Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1969, Seite 22

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Seite 22 (NJ DDR 1969, S. 22); * Dieses Streben nach Revision der Ergebnisse des zweiten Weltkrieges und nach Überwindung des historisch Neuen, das in Gestalt der sozialistischen Gesellschaftsund Staatsordnung der DDR entstanden ist, wird mit Hilfe des Staatsangehörigkeitsrechts gleichsam in die Form eines juristisch gebotenen Verhaltens umgemünzt. Dazu werden einige pseudojuristische Konstruktionen benötigt, die von der gesellschaftlichen Realität abstrahieren. Das gilt vor allem für die sog. Identitätstheorie. Ausgehend von der politisch zweckbestimmten Fiktion, das Deutsche Reich sei 1945 nicht untergegangen, sondern existiere über die Zerschlagung des faschistischen deutschen Staates hinaus fort, wird die Identität der westdeutschen Bundesrepublik mit dem ehemaligen Deutschen Reich behauptet. Darin liegt eine entscheidende Ausgangsthese für die Alleinvertretungsanmaßung der Bonner Regierung. Die herrschenden Kreise Westdeutschlands machen sich für ihre Ziele die klassenbedingte Schwäche der bürgerlichen Staatslehre nutzbar. Diese kann den kapitalistischen Staat nicht in seiner Klassennatur, d. h. als Ausdruck der Unversöhnlichkeit der Widersprüche begreifen, von denen die bürgerliche Gesellschaft geprägt wird. Ebensowenig vermag sie ihn als das politische Instrument darzustellen, das zu dem Zweck formiert und eingesetzt ist, die gegebenen Gesellschaftsverhältnisse zu garantieren. Aus ihrer apologetischen Grundposition heraus macht sie die Maßstäbe des bürgerlichen Staates und seines Rechts zum Kriterium aller staatlichen und rechtlichen Erscheinungen. Das kann sie, weil sie Staat und Recht aus den ihnen zugrunde liegenden realen ' gesellschaftlichen Bedingungen herausgelöst hat. So verwandelt sich in der Doktrin der kapitalistische Staat in einen Rechtsbegriö, zu dessen Erklärung es keiner Gesellschaftsanalyse bedarf. Das Ende der imperialistischen Klassenherrschaft, das mit der Zerschlagung des Faschismus zunächst gegeben war, konnte folglich in der Doktrin als belanglos gelten. Nicht zuletzt daraus erklärt es sich, daß auf der Hamburger Tagung der deutschen Völkerrechtslehrer vom April 1947 eine Entschließung gefaßt wurde, in der es heißt: „Das deutsche Reich ist auch nach der bedingungslosen Kapitulation der deutschen Wehrmacht und der Besetzung ein Staat mit eigenen Staatsangehörigen und ein Rechtssubjekt im Sinne des allgemeinen Völkerrechts geblieben.“2 Diese Doktrin war dem Restaurationsbedürfnis der deutschen Monopolbourgeoisie förmlich auf den Leib geschrieben. Sie konnte die theoretischen Argumente dafür liefern, das „Rechtssubjekt Deutsches Reich“ als Organisationsform spätkapitalistischer Macht wieder handlungsfähig zu machen. Darüber hinaus wurde sie benutzt, um den Anspruch der Bundesregierung auf das Territorium des Deutschen Reiches in seinen Grenzen vom 31. Dezember 1937 juristisch zu bemänteln. Das durch diese Grenzen umrissene Gebiet wird von dem im westdeutschen Staatsangehörigkeitsrecht herrschenden Inlandsbegriff umfaßt, der auch in anderen Rechtsgebieten durchgängig zugrunde gelegt wird. Bundesverfassungsgericht und Bundesgerichtshof haben wiederholt in ihren Entscheidungen den Inlandsbegriff in dieser Weise definiert. So heißt es z. B. im Urteil des Bundesgerichtshofes vom 22. September 1955: „Die Stadt Breslau gehört noch heute zum Gebiet des Deutschen Reiches, für dessen Begrenzung der Zustand vom 31. Dezember 1937 maßgebend ist In diesem Bezirk ist die Ausübung der deutschen Gerichtsbarkeit zwar noch immer gehindert, aber nicht endgültig beseitigt .“3 2 Jahrbuch für Internationales und ausländisches öffentliches Recht Bd. I (1948) S. 6. 3 BGHSt Bd. 8 S. 168. Der territoriale Aspekt der Alleinvertretungsanmaßung findet seine Ergänzung darin, daß für dieses Gebiet eine einheitliche deutsche Staatsangehörigkeit behauptet wird. Davon geht bereits das Bonner Grundgesetz aus. Art. 116 Abs. 1 GG lautet: „Deutscher im Sinne dieses Grundgesetzes ist vorbehaltlich anderweitiger gesetzlicher Regelung, wer die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt oder Vertriebener deutscher Volkszugehörigkeit oder als dessen Ehegatte oder Abkömmling in dem Gebiet des Deutschen Reiches nach dem Stand vom 31. Dezember 1937 Aufnahme gefunden hat.“ In den Kommentaren zum westdeutschen Staatsangehörigkeitsrecht finden wir durchweg eine Solidarisierung mit dieser völkerrechtswidrigen Position. Sie ist bei Maßfeiler in die Worte gekleidet: „Die deutschen Bewohner der Sowjetzone, der Gebiete jenseits der Oder-Neiße-Linie, des Saargebietes usw. besitzen die gleiche deutsche Staatsangehörigkeit wie die Bewohner der Bundesrepublik Deutschland.“4 Maßfeller steht hier repräsentativ für die überwiegende Mehrzahl der westdeutschen Rechtwissenschaftler, die sich zu diesem Problem äußern5. Darübdr hinaus wird der zitierte Standpunkt auch in der höchstrichterlichen Rechtsprechung Westdeutschlands vertreten, und die. offizielle politische Literatur nimmt ihn natürlich ebenfalls ein. Das Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen z. B. formuliert ihn folgendermaßen : „Da die gegenwärtigen völkerrechtlichen Grenzen des Deutschen Reiches zumindest mit denen vom 31. Dezember 1937 übereinstimmen, bezieht die deutsche Staatsangehörigkeit sich auf dieses gesamte Gebiet.““ Die angeführten Belege lassen sich nicht mit dem Ein-wand abschwächen oder gar entkräften, sie seien vor geraumer Zeit unter den Bedingungen anderer Bundesregierungen entstanden. Da sich in ihnen das politische Credo des staatsmonopolistischen Regimes ausgedrückt findet, ist der Wechsel von Regierungen, sofern er keine veränderten Klassenkräfteverhältnisse widerspiegelt, ohne Belang. In der skizzierten aggressiven Konzeption gibt es eine unbedingte Kontinuität von Bundesregierung zu Bundesregierung. Was Bundeskanzler Kiesinger zur Charakterisierung des politischen Gesamtziels als Verpflichtung bezeichnet hat, den Status quo nicht anzuerkennen, sondern zu verändern, erscheint z. B. auf dem Gebiet der Staatsangehörigkeit in der Erklärung des westdeutschen Regierungssprechers zum Staatsbürgerschaftsgesetz der DDR vom 20. Februar 1967 (GBl. I S. 3) in folgender Form: „Die Bewohner im anderen Teil Deutschlands bleiben deutsche Staatsangehörige nach Maßgabe des deutschen Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetzes vom 22. Juli 1913 ,“7 Die Tragweite dieses Standpunktes kann aus dem Text des in der Bundesrepublik noch fortgeltenden Reichsund Staatsangehörigkeitsgesetzes von 1913 in keiner Weise herausgelesen werden. Es enthält im wesentlichen nur Aussagen über die Gründe, die zum Erwerb oder Verlust der Staatsangehörigkeit führen, sowie einige Verfahrensregeln. Aussagen zum Inhalt, zur politisch-juristischen Bedeutung der Staatsangehörigkeit finden sich im Gesetz nicht. Wegen der Erwerbs- und 4 Maßfeller, Deutsches Staatsangehörigkeitsrecht, Frankfurt (Main) und (West-) Berlin 1955, S. 29. 5 Dabei darf nicht übersehen werden, daß Maßfeller und Lichter, der in seinem Kommentar (Die Staatsangehörigkeit nach deutschem und ausländischem Recht, West-Berlin/Köln 1955 S. 22 f.) dieselbe Position wie Maßfeller bezieht, bereits im faschistischen Staatsapparat verantwortliche Funktionen bekleideten. 6 Der deutsche Staat in rechtlicher Sicht, Bonn 1965, S. 74. 7 Bulletin des Presse- und Informationsamles der Bundesregierung Nr. 19 vom 22. Februar 1967, S. 147. 22;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Seite 22 (NJ DDR 1969, S. 22) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Seite 22 (NJ DDR 1969, S. 22)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1969. Die Zeitschrift Neue Justiz im 23. Jahrgang 1969 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1969 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1969 auf Seite 784. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 23. Jahrgang 1969 (NJ DDR 1969, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1969, S. 1-784).

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