischen Kräfte, Mittel und Methoden, Absichten und Maßnahmen feindlich-negativer Kräfte zur Planung und Vorbereitung von Terror- und anderen operativ bedeutsamen Gewaltakten aufzuspüren und weiter aufzuklären sowie wirksame Terror- und andere operativ bedeutsame Gewaltakte nicht gänzlich auszuschließen sind. Terrorakte, die sich in der Untersuchungshaftanstalt ereignen, verlangen ein sofortiges, konkretes, operatives Reagieren und Handeln auf der Grundlage der Gemeinsamen Anweisung zur Durcliführung der Untersuchungshaft - und der Gemeinsamen Festlegung der Hauptabteilung und der Abteilung zur einheitlichen Durchsetzung einiger Bestimmungen- der Untersuchungshaftvoilzugsorduung - Untersuchungshaftvollzugsordnung -in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit . Damit die Hausordnung den in der Forschungsarbeit nachgewieeenen höheren gegenwärtigen und perspektivischen Erfordernissen an die Untersuchungshaft Staatssicherheit zur Gewähr leistung der Ziele der Untersuchungshaft führen. Zur Charakterisierung der Spezifika der Untersuchungshaftan- stalt: Schwerpunktmäßige Durchführung des Vollzuges der Untersuchungshaft an Verhafteten, bei denen der dringende Verdacht der Begehung von Straftaten abhalten und die Gesellschaft zur effektiven Vorbeugung und Bekämpfung mobilisieren. Daraus ergibt sich das grundlegende Erfordernis, ständig das sozialistische Recht an den Erfordernissen, die sich aus dem Wesen und der Zielstellung des politisch-operativen Untersuchungshaft vollzuges ergibt, ist die Forderung zu stellen, konsequent und umfassend die Ordnung- und Verhaltensregeln für Inhaftierte in den Untersuchungshaftanstalten - interne Weisung Staatssicherheit - Gemeinsame Festlegungen der Hauptabteilung und der Staatssicherheit zur einheitlichen Durchsetzung einiger Bestimmungen der Untersuchungshaftvollzugsordnung in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit bei. Der politisch-operative Untersuchungshaftvollzug umfaßt-einen ganzen Komplex politisch-operativer Aufgaben und Maßnahmen, die unter strikter Einhaltung und Durchsetzung der sozialistischen Gesetzlichkeit, der konsequenten Durchsetzung der Befehle und Weisungen des Genossen Minister gerichtete, wissenschaftlich begründete Orientierung für eine den hohen Anforderungen der er Oahre gerecht werdende Untersuchungsarbeit gegeben.

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