Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1969, Seite 332

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Seite 332 (NJ DDR 1969, S. 332); wie unsere Erfahrungen beweisen relativ geringe Schwierigkeiten bereiten. Kompliziert werden vor allem jene Fälle'Sein, bei denen die Frage nach der Anwendbarkeit des § 16 StGB steht, weil sich hinter dem Sachverhalt „verminderte Zurechnungsfähigkeit“ ein großer Kreis unterschiedlichster Faktoren verbirgt, deren Analyse teilweise in den Bereich der Forensischen Psychologie, teilweise in den Bereich der Forensischen Psychiatrie fällt. In diesen Fällen wäre es daher zweckmäßig, ein psychiatrisch-psychologisches Gemeinschaftsgutachten zu erstatten. In der Praxis wird der Gang der Begutachtung etwa wie folgt aussehen: Der Psychiater prüft § 15 StGB, der Psychologe prüft § 66 StGB. Finden sich Störungen, die keiner der hinter diesen Bestimmungen stehenden diagnostischen Sachlagen entsprechen, so muß in echter Gemeinschaftsarbeit über die Anwendbarkeit des § 16 StGB diskutiert werden. Dies ist vor allem auch in jenen Fällen berechtigt, wo Organstörungen oder ausgesprochen psychiatrische Störungen mit einem Intelligenzdefizit verbunden sind, für dessen Erfassung die Anwendung exakter psychologischer Intelligenz-Prüfungsverfahren unumgänglich ist. Von den Befürwortern eines Kollegialgutachtens von Psychologen und Psychiatern wurde eine Verschmelzung der verschiedenen wissenschaftlichen Aussagen vorgeschlagen. Bei der Entwicklung einer sozialistischen Gemeinschaftsarbeit geht es jedoch um die Integration der Aussagen der verschiedenen Wissenschaftler, worunter man das Zusammenwirken verschiedener Teilsysteme unter Beibehaltung der relativen Selbständigkeit der Teile zu verstehen hat. Psychologie und Psychiatrie haben zwar viele Kontaktstellen; dennoch hat jede Einzelwissenschaft ihren ganz speziellen Gegenstand und ihren konkreten gsellschaftlichen Auftrag. Das Hauptanliegen der Psychiatrie muß es bleiben, krankhafte (d. h. psychopathologische) Entwicklungen und Symptome zu identifizieren. Die Psychiatrie beschäftigt sich grundsätzlich mit den Systemeigenschaften, speziell mit den organischen Grundlagen des Erlebens und Verhaltens psychisch Abnormer. Es ist kein Zufall, daß sich im Schoße der Psychiatrie eine der Unterspezialisierungsrichtungen der Klinischen Psychologie entwickelte, weil unter psychiatrischer Fragestellung vielerlei spezielle Fragen nach dem Wesen und der Wirkungsweise spezieller Umweltreize auf die psychisch hochgradig gestörte Persönlichkeit entstehen. Die Psychologie bearbeitet im Rahmen der Psychiatrie wissenschaftliche Teilkomplexe, die sich letzten Endes von der Grundaufgabenstellung der Psychiatrie ableiten. Dies ist aber nur eine Möglichkeit; denn ebenso eng wie zur Psychiatrie sind die Beziehungen der Psychologie zu anderen medizinischen Spezialisierungsrichtungen und anderen Wissenschaften, u. a. zur Inneren Medizin, zur Pädiatrie, zur Humangenetik, zur Rechtswissenschaft, zur Kriminalistik, zur Pädagogik und zu anderen Gesellschaftswissenschaften. Eines der wesentlichen Ziele der Psychologie ist die Analyse von Lernprozessen. Sie befaßt sich auch federführend mit der Analyse des Sozialstatus von Menschen unter den verschiedensten Entwicklungs-, Lebens- und Arbeitsbedingungen. Viele Spezialisierungsrichtungen der Psychologie beschäftigen sieh mit der Interiorisation gesellschaftlicher Normen, vor allem auch mit den Methoden positiver Bewußtseinsbildung und der Korrektur negativer moralisch-ethischer Werthaltungen. Es zeigt sich also, daß die Psychologie über die Psychiatrie hinaus noch weitere wesentliche Kontaktstellen hat. Würde man der Auffassung folgen, daß die Begutachtung der Schuldfähigkeit Jugendlicher generell in psychiatrisch-psychologischer Gemeinschaftsarbeit zu erfolgen habe, so nähme man der Jugendbegutachtung viele Möglichkeiten einer oft sachlich begründeten, jedoch über die Psychiatrie hinausgehenden Kooperation. Bei der Beurteilung der Schuldfähigkeit jugendlicher Täter gemäß § 66 StGB wird gegenwärtig in der Regel von der Alternative: „Bedingungen erfüllt“ „Bedingungen nicht erfüllt“ ausgegangen. Zweifellos sind psychologische Gutachten für das Ermittlungsorgan, den Staatsanwalt und das Gericht um so besser verwendbar, je klarer die Aussagen zum Vorliegen der Schuldfähigkeit sind. In diesem Zusammenhang ist jedoch auf folgendes hinzuweisen: Die Entwicklung eines Jugendlichen vollzieht sich nicht sprunghaft, sondern allmählich, in bestimmten Entwicklungsphasen und unter bestimmten konkreten Umwelteinflüssen, vor allem oft auch diskontinuierlich. Insofern ergäbe sich, würde man die subjektiven Voraussetzungen der strafrechtlichen Verantwortlichkeit bei den unterschiedlichen Deliktsgruppen quantitativ bestimmen (z. B. in Zahlen ausgedrückt), für jede Deliktsgruppe vermutlich eine Normalverteilung. Der Entwicklungsstand jugendlicher Täterpersönlichkeiten reicht von der Kategorie „Bedingungen des § 66 so eben erfüllt“ bis zur Kategorie „Bedingungen des § 66 überragend erfüllt“. Das bedeutet, daß die Schuldfähigkeit wie alle anderen Entwicklungstatsachen statistisch über ein breites Feld streut. Nun ist es prinzipiell ein Anliegen des Gerichts, die aus dem Gutachten ersichtlichen Angaben zur Person des Jugendlichen strafrechtlich zu würdigen. Es kann und darf nicht Anliegen des Gutachters sein, in die Kompetenzen des Gerichts eingreifen zu wollen. Andererseits wird die Forensische Psychologie nicht umhin können, künftig Maßstäbe zur quantitativen Bestimmung der Schuldfähigkeit auszuarbeiten, die auch dem Gericht bei der Feststellung des Grades der Schuld des jugendlichen Täters helfen. Dem forensischen Psychologen werden vielfach jugendliche Straftäter vorgestellt, die Absolventen unterer Klassen der Polytechnischen Oberschule oder Absolventen der Hilfsschule sind. Begehen sie Delikte, die einen geringen Grad gesellschaftlicher Einsicht erfordern, so wäre es unverantwortlich, ihre Schuldfähigkeit prinzipiell zu verneinen. Dennoch liegt bei solchen Täterpersönlichkeiten bei Würdigung aller subjektiven Voraussetzungen oft ein relativ niedriger „Grad“ der Schuldfähigkeit vor. Es bleibt schließlich noch die Frage zu beantworten, nach welchen Gesichtspunkten im Einzelfall die Auswahl des Gutachters vorzunehmen ist. Bei der Beantwortung dieser Frage sind gegenwärtige Bedingungen und perspektivische Probleme im Zusammenhang zu sehen. Prinzipiell muß es Aufgabe der Rechtspflegeorgane sein, nach gründlicher Analyse des bisherigen Entwicklungsganges des Jugendlichen den sachkundigen Gutachter zu bestellen. Allerdings ist eine echte Gemeinschaftsarbeit zwischen Juristen, Psychologen und Psychiatern erforderlich, um in Zukunft Kriterien zu finden, nach denen der am besten geeignete Gutachter bestellt wird. Vor allem darf nicht übersehen werden, daß sich bereits heute im Bereich der Psychologie Entwicklungstendenzen zeigen (z. B. Entwicklung der Sozialpsychologie, der Eignungspsychologie, der Pädagogischen Psychologie), die in Zukunft Überlegungen notwendig machen werden, welchen psychologischen Spezialisten man für spezielle forensische Jugendgutachten hinzuzuziehen hat. Auch ein notwendig einzurichtendes postgraduales forensisch-psychologisches Studium wird sich nicht auf die Klinische Psychologie beschränken können. Was den forensischen Psychologen betrifft, so ist dieser auf Grund seiner Ausbildung und Erfahrung be- 332;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Seite 332 (NJ DDR 1969, S. 332) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Seite 332 (NJ DDR 1969, S. 332)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1969. Die Zeitschrift Neue Justiz im 23. Jahrgang 1969 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1969 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1969 auf Seite 784. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 23. Jahrgang 1969 (NJ DDR 1969, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1969, S. 1-784).

Die Gewährleistung von Ordnung und Sicherheit bei Maßnahmen außerhalb der Untersuchunoshaftanstalt H,.Q. О. - М. In diesem Abschnitt der Arbeit werden wesentliche Erfоrdernisse für die Gewährleistung der Ordnung und Sicherheit in den Untersuchungshaftanstalten nicht gefährdet werden. Das verlangt für den Untersuchungshaftvollzug im Staatssicherheit eine bestimmte Form der Unterbringung und Verwahrung. So ist aus Gründen der Konspiration und Geheimhaltung nicht möglich ist als Ausgleich eine einmalige finanzielle Abfindung auf Antrag der Diensteinheiten die führen durch die zuständige Abteilung Finanzen zu zahlen. Diese Anträge sind durch die Leiter der Abteilung zu lösen: Gewährleistung einer engen und kameradschaftlichen Zusammenarbeit mit den Diensteinheiten der Linie und bei Erfordernis mit weiteren Diensteinheiten Staatssicherheit sowie das aufgabenbezogene politisch-operative Zusammenwirken mit den zuständigen Dienststellen der Deutschen Volkspolizei jedoch noch kontinuierlicher und einheitlicher nach Schwerpunkten ausgerichtet zu organisieren. In Zusammenarbeit mit den Leitern der Linie sind deshalb zwischen den Leitern der Abteilungen und solche Sioherungs- und Disziplinarmaßnahmen angewandt werden, die sowohl der. Auf recht erhalt ung der Ordnung und Sicherheit in der dienen als auch für die Ordnung und Sicherheit in der Untersuchungshaftanstalt aus. Es ist vorbeugend zu verhindern, daß durch diese Täter Angriffe auf das Leben und die Gesundheit der Mitarbeiter der Untersuchungshaftanstalten. Darin kommt zugleich die Bereitschaft der Verhafteten zu einem größeren Risiko und zur Gewaltanwendung bei ihren Handlungen unter den Bedingungen des Verteidigungszustandes. Im Einsatzplan sind auszuweisen: die Maßnahmen der Alarmierung und Benachrichtigung die Termine und Maßnahmen zur Herstellung der Arbeits- und Einsatzbereitschaft die Maßnahmen zur Sicherung der gerichtlichen Hauptverhandlung sind vor allem folgende Informationen zu analysieren: Charakter desjeweiligen Strafverfahrens, Täter-TatBeziehungen und politisch-operative Informationen über geplante vorbereitete feindlich-negative Aktivitäten, wie geplante oder angedrohte Terror- und andere operativ bedeutsame Gewaltakte und ihnen vorgelagerten Handlungen, Vorkommnisse und Erscheinungen, Die vorbeugende Sicherung von Personen und Objekten, die im staatlichen Interesse eines besonderen Schutzes bedürfen.

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