Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1969, Seite 180

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Seite 180 (NJ DDR 1969, S. 180); düng“, „im üblichen Sinne verstanden, mit dem Vorsatz der Rechtsbeugung nicht vereinbar erscheinen“. Die Urteilsbegründung endet schließlich mit dem das Schwurgericht keineswegs ermunternden Zugeständnis, daß es „vor eine besonders schwierige Aufgabe gestellt wird, wenn es nach so langer Zeit innere Vorgänge aufklären und werten soll, die sich möglicherweise aus einer Anzahl verschiedenartiger Beweggründe zusammensetzen“. Die Entscheidung des 5. Strafsenats des Bundesgerichtshofs, wonach das Mitglied eines Nazi-Richterkollegiums hinsichtlich der deliktischen Folgen eines Urteils dieses Kollegiums strafrechtlich immer nur als Täter und nicht als Gehilfe gewertet werden könne, erscheint zunächst recht komplex. Auf den ersten Blick sieht es positiv aus, daß der 5. Strafsenat mit dieser Entscheidung die seit dem vom Bundesgerichtshof bestätigten Urteil des Schwurgerichts Ulm im sog. Tilsiter Einsatzgruppenprozeß18 19 20 üblich gewordene Spruchpraxis westdeutscher Gerichte auflockert, nach der Nazi-Gewaltverbrecher nicht als Täter, sondern nur als Gehilfen bestraft werden könnten, solange sich die von ihnen begangenen Delikte innerhalb einer von den „Haupttätern“ Hitler, Himmler, Heydrich u. a. gezogenen „Generallinie“ halten. Auf der anderen Seite fällt auf, wie sehr der 5. Strafsenat bereits bei diesen Überlegungen zur Begründung des ersten Teils seiner Revisionsentscheidung die durch das nazistische Terrorsystem auch auf dem Gebiet der Justiz geschaffenen Realitäten unbeachtet läßt111. In ein totales Unrechtssystem wie es die nazistische Diktatur in jeder Beziehung war eine konstitutive Bedeutung rechtsstaatlicher Gesetzesvorschriften, wie eben den § 1 GVG, zu implizieren, offenbart entweder eine bestürzende Wirklichkeitsblindheit oder aber rechtfertigt den von Steinlechner geäußerten Verdacht, daß „hier dem Schwurgericht ein Weg zum Freispruch des Angeklagten eröffnet werden soll“211. Dieser Verdacht verstärkt sich erheblich durch den im zweiten Teil der Revisionsurteilsbegründung enthaltenen Hinweis auf das bereits erwähnte, vom Bundesgerichtshof im Jahre 1956 außerhalb jeder Gesetzesgrundlage geschaffene Haftungsprivileg des Richters im Strafrecht21: Wie bereits ausgeführt, hatte der Bundesgerichtshof entschieden, daß „zum Zwecke der Sicherung der richterlichen Unabhängigkeit“ ein Richter wegen seiner Tätigkeit nur dann auch wegen widerrechtlicher Tötung oder Freiheitsberaubung zur Verantwortung gezogen werden kann, Wenn ihm eine Rechtsbeugung im Sinne des § 336 westdeutsches StGB nachgewiesen ist. Um diese „Unabhängigkeitssicherung richterlicher Tätigkeit“ zu vervollständigen, bestimmte der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung von 1956 zusätzlich in „freier Interpretation“ des Gesetzestextes und im Gegensatz zur Rechtsprechung des früheren Reichsgerichts22: „§ 336 erfordert bestimmten, nicht nur bedingten Vorsatz!“ Wörtlich heißt es in dieser ein Verbrechens-Privileg für nazistische Richter schaffenden Entscheidung: „ denn wenn ein Richter wegen eines falschen Urteilsspruchs bei Feststellbarkeit nur bedingten Vorsatzes zwar von der Anklage der Rechtsbeugung freigesprochen, dagegen wegen Tötung oder Freiheitsberaubung verurteilt werden müßte, so wäre das durch § 336 erstrebte Ziel einer Sicherung der rich- 18 Urteil des Schwurgerichts beim Landgericht Ulm vom 29. August 1968 AktZ. Ks 2/57 . 19 Vgl. Steinlechner, Anmerkung in Neue Juristische Wochenschrift (NJW) 1968, Heft 38, S. 1790; Begemann, Anmerkung in NJW 1968, Heft 50, S. 2346. 20 Steinlechner, a. a. O., S. 1791. 2t BGHSt Bd. 10 S. 294 rt. 22 Vgl. Z. B. RGSt Bd. 26 S. 276. terlichen Unabhängigkeit nur unvollkommen erreicht.“23 Und wie ein Hohn gegenüber den Nürnberger Prinzipien zur Ahndung nazistischer Systemverbrechen klingt es, wenn der Bundesgerichtshof mit kollegialem Verständnis feststellt: „In einer Zeit, in der der Bevölkerung pausenlos eingehämmert wurde, Recht ist, was der Führer befiehlt, können auch Richter und Staatsanwälte dem damaligen Rechtsdenken erlegen sein.“24 Wirkt es schon befremdlich, daß sich der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs bei der strafrechtlichen Bewertung eines im Zusammenwirken mit einem Freisler gefällten Urteils von Rechtsprechungsgrundsätzen leiten läßt, die angeblich der Sicherung der richterlichen Unabhängigkeit (wo? in der Nazidiktatur?) zu dienen bestimmt sind, so ist es vollends unverständlich, daß er bei dieser Bewertung der von Freisler und Rehse in bewußtem und gewolltem Zusammenwirken gefällten „Urteile“ nicht wenigstens die „Kernbereichslehre“ des Bundesgerichtshofs23 beachtet hat. Während das Oberste Gericht der DDR konsequent jede Widerstandshandlung gegen das verbrecherische Nazisystem als rechtmäßig und dementsprechend jede Maßnahme gegen diesen Widerstand als zunächst rechtswidrig ansieht, hat der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs mit der „Kernbereichslehre“ versucht, eine Kompromißlösung zu schaffen, indem er feststellte: „Die Freiheit eines Staates, für seinen Bereich darüber zu bestimmen, was Recht und was Unrecht sein soll, . ist . nicht unbeschränkt. Im Bewußtsein aller zivilisierten Völker besteht ein gewisser Kernbereich des Rechts, der nach allgemeiner Rechtsüberzeugung von keinem Gesetz und keiner anderen obrigkeitlichen Maßnahme verletzt werden darf. Er umfaßt bestimmte als unantastbar angesehene Grundsätze des menschlichen Verhaltens, die sich bei allen Kulturvölkern auf dem Boden übereinstimmender sittlicher Grundanschauungen im Laufe der Zeit herausgebildet haben und die als rechtlich verbindlich gelten, gleichgültig, ob einzelne Vorschriften nationaler Rechtsordnung es zu gestatten scheinen, sie zu mißachten.“26 Daß unter „obrigkeitlichen Maßnahmen“ in diesem Sinne auch ein Gerichtsurteil zu verstehen ist, bedarf keiner näheren Erörterung27. Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hätte diese Überlegungen des 1. Strafsenats mochten sie auch aus der frühen Zeit des Bestehens dieses Gerichts stammen um so weniger außer acht lassen dürfen, als ja der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs in dem Strafverfahren gegen die Denunziantin des Pfarrers Dr. Metzger festgestellt hatte, das unter Mitwirkung Rehses ergangene Todesurteil gegen Dr. Metzger habe „mit Rechtsprechung nichts zu tun“ und „ist nur eine Ausnutzung gerichtlicher Formen zur widerrechtlichen Tötung . und verletzt den unantastbaren rechtlichen Kernbereich . Gerade dadurch enthüllt eine derartige .Rechtsprechung' ihr wahres Wesen als Terrorinstrument“28. Diese Entscheidungen des 1. und 3. Strafsenats hat der 5. Strafsenat im falle Rehse nicht einmal erwähnt, geschweige denn, daß er sich mit den dort angestellten Überlegungen wie es seine Pflicht gewesen wäre eingehend auseinandergesetzt hätte, um wenn das Urteil schon aufgehoben werden mußte dem Schwur- 23 BGHSt Bd. 10 S. 298. 24 zittert nach (West-)Deutsche Richterzeitung 1967, Heft 7, S. 250. 25 Vgl. BGHSt Bd. 2 S. 237. 26 Ebenda. 27 vgl. in diesem Zusammenhang Begemann, „Das Haftungs-Privileg des Richters im Stiafrecht“, NJW 1968, Heft 30, S. 1363. 28 BGHSt Bd. 9 S. 302 ft. S. 307). 180;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Seite 180 (NJ DDR 1969, S. 180) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Seite 180 (NJ DDR 1969, S. 180)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1969. Die Zeitschrift Neue Justiz im 23. Jahrgang 1969 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1969 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1969 auf Seite 784. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 23. Jahrgang 1969 (NJ DDR 1969, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1969, S. 1-784).

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