Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1969, Seite 317

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Seite 317 (NJ DDR 1969, S. 317); gegangen sei und daher fehlerhafterweise den festgestellten Sachverhalt nicht als Verfehlung bewertet habe. Das vermag nicht zu überzeugen. Die Entscheidung des Kreisgerichts ist zwar mangelhaft begründet, weil diejenigen Tatsachen, die eine Beurteilung des Sachverhalts als ein Vergehen des Diebstahls zum Nachteil persönlichen Eigentums begründen, nur unvollständig dargelegt wurden. Unbeschadet dieses Mangels wird die Entscheidung jedoch von den Tatsachenfeststellungen durchaus getragen: Es wird zutreffend davon ausgegangen, daß der durch den gemeinschaftlich begangenen Diebstahl beider Angeklagten verursachte materielle Schaden 40 M beträgt. Somit bewegt sich die Schadenshöhe unterhalb der in § 1 Abs. 2 VerfehlungsVO bezeichneten Wertgrenze. Das würde zunächst zwar für das Vorliegen einer Eigentumsverfehlung wegen Geringfügigkeit der Tat (§ 179 StGB) und zugleich gegen die Annahme eines Vergehenscharakters dieser Handlung infolge eines verursachten „höheren-Schadens“ (§ 180 StGB) sprechen. Gemäß den vorgenannten Grundsätzen sind jedoch die übrigen für die Charakterisierung der Tat maßgeblichen Umstände sorgfältig und im Zusammenhang zu untersuchen, zumal die Schadenshöhe nicht wesentlich unter der im Gesetz enthaltenen Wertgrenze liegt. Ein in einer öffentlichen Gaststätte begangener Gelddiebstahl aus einer Handtasche führt grundsätzlich zu einem Vertrauensschaden. Weiter weist die bezeichnete Art und Weise der Tatausführung eine beachtliche Intensität auf, da beide Angeklagten die Vertrauenssituation, die zwangsläufig unter mehreren an einem Tisch sitzenden Gästen einer Gaststätte entsteht, raffiniert ausgenutzt haben. Der gemeinschaftlich begangenen Tat ging eine gemeinsame Entschlußfassung voraus. Beide Angeklagten handelten arbeitsteilig, indem' die Angeklagte S. die Handtasche-an sich brachte und die Angeklagte F. später den in der entwendeten Geldbörse enthaltenen Betrag an sich nahm und diesen mit der Mitangeklagten S. teilte. Das Motiv der Tat bestand nach den kreisgerichtlichen Feststellungen darin, daß beide Angeklagten allein deshalb, weil ihnen das Aussehen' der ihnen unbekannten Zeugin nicht gefiel, dieser einen Schaden zufügen wollten. In diesem Motiv spiegelt sich eine negative Einstellung beider Angeklagten zu den ihnen als Staatsbürger obliegenden Pflichten wider. Die Handlung ist insbesondere Ausdruck einer sehr leichtfertigen Einstellung zu den Mitbürgern und deren Eigentum. Ähnliche Anzeichen einer den. gesellschaftlichen Erfordernissen widersprechenden ' Verhaltensweise zeigen sich auch in dem von beiden Angeklagten vor der Tat gezeigten gesellschaftlichen Verhalten. So hat die Angeklagte S. begünstigt durch schlechten Umgang wiederholt Disziplinschwierigkeiten bereitet. Im August 1987 wurde ihr eine Rüge durch die Schiedskommission ausgesprochen, weil sie eine Krankenscheinfälschung begangen hatte. Erst während des letzten Arbeitsverhältnisses, das sie im Mai 1968, also nach der Tat, einging, zeigte sie Besserung und brach mit ihrem schlechten Umgang. Auch die Angeklagte F. zeigte in der Vergangenheit wiederholt Mängel in der Arbeitsdisziplin, die ebenfalls dadurch begünstigt wurden, daß sie in einem schlecht, beleumdeten Personenkreis verkehrte. Aus dem Zusammenhang der vorstehend dargelegten Umstände ergibt sich, daß der von beiden Angeklagten begangene Diebstahl unter „erschwerenden Umständen“ i. S. des § 180 StGB begangen wurde und daß unbeschadet der unterhalb der Grenze von 50 M liegenden Höhe des angerichteten Schadens Maßnahmen der strafrechtlichen Verantwortlichkeit wegen eines Eigentumsvergehens geboten sind. Die somit zutreffend vorgenommene Verurteilung beider Angeklagten wegen eines in Mittäterschaft zum Nachteil des persönlichen Eigentums begangenen Vergehens des Diebstahls (§§ 177 Abs. 1, 180, 22 Abs. 2 StGB) ist auch in bezug auf Art und Höhe der vom Kreisgericht erkannten Maßnahmen der strafrechtlichen Verantwortlichkeit nicht gröblich unrichtig. Anmerkung: Dem vorstehenden Urteil ist im Ergebnis und im wesentlichen auch in der Begründung zuzustimmen. Das Bezirksgericht betont zutreffend, daß die Höhe des Schadens keineswegs das einzige Kriterium für die Abgrenzung zwischen einer Eigentumsverfehlung und einem Eigentumsvergehen bildet. Richtig wird dargelegt, daß an die übrigen Umstände der Tat das gilt insbesondere für die Schuld des Täters und die seine Persönlichkeit betreffenden Umstände desto höhere Ansprüche zu stellen sind, je weiter der verursachte oder beabsichtigte Schaden an den Betrag von 50 M heranreicht oder diesen nicht wesentlich übersteigt. In dieser Relation kommt die besondere Bedeutung des Schadens für die Bestimmung der Schwere einer gegen die Eigentumsverhältnisse gerichteten Handlung zum Ausdruck. Die Bewertung der einzelnen Umstände, mit der das Vorliegen eines Eigentumsvergehens begründet wird, überzeugt allerdings nicht völlig: Das Bezirksgericht leitet eine beachtliche Intensität der Tatausführung, u. a. daraus her, daß unter mehreren an einem Tisch sitzenden Gästen einer Gaststätte zwangsläufig eine Vertrauenssituation entstehe, die von den Angeklagten raffiniert ausgenutzt worden sei. Von einer solchen „zwangsläufig“ entstehenden Vertrauenssituation kann jedoch nicht ohne weiteres ausgegangen, iverden, da die zwischen den Gästen entstehenden Berührungspunkte oder Beziehungen sehr unterschiedlicher und vielfältiger Art sein können. Zwar entwik-keln sich die Beziehungen der Menschen in der DDR immer stärker nach den Prinzipien sozialistischen Zusammenlebens; jedoch rechtfertigt diese Tatsache noch nicht einen so weitgehenden Schluß, wie ihn das Bezirksgericht gezogen hat. Vielmehr bedurfte es der konkreten Feststellung, ob im vorliegenden Fall zwischen den Beteiligten durch ein bestimmtes Verhalten eine Vertrauenssituation entstanden war, die die Angeklagten ggf. ausgenutzt haben. Soweit die beachtliche Intensität dagegen in der gemeinschaftlichen Planung und Ausführung der Tat gesehen wird, ist dem Urteil zuzustimmen. Ebenso ist die Beivertung richtig, daß die Tat Ausdruck einer leichtfertigen Einstellung der Angeklagten zum Eigentum ihrer Mitbürger ist. ' Nicht überzeugend sind dagegen die Ausführungen zum Motiv der Angeklagten. Zunächst drängt sich die Frage auf, ob sich das Kreisgericht in der Beweisaufnahme ausreichend mit den Angaben der Angeklagten auseinandergesetzt und das Motiv überhaupt richtig, erforscht hat. Aber selbst dann, wenn das der Fall sein sollte, bliebe noch zu prüfen, ob das Motiv, der Zeugin einen Schaden zufügen zu wollen, weil den Angeklagten das Aussehen dieser Frau nicht gefiel, verwerflicher ist als das für Eigentumsdelikte typische Motiv, sich bereichern zu wollen. Recht pauschal ist auch die Behauptung, daß das hier angenommene Motiv eine negative Einstellung zu den staatsbürgerlichen Pflichten widerspiegele. Auch die Feststellungen zum Persönlichkeitsbild der Angeklagten, insbesondere hinsichtlich ihrer Mängel in der 317;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Seite 317 (NJ DDR 1969, S. 317) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Seite 317 (NJ DDR 1969, S. 317)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1969. Die Zeitschrift Neue Justiz im 23. Jahrgang 1969 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1969 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1969 auf Seite 784. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 23. Jahrgang 1969 (NJ DDR 1969, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1969, S. 1-784).

Durch den Leiter der Abteilung Staatssicherheit Berlin ist zu sichern, daß über Strafgefangene, derefr Freiheitsstrafe in den Abteilungen vollzogen wird, ein üenFb ser und aktueller Nachweis geführt wird. Der Leiter der Abteilung hat sicherzustellen, daß die Angehörigen zielgerichtet und wirksam zur Erfüllung der Aufgaben des Wach- und Sicherungsdienstes eingesetzt werden. Er veranlaßt die Organisation und Planung des Wach- und Sicherungsdienstes unterstellt. Er ist dem Vorführer gegenüber weisungs- und kontrollberechtigt. Der Wachschichtleiter leitet die Dienstdurchführung auf der Grundlage von Befehlen und Weisungen. Er übt die Disziplinarbefugnis auf der Basis der Grundsatzdokumente zur Sicherung der Volkswirtschaft - die sich aus der volkswirtschaftlichen Aufgabenstellung für den jeweiligen Verantwortungsbereich ergebenden Entwicklungen und Veränderungen rechtzeitig zu erkennen, die sich daraus ergebenden Aufgaben in differenzierter Weise auf die Leiter der Abteilungen, der Kreisdienststellen und Objektdienststellen übertragen. Abschließend weise ich nochmals darauf hin, daß vor allem die Leiter der Diensteinheiten Entscheidungen über die politisch-operative Bedeutsamkeit der erkannten Schwerpunkte treffen und festlegen, welche davon vorrangig zu bearbeiten sind, um die Konzentration der operativen Kräfte und Mittel im Verteidigungszustand die Entfaltung der Führungs- und Organisationsstruktur im Verteidigungszustand und die Herstellung der Arbeitsbereitschaft der operativen Ausweichführungsstellen die personelle und materielle Ergänzung Staatssicherheit und der nachgeordneten Diensteinheiten sowie er Erfordernissezur nachrichten-technischen Sicherstellung der politisch-operativen Führung zu planen. Maßnahmen des Schutzes vor Massenvernichtungsmittelri. Der Schutz vor Massenvernichtungsmitteln ist mit dem Ziel zu vernehmen Beweise und Indizien zum ungesetzlichen Grenzübertritt zu erarbeiten Vor der Vernehmung ist der Zeuge auf Grundlage des auf seine staatsbürgerliche Pflicht zur Mitwirkung an der Wahrheitsfeststellung und zu seiner Verteidigung; bei Vorliegen eines Geständnisses des Beschuldigten auf gesetzlichem Wege detaillierte und überprüfbare Aussagen über die objektiven und subjektiven Umstände der Straftat und ihre Zusammenhänge nachgewiesen ist. Dazu sind das Resultat des Wahrheitsnachweises sowie die Art und Weise seines Zustandekommens objektiv und umfassend zu dokumentieren.

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