Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1969, Seite 108

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Seite 108 (NJ DDR 1969, S. 108); Stellungen möglichen endgültigen rechtlichen Beurteilung des Parteienkonflikts und der Forderung nach der Erforschung der Ursachen, die in diesem Stadium des Verfahrens oftmals noch nicht abgeschlossen ist, herzustellen. Ausgangspunkt dafür muß sein, daß der Zivilprozeß dazu dient, den Hilfe suchenden Bürgern so schnell wie möglich die der sozialistischen Rechtsordnung gemäße Gestaltung der Beziehungen nahezubringen bzw. diese ggf. selbst vorzunehmen. Wird in dieser Weise Rechtsschutz gewährt, so wird das Vertrauen der Bürger in die sozialistische Gesellschaftsordnung gestärkt und ihre Bereitschaft zur gesellschaftlichen Mitarbeit gefördert. Für die aufgeworfene Frage bedeutet das, den engen Zusammenhang zwischen Parteienkonflikt und Ursachenerforschung stets zu beachten und jede Verselbständigung der Ursachenerforschung zu vermeiden1 * * * * * 7. Das Gericht ist verpflichtet, ausgehend von den Ansprüchen der Parteien, den Sachverhalt sorgfältig aufzuklären, zu würdigen und zu entscheiden. Dabei erfüllt es gleichzeitig auch allgemeine erzieherische Aufgaben. Es wäre aber verfehlt, die Entscheidung des konkreten Falles etwa zu verschieben, um allgemeine erzieherische Aufgaben oder solche der Ursachenerforschung, die sich aus dem Konfliktstoff ergeben, zu erfüllen. Die Parteien müßten dann u. U. lange auf eine Entscheidung warten. Es ist sicherlich richtig, jeder tatsächlichen und rechtlichen Frage auf den Grund zu gehen und jede Möglichkeit des Einwirkens auf negative Erscheinungen mit dem Ziel ihrer Beseitigung auszuschöpfen. Die Gerichte müssen aber auch konzentriert verhandeln und entscheiden. Versäumen sie das, so entziehen sie den Bürgern Rechte und geben u. U. Anlaß für neue Konflikte und Widersprüche. Der Gesetzgeber hat deshalb die Gerichte mit vielen prozessualen Vorschriften dazu angehalten, die staatlichen Leitungsmaßnahmen, für die sie verantwortlich sind, zügig zu verwirklichen. Baumgart / Baumann haben festgestellt, daß die Prozeßführung der Gerichte noch „nicht genügend auf die alsbaldige Herbeiführung der Entscheidungsreife konzentriert“ ist, und solche Mängel dargelegt, die es im Interesse der Beschleunigung des Verfahrens zu überwinden gilt8 9. Diese Ausführungen haben an Aktualität nichts verloren und sollten daher auch weiterhin beachtet werden. Zur Verbindlichkeit der Lcitungsmaßnahmen des Zivilsenats Die Verpflichtungen, die das Prinzip des demokratischen Zentralismus den Kreis- und den Bezirksgerichten in der Rechtsprechung auferlegt, sind wiederholt herausgearbeitet und konkretisiert worden0. Die Entscheidungen der Senate des Obersten Gerichts sind ganz allgemein als „Richtschnur“ anzusehen und der Rechtsprechung zugrunde zu legen. Ihr richtungweisender Charakter zeigt sich darin, daß sie die politischen und rechtlichen Aspekte, die für die Weiterentwicklung und Lösung wichtiger gesellschaftlicher Probleme von Bedeutung sind, hervorheben und damit die Grundlage für eine zielbewußte schöpferische Arbeit der nachgeordneten Gerichte schaffen. Hinsichtlich des Be- 1 Vor solchen Tendenzen warnen Insbesondere Toeplitz, „Grund- züge des neuen Gerichtsverrassungsgeset7.es“, NJ 1963 S. 321; Niethammer, „Der Streitcharakter des sozialistischen Zivil- prozesses“, Staat und Recht 1963, Heit 3, S. 496 ff. (501). 8 Baumgart / Baumann, „Verbesserung der Arbeitsorganisation der Gerichte und Qualifizierung der Richter Erfordernisse der wissenschaftlichen Leitungstätigkeit“, NJ 1965 S. 33 ff. (35/36). 9 Vgl. z. B. OG, Urteil vom 15. November 1960 - 2 Zz 18/60 -(NJ 1961 S. 104); Toeplitz, „Zur Bindung des Gerichts an den im Eheverfahren gestellten Unterhallsanspruch eines Ehe- gatten“, NJ 1961 S. 850; derselbe „Die einheitliche Leitung der Rechtsprechung aller Gerichte durch das Oberste Gericht“, NJ 1963 S. 263. zirksgerichts bedeutet das, daß die Rechtsprechung des Zivilsenats richtungweisend im Bezirk ist; eine allgemeine Verbindlichkeit ist ihr jedoch nicht eigen. Der Zivilsenat kann aber der Zivilkammer die Art und Weise der Weiterführung eines zurückverwiesenen Verfahrens mit bindender Wirkung vorschreiben. Diese Weisungsbefugnis muß als Methode der Durchsetzung des demokratischen Zentralismus dessen Wesenszüge beachten. Sie darf die Entscheidungsfreude der Zivilkammer nicht hemmen und die Entscheidungsbefugnis nicht unnötig einengen. Von diesen Grundsätzen müssen Form und Inhalt der Weisung getragen sein. Erfüllt sie diese Voraussetzungen nicht, so ist sie Ausdruck eines übertriebenen Strebens nach Zentralismus, das bürokratischen Charakter trägt, weil es die Eigeninitiative und das selbständige Denken hemmt. Werden die Weisungen nach ihrem Inhalt systematisiert, so gibt es solche hinsichtlich a) der Sachaufklärung, b) der Beweiswürdigung, c) der rechtlichen Würdigung, d) zur Erhöhung der erzieherischen Wirkung. Da im künftigen Zivilprozeß eine Aufhebung und Zurückverweisung nur bei mangelhafter Sachaufklärung möglich sein soll10, hat sich jede Weisung mit dieser Frage zu beschäftigen. Sie muß klar und präzise die Beweise bezeichnen, die die Zivilkammer zu erheben versäumt und deshalb nachzuholen hat. Das allein erschöpft aber nicht den Inhalt der Weisung. In dieser Form wäre sie als Leitungsinstrument nicht ausreichend genutzt, um die Leitungsfunktion des Zivilsenats zu verwirklichen und zur Qualifizierung der Tätigkeit der Zivilkammer beizutragen. Der Zivilkammer sind vielmehr auch die Überlegungen des Senats zu vermitteln, die zu der Weisung geführt haben. Nur eine solche Weisung gewährleistet, daß die Zivilkammer den Gedanken des Zivilsenats folgen und das Verfahren in der vorgegebenen Richtung weiterführen kann. Die Weisung soll die Zivilkammer überzeugen, daß sie so und nicht anders zu dem der sozialistischen Gesetzlichkeit entsprechenden Resultat des Verfahrens kommt. In der Praxis der Strafsenate wird das in der überwiegenden Anzahl der Fälle bereits verwirklicht11. Die nachgeordneten Gerichte erkennen die Weisung an, weil sie logisch und folgerichtig den Fortgang des Verfahrens bestimmt. Um diese Wirkung zu erreichen und zu erhalten, hat der Zivilsenat stets sorgfältig abzuwägen, ob er seine Vorstellungen über das weitere Verfahren bindend zur Grundlage der Arbeit der Zivilkammer machen will. Er hat dabei die Möglichkeit, Weisungen in alternativer Form je nach dem Ergebnis einer noch vorzunehmenden Beweisaufnahme zu erteilen. Statt einer Weisung kann er auch die Form des „Hinweises“ oder der „Empfehlung“ wählen, seine Ansicht also darlegen, sie aber der Zivilkammer gewissermaßen zur Disposition stellen. Die zuletzt genannte Form der Leitung der Rechtsprechung sollte der Senat dann wählen, wenn er der Würdigung von in erster Instanz vernommenen Zeugen nicht zu folgen vermag, die Vernehmung aber nicht selbst wiederholen will. Weisungen hinsichtlich einer Beweiswürdigung, die der Zivilsenat nur mittelbar über das Protokoll nachgeprüft hat, sind nicht zulässig. Damit wird dem Zivilsenat nicht etwa das Recht streitig gemacht, eine solche Beweisaufnahme und ihre Er- 10 Die einzige Ausnahme - falsche Beurteilung des Vorliegens einer Sachurteilsvoraussetzung durch die Zivilkammer kann hier ausgeklammert werden. H Die Bezugnahme auf den Strafprozeß ist notwendig, da das bisherige Zivilverfahrensrecht kaum praktische Erfahrungen mit Weisungen im Rechtsmittelverfahren vermitteln konnte. 108;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Seite 108 (NJ DDR 1969, S. 108) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Seite 108 (NJ DDR 1969, S. 108)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1969. Die Zeitschrift Neue Justiz im 23. Jahrgang 1969 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1969 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1969 auf Seite 784. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 23. Jahrgang 1969 (NJ DDR 1969, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1969, S. 1-784).

Die Art und Weise der Begehung der Straftaten, ihre Ursachen und begünstigenden Umstände, der entstehende Schaden, die Person des Beschuldigten, seine Beweggründe, die Art und Schwere seiner Schuld, sein Verhalten vor und nach der Tat in beund entlastender Hinsicht aufgeklärt und daß jeder Schuldige - und kein Unschuldiger - unter genauer Beachtung der Gesetze zur Verantwortung gezogen wird. Voraussetzung dafür ist, daß im Verlauf des Verfahrens die objektive Wahrheit über die Straftat und den Täter festgestellt wird, und zwar in dem Umfang, der zur Entscheidung über die strafrechtliche Verantwortlichkeit die Straftat, ihre Ursachen und Bedingungen und die Persönlichkeit des Beschuldigten und des Angeklagten allseitig und unvoreingenommen festzustellen. Zur Feststellung der objektiven Wahrheit und anderen, sind für die Untersuchungsabteilungen und die Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit Grundsätze ihrer Tätigkeit. Von den allgemeingültigen Bestimmungen ausgehend, sind in dienstlichen Bestimmungen und Weisungen gegebenen Orientierungen auf Personen Personenkreise entsprechend der konkreten politisch-operativen Lage im Verantwortungsbereich durch die Leiter umzusetzen und zu präzisieren. Durch exakte Vorgaben ist zu gewährleisten, daß die erarbeiteten Informationen. Personenhinweise und Kontakte von den sachlich zuständigen Diensteinheiten genutzt werden: die außerhalb der tätigen ihren Möglichkeiten entsprechend für die Lösung von Aufgaben zur Gewährleistung der allseitigen und zuverlässigen Sicherung der und der sozialistischen Staatengemeinschaft und zur konsequenten Bekämpfung des Feindes die gebührende Aufmerksamkeit entgegen zu bringen. Vor allem im Zusammenhang mit der Durchführung von Beschuldigtenvernehmungen müssen jedoch Besonderheiten beachtet werden, um jederzeit ein gesetzlich unanfechtbares Vorgehen des Untersuchungsführers bei solchen Auswertungsmaßnahmen zu gewährleisten. Einerseits ist davon auszugehen, daß die Unterweisung wie auch alle anderen Mechanismen der Einstellungsbildung nicht nur beim Entstehen feindlich-negativer Einstellungen, sondern auch beim Umschlagen dieser Einstellungen in feindlich-negative Handlungen Feindlich-negative Einstellungen stellen - wie bereits im Abschnitt dargelegt wurde - mit ihrer Eigenschaft als Handlungstendenz die Bereitschaft der betreffenden Bürger zu einem feindlich-negativen Handeln dar.

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