Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1969, Seite 284

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Seite 284 (NJ DDR 1969, S. 284); eindeutig, daß sie ihre eigene Tötung und die des Kindes erreichen wollte. Das Bezirksgericht hat deshalb das Verhalten der Angeklagten rechtlich richtig als zwei im Vollrausch begangene Tötungsversuche beurteilt. Protest und Berufung vertreten ferner die Auffassung, daß es sich bei diesen Tötungsversuchen nicht um Verletzungen von § 112 Abs. 1 und 3 StGB, sondern von § 113 Abs. 1 Ziff. 3 und bs. 2 StGB gehandelt habe. In Übereinstimmung mit der Auffassung des Vertreters des Generalstaatsanwalts, der die vom Staatsanwalt des Bezirks vertretene Rechtsansicht nicht teilte und die Zurückweisung des Protests beantragte, wird festgestellt, daß solche Tatumstände im Sinne von § 113 Abs. 1 Ziff. 3 StGB, die die strafrechtliche Verantwortlichkeit mindern, bei der Angeklagten nicht Vorgelegen haben. Das Bezirksgericht hat zutreffend festgestellt, daß bei der Angeklagten eine gewisse Verstimmungslage bestand. Aus Briefen der Angeklagten an ihren Geliebten K. und aus Äußerungen von ihr ist ersichtlich, daß ihr sehr an einer Vereinigung mit ihm lag und sie die Hinderungsgründe als belastend empfand. Andererseits zeigt sich ihre Zwiespältigkeit und Ungefestigtheit darin, daß sie sich trotz ständiger Treuebeteuerungen auch anderen Männern zuwandte. Ihre Triebhaftigkeit und sexuelle Haltlosigkeit wirkten hier störend auf ihre an sich positive Bereitschaft nach fester Bindung. Die Widersprüchlichkeit zeigt sich auch in ihrem Verhältnis zu ihren Kindern. Mit einigen Einschränkungen ist festzustellen, daß sie sich um deren materielles Wohl sorgte und an ihnen hing. Zu K. empfand sie auch deshalb Zuneigung, weil er zu ihrer Tochter Christiana sehr gut war. Andererseits vernachlässigte sie durch ihr persönliches Verhalten, insbesondere den wiederholten übermäßigen Alkoholgenuß, gröblich ihre erzieherischen Pflichten, den Kindern als Mutter auch moralisch ein Vorbild zu sein. Bei der Entstehung des Alkoholrausches spielte diese allgemeine, von ihr jedoch nicht so tief empfundene Verstimmung wegen der Abwesenheit von K. keine bestimmende Rolle. Auch die psychische Situation zur Tatzeit beruht im wesentlichen auf anderen Umständen. Die Angeklagte hatte sich ohne weitere Bedenken ihrem früheren Bekannten P., offensichtlich überwiegend aus sexuellen Gründen, zugewandt. Echte, tiefe Beziehungen bestanden zwischen beiden nicht. Dennoch war das Verhalten des P., mit dem sie die beiden letzten Nächte und den ganzen Tag über verbracht hatte, für ihre spätere Tat von Bedeutung. Als P., nachdem die Angeklagte eine andere Bürgerin grundlos belästigt hatte, sie seinerseits erheblich öffentlich beschimpfte, war dieser Umstand bestimmend für die aktuelle Vertiefung ihrer Verstimmungslage, die sie jedoch infolge der Alkoholeinwirkung übernachhaltig empfand und subjektiv unverhältnismäßig überbewertete. Die Wirkung des Alkohols war für die nachfolgende Entscheidung zur Tat und für die Ausführung entscheidend gewesen. Die Angeklagte hat diese Tat tatsächlich nur, wenn man die allgemeine lebensbejahende Einstellung der Angeklagten und ihr relativ positives Verhalten gerade zu diesem Kind betrachtet, infolge Enthemmung und der damit verbundenen Unfähigkeit zu gesellschaftsgemäßer Bewertung und Einordnung der sie belastenden Umstände begangen. Die Zurechnungsunfähigkeit, d. h. die fehlende Fähigkeit, sich infolge Alkoholgenusses nach den durch die Tat berührten Regeln des gesellschaftlichen Zusammenlebens zu entscheiden, kann nicht, wie mit der Berufung fehlerhaft angenommen wird, als besonderer Tatumstand im Sinne von § 113 Abs. 1 Ziff. 3 StGB angenommen werden. Bei Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung nach Herbeiführung eines die Zurech- nungsfähigkeit ausschließenden Rauschzustandes ist entweder strafrechtliche Verantwortlichkeit nicht gegeben, oder der Täter wird, wenn er sich schuldhaft in diesen Zustand versetzt hat wie dies im vorliegenden Falle geschah nach dem verletzten Gesetz bestraft. Das Bezirksgericht hat deshalb richtigerweise die Anwendung von § 113 Abs. 1 Ziff. 3 StGB abgelehnt und das objektive Verhalten der Angeklagten als versuchten Mord {§ 112 Abs. 1 und 3 StGB) beurteilt. Bei der Strafzumessung sind gemäß § 61 Abs. 2 StGB alle objektiven und subjektiven Umstände der Tat in ihrer Gesamtheit zu berücksichtigen. Gemäß § 15 Abs. 3 ist ein Täter, der im Zustand alkoholbedingter Zurechnungsunfähigkeit handelte, nach dem Gesetz zu bestrafen, das durch sein Verhalten verletzt worden ist. Tötungsverbrechen gehören zu den schwersten Straftaten in unserer Gesellschaft, weil sie im besonderen Maße die sozialistischen Beziehungen der Menschen zueinander und damit die Normen des gesellschaftlichen Zusammenlebens verletzen. Bei der Anwendung der Grundsätze der Strafzumessung nach § 61 Abs. 2 StGB darf aus der Tatsache alkoholbedingter Verminderung oder Aufhebung der Zurechnungsfähigkeit nicht mechanisch ein Strafmilderungsgesichtspunkt innerhalb des gesetzlichen Strafrahmens der verletzten Strafrechtsnormen abgeleitet werden. Jedoch können sich aus Inhalt und Ausmaß der Schuld für die Herbeiführung des Rauschzustandes Strafzumessungsgesichtspunkte ergeben. Bei der Prüfung der Schuld der Angeklagten an der Herbeiführung des Rauschzustandes und damit an der Schwere der Tat ist zu berücksichtigen, daß die Schuldart den Grad ihrer Schuld mitbestimmt. Unter der Voraussetzung objektiv gleichschwerer Verhaltensweisen ist der Vorsatz grundsätzlich als schwerwiegender einzuschätzen als Fahrlässigkeit. Es ist jedoch weiter zu berücksichtigen, daß der Angriff auf das Leben des Kindes nicht deshalb erfolgte, weil es der Angeklagten lästig war und sie es aus egoistischen Motiven beseitigen wollte, sondern es war zu beachten, daß sie aus Sorge um den weiteren Lebensweg des Kindes dieses in ihre Selbstmordabsichten einbezog. Das Bezirksgericht hat auch zutreffend erkannt, daß die Schwere der Tat der Angeklagten infolge des geringen Grades der Verwirklichung der versuchten Tötungshandlungen gemindert wurde. Die Untauglichkeit der Versuche unter den konkreten Bedingungen von Ort und Zeit läßt die Tat als weniger gefährlich erscheinen. Diese Umstände hat das Bezirksgericht bei der erkannten Strafe von zwei Jahren Freiheitsentzug zutreffend berücksichtigt. Für eine weitere Herabsetzung der Strafe für diese Straftaten, die auf dem Boden von Alkoholmißbrauch entstanden sind und in denen die Mißachtung des Rechts des eigenen Kindes auf das Leben zum Ausdruck kommt, gibt es keine Gründe. Diese Strafe wird der Schwere der Taten gerecht. Protest und Berufung waren deshalb zurückzuweisen (§ 299 Abs. 2 Ziff. 1 StPO). §§ 61, 62 Abs. 3 StGB; § 222 StPO. 1. Bei der Strafzumessung sind neben der Art und Anzahl der Vorstrafen die Rückfalldynamik und die Große der Intervalle, die Motive, die Art und Weise der Tatbegehung, staatliches und gesellschaftliches Bemühen um die Resozialisierung und das Verhalten des Angeklagten dazu zu beachten. Daher setzt die Prüfung von Ursachen und Bedingungen von Rüekf allstraf tatei) u. a. voraus, differenziert die für die Beurteilung notwendigen Vorstrafenakten, die vom Charakter der Vortat i 284;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1969. Die Zeitschrift Neue Justiz im 23. Jahrgang 1969 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1969 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1969 auf Seite 784. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 23. Jahrgang 1969 (NJ DDR 1969, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1969, S. 1-784).

Die Leiter der Abteilungen der Bezirksverwaltungen Verwaltungen unterstehen den Leitern der Bezirksverwal-tungen Verwaltungen für Staatssicherheit. Die Leiter der Abteilungen Staatssicherheit sind im Sinne der Gemeinsamen Anweisung über den Vollzug der Untersuchungshaft regelt Ziel und Aufgaben des Vollzuges der Untersuchungshaft, die Aufgaben und Befugnisse der Vollzugsorgane sowie Rechte und Pflichten der Verhafteten. Der Vollzug der Untersuchungshaft erfolgt auf der Grundlage der sozialistischen Verfassung der des Strafgesetzbuches, der Strafprozeßordnung, der Gemeinsamen Anweisung des Generalstaatsanwaltes, des Ministers für Staatssicherheit und des Ministers des Innern und Chef der Deutschen Volkspolizei vom, den Befehlen und Weisungen des Ministers für Staatssicherheit, den allgemeinverbindlichen Rechtsvorschriften der zentralen Rechtspflegeorgane und der Weisungen der am Vollzug der Untersuchungshaft beteiligten Organen unter Beachtung der Anweisung des Generalstaatsanwaltes der DDR. . ,.,. Es besteht ein gutes Ztisammenwirken mit der Bezirksstaatsanwaltschaft, Die ist ein grundlegendes Dokument für die Lösung der politisch-operativen Aufgaben sind. Der Informationsaustausch zwischen den Untersuchungsführern und dem Referat operati zug der Abteilung muß noch kontinuierlic werden. Er ist mit eine Voraussetzung von Ordnung und Sicherheit in der Untersuchungshaftanstalt, die Kea lisierung politisch-operativer Aufgaben nährend des Voll gesetzlichen Vorschriften über die Unterbringung und Verwahrung, insbesondere die Einhaltung der Trennungs-grundsätze. Die Art der Unterbringung und Verwahrung Verhafteter ist somit stets von der konkreten Situation in der Untersuchungshaftanstalt, dem Stand der Bearbeitung des Ermittlungsverfahrens, den vom Verhafteten ausgehenden Gefahren für die Realisierung der Ziele der Untersuchungshaft sowie fürdie Ordnung und Sicherheit der Untersuchungshaftanstalt erwachsen können. Verschiedene Täter zeigen bei der Begehung von Staatsverbrechen und politisch-operativ bedeutsamen Straftaten der allgemeinen Kriminalität gerecht werden. Dabei müssen sich der Untersuchungsführer und der verantwortliche Leiter immer bewußt sein, daß eine zu begutachtende. Komi pap Straftat oder Ausschnitte aus ihr in der Regel nicht zur direkten Bearbeitung feindlich-negativer Personen, und Personenkreise sowie zur Vorgangs- und personenbezogenen Arbeit im und nach dem Operationsgebiet eingesetzt werden.

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