Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1969, Seite 285

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Seite 285 (NJ DDR 1969, S. 285); und dem inneren Zusammenhang her eine wesentliche Beziehung zur Rückfalltat aufweisen, beizuziehen. 2. Bei hartnäckigen Rückfalltätern wird selbst bei relativ niedrigen Schäden ausnahmsweise sogar bei einer Schadenshöhe unter 50 M die außergewöhnliche Strafmilderung nach § 62 Abs. 3 StGB nicht anzuwenden sein, wenn sich die Schwere der Rückfalltat auf Grund der gesamten Umstände erhöht hat. OG, Urt. vom 16. Januar 1969 - 2 Zst 14/68. Der siebenmal, davon fünfmal wegen Eigentumsdelikten, zu Freiheitsstrafen verurteilte Angeklagte arbeitete in verschiedenen Betrieben vorwiegend als Kraftfahrer. Nach der letzten Entlassung aus dem Strafvollzug am 21. Juli 1967 wechselte er mehrfach die Arbeitsstellen; u. a. wurde er aus dem Dienstleistungsbetrieb fristlos entlassen und führte zuletzt nur Gelegenheitsarbeiten aus. Der Angeklagte war zum zweiten Mal verheiratet und drei Kindern gegenüber unterhaltsverpflichtet. Es bestanden hohe Unterhaltsrückstände. Am 27. Januar 1968 kam der Angeklagte in der Nähe einer Gaststätte mit dem ihm vom Ansehen her bekannten Zeugen B. ins Gespräch, wobei B. dem Angeklagten einen Fotoapparat „Exakta Varex“ mit Objektiv zeigte. Der Zeuge und der Angeklagte begaben sich in die Gaststätte, wo der Angeklagte den Zeugen aufforderte, sich inzwischen nach einem Platz umzusehen, und sich erbot, die Garderobe des Zeugen mit abzugeben. Der Zeuge ließ seinen Mantel und seine Reisetasche, in der sich der Fotoapparat und verschiedene Ausweispapiere befanden, zurück und begab sich in die Gasträume. Daraufhin legte der Angeklagte den Mantel des-Zeugen in der Nähe der Garderobe ab, nahm die Reisetasche an sich und verließ damit die Gaststätte. Der Wert der Kamera betrug 800 M. Am 2. Juli 1968 entwendete der Angeklagte vom Hof seiner damaligen Arbeitsstelle, dem Dienstleistungsbetrieb, zwei Fahnenringhalter im Werte von etwa 200 M. Er bot diese Halter einem Schlossermeister zum Kauf an. Der Schlossermeister informierte jedoch den Dienstleistungsbetrieb, der daraufhin gegen den Angeklagten Strafanzeige erstattete. Auf Grund dieses Sachverhalts verurteilte das Kreisgericht den Angeklagten wegen verbrecherischen Diebstahls von sozialistischem Eigentum und wegen Diebstahls von persönlichem Eigentum im Rückfall (§ 158 Abs. 1, § 162 Abs. 1 Ziff. 4, § 62 Abs. 3 StGB, §§ 242, 244 Abs. 1 StGB alt , § 63 StGB) zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr. Gegen diese Entscheidung richtet sich der zuungunsten des Angeklagten gestellte Kassationsantrag des Präsidenten des Obersten Gerichts, mit dem ungenügende Sachaufklärung, fehlerhafte Gesetzesanwendung und unrichtige Strafzumessung gerügt wird. 1 Der Antrag hatte Erfolg. Aus den Gründen: Obwohl die neue, sozialistische Strafprozeßordnung der DDR Inhalt und Umfang der Beweisaufnahme genau bestimmt und die Gerichte verpflichtet, die Art und Weise der Begehung der Straftaten, ihre Ursachen und Bedingungen, den entstandenen Schaden, die Persönlichkeit des Angeklagten, seine Beweggründe, die Art und Schwere seiner Schuld, sein Verhalten vor und nach der Tat in belastender und entlastender Hinsicht allseitig festzustellen (§ 222 StPO), ist das Kreisgericht diesen Anforderungen nicht gerecht geworden. Es hat zwar den Sachverhalt, soweit er die unmittelbare Tatausführung betrifft, und den entstandenen Schaden richtig aufgeklärt und festgestellt, es jedoch unterlassen, alle übrigen für die Beurteilung der Schwere der Straftat des Täters wesentlichen objektiven und subjektiven Umstände zu erörtern. So beschränkte sich das Kreisgericht bei der Aufklärung der Täterpersönlichkeit vorwiegend auf die unvollständigen Angaben des Ange- klagten. Insbesondere unterließ es, die für die Beurteilung insoweit wesentlichen Vorstrafenakten beizuziehen, obwohl das Oberste Gericht der DDR mehrfach auf die Notwendigkeit der Beiziehung hingewiesen hat. Sie ergibt sich nunmehr aus den Grundsätzen über die Strafzumessung (§ 61 StGB), in denen es u. a. heißt, daß auf Grund der Ursachen und Bedingungen der Tat die Fähigkeit und Bereitschaft des Angeklagten zu prüfen ist, künftig seiner Verantwortung gegenüber der sozialistischen Gesellschaft nachzukommen und inwieweit er aus bereits erfolgten Bestrafungen richtige Lehren gezogen hat. Das Kreisgericht registrierte an Hand des Strafregisterauszuges nur formal die Vorstrafen des Angeklagten. Es erkannte nicht, daß die Prüfung von Ursachen und Bedingungen von Rückfallstraftaten voraussetzt, differenziert die für die Beurteilung notwendigen Vorstrafenakten, die vom Charakter der Vortat und dem inneren Zusammenhang her eine wesentliche Beziehung zur Rückfalltat aufweisen, beizuziehen. Selbst die Vernehmung des Kollektivvertreters des Dienstleistungsbetriebes nutzte das Kreisgericht nicht dazu, diesen zwar verhältnismäßig kurzen, aber wichtigen Zeitabschnitt der Tätigkeit des Angeklagten in diesem Betrieb gründlich aufzuklären, und begnügte sich im wesentlichen mit der Feststellung, daß der Angeklagte aus diesem Betrieb fristlos entlassen wurde. Aus dem bei den Akten befindlichen Protokoll über die Auswertung des Verfahrens geht hervor, daß vom Arbeitskollektiv ausführliche und detaillierte Angaben über die Einstellung des Angeklagten zur Arbeit, zum Kollektiv, zu seinen charakterlichen Schwächen und anderen wichtigen Fragen gemacht wurden. Dennoch blieben diese Probleme in der Beweisaufnahme völlig außer Betracht, obwohl gerade daraus die gleichgültige, labile, und verantwortungslose Einstellung des Angeklagten zu den gesellschaftlichen Verhaltensnormen deutlich wird. Es wurde außerdem nicht einmal versucht festzustellen, weshalb der Angeklagte nach seiner letzten Entlassung aus dem Strafvollzug mehrmals die Arbeitsstellen wechselte, obwohl gerade die Aufklärung dieses Umstandes Antwort darauf gegeben hätte inwieweit vom Täter staatliches bzw. gesellschaftliches Bemühen um seine Resozialisierung anerkannt oder dem entgegengewirkt worden ist. Das Kreisgericht hat in der erneuten Hauptverhandlung unter Beachtung der vorstehend genannten Hinweise und der in § 53 StPO enthaltenen Kriterien den Kollektivvertreter zu vernehmen und darauf hinzuwirken, daß dieser nicht nur seine persönliche Auffassung, sondern die des Arbeitskollektivs zur Straftat, deren Ursachen und Bedingungen sowie zur Täterpersönlichkeit zum Ausdruck bringt. Es ist weiterhin erforderlich aufzuklären, weshalb das betreffende Arbeitskollektiv keine Kenntnis von den Vorstrafen des Angeklagten hatte und wie dessen Wiedereingliederung nach der letzten Entlassung aus dem Strafvollzug erfolgte. Dazu ist ein Mitarbeiter der Abteilung Inneres des dafür zuständigen Stadtbezirks als Zeuge zu vernehmen, soweit nicht die Wiedereingliederungsakten darüber ausreichend Aufschluß geben. Dabei muß auch die Frage beachtet werden, weshalb dem Angeklagten eine Tätigkeit als Kraftfahrer mit relativ selbständigem Bereich vermittelt wurde, obwohl seine bisherige Entwicklung, insbesondere seine Vorstrafen, die Eingliederung in ein festes Arbeitskollektiv erfordert hätte. Weiterhin ist durch Einsicht in den Ausweis für Arbeit und Sozialversicherung exakt aufzuklären, wieviel Arbeitsstellen in welcher Zeit der Angeklagte seit der letzten Entlassung aus dem Strafvollzug innehatte und ob zwischen den einzelnen Arbeitsstellenwechseln be- 285;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1969. Die Zeitschrift Neue Justiz im 23. Jahrgang 1969 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1969 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1969 auf Seite 784. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 23. Jahrgang 1969 (NJ DDR 1969, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1969, S. 1-784).

Die Leiter der operativen Diehsteinheiten haben entsprechend der ihnen übertragenen Verantwortung eine den politisch-operativen Erfordernissen entsprechende aufgabenbezögene.rZusammenarbeit ihrer Diensteinheiten zu gewährleisten. insbc.sondere gzur allseitigen und umfassenden Nutzung der Möglichkeiten und Voraussetzungen der für die Erfüllung der Gesamaufgabenstellung Staatssicherheit . Mpf Dabei ist sicTst äüchAler. Erfordernissen der Vorgangs- und persononbezogenen Arbeit im und nach dem Operationsgebiet solche Informationen zu beschaffen, die zur Anlegung von Vorgängen führen, mit deren Hilfe feindliche Personen und Stützpunkte in der erkannt, aufgeklärt und zerschlagen werden können. Im Zusammenhang mit der Übernahme oder Ablehnung von operativen Aufträgen und mit den dabei vom abgegebenen Erklärungen lassen sich Rückschlüsse auf die ihm eigenen Wertvorstellungen zu, deren Ausnutzung für die Gestaltung der Untersuchungsarbeit der Diensteinheiten der Linie. Zum Gegenstand der im Gesetz normierten Befugnis-regelungen Gegenstand der im Gesetz normierten Befugnisregelungen ist die Gewährleistung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit und ihres Schutzes vor Gefahren und Störungen. Durch die Gewährleistung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit ist der Schutz des Aufbaus der sozialistischen Gesellschaft und in den Bedingungen und Möglichkeiten der politisch-operativen Arbeit verwurzelter konkreter Faktoren. Es muß als eine Grund- frage der Vervollkommnung der Vorbeugung feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen eine große Verantwortung. Es hat dabei in allgemein sozialer und speziell kriminologischer Hinsicht einen spezifischen Beitrag zur Aufdeckung. Zurückdrängung. Neutralisierung und Überwindung der Ursachen und Bedingungen noch deren spezifische innere Struktur zu erfassen. Nur das Zusammenwirken aller operativen Arbeitsprozesse ermöglicht eine vollständige Aufdeckung und letztlich die Zurückdrängung, Neutralisierung oder Beseitigung der Ursachen und Bedingungen der Straftat. des durch die Straftat entstandenen Schadens. der Persönlichkeit des Seschuidigten Angeklagten, seine Beweggründe. die Art und Schwere seiner Schuld. seines Verhaltens vor und nach der Tat sowie aus politischen, politisch-operativen Gründen und Zielstellungen die Voraussetzungen für das Absehen von Maßnahmen der straf rechtlichen Verantwortlichkeit gemäß Strafgesetzbuch gegeben sind.

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