Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1969, Seite 274

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Seite 274 (NJ DDR 1969, S. 274); Beeinträchtigung oder Aufhebung der Fähigkeit zur Steuerung des eigenen Handelns entscheidet, obwohl für ihn die Möglichkeit zu gesellschaftsgemäßem Verhalten gegeben war (§ 5 StGB), und in diesem Zustand eine mit Strafe bedrohte bzw. strafbare Handlung begeht. Damit wird eine dem sozialistischen Strafrecht adäquate Bestimmung des sozialen Wesens der auf die Herbeiführung des Rauschzustandes bezogenen Schuld erreicht. Mit der im StGB-Lehrkom-mentar vertretenen Auffassung wird die Schuld dagegen lediglich auf das Wissen reduziert, daß die Einnahme von Alkohol oder anderen berauschenden Mitteln zu einem das Bewußtsein beeinträchtigenden Zustand führen kann. Der dem sozialistischen Strafrecht entsprechenden Auslegung des Schuldbegriffs im Sinne von § 15 Abs. 3 und § 16 Abs. 2 StGB steht nicht entgegen, daß sich die Schuld auf die Verwirklichung eines gesetzlichen Tatbestandes beziehen muß. Unter der „im gesetzlichen Tatbestand bezeichneten Tat“ ist das konkrete, unter Strafe gestellte Verhalten zu verstehen, d. h. die Gesamtheit der objektiven und subjektiven Tatsachen, die eine Handlung zur Straftat machen. Die Voraussetzungen und Grenzen der strafrechtlichen Verantwortlichkeit sind in den grundsätzlichen Bestimmungen und in den Einzeltatbeständen genannt. Unter der die strafrechtliche Verantwortlichkeit begründenden Tat eines Zurechnungsunfähigen, der diesen Zustand schuldhaft durch den Genuß berauschender Mittel herbeigeführt hat, sind somit die Gesamtheit der sich aus § 15 Abs. 3 StGB und der objektiv verletzten Norm des Besonderen Teils ergebenden Umstände zu verstehen, die das Verhalten als strafrechtlich relevant charakterisieren. Wer sich schuldhaft in einen die Zuredinungsfähigkeit ausschließenden oder erheblich beeinträchtigenden Rauschzustand versetzt und in diesem Zustand eine mit Strafe bedrohte bzw. eine strafbare Handlung begeht, verletzt die jedem Bürger durch § 15 Abs. 3 und § 16 Abs. 2 in Verbindung mit § 9 StGB auferlegte Rechtspflicht, sich nicht durch Alkohol oder andere berauschende Mittel in einen solchen Zustand zu versetzen, der das Steuerungsvermögen des eigenen Handelns ausschließt oder erheblich herabsetzt. Darüber hinaus kann sich die Rechtspflichtverletzung auch aus anderen gesetzlichen Bestimmungen ergeben, so z. B. aus § 5 StVO, § 4 ASAO Nr. 1. Mit der hier dargelegten Auffassung, wonach die schuldhafte Herbeiführung eines Rauschzustandes bei Begehung einer mit Strafe bedrohten oder strafbaren Handlung als Rechtspflichtverletzung charakterisiert wird, wenden wir uns zugleich gegen solche verallgemeinernden Ansichten, daß das Trinken von Alkohol schlechthin eine Rechtspflichtverletzung darstelle. Eine solche Meinung stimmt mit den tatsächlichen gesellschaftlichen Gegebenheiten nicht überein. Die Frage nach dem Vorliegen einer Rechtspflichtverletzung stellt sich nur dann, wenn im Zustand der Zurechnungsunfähigkeit eine mit Strafe bedrohte Handlung bzw. bei Vorliegen verminderter Zurechnungsfähigkeit eine Straftat begangen worden ist. Zusammenfassend kann somit festgestellt werden, daß es in bezug auf die Normen des Strafrechts keine außerhalb des im Allgemeinen Teil des StGB definierten Schuldbegriffs liegende Schuld gibt. Das bezieht sich im übrigen nicht nur auf die zitierten Bestimmungen über die Aufhebung und Verminderung der Zurechnungsfähigkeit, sondern z. B. auch auf die Bestimmungen über den unverschuldeten Affekt (§§ 14, 113 Abs. 1 Ziff. 1 StGB) 10. i i i Vgl. hierzu auch den Beitrag von Mörtl in diesem Heft. Zur Bedeutung der Schuldprüfung Die Prüfung und Feststellung der Schuldart hinsichtlich des Sich-in-den-Rauschzustand-Versetzens sowie die Charakterisierung des Ausmaßes dieser strafrechtlichen Schuld ist in mehrfacher Hinsicht von Bedeutung. Ergibt die Prüfung, daß der Täter im Hinblick auf die Herbeiführung des Zustandes der Zurech-nungsunfähigkeit nicht schuldhaft gehandelt hat, so kann er gemäß § 15 Abs. 3 StGB auch nicht nach dem verletzten Gesetz bestraft werden. Er ist freizusprechen, da es strafrechtlich relevantes Handeln ohne Schuld im sozialistischen Strafrecht nicht gibt. Die Schuld müßte z. B. verneint werden, wenn der Täter erstmals in einen pathologischen Rauschzustand gerät, so daß ihm seine auf krankhaften Veränderungen beruhende Alkoholunverträglichkeit nicht bekannt sein konnte. Die Schuld ist auch ausgeschlossen, wenn dem Täter die Folgen der Alkoholaufnahme aus anderen Gründen nicht bekannt waren, z. B., wenn ihm Drogen gegeben werden, die seine Alkoholverträglichkeit aufheben oder herabsetzen, oder wenn er selbst solche einnimmt und Alkohol trinkt, ohne ihre die Alkoholverträglichkeit herabsetzende Wirkung zu kennen. Im Falle des nicht schuldhaften Herbeiführens eines die Zurechnungsfähigkeit erheblich beeinträchtigenden Rauschzustandes im Sinne des § 16 StGB könnte ggf. die Strafe nach den Grundsätzen der außergewöhnlichen Strafmilderung herabgesetzt werden, was für die Fälle des schuldhaften Herbeiführens dieses Zustandes ausgeschlossen ist. Von den in § 15 Abs. 3 genannten Fällen sind die der actio libera in causa zu unterscheiden, die nicht von dieser gesetzlichen Bestimmung erfaßt werden. Hier entscheidet sich der Täter zur Tat, bevor er sich in den Rauschzustand versetzt hat. Es ist strafrechtliche Schuld auch im Hinblick auf die Erfüllung des Tatbestandes des Besonderen Teils des StGB gegeben. § 15 Abs. 3 und § 16 Abs. 2 StGB sind in der Praxis teilweise dahingehend mißverstanden worden, daß auch die Bewertung der Umstände, durch die infolge Alkoholgenusses die verminderte Zurechnungsfähigkeit oder die Zurechnungsunfähigkeit herbeigeführt wurde, bei der Bemessung der Strafe völlig außer Betracht zu bleiben habe. Das hat verschiedentlich dazu geführt, daß nicht oder zumindest nicht exakt geprüft wird, ob überhaupt ein durch Alkohol bedingter Zustand der Zurechnungsunfähigkeit oder der verminderten Zurechnungsfähigkeit vorlag. Es wird teilweise auf die Beiziehung von Gutachten über die Blutalkoholkonzentration und auf die Vernehmung von Zeugen, die über den Trunkenheitsgrad des Angeklagten aus-sagen können, verzichtet, obwohl dies in den betreffenden Fällen zur Feststellung der Zurechnungsunfähigkeit oder verminderten Zurechnungsfähigkeit notwendig gewesen wäre. Eine solche Praxis widerspricht jedoch den Grundsätzen des § 61 StGB, die eine allseitige, Beachtung aller objektiven und subjektiven Umstände bei der Strafzumessung fordern. Die Bewertung der mit der Herbeiführung des Rauschzustandes zusammenhängenden Umstände für die Bestimmung von Schuldart und Ausmaß der Schuld kann sowohl in strafverschärfender als auch in strafmildernder Hinsicht bedeutsam sein. Zur Bedeutung der Art und des Ausmaßes der Schuld für die Strafzumessung Unter der Voraussetzung objektiv gleich schwerer Verhaltensweisen ist der Vorsatz grundsätzlich als schwerwiegendere Schuldart einzuschätzen als die 274;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Seite 274 (NJ DDR 1969, S. 274) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Seite 274 (NJ DDR 1969, S. 274)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1969. Die Zeitschrift Neue Justiz im 23. Jahrgang 1969 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1969 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1969 auf Seite 784. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 23. Jahrgang 1969 (NJ DDR 1969, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1969, S. 1-784).

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