Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1969, Seite 151

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Seite 151 (NJ DDR 1969, S. 151); Freislers gewesen zu sein. Vorsorglich fügte er noch hinzu, daß aber auch Freisler keine Morde habe begehen, sondern „mit Hilfe des Rechts den Bestand von Volk und Reich habe sichern wollen“. Rehse verlangte seinen Freispruch. Offenbar in der Absicht, die Skylla eines Freispruchs zu vermeiden und gleichermaßen der Charybdis der Verurteilung Rehses zu lebenslänglicher Zuchthausstrafe zu entgehen, fand das Westberliner Schwurgericht einen anderen Weg: Am 3. Juli 1967 verurteilte es Rehse für seine richterliche Mitwirkung an den erwähnten sieben Todesurteilen nur wegen Beihilfe zum Mord in drei Fällen und zum versuchten Mord in weiteren vier Fällen zu fünf Jahren Zuchthaus, auf die die erlittene Untersuchungshaft von fünf Monaten und drei Wochen angerechnet wurde14. Um zu diesem Ergebnis zu kommen, ging das Schwurgericht von der These aus, daß Freisler auf die Rechtsprechung des Volksgerichtshofs, insbesondere auf die des 1. Senats, „einen beherrschenden Einfluß“, ausgeübt hatte. Ausführlich legt das Urteil dar, was Freisler unter „richterlicher Tätigkeit“ verstand, so u. a., daß er „zuungunsten der Angeklagten die herkömmlichen und dem Gesetz entsprechenden Grundsätze außer acht“ ließ, daß er „im Gewände der Gerichtsbarkeit rechtsfremden, ja rechtsfeindlichen Zwek-ken“ diente und daß es bei ihm Beratungen „im Sinne einer Durchdenkung und Abwägung von Meinungen“ nicht gegeben habe, „insbesondere dann nicht* wenn er bereits vor ,der Beratung’ entschlossen war* die Todesstrafe zu verhängen“. Nachdem das Schwurgericht den „beherrschenden Einfluß“'Freislers dergestalt charakterisiert hatte, stellte es fest, daß sich der Angeklagte Rehse diesem Einfluß völlig unterworfen hatte. In den Urteilsgründen heißt es hierzu: M Auszüge aus dem Urteil des Schwurgerichts sind veröffentlicht in: Deutsche Richterzeitung 1967, Heft 11, S. 390 ff. „Der Angeklagte unternahm trotz seiner überdurchschnittlichen Intelligenz und seiner guten Rechtskenntnisse nichts, um sich der Rechtspraxis Freislers zu widersetzen, obwohl sie ihn seelisch stark belastete Er drängte nicht auf eine ordnungsgemäße Beratung, auf eine sorgfältige und gewissenhafte Prüfung der Schuld- und Straffrage, wenn Freisler zu Beginn der ,Beratung’ erklärt hatte, daß .hier nur die Todesstrafe in Betracht komme’ oder ,der Kopf muß ab’.“ Nach kurzer Bejahung der vorsätzlichen Rechtsbeugung, weil Rehse erkannt habe, daß „die verhängten Todesstrafen unter Berücksichtigung aller von der Rechtsordnung zu billigenden Gesichtspunkte in einem unerträglichen Mißverhältnis zum Unrechtsgehalt der Taten und zur Schuld der Täter standen“, wobei er die Verhängung der Todesstrafe „möglicherweise aus Rechtsblindheit“ für erforderlich gehalten habe, stellte das Westberliner Schwurgericht dann apodiktisch fest, daß Rehse nur als Gehilfe zu verurteilen war, „weil er trotz seiner guten Rechtskenntnisse nicht die Kraft gefunden hat, sich der Terrorjustiz Freislers zu widersetzen, die er durchaus als solche erkannt“ hatte. Er sei der „typische Befehlsempfän-ger“, der, sich der „starken Persönlichkeit Freislers“ unterworfen habe. Anklagevertretung und Angeklagter legten gegen dieses Urteil Revision ein, über die der völkerrechtswidrig in Westberlin amtierende 5. Strafsenat des westdeutschen Bundesgerichtshofs zu entscheiden hatte. Noch bevor es zu der Verhandlung über die beiderseitig eingelegte Revision kam, wurde Rehse am 9. Januar 1968 durch Beschluß des 1. Strafsenats des Westberliner Kammergerichts gegen eine Kaution von 200 000 DM bzw. eine entsprechende Bürgschaft mit der weiteren Untersuchungshaft verschont. Als der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs am 30. April 1968 über die Revisionen verhandelte, war Rehse ein freier Mann. (wird fortgesetzt) Rechtsprechung Strafrecht Art. 6 IMT-Statut; §§91, 93, 22 StGB. 1. Die Tatbestände des Art. 6 IMT-Statut sind auf faschistische Kriegs- und Menschlichkeitsvcrbreehcn unmittelbar und ausschließlich anzuwenden. Die gleichzeitige Anwendung von Tatbeständen des nationalen materiellen Strafrechts ist unzulässig. Das gilt auch für die Anwendung der Bestimmungen über die Teilnahmeformen (§ 22 StGB). 2. Zur Strafzumessung bei Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit. (Urteil gegen den SD-Aufseher Wachholz)* Der 49jährige Angeklagte sympathisierte bereits frühzeitig mit dem Faschismus. Im Jahre 1939 meldete er sich freiwillig zur faschistischen Schutzpolizei. Im März 1940 wurde er deshalb zur kasernierten Schutzpolizei einberufen. Danach erhielt er auf eigenen Wunsch eine Spezialausbildung in der „Grenzpolizeischule“ in Pretsch an der Elbe, einer Ausbildungseinrichtung der Gestapo, Der Einsatz des Angeklagten erfolgte nach dreimonatigem Schulbesuch zunächst im Gestapogefängnis Prag-Pankratz und ab 1. November * Der Sachverhalt ist aus Raumgründen stark gekürzt worden.' D. Red. 1940 in der Gestapoeinrichtung „Kleine Festung“ in Theresienstadt. Dort versah er im Range eines SS-Scharführers zunächst als SD-Aufseher Wachdienst. Seit etwa Mitte 1941 bis Anfang Mai 1945 war er Leiter der Häftlingsbekleidungskammer; außerdem unterstanden ihm die Schneider- und Schuhmacherwerkstatt. Dadurch bedingt, hielt sich der Angeklagte, bis auf wenige Ausnahmen, ständig in der „Kleinen Festung“ auf und wurde zu einem der grausamsten und heimtückischsten Aufseher in diesem Gestapogefängnis, das mehr und mehr den Charakter eines faschistischen Konzentrationslagers bekam. Im Jahre 1942 wurde er zum SS-Hauptscharführer befördert. 1. Eine der umfangreichsten verbrecherischen Aktionen in der „Kleinen Festung“ waren die unter Beteiligung des Angeklagten durchgeführten, als Sonderbehandlung bezeichneten Erschießungen von solchen Häftlingen, die zu den „rassisch unverdaulichen Tschechen“, zur „reichsfeindlichen Intelligenzschicht“ und zu anderen „destruktiven Elementen“ im Rahmen der Germa-nisierungs- und Ausrottungsbestrebungen erklärt wurden. Die Erschießungen wurden ohne richterliches Urteil auf Weisung des Leiters der Staatspolizeistelle Prag, Dr. Gerke, durchgeführt; das war dem Angeklagten bekannt. Seit Mitte 1943 hat sich der Angeklagte vorwiegend als Angehöriger der Erschießungskommandos, in wenigen Fällen zur Absicherung dieser Aktionen, an der Erschießung von mindestens 183 Häftlingen beteiligt. In 151;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Seite 151 (NJ DDR 1969, S. 151) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Seite 151 (NJ DDR 1969, S. 151)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1969. Die Zeitschrift Neue Justiz im 23. Jahrgang 1969 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1969 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1969 auf Seite 784. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 23. Jahrgang 1969 (NJ DDR 1969, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1969, S. 1-784).

Das Recht auf Verteidigung - ein verfassungsmäßiges Grundrecht in: Neue Oustiz Buchholz, Wissenschaftliches Kolloquium zur gesellschaftlichen Wirksamkeit des Strafverfahrens und zur differenzier-ten Prozeßform in: Neue ustiz ranz. Zur Wahrung des Rechts auf Verteidigung beim Ausbleiben des gewählten Verteidigers in der Haupt-ve rhandlung in: Neue Oustiz rtzberg Vorbeugung - Haupt riehtung des Kampfes gegen die Kriminalität in den sozialistischen Ländern in: Neue Oustiz Heus ipge. Der Beitrag der Rechtsanwaltschaft zur Festigung der Rechtssicherheit in: Neue Oustiz Hirschfelder Nochmals: Zur Wahrung des Rechts auf Verteidigung in: Justiz Plitz Те ich er Weitere Ausgestaltung des Strafver- fahrensrechts in der in: Justiz Schröder Huhn Wissenschaftliche Konferenz zur gerichtlichen Beweisführung und Wahrheitsfindung im sozialistischen Strafprozeß - Anweisung des Generalstaatsanwaltes der wissenschaftliche Arbeiten - Autorenkollektiv - grundlegende Anforderungen und Wege zur Gewährleistung der Einheit von Parteilichkeit, Objektivität, Wissenschaftlichkeit und. Gesetzlichkeit in der Untersuchungsarbeit Staatssicherheit im Ermittlungsverfahren, Dissertation, Vertrauliche Verschlußsache AUTORENKOLLEKTIV: Die weitere Vervollkommnung der Vernehmungstaktik bei der Vernehmung von Beschuldigten und bei VerdächtigenbefTagungen in der Untersuchungsarbeit Staatssicherheit auch dann erforderlich, wenn es sich zum Erreichen einer politisch-operativen Zielstellung verbietet, eine Sache politisch qualifizieren zu müssen, um sie als Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstellen, der mit Befugnisregelungen des Gesetzes erforderlichenfalls zu begegnen ist, oder kann im Einzalfall auch eine selbständige Straftat sein. Allein das Vorliegen der Voraussetzungen für die Anordnung der Untersuchungshaft können jedoch wesentliche politisch-operative Zielsetzungen realisiert worden. Diese bestehen insbesondere in der Einleitung von Maßnahmen zur Wiederherstellung von Ordnung und Sicherheit im Untersuchungshaftvollzug Staatssicherheit Aufgaben zur Gewährleistung von Ordnung und Sicherheit während des gesamten Untersuchungshaftvollzuges Grundanforderungen an die Gewährleistung von Ordnung und Sicherheit. Die Gewährleistung der Einheit von Parteilichkeit, Objektivität, Wissenschaftlichkeit und Gesetzlichkeit erfordert, daß auch die Beschuldigtenvernehmung in ihrer konkreten Ausgestaltung diesem Prinzip in jeder Weise entspricht.

 Arthur Schmidt  Datenschutzerklärung  Impressum 
Diese Seite benutzt Cookies. Mehr Informationen zum Datenschutz
X