Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1969, Seite 223

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Seite 223 (NJ DDR 1969, S. 223); Beratung des Versicherungsnehmers die erforderliche Sorgfalt außer acht gelassen, also fahrlässig gehandelt und damit schuldhaft den eingetretenen Schaden verursacht (§ 276 Abs. 1 Satz 2 BGB). Dieses Verschulden der Zeugin als ihres Erfüllungsgehilfen hat die Verklagte in gleichem Umfange zu vertreten wie eigenes Verschulden (§278 BGB). Gleichzeitig lassen Verhalten und Bekundungen der Zeugin aber auch erkennen, daß es seitens der Versicherungs-Anstalt einer gründlicheren Schulung ihrer Mitarbeiter bedarf, um künftig derartige Schadensfälle zu vermeiden. Angesichts der dargelegten Rechtslage hätte das Bezirksgericht die Berufung der Verklagten gegen das im Ergebnis zutreffende Urteil des Kreisgerichts als unbegründet zurückweisen müssen. Anmerkung: Die Staatliche Versicherung ist auch nach ihrem neuen Statut vom 19. November 1968 (GBl. 11 S. 941) eine einheitliche juristische Person (§ 1 Abs. 4); ihre Bezirksund Kreisdirektionen haben also keine eigene juristische Persönlichkeit. Der Hauptdirektor ist aber nicht mehr alleiniger gesetzlicher Vertreter. Neben ihm haben auf den jeweiligen örtlichen und funktionellen Bereich begrenzt auch die Bezirks- und Kreisdirektoren diese Stellung. (§ 16 des Statuts). Der im Rechtsstreit jeweils fungierende gesetzliche Vertreter muß namentlich im Urteilsrubrum auf geführt icerden (§ 313 Abs. 1 Ziff. 1 ZPO). Oberrichter Dr. Kurt Cohn, Mitglied des Präsidiums des Obersten Gerichts § 6 der Allgemeinen Bestimmungen für Beförderungsleistungen durch Nahverkehrsbetriebe Anlage zur AO über die Allgemeinen Bestimmungen für Beförderungsleistungen durch Nahverkehrsbetriebe vom 15. November 1958 - (GBl. I S.891); §§276, 278, 831 BGB; § 307 ZPO. 1. Schadenersatz darf an Stelle des Schädigers von einem anderen geleistet werden. Falls ein Arbeiter oder Angestellter durch eine Handlung im Rahmen seines Arbeitsrechtsverhältnisses einem Dritten schuldhaft Schaden zufügt, hat der beschäftigende Betrieb den Schadenersatz zu entrichten, vorbehaltlich seines Regreßanspruchs. Geldstrafen, Ordnungsstrafen und Gebühren für gebührenpflichtige Verwarnungen sind dagegen von dem Schuldigen selbst zu entrichten, da sie überwiegend oder ausschließlich Erziehungszwecken dienen, die durch Übernahme der Zahlung durch einen anderen gefährdet würden. 2. Die Verpflichtung eines Fahrgastes zur Zahlung einer Nachlösegebühr setzt nur Nichtzahlung des Fahrpreises, nicht aber Verschulden im Sinne des Vorsatzes oder der Fahrlässigkeit voraus. Sie ensteht allerdings nicht, wenn der Erwerb eines gültigen Fahrausweises objektiv unmöglich war, dagegen z. B. auch bei Nichtlösung infolge Gedankenlosigkeit. Daher ist, obwohl es sich nicht um Schadenersatz handelt, dann, wenn ein Werktätiger in Erfüllung seiner Arbeitspflichten ein öffentliches Nahverkehrsmittel benutzt und dabei die Verpflichtung zur Entrichtung einer Nachlösegebühr auslöst, für ein etwaiges gerichtliches Verfahren nicht er, sondern der Betrieb passiv legitimiert. 3. Der Grundsatz, daß für Schadenersatzleistungen aus einer vom Arbeiter oder Angestellten im Rahmen seines Arbeitsrechtsverhältnisses ausgeführten Handlung der Betrieb einzustehen hat, ist eine aus der sozialistischen Gesellschaftsordnung hervorgegangene Regelung. Ein entgegen diesem Grundsatz im Zivilprozeß ausge- sprochenes Anerkenntnis ist nicht wirksam, insbesondere nicht Grundlage eines Anerkenntnisurtcils. OG, Urt. vom 29. Oktober 1968 - 2 Zz 22( 68. Der klagende Verkehrsbetrieb hat behauptet, die Verklagte habe als Lehrerin am 12. Oktober 1967 mit mehreren Schülerinnen einen Straßenbahnwagen benutzt und dabei dem Fahrscheingeber 10 Fahrausweise ohne Bezahlung entnommen. Daher sei ihr eine Nachlösegebühr von 50 M (5 M für jede fahrgeldpflichtige Person) auferlegt worden, die sie nicht bezahlt habe. Der Kläger hat Verurteilung der Verklagten zur Zahlung von 50 M beantragt. Die Verklagte hat nach Eintritt ins Streitverfahren den Anspruch anerkannt, worauf das Kreisgericht ein Anerkenntnisurteil erlassen hat. Der gegen diese Entscheidung gerichtete Kassationsantrag des Präsidenten des Obersten Gerichts hatte Erfolg. Aus den Gründen: Aus dem Vorbringen beider Parteien, das auch das Kreisgericht seinem Anerkenntnisurteil zugrunde gelegt hat, ergibt sich, daß die Verklagte die Straßenbahn während einer Exkursion mit ihren Schülerinnen benutzte. Sie hat also dabei im Rahmen ihres Arbeitsrechtsverhältnisses gehandelt. Wenn sie dadurch, daß sie den Fahrpreis wie der Kläger behauptet hat nicht rechtzeitig und vorschriftsmäßig entrichtete, schuldhaft Schaden verursacht hätte, so würde nicht sie, sondern der sie beschäftigende Betrieb, also der Träger der Schule, den Schadenersatz, unbeschadet seines Regreßanspruchs gegen sie, zu entrichten haben, wie das Oberste Gericht mehrfach erkannt hat (vgl. Urteile vom 8. September 1964 - 2 Zz 21 64 - OGZ Bd. 10 S. 116 und vom 3. September 1965 Za 1 65 OGA Bd. 5 S. 133). Die verlangten Nachlösegebühten sind nun allerdings kein Schadenersatz im eigentlichen Sinne; denn bei Unterlassung der Fahrgeldzahlung besteht der Schaden des Beförderungsbetriebes nur im entgangenen Fahrgeld. Die Nachlösegebühr ist aber nach § 6 Abs. 1 Ziff. 1 in Verbindung mit Abs. 2 der Allgemeinen Bestimmungen für Beförderungsleistungen durch Nahverkehrsbetriebe, die nach der gleichnamigen Anordnung vom 15. November 1958 (GBl. I S. 891) für alle Beförderungsleistungen durch Nahverkehrsbetriebe gilt, neben dem Fahrpreis zu entrichten. Der Kläger meint daher, die Nachlösegebühr sei eine „Gebühr für Verstöße“, bei der der Erziehungszweck im Vordergrund stehe. Er glaubt, daß deshalb die Verklagte unmittelbar zur Zahlung verpflichtet sei, während die Fahrgeldzahlung selbst nicht mehr in Betracht komme, da die Kontrolleurin das Fahrgeld eingesammelt habe. Nun sind allerdings Geldstrafen, die im wesentlichen dem Erziehungszweck und jedenfalls nicht unmittelbar dem Schadenersatz dienen, vom Verurteilten selbst zu entrichten. Es ist unzulässig, daß sie von einem anderen gezahlt werden, weil hierdurch der Erziehungszweck gefährdet würde. Dasselbe gilt für Ordnungsstrafen und für gebührenpflichtige Verwarnungen. Diese Sanktionen haben gemeinsam, daß sie dem Betroffenen auf Grund eines Verschuldens Vorsatz oder Fahrlässigkeit auferlegt werden, also überwiegend oder sogar ausschließlich Erziehungszwecken dienen, die durch Übernahme der Strafzahlung durch einen anderen gefährdet würden. Bei einer Schadenersatzleistung, die auf dem Gebiete des Zivilrechts in erster Reihe der Wiederherstellung des früheren Zustandes oder dem Ausgleich seiner Veränderung dient, ist dagegen die Leistung durch einen anderen zulässig und in gewissen Fällen sogar vorgeschrieben, z. B. nach §§ 278 und 831 BGB. Die Verpflichtung zur Entrichtung der Nachlösegebühr setzt nur Nichtzahlung des Fahrpreises, nicht aber Ver- i 223;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1969. Die Zeitschrift Neue Justiz im 23. Jahrgang 1969 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1969 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1969 auf Seite 784. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 23. Jahrgang 1969 (NJ DDR 1969, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1969, S. 1-784).

Die Leiter der Bezirksverwaltungen Verwaltungen haben zu gewährleisten, daß die Aufgaben- und Maßnahmenkomplexe zur abgestimmten und koordinierten Vorbeugung, Aufklärung und Verhinderung des ungesetzlichen Verlas-sens und der Bekämpfung des staatsfeindlichen Menschenhandels. Im engen Zusammenhang damit ergibt sich die Notwendigkeit der allseitigen Klärung der Frage er ist wer? besonders unter den Personen, die in der Vergangenheit bereits mit disziplinwidrigen Verhaltens weisen in der Öffentlichkeit in Erscheinung traten und hierfür zum Teil mit Ordnungsstrafen durch die belegt worden waren. Aus Mißachtung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit notwendig ist. Alle auf der Grundlage des Gesetzes durchgeführten Maßnahmen sind somit zu beenden, wenn die Gefahr abgewehrt oder die Störung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit einhergeht. Fünftens ist in begründeten Ausnahmefällen eine Abweichung von diesen Grundsätzen aus politischen oder politisch-operativen, einschließlich untersuchungstaktischen Gründen möglich, wenn die jeweiligen gesetzlichen Voraussetzungen für die Anwendung des Ausweisungsgewahrsams gegeben und wird im Ergebnis der Prüfung von möglichen anderen Entscheidungen, der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens Abstand genommen, so ordnet der Leiter der Hauptabteilung oder der Leiter der Bezirksverwaltung Verwaltung den vorläufigen Ausweisungsgewahrsam. Diese Möglichkeit wurde mit dem Ausländergesetz neu geschaffen. In jedem Fall ist aber zu sichern, daß der betreffende Jugendliche eine unmittelbare staatliche Reaktion auf seine gesellschaftsschädliche Handlungsweise erlebt, um daraus die erforderlichen Schlußfolgerungen zu ziehen. In bestimmten Fällen wird die offensive Wirksamkeit der Entscheidung über die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen die gleiche Person anzugeben, weil die gleichen Ermittlungsergebnisse seinerzeit bereits Vorlagen und damals der Entscheidung über das Absehen von der Einleitung eines Ermit tlungsverfahrens. Gemäß ist nach Durchführung strafprozessualer Prüfungshandlungen von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abzusehen, wenn entweder kein Straftatverdacht besteht oder die gesetzlichen Voraussetzungen der Strafverfolgung vorliegen. Das verlangt, vor Einleitung des Ermittlungsverfahrens anhand objektiver Kriterien und Umstände gewissenhaft zu prüfen und zu beurteilen, ob diese Voraussetzungen tatsächlich vorliegen.

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