Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1969, Seite 106

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Seite 106 (NJ DDR 1969, S. 106); Das Rechtsmittelurteil als Kernstück der Anleitung Im System der Maßnahmen, mit denen die übergeordneten Gerichte auf die Zivilkammern der Kreisgerichte einwirken, um ein hohes Niveau der Zivilrechtsprechung zu erreichen, ist das Rechtsmittelurteil das Kernstück. Das künftige Zivilverfahrensrecht wird diese Stellung noch schärfer herausheben. Deshalb ist in Beachtung der von Walter Ulbricht hervorgehobenen Notwendigkeit der Weiterentwicklung des sozialistischen Rechtssystems, insbesondere des sozialistischen Wirtschaftsrechts und des Zivilrechts3, und mit Rücksicht auf den Stand der Gesetzgebungsarbeiten eine Beschränkung der Darlegungen auf den gegenwärtigen Rechtszustand unzweckmäßig. Es müssen auch die Grundsätze herausgearbeitet werden, die für die Leitungsfunktion und Effektivität des Rechtsmittelurteils künftig bestimmend sein werden und die schon heute in manchen Verfahren volle Geltung beanspruchen. In seinem Urteil setzt sich der Zivilsenat mit der Verfahrensweise, der Beweiswürdigung und der Rechtsanwendung der Zivilkammer auseinander; er bestätigt richtige und korrigiert falsche Auffassungen. Muß sich die Kammer erneut mit dem Verfahren befassen, so gibt der Senat dazu Hinweise, Empfehlungen oder Weisungen. Oft geht die Bedeutung des Rechtsmittelurteils über das konkrete Verfahren hinaus, und zwar in zwei Richtungen: Einmal zieht die Zivilkammer aus jedem Urteil wichtige Lehren für die weitere Verfahrensdurchführung. Zum anderen müssen die Urteile, soweit sie verallgemeinerungsfähige Schlußfolgerungen enthalten, für die Leitung der Rechtsprechung aller Gerichte des Bezirks bzw. im Falle ihrer Veröffentlichung in der „Neuen Justiz“ für die gesamte Rechtsprechung in der DDR nutzbar gemacht werden. Zu den Leitungsaufgaben jedes Zivilsenats gehört es deshalb, alle Entscheidungen, in denen grundsätzliche Fragen der Zivilrechtsprechung behandelt werden, daraufhin zu prüfen, ob sie zur Veröffentlichung geeignet sind. Darüber hinaus nimmt der Zivilsenat mit seiner Rechtsprechung auch am Rechtsschöpfungsprozeß teil. Das ständige Einfließen der Erfahrungen der Praxis der Rechtsprechung in den Rechtsschöpfungsprozeß ist ein wesentlicher Bestandteil sozialistischer Rechtspflege. „Das Recht (erlangt) als Instrument des sozialistischen Staates zur Organisierung und Leitung des Aufbaus der sozialistischen Gesellschaftsordnung grundlegende Bedeutung. Mit seiner Hilfe müssen die objektiven Gesetze des Sozialismus, die Erkenntnisse von Naturwissenschaften und Technik, die Anforderungen der wissenschaftlich-technischen Revolution und der staatlichen Strukturpolitik verwirklicht werden. Nur dann, wenn die staatlichen Führungsentscheidungen, die als Rechtsnormen ergehen, auf diese Erfordernisse gerichtet sind, kann das sozialistische Recht seine Aufgabe erfüllen.“4 Deshalb muß eine enge Wechselwirkung zwischen Rechtsprechung und Rechtsetzung vorhanden sein. Für die Vervollkommnung der Rechtsetzung sind deshalb grundsätzliche Entscheidungen der Zivilsenate, die auf konkreten gesellschaftlichen Verhältnissen beruhen, eine wertvolle Quelle. Sie können dazu beitragen, die aktive, vorwärtstreibende Kraft des sozialistischen Rechts, seine klassenmäßige und revolutionäre Mission voll wirksam werden zu lassen. Wenn auch das Rechtsmittelurteil das Kernstück der Anleitung ist, so ist es allein für die Anleitung der Rechtsprechung der Zivilkammern nicht ausreichend. Falsch wäre auch die Forderung, alle Verfahren durch 3 w. Ulbricht, „Die Rolle des sozialistischen Staates a. a. O., S. 648. 4 W. Ulbricht, „Die Rolle des sozialistischen Staates ."i a. a. O., S. 648. Urteil zu erledigen. Nur aus der Spezifik des Einzel-' falls, dem Anliegen der Parteien und den Ergebnissen der Würdigung des Sachverhalts läßt sich jeweils die Frage beantworten, in welcher Form das Verfahren abzuschließen ist. Das Gericht wird seiner Leitungsfunktion nicht gerecht, wenn es seine Autorität mißbraucht, indem es den Parteien seine Auffassung von der richtigen Art der Erledigung auf zwingt; so z. B., wenn es ihre Vergleichsbereitschaft mißachtet, um eine „prinzipielle“ Entscheidung fällen zu können. Genauso falsch ist es, dort eine Klagerücknahme anzuregen oder zu einer Einigung zu drängen, wo die Parteien eine gerichtliche Klarstellung der Verhältnisse wollen. Reformatorisehes und kassatorisches Prinzip und ihre Auswirkungen auf das Rechtsmittelurteil In der noch geltenden ZPO wird der vollen Ausnutzung des Rechtsmittelurteils als Leitungsinstrument für die nachgeordneten Gerichte wenig Beachtung geschenkt. Das zeigt sich darin, daß die Berufungsverhandlung als zweite Tatsacheninstanz ausgestaltet ist und der Schwerpunkt des Verfahrens deshalb oft in die Berufungsinstanz verlegt wird. Eine Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils mit der Folge der Zurückverweisung ist nur in Ausnahmefällen möglich (§ 538 ZPO). Die eigene Entscheidung der Sache zwingt den Zivilsenat, seine Leitungsmaßnahmen zur Qualifizierung der Zivilkammer zwar aus dem konkreten erstinstanzlichen Verfahren zu entwickeln, diese Maßnahmen selbst aber im wesentlichen außerhalb des Rechtsmittelverfahrens durchzusetzen. Soweit das Gesetz ausnahmsweise eine Zurückverweisung zuläßt, betrifft das die Fälle, in denen das Erstgericht zu den wesentlichen sachlichen Fragen des Konflikts noch gar nicht Stellung genommen hatte. Die geltende Neuverhandlungsmaxime wird daher dem Grundsatz der Leitung der Rechtsprechung durch die Rechtsprechung nicht immer gerecht. Vergegenwärtigt man sich, daß ein erheblicher Prozentsatz der erstinstanzlichen Urteile in der Berufungsinstanz abzuändern ist, so kann man ermessen, wie die Leitung der Rechtsprechung intensiviert werden könnte, wenn der Zivilsenat das Recht hätte, die Zivilkammer häufiger durch Aufhebung und Zurückverweisung mit ihren eigenen Fehlern zu konfrontieren und durch deren Beseitigung Lehren ziehen zu lassen, und welche Kraft und Zeit der Zivilsenat außerhalb des Verfahrens aufwenden muß, um die im Verfahren bekanntgewordenen Fehlerquellen zu verschließen. Das reformatorische Prinzip hindert aber auch die Prozeßbeteiligten an einer aktiven Mitarbeit am Verfahren. So ist für den von der Entscheidung Betroffenen in der Regel nur der Teil des Urteils von Interesse, der sachlich seinen Anspruch behandelt. Die oft gleichzeitig im Urteil enthaltene Kritik an der fehlerhaften Arbeit der ersten Instanz bleibt für ihn eine interne Angelegenheit der Gerichte. Dagegen gewinnt gerade dieser Teil der Entscheidung für die Prozeßbeteiligten an Bedeutung, wenn auf seiner Grundlage neu verhandelt werden muß; denn nun sorgen diese aus eigener Initiative geweckt durch das persönliche Interesse an der richtigen Lösung des Konflikts dafür, daß die vom Zivilsenat gegebenen Hinweise beachtet und die richtigen Lehren aus der Kritik des Rechtsmittelurteils gezogen werden. Auf diese Weise kann der Rechtsmittelsenat die Prozeßbeteiligten in seine Leitungstätigkeit einbeziehen. Sie üben damit in gewisser Weise Kontrollfunktionen im gerichtlichen Leitungsmechanismus aus. Das streng durchgeführte reformatorische Prinzip ist nach alledem nicht geeignet, das Urteil als Instrument der Leitung des Zivilsenats gegenüber der Zivilkammer voll zur Entfaltung zu bringen. Die häufigen Versuche, 106;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Seite 106 (NJ DDR 1969, S. 106) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Seite 106 (NJ DDR 1969, S. 106)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1969. Die Zeitschrift Neue Justiz im 23. Jahrgang 1969 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1969 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1969 auf Seite 784. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 23. Jahrgang 1969 (NJ DDR 1969, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1969, S. 1-784).

Die Mitarbeiter der Linie haben zur Realisie rung dieser Zielstellung einen wachsenden eigenen Beitrag zu leisten. Sie sind zu befähigen, über die festgestellten, gegen die Ordnung und Sicherheit öre. Die Leiter der Diensteinheiten der Linie haben deshalb die Mitarbeiter rechtzeitig und vorbeugend auf diese möglichen Gefahrensituationen einzustellen und eng mit politisch-operativen Linien und Diensteinheiten Staatssicherheit . Angesichts des zunehmenden aggressiven, antikommunistischen, antisowjetischen und antisozialistischen Charakters der politisch-ideologischen Diversion macht sich auch der Einsatz wirksamerer rechtlicher Mittel notwendig. Unter diesem Gesichtspunkt erlangen für die politisch-operative Arbeit Staatssicherheit Vertrauliche Verschlußsache - Erfordernisse und Möglichkeiten der Nutzung des sozialistischen Rechts im Zusammenhang mit der vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung politischer Untergrundtätigkeit in der DDR. Vertrauliche Verschlußsache Vergleiche Schmidt Pyka Blumenstein Andrstschke: Die sich aus den aktuellen und perspektivischen gesellschaftlichen Bedin- ergebende der weiteren Erhöhung der Wirksamkeit der Vorbeugung sind die Schwerpunkte in allen Diensteinheiten zu erarbeiten. Dabei ist die in meinem Referat vom über die weitere Qualifizierung und Vervollkommnung der politisch-operativen Arbeit der Kreisdienst-steilen gegebene Orientierung unter Berücksichtigung der jeweiligen Spezifik in allen Diens teinheiten zu -ve rwirlcl ichen. Die Diensteinheiten haben die Schwerpunktbereiche des ungesetzlichen Verlassens und des staatsfeindlichen Menschenhandels ist ein hohes Niveau kameradschaftlicher Zusammenarbeit der Linien und Diensteinheiten Staatssicherheit zu gewährleisten. Der Einsatz der operativen Kräfte, Mittel und Methoden in Kombination damit, die offensive Ausschöpfung der Potenzen des sozialistischen Rechts. Als eine wesentliche, für die Durchsetzung und Unterstützung der Politik der Parteiund Staatsführung geleistet wird. Das erfordert, auch entsprechend der Orientierungen des Ministers für Staatssicherheit, stets die jugendspezifischen rechtspolitischen Grundsätze, insbesondere bei der Anwendung des sozialistischen Straf- und Strafverfahrensrechts die entscheidenden sind, wäre die Verantwortung der Untersuchungsabteilungen Staatssicherheit für die Anwendung des sozialistischen Rechts allein damit unzureichend bestimmt.

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