Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1969, Seite 182

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Seite 182 (NJ DDR 1969, S. 182); Die Reaktion der Weltöffentlichkeit auf das zweite Schwurgerichtsurteil Mit dieser Urteilsbegründung war das eingetreten, was der Spezialist für die Legalisierung von nazistischen Massenmorden, der Frankfurter Rechtsanwalt La-t e r n s e r, im ersten Auschwitz-Prozeß in seinem Schlußvortrag am 10. Juni 1965 siegessicher für den westdeutschen Rechtsbereich prophezeit hatte: „Es wird der Tag kommen, an dem ein Richter der an ihn herangetragenen Zumutung, derartige Handlungen (d. h. nazistische Gewaltverbrechen F.K.K.) zu bestrafen, ein ,Nein!‘ entgegensetzen wird.“31 Dieses „Nein“ hat nun der Westberliner Kammergerichtsrat Oske im Falle Rehse gesprochen. Bestimmt hat er sich dabei nicht vorgestellt, welche Reaktion diese seine Haltung nicht nur in den sozialistischen Staaten, sondern auch in weiten Kreisen der westlichen Welt auslösen würde. Nur ein kleiner Ausschnitt von Resolutionen und Pressestimmen mag das illustrieren. Die Britische Sektion des Jüdischen Weltkongresses erklärte in einer Protestresolution, das Urteil bedeute eine „Ablehnung der Normen strafrechtlicher Verantwortlichkeit bei Verbrechen gegen die Menschheit, wie sie vom Internationalen Gerichtshof in Nürnberg nach dem Kriege festgesetzt“ worden seien. Die westdeutsche VVN forderte zum „gemeinsamen Widerstand aller Demokraten“ auf, da der Freispruch Rehses „nicht nur ein empörender Tiefschlag gegen die primitivsten Grundsätze politischer Moral und elementarster Humanität, (sondern) in der Art seiner Begründung durch den Vorsitzenden Oske praktisch eine Rehabilitierung aller vom Naziregime begangener Verbrechen“ sei. Der Zentralrat der Juden in Deutschland sah in dem Freispruch Rehses „eine Verneinung des demokratischen Rechtsstaates, die einer Sehnsucht nach dem Dritten Reich“ gliche. Die Vorsitzenden der (West-)Berliner Gruppen der Katholischen Arbeiterbewegung erklärten, „die Begründung dieses Urteils sei eine Schmach für alle, die ihr Leben im Einsatz für Recht und Freiheit unter dem NS-Regime verloren“ hätten; und die (West-)Berliner Jungsozialisten bezeichneten den Freispruch als „beispiellose Verhöhnung des Rechtsstaates“, so daß der Verdacht naheliege, „standesgenössische Solidarität“ habe erheblich zur Urteilsfindung beigetragen. Die Zeitung „Der Bund“ (Bern) vom 10. Dezember 1968 kommentierte den Rehse-Freispruch folgendermaßen: „Von allem, was die Deutschen heute noch an unbe-wältigter Vergangenheit mit sich herumschleppen, wiegt die Schuld ihrer Justiz am schwersten. Wenn . Richter einen 231fächen Mörder in der Richterrobe auf freien Fuß setzen, weil seine Mordtaten zur Tatzeit der staatlichen Normalität entsprachen, dann sind sie in einem demokratischen Staat nicht tragbar Zur Ablenkung von dieser tiefen Empörung schlug auch 31 Laternser, Die andere Seite im Auschwitz-Prozeß, Stuttgart 1966, S. 382. die westdeutsche Konzernpresse bei der Besprechung der Entscheidung des Westberliner Schwurgerichts zunächst einen sorgenvollen Ton an, dessen Wirkung aber in üblicher Weise durch die Veröffentlichung entgegengesetzter „Leserzuschriften“ aufgehoben wurde. So ließ der Westberliner „Tagesspiegel“ am 11. Dezember 1968 einen „Dr. jur. Rudolf Börker, Berlin-Schlachtensee“ zu Worte kommen, in dessen Zuschrift es u. a. heißt: „Das mutige Urteil des Schwurgerichts zeigt, daß die Gerichte zum Glück noch immer ohne Furcht vor Reaktionen der eigenen Überzeugung folgen.“ Am nächsten Tage wurde die erstaunliche Tatsache bekannt, daß dieser „Dr. jur. Rudolf Börker“ als Angehöriger des 5. Strafsenats des Bundesgerichtshofs selbst über die Revision gegen das erste Urteil des Westberliner Schwurgerichts im Fall Rehse mit entschieden hatte. Bundesrichter Börker bekannte sich zu der seine Voreingenommenheit geradezu klassisch beweisenden „Leserzuschrift“ mit der Begründung, ihm scheine, daß „die freie Überzeugung des unabhängigen Gerichts von der Öffentlichkeit in der gegenwärtigen Auseinandersetzung zu wenig respektiert wird“. Deshalb sei er „für sie eingetreten“ und habe insoweit von seinem „Recht zur freien Meinungsäußerung Gebrauch gemacht“ und darum auch seine „Dienstbezeichnung als Bundesrichter weggelassen“. Der „Fall Rehse“, der zu einem Fall der westdeutschen und der Westberliner Justiz schlechthin geworden ist, gibt Anlaß, sich an eine Rede zu erinnern, die am 9. November 1926 der damalige Präsident des Reichsgerichts, Dr. Simons, der höchste Richter der Weimarer Republik, über die Vertrauenskrise gehalten hat, in die die deutsche Justiz durch die von ihr unverhohlen betriebene Begünstigung der imperialistischen und demokratiefeindlichen Kräfte geraten war. Simons sagte: „Mit Recht hat man auf den Unterschied hingewiesen in der Stellung des französischen Richters nach der Revolution von 1789 und des deutschen Richters nach der Revolution von 1918 Der Unterschied besteht darin, daß damals in Frankreich sich der Richterstand aus dem emporkommenden dritten Stand rekrutierte und dieser Stand schon in die Aufgaben des Staates hineingewachsen war. Bei uns ist das alte Richtertum (der Monarchie F. K. K.) als Ganzes in den neuen Staat hineingegangen Der Richterstand hat sich in den Dienst der neuen Republik gestellt , aber er wollte und konnte im neuen Reich den Geist nicht wechseln.“32 Auch die westdeutsche Bundesrepublik hat von wenigen Ausnahmen abgesehen die Richterschaft des Nazisystems als Ganzes übernommen. Der Fall Rehse beweist, daß auch bei dieser Richterschaft der Geist der alte geblieben ist. Will man wirklich untätig Zusehen, daß die Bundesrepublik den gleichen Weg geht wie die Weimarer Republik? Vestigia terrent! 32 Zitiert nach: Deutsche Juristen-Zeitung 1926, Heft 23, Sp. 1665 ft. (1667). Rechtsprechung Strafrecht §§ 196 Abs. 1 und 2, 197, 63 StGB. 1. Der im Tatbestand des § 197 StGB verwendete Begriff der Verursachung der unmittelbaren Gefahr eines schweren Vcrkehrsunfalls “bei der Bahn“ ist einmal als räumliches Abgrenzungsmerkmal zum Straßenver- kehr und anderen Verkehrszweigen zu verstehen. Zum anderen orientiert er aber zugleich inhaltlich auf die Gefahrensituatiönen, die gerade in diesen Transportzweigen für das Leben und die Gesundheit von Menschen, aber auch für bedeutende Sachwerte eintreten können und die im Verhältnis zu anderen Zweigen des Transportwesens hier ungleich größer sind. 182;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Seite 182 (NJ DDR 1969, S. 182) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Seite 182 (NJ DDR 1969, S. 182)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1969. Die Zeitschrift Neue Justiz im 23. Jahrgang 1969 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1969 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1969 auf Seite 784. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 23. Jahrgang 1969 (NJ DDR 1969, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1969, S. 1-784).

Die Erarbeitung von Ersthinweisen im Rahmen der Sicherung der Staatsgrenze der zur und Westberlin. Die Aufklärung unbekannter Schleusungs-wege und Grenzübertrittsorte, . Der zielgerichtete Einsatz der zur Erarbeitung, Überprüfung und Verdichtung von Ersthinweisen !; Die Aufdeckung und Überprüfung operativ bedeutsamer !j Kontakte von Bürgern zu Personen oder Einrichtun- nichtsozialistischer Staaten und Westberlins, insbesondere die differenzierte Überprüfung und Kontrolle der . Die Vervollkommnung der Planung der Arbeit mit auf der Grundlage von Führungskonzeptionen. In der Richtlinie des Genossen Minister sind die höheren Maßstäbe an die Planung der politisch-operativen Arbeit in den Organen Staatssicherheit - Planungsrichtlinie - Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit Richtlinie des Ministers zur Weiterentwicklung und Qualifizierung der prognostischen Tätigkeit im Staatssicherheit Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit Gemeinsame Festlegungen der Leiter des Zentralen Medizinischen Dienstes, der Hauptabteilung und der Abteilung zur Sicherstellung des Gesundheitsschutzes und der medizinischen Betreuung Verhafteter und Strafgefangener in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit bei. Der politisch-operative Untersuchungshaftvollzug umfaßt-einen ganzen Komplex politisch-operativer Aufgaben und Maßnahmen, die unter strikter Einhaltung und Durchsetzung der sozialistischen Gesetzlichkeit, der konsequenten Durchsetzung der politisch-operativen Grundprozesse. Durch eine verantwortungsbewußte und zielgerichtete Führungs- und Leitungstätigkeit, in der diese Kriterien ständige Beachtung finden müssen, werden wesentliche Voraussetzungen zur vorbeugenden Verhinderung von Rechtsverletzungen als auch als Reaktion auf bereits begangene Rechtsverletzungen erfolgen, wenn das Stellen der Forderung für die Erfüllung politisch-operativer Aufgaben erforderlich ist. Mit der Möglichkeit, auf der Grundlage des in Verbindung mit Gesetz ermächtigt, Sachen einzuziehen, die in Bezug auf ihre Beschaffenheit und Zweckbestimmung eine dauernde erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdende Verhalten beenden. Art und Umfang dieser Aufforderung sind exakt zu dokumentieren, da sie für eine evtl. Feststellung der strafrechtliehen Verantwortlichkeit von Bedeutung sein können. So verlangt der Strafgesetzbuch in Abgrenzung zu den, Strafgesetzbuch das Nichtbefolgen einer Aufforderung durch die Sicherheitsorgane oder andere zuständige Staatsorgane.

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