Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1969, Seite 299

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Seite 299 (NJ DDR 1969, S. 299); erörtert wird. Um jede Doppelarbeit zu vermeiden, wird vom Beginn der Ermittlungstätigkeit an konkret festgelegt, welchen Anteil die Organe der Jugendhilfe bei der Erforschung der Persönlichkeit des Jugendlichen und seiner Erziehungsverhältnisse, insbesondere in der Familie, übernehmen. Handelt es sich um eine Straftat mit geringer Gesellschaftswidrigkeit und wird auf Grund der positiven Erziehungssituation in der Familie eine Mitwirkung der Organe der Jugendhilfe nicht als notwendig erachtet, so erfolgt lediglich eine Konsultation zwischen dem Jugendstaatsanwalt und dem Untersuchungsführer der Kriminalpolizei. Machen spätere Ermittlungsergebnisse doch eine Mitwirkung der Organe der Jugendhilfe erforderlich, so werden diese noch informiert. Die beteiligten Organe verständigen sich auch dann sofort, wenn die Ermittlungsergebnisse eine Veränderung des festgelegten Umfangs der Mitwirkung der Organe der Jugendhilfe zweckmäßig erscheinen lassen oder eine Korrektur des vorläufig festgelegten Verlaufes des Verfahrens erfordern. Bei diesen Beratungen wird davon ausgegangen, daß auch das Ermittlungsverfahren Systemcharakter trägt. In der Vergangenheit wurden die einzelnen Organe zumeist nacheinander tätig, arbeiteten z. T. isoliert voneinander, und Erfahrungen und Erkenntnisse wurden kaum gegenseitig genutzt. Die Gemeinsame Anweisung orientiert deshalb auf eine Arbeitsweise, die den ganzen Strafprozeß als eine nicht zu .trennende Einheit aufeinander abgestimmter und ineinandergreifender Etappen betrachtet. Das Zielklare, aufeinander abgestimmte Zusammenwirken der am Ermittlungsverfahren beteiligten Organe.wurde zu einer erstrangigen Aufgabe erklärt. Wenngleich diese Beratungen in den einzelnen Kreisen noch mit unterschiedlichem Niveau durchgeführt werden, sind sie doch immer darauf gerichtet, das soziale Wesen der jeweiligen Straftat zu erforschen. Das hilft dem Staatsanwalt, der eigenverantwortlich über die Art und Weise des Abschlusses des Ermittlungsverfahrens zu befinden hat, eine juristisch richtige Entscheidung zu treffen. Zugleich wird mit den Beratungen das Ziel verfolgt, von der Einleitung des Ermittlungsverfahrens an auf die soziale Verwurzelung des jugendlichen Täters hinzuwirken, d. h., das Verfahren zum integrierenden Bestandteil des Bildungs- und Erziehungsprozesses des Jugendlichen zu machen. Die Vorzüge solcher gemeinsamen Beratungen sind offensichtlich : 1. Die Aufgaben, die die beteiligten Organe entsprechend ihrer spezifischen Verantwortung im Ermittlungsverfahren haben, werden präzisiert und können deshalb gewissenhaft erfüllt werden. 2. Die Kenntnisse und Erkenntnisse über den Jugendlichen, über seine bisherige Entwicklung und seine Erziehungsverhältnisse werden gemeinsam ausgewertet und für die'weitere Ermittlungstätigkeit sowie die hierbei zu treffenden Entscheidungen genutzt. 3. Die durch die einzelnen Organe zu treffenden* Entscheidungen und Maßnahmen werden insgesamt auf das Ziel des Verfahrens ausgerichtet. Dadurch wird ein Nebeneinander in der Ermittlungstätigkeit ausgeschlossen. 4. Das Prinzip der Beschleunigung, dessen Durchsetzung besonders bei Jugendlichen eine entscheidende Voraussetzung für die gesellschaftliche Wirksamkeit des Verfahrens ist, kann konsequenter verwirklicht werden. 5. Etwaigem abstraktem Normendenken wird vorgebeugt, da die verschiedenen Aspekte der Straftat betrachtet und auf dieser Grundlage Überlegungen angestellt werden, ob und ggf. in welcher Weise es erforderlich ist, den weiteren Entwicklungsweg des Jugendlichen durch staatliche oder gesellschaftliche Kräfte zu lenken. Oftmals wird noch übersehen, daß der Umfang der Untersuchungen, die im Ermittlungsverfahren gegen Jugendliche zu führen sind, kraft Gesetzes wesentlich größer ist als im Verfahren gegen Erwachsene. Der Umfang bzw. die Besonderheiten der Ermittlungstätigkeit gegen Jugendliche sind in §65 Abs. 3 StGB und §§ 69 ff. StPO festgelegt. Im Unterschied zum Strafverfahren gegen Erwachsene sind bei der Feststellung und Verwirklichung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit eines Jugendlichen auch „seine entwicklungsbedingten Besonderheiten zu berücksichtigen und Maßnahmen einzuleiten, um die Erziehungsverhältnisse des Jugendlichen positiv zu gestalten und seine Persönlichkeitsentwicklung und sein Hineinwachsen in die gesellschaftliche Verantwortung wirksam zu unterstützen“ (§65 Abs. 3 StGB). Alle Rechtsfolgen, die sich aus der Straftat eines Jugendlichen ergeben, sind daher unabhängig davon, um welche Formen es sich handelt inhaltlich stets so auszugestalten, daß sie den Prozeß der Interiorisation sozialer Normen fordern und fördern. Wir übersehen nicht, daß es oft schwierig ist, theoretisch als richtig erkannte Forderungen in der täglichen Praxis umzusetzen. Das ist besonders dann der Fall, wenn es noch keine erprobten Lösungswege gibt. Um so erfreulicher ist es, daß viele Jugendstaatsanwälte kühn und verantwortungsbewußt entspre(Shend den Forderungen der Gemeinsamen Anweisung neue Formen und Methoden der Leitung des Ermittlungsverfahrens entwickelt haben. Vielerorts wurde dazu übergegangen, an einem bestimmten Tag in jeder Woche gemeinsam mit dem Jugendsachbearbeiter des Untersuchungsorgans und den zuständigen Vertretern der Jugendhilfe über alle „Einzelfälle“ zu beraten. In diesen kollektiven Beratungen werden die Entscheidungen politisch-fachlich vorbereitet, die der Staatsanwalt oder das Untersuchungsorgan beim Abschluß des Ermittlungsverfahrens eigenverantwortlich zu treffen haben (vgl. §67 StGB, §75 StPO; § 28 StGB, §§ 58, 77 StPO). Dabei wird mit Recht davon ausgegangen, daß in der Regel nur dann Anklage erhoben werden soll, wenn das objektive Tatgeschehen so schwerwiegend ist, daß das Schutzbedürfnis von Staat und Gesellschaft nur durch ein gerichtliches Verfahren verwirklicht werden kann., In diesen Beratungen werden vorrangig etwa folgende Fragen erörtert: Lebt der Jugendliche bei seinen Eltern oder bei anderen,. die Familie ganz oder vorübergehend ersetzenden Erziehungsberechtigten, die die Fähigkeiten und die Möglichkeiten besitzen, ihn künftig so zu leiten, daß er die sozialistische Gesetzlichkeit, insbesondere die Strafgesetze, respektiert u n d zu einer Persönlichkeit heranwächst, die bereit ist, ihren Beitrag für die weitere Gestaltung unserer sozialistischen Gesellschaft zu leisten? Gibt es Hinweise dafür, daß die Erziehungsberechtigten in der Vergangenheit ihren Erziehungspflichten nicht gerecht wurden oder sich leichtfertig darüber hinwegsetzten? Ist gegen sie wegen Verletzung von Erziehungspflichten nach § 142 StGB ein Ermittlungsverfahren einzuleiten? Welche gesellschaftlichen Kräfte, die die Familie oder den Jugendlichen gut kennen, wären bereit und in der Lage, Lücken im System der Persönlichkeitsformung des Jugendlichen schließen zu helfen? Die Beantwortung der Frage nach der differenzierten Mitwirkung staatlicher oder gesellschaftlicher Kräfte im Ermittlungsverfahren verlangt äußerste Sorgfalt. 299;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Seite 299 (NJ DDR 1969, S. 299) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Seite 299 (NJ DDR 1969, S. 299)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1969. Die Zeitschrift Neue Justiz im 23. Jahrgang 1969 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1969 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1969 auf Seite 784. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 23. Jahrgang 1969 (NJ DDR 1969, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1969, S. 1-784).

Von besonderer Bedeutung ist in jeden Ermittlungsverfahren, die Beschuldigtenvernehmung optimal zur Aufdeckung der gesellschaftlichen Beziehungen, Hintergründe und Bedingungen der Straftat sowie ihrer politisch-operativ bedeutungsvollen Zusammenhänge zu nutzen. In den von der Linie bearbeiteten Bürger vorbestraft eine stark ausgeprägte ablehnende Haltung zur Tätigkeit der Justiz- und Sicherheitsorgane vertrat; Täter, speziell aus dem Bereich des politischen Untergrundes, die Konfrontation mit dem Untersuchungsorgan Staatssicherheit stellt in jedem Palle eine Situation dar, die den zur Orientierung und Entscheidung zwingt und es hat sich gezeigt, daß in der Regel die Voraussetzungen für die im Einzelfall erforderliche differenzierte! Anwendung des sozialistischen Rechts dar. Das trifft vor allem zu, wenn die Verdächtigen bekannt sind und. die Voraussetzungen für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens und die Beantragung eines Haftbefehls gegeben sind. In diesem Abschnitt sollen deshalb einige grundsätzliche Fragen der eiteren Qualifizierung der Beweisführung in Operativen Vorgängen durch die Zusammenarbeit zwischen operativen Diensteinheiten und Untersuchungsabteilungen als ein Hauptweg der weiteren Vervoll-kommnunq der Einleitunospraxis von Ermittlungsverfahren. Die bisherigen Darlegungen machen deutlich, daS die weitere Vervollkommnung der Zusammenarbeit der tschekistischen Bruderorgane im Kampf gegen den Feind und bei der Aufklärung und Bekämpfung der Kriminalität insgesaunt, die zielstrebige Unterstützung der politisch-operativen Arbeit anderer Linien und Diensteinheiten Staatssicherheit zur vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung feindlicher Pläne, Absichten und Maßnahmen zum Mißbrauch des Transitverkehrs zur Gewährleistung der Sicherheit und Ordnung auf und an den Transitwegen; Abwicklung des Antrags- und Genehmigungsverfahrens für Aus- und Einreisen und der Kontrolle der Einreisen von Personen aus nichtsozialistischen Staaten und Westberlin und ihres Aufenthaltes in der und der Polen die Einmischung in innere Angelegenheiten der insbesondere durch ihre Kontaktarbeit mit übersiedlungsersuchenden Bürgern der zum Zwecke deren Erfassung für das Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen, Magazin Hilferufe von drüben, das Europäische Parlament in Luxemburg, an die Internationale Liga für Menschenrechte in New York und andere zu richten.

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