Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1969, Seite 185

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Seite 185 (NJ DDR 1969, S. 185); Aus den Gründen: Das Kreisgericht ist bei seiner Entscheidung davon ausgegangen, daß der Angeklagte durch bewußte Verletzung seiner ihm nach der StVO obliegenden Pflichten den Tod des Radfahrers schuldhaft verursachte, wobei es die von ihm gleichfalls bejahten Rechtspflichtverletzungen des Radfahrers als mitursächlich hierfür beurteilte. Die Pflichtverletzungen des Angeklagten bestünden darin, daß er in Anbetracht der zur Unfallzeit herrschenden Sichtverhältnisse zu schnell an die Kreuzung herangefahren sei (§ 7 Abs. 2 StVO). Er hätte nur mit einer Geschwindigkeit von etwa 20 km h an die Kreuzung heranfahren dürfen. Zum anderen habe er gleichzeitig als Wartepflichtiger dem Radfahrer nicht die Vorfahrt gewährt (§ 13 Abs. 1 StVO). Das Bezirksgericht hat sich dieser Rechtsauffassung angeschlossen. Diese Einschätzungen der Instanzgerichte lassen erkennen, daß sie bei der Beurteilung des Sachverhalts die Frage zum Ausgangspunkt genommen haben, bei welcher Geschwindigkeit des Pkw es nicht zu einem Zusammenstoß mit dem Radfahrer gekommen wäre. Nur im Ergebnis solcher Erwägungen sind sie zu dem Schluß gelangt, daß die Geschwindigkeit des Angeklagten überhöht gewesen sei. Eine solche vereinfachende Betrachtungsweise ist rechtlich nicht haltbar. Sie trägt weder der konkreten Verkehrssituation am Unfallort Rechnung, noch stimmt sie mit den Erfordernissen des modernen fließenden Straßenverkehrs und den siet? daraus ergebenden Anforderungen an alle Verkehrsteilnehmer zur strikten Beachtung der verkehrsregelnden Bestimmungen überein. Auf Grund der im Urteil richtig dargelegten Verkehrssituation vor dem Unfall ist zunächst festzustellen, daß sich der Radfahrer in überaus grobem Maße verkehrswidrig verhalten' hat, als er die Sp.-Straße ohne Beleuchtung im spitzen Winkel von links nach rechts in Richtung Straßenkreuzung befuhr. Er war verpflichtet, sein Fahrrad unter strikter Beachtung der für das Führen eines Fahrzeugs im öffentlichen Straßenverkehr geltenden gesetzlichen Bestimmungen bei Dunkelheit zu beleuchten (§ 18 Abs. 1 StVO, § 80 StVZO) und mit diesem die äußerste rechte Fahrbahn einzuhalten (§6 Abs. 2 StVO). Die Pflichtverletzungen des Radfahrers führten dazu, daß der Angeklagte diesen erst zu einem Zeitpunkt und zunächst auch nur als dunklen Schatten erkannte, als dieser sich mit seinem Fahrzeug bereits dem Kreuzungsbereich soweit genähert hatte, daß der Angeklagte trotz sofortiger Vollbremsung einen Zusammenstoß nicht mehr verhindern konnte. Ob ein solcher bei einer Fahrgeschwindigkeit von 20 km/h zu verhindern gewesen wäre, erscheint zweifelhaft, da die insoweit getroffenen Feststellungen der Instanzgerichte keine Grundlage in einer exakten Berechnung haben, sondern nur auf Schätzungen beruhen. Hinzu kommt, daß entgegen der Auffassung der Instanzgerichte nicht zweifelsfrei bewiesen ist, daß der Angeklagte mit einer Geschwindigkeit von 42 km/h an die Kreuzung herangefahren war. Abgesehen davon, daß an anderer Stelle der kreisgerichtlichen Entscheidung die bei Befahren der T.-Straße gefahrene Geschwindigkeit mit 30 bis 35 km/h beziffert wurde, hat der Sachverständige auf Grund der Rekonstruktion eine mögliche Fahrgeschwindigkeit des Angeklagten zwischen 33 und 42 km/h ermittelt. Insoweit verstößt es gegen den Grundsatz der unvoreingenommenen Beweiswürdigung, wenn der gerichtlichen Entscheidung von mehreren möglichen Varianten die den Angeklagten am meisten belastende Variante zugrunde gelegt wird. Die Instanzgerichte hätten vielmehr zugunsten des Angeklagten von 33 km/h ausgehen müssen. Gegen eine Geschwindigkeit von 42 km h vor der Kreuzung spricht im übrigen auch die am Unfallort festgestellte Bremsspur des Fahrzeugs des Angeklagten von 8,60 m, die bei der gesetzlich geforderten Bremsverzögerung in etwa einer Geschwindigkeit von 30 km/h entspricht (§47 StVZO). Richtig ist, daß ein Fahrzeugführer seine Fahrgeschwindigkeit entsprechend der Verkehrslage so einzurichten hat, daß er notfalls, wenn er erkennt oder erkennen muß, daß in einer gegebenen Situation Gefahr für Personen oder Sachwerte droht, sein Fahrzeug anhalten kann. Das Oberste Gericht hat jedoch bereits mehrfach darauf hingewiesen, daß von einem Fahrzeugführer nicht verlangt werden kann, sich in seinem Verhalten auf eine zukünftige Situation einzustellen, auf deren Vorhandensein er durch keine Anzeichen, Kenntnisse oder Erfahrungen hingewiesen worden ist (vgl. dazu auch OG, Urteil vom 3. März 1959 3 Zst V 3/59 - NJ 1959 S. 280; OG, Urteil vom 16. Februar 1960 - 3 Zst V 2/60 - OGSt Bd. 5 S. 255; OG, Urteil vom 16. April 1968 - 3 Zst 4/68 - NJ 1968 S. 375). Der Angeklagte kannte die gesetzliche Vorfahrtsregelung und wußte aus seinen konkreten Ortskenntnissen, daß von rechts aus der Sp.-Straße kommende Fahrzeuge die Vorfahrt haben. Diese Tatsache erforderte jedoch auch angesichts der ungünstigen Sichtverhältnisse am Unfallort entgegen der Auffassung der Instanzgerichte noch nicht in jedem Fall' eine Herabsetzung seiner ohnehin mäßigen Geschwindigkeit auf 20 km h. Bei der am Unfalltag herrschenden Dunkelheit konnte er sich, da andere Lichtquellen wie Straßenbeleuchtung u. ä. nicht vorhanden waren, an Hand herannahender Lichtquellen darüber orientieren, ob von der Sp.-Straße her ein vorfahrtsberechtigtes Fahrzeug seine Fahrbahn kreuzen werde. Hingegen brauchte er sich entgegen der Auffassung des Bezirksgerichts nicht auf alle möglichen durch die Vorfahrtsregelung entstehenden künftigen Situationen einzustellen, insbesondere nicht auf die Annäherung eines unbeleuchteten Fahrzeugs. Wie das Oberste Gericht bereits in mehreren Entscheidungen zum Ausdruck gebracht hat, hat der Grundsatz, daß jeder Teilnehmer im Straßenverkehr darauf vertrauen darf, daß auch andere Verkehrsteilnehmer sich ihrer Pflichten bewußt sind und sich entsprechend verhalten, auch uneingeschränkt zur Nachtzeit Geltung (vgl. OG, Urteil vom 8. Februar 1963 3 Zst III 51/62 OGSt Bd. 255). Der Angeklagte durfte mithin darauf vertrauen, daß der Fahrer eines vorfahrtsberechtigten Fahrzeugs seiner Pflicht zur Beleuchtung bei Dunkelheit nachkommen werde. Das hat der Radfahrer nicht getan und damit durch sein Verhalten eine Verkehrssituation herbeigeführt, mit der der Angeklagte als Kraftfahrer nicht zu rechnen brauchte. Dem steht auch nicht entgegen, daß der Angeklagte'bei anderen Sichtverhältnissen, z. B. bei Tageslicht, bei vorhanden gewesener Beleuchtung des Fahrrads oder auf Grund anderer Lichtquellen aus einer Entfernung von etwa 40 m nur etwa 12 m Einsicht in die seine Fahrbahn kreuzende Sp.-Straße hatte. Selbst bei der von den Instanzgerichten zuungunsten des Angeklagten zugrunde gelegten Fahrgeschwindigkeit von 42 km/h hätte er bei einem aus dieser Entfernung möglichen Erkennen des Radfahrers auf jeden Fall sein Fahrzeug vor der Kreuzung zum Stehen bringen und dem Radfahrer die Vorfahrt gewähren können, denn bei dieser Geschwindigkeit beträgt nach den Darlegungen des Sachverständigen unter Berücksichtigung einer Reaktionszeit von einer Sekunde der Gesamtanhalteweg etwa \ 20 m. Tatsächlich war aber der Gesamtanhalteweg des Angeklagten wesentlich kürzer, wie die an der Unfallstelle gesicherte Bremsspur beweist. Der Verkehrsunfall mit seinen schwerwiegenden Fol- 185;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1969. Die Zeitschrift Neue Justiz im 23. Jahrgang 1969 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1969 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1969 auf Seite 784. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 23. Jahrgang 1969 (NJ DDR 1969, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1969, S. 1-784).

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