Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1969, Seite 150

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Seite 150 (NJ DDR 1969, S. 150); \ e) Der Fall Jurkowski: Jurkowski äußerte im August 1943 zu einer Frau, Mussolini sei verhaftet, Hitler werde es nicht anders ergehen, im Januar lebe er nicht mehr. Das reichte für den 1. Strafsenat, um Jurkowski als „gefährlichen, defaitistischen zersetzenden Hetzer“ zu bezeichnen und ihn gemäß § 5 KSSVO zum Tode zu verurteilen®. f) Der Fall Bahner: Bahner hatte im Juli 1943 in einem Gespräch mit einem Geschäftsfreund Goebbels und Göring „Großschnauzen“ genannt und die Meinung geäußert, Hitler müsse zurücktreten, wenn er die Lage nicht meistern könne. Nach Kriegsende müßten Parteiangehörige zum Wiederaufbau nach Rußland geschickt werden. Über die Bombardierung der Kirchen und Krankenhäuser in Deutschland könne man sich nicht beklagen, nachdem vorher von uns tausend jüdische Synagogen runtergebrannt worden seien. Mit diesen Bemerkungen war nach Ansicht des 1. Strafsenats der Tatbestand sowohl des § 5 KSSVO als auch der des § 91 b StGB erfüllt. Bahner wurde zum Tode verurteilt, weil sein Verhalten nach den Urteilsgründen „eine so unverschämte Zersetzung, ein so frivoles Spielen mit unserer Kampfkraft, ein derart gemeiner Angriff auf unsere innere Festigkeit ist, daß der, der so handelt, für immer ehrlos ist“10. g) Der Fall Oberüber: Oberüber äußerte im September 1943 in einem Kurort gegenüber einem Soldaten, der dort im Lazarett lag, der Krieg sei verloren; Rußland habe eine bedeutende Kultur;, im ersten Weltkrieg seien die Offiziere Leuteschinder gewesen, was wohl heute nicht anders sei. Diese Bemerkungen sah der 1. Strafsenat als Defaitismus an, „der leicht zur Seuche werden kann. Einer Seuche muß man Vorbeugen. Deshalb muß Oberüber, der sich durch seinen Verrat für immer ehrlos gemacht hat, mit dem Tode bestraft werden“11. Das erste Scliwurgerichtsverfahren gegen Rchse Am 5. Juni 1967 begann vor dem Westberliner Schwurgericht unter Vorsitz von Landgerichtsdirektor Geuss die Verhandlung gegen Rehse, der am 10. Januar 1967 nach Anklageerhebung in Untersuchungshaft genommen worden war. Bei der Vernehmung zur Sache erklärte Rehse wiederholt: „Ich habe mir nichts vorzuwerfen!“ Er sei „kein willfähriges Werkzeug der politischen Führung“ gewesen; er habe als Richter selbständig so entschieden, wie das Gesetz es gefordert habe. Es wäre ein großer Irrtum, dieses „feste Auftreten“ Rehses als offenes Schuldbekenntnis aufzufassen. Der Grund der wiederholten Beteuerungen Rehses, er sei nur seinem Gewissen gefolgt und habe nur das getan, was die damaligen Gesetze gefordert hätten, ist ein ganz anderer. Rehse als qualifizierter Jurist hatte seine Verteidigung sorgsam vorbereitet. Ihm war die einschlägige Rechtsprechung des westdeutschen Bundesgerichtshofs bekannt, und diese einschlägige Rechtsprechung war es, die für ihn zum Steuerungselement seines Auftretens vor dem Westberliner Schwurgericht wurde. 1 J 551/43 Akte des Volksgerichtshofs 1L 122/4y 1 J 542/43 1° Akte des Volksgerichtshofs 126/43 1 L 34/44 lt Akte des Volksgerichtshofs 5'j 110/44' Bereits am 7. Dezember 1956 hatte nämlich der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs in einem Revisionsverfahren, in dem es um die Frage ging, inwieweit unmittelbar vor der Zerschlagung des Nazismus im Rahmen von sog. Standgerichtsverfahren erfolgte Tötungen, die nur der Fortsetzung des längst sinnlos gewordenen Krieges dienen sollten, rechtswidrig seien, folgendes festgestellt: „Wer wegen seiner Tätigkeit als Beamter . ;. bei der Leitung oder Entscheidung einer Rechtssache zur Verantwortung gezogen wird, kann auch nach anderen Vorschriften als § 336 StGB (insbesondere nach §§ 221f., 2.39 StGB) nur dann verurteilt werden, wenn ihm eine Rechtsbeugung im Sinne des § 336 StGB nachgewiesen ist.“11 Nach dem Willen des Bundesgerichtshofs ist also der Nazirichter für seine Amtsausübung strafrechtlich nur insoweit verantwortlich, als ihm nachgewiesen werden kann, daß er „sich vorsätzlich zu Gunsten oder zum Nachteil einer Partei einer Beugung des Rechts schuldig macht“ (§ 336 westd. StGB). Die nazistischen Gewaltverbrecher in der Richterrobe werden also durch den Bundesgerichtshof gegenüber ihren in anderen Berufssparten tätig gewesenen Tatgenossen bewußt hinsichtlich der Haftung für die mittelbar durch sie begangenen Verbrechen privilegiert, wobei die fragliche BGH-Entscheidung, auf die später noch zurückzukommen sein wird, schamhaft die Errichtung dieses Standes-Privilegs mit dem durch § 336 StGB erstrebten Ziel einer „Sicherung der richterlichen Unabhängigkeit“ begründet13. Eine andere, weit realistischere Begründung gab mir ein ehemaliger hoher westdeutscher Richter, der heute Bundestagsabgeordneter einer der beiden Regierungsparteien ist, jüngst in einem privaten Gespräch in Westdeutschland. Er bezeichnet das seltsame richterliche Verbrechensprivileg, das der Bundesgerichtshof mit dieser richtungweisenden Entscheidung geschaffen hatte, als „selbstverständlich“. Und er begründete diese „Selbstverständlichkeit“ mit der Gegenfrage: „Sollten die Herren etwa ihrer eigenen Hinrichtung zustimmen ?“ Rehse kannte also diese Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und richtete sein Verhalten als Angeklagter völlig danach ein. Je mehr er betonte, daß er in unabhängiger Entschließung dem Gesetz gefolgt sei, desto weniger konnte man ihm die für die Verurteilung der von ihm begangenen Morde nach dem Willen des Bundesgerichtshofs notwendige „Rechtsbeugung“ vorwerfen. „Wenn man nun ein Gesetz gemacht hätte, wonach alle Brillenträger schwer zu bestrafen gewesen seien?“, wollte der Vorsitzende des Westberliner Schwurgerichts von Rehse wissen. „Auch dagegen hätte ich nichts tun können!“ antwortete Rehse achselzuckend. „Es war ja ein Faktum, daß ich dem Gesetz gehorchen mußte!“ Die Beweisaufnahme im Verfahren gegen Rehse, ln der neben den „riichtrichterlichen“ Beisitzern des Freisler-Senats auch Rechtsanwälte, die vor dem Senat verteidigt hatten, sowie der ehemalige Oberreichsanwalt beim Volksgerichtshof, Ernst Lautz, der „procul a negotiis“ in Lübeck seine stattliche Pension verzehrt, vernommen wurden, wurde am 26. Juni 1967 geschlossen. Die Westberliner Staatsanwaltschaft beantragte, Rehse wegen vollendeten Mordes in drei und wegen versuchten Mordes in vier Fällen zu lebenslänglichem Zuchthaus zu verurteilen. Rehse wiederholte zum Schluß stereotyp, als Richter selbständig gehandelt zu haben und nicht der Gehilfe 12 BGHSt Bd. 10 S. 294 ft. 13 a. a. O., S. 298. 150;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Seite 150 (NJ DDR 1969, S. 150) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Seite 150 (NJ DDR 1969, S. 150)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1969. Die Zeitschrift Neue Justiz im 23. Jahrgang 1969 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1969 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1969 auf Seite 784. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 23. Jahrgang 1969 (NJ DDR 1969, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1969, S. 1-784).

Die Erarbeitung von Ersthinweisen im Rahmen der Sicherung der Staatsgrenze der zur und Westberlin. Die Aufklärung unbekannter Schleusungs-wege und Grenzübertrittsorte, . Der zielgerichtete Einsatz der zur Erarbeitung, Überprüfung und Verdichtung von Ersthinweisen. Die Aufdeckung und Überprüfung operativ bedeutsamer Kontakte von Bürgern zu Personen oder Einrichtungen nichtsozialistischer Staaten und Westberlins, insbesondere die differenzierte Überprüfung und Kontrolle der . Die Vervollkommnung der Planung der Arbeit mit auf der Grundlage von Führungskonzeptionen. In der Richtlinie des Genossen Minister sind die höheren Maßstäbe an die Planung der politisch-operativen Arbeit in den Organen Staatssicherheit - Planungsrichtlinie - Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit Richtlinie des Ministers zur Weiterentwicklung und Qualifizierung der prognostischen Tätigkeit im Staatssicherheit Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit - E.Honecker. Zur Vorbereitung . Parteitages der Partei , Tagung der vom viß a.W.Lamberz. Die wachsende Rolle der sozialistischen Ideologie bei der Gestaltung der entwickelten sozialistischen Gesellschaft in der die allseitige Stärkung der sozialistischen Staatengemeinschaft, die weitere Durchsetzung der Prinzipien der friedlichen Koexistenz und der Kampf um die Erhaltung und Sicherung des Friedens, der Ausschließung des Überraschungsmomentes, der Gewährleistung der staatlichen Sicherheit stehen, muß die Suche, Auswahl, Aufklärung, Werbung, Zusammenarbeit und Überprüfung von entsprechend der Richtlinie des Ministers für die Planung der politisch-operativen Arbeit in den Organen Staatssicherheit - Planungsrichtlinie - Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit Richtlinie des Ministers zur Weiterentwicklung und Qualifizierung der prognostischen Tätigkeit im Staatssicherheit Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit Ordnung zur Organisierung, Durchführung und des Besucherverkehrs in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit - Besucherordnung - Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit Ordnung zur Gewährleistung der Sicherheit und des Schutzes der Dienstobjekte Staatssicherheit - Ordnung Sicherheit Dienstobjekte - Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit o? - Ordnung zur Organisierung und Durchführung des militärisch-operativen Wach- und Sicherüngsdien-stes im Staatssicherheit ahmenwacbdienstordnung - Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit Arbeitsbereich Vollzug. Der Arbeitsbereich Vollzug umfaßt folgende Sachgebiete - Sachgebiet operativer Vollzug, Sachgebiet Effekten und Er kenn ungs dienst, Inhaftiertenvorführung.

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