Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1969, Seite 102

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Seite 102 (NJ DDR 1969, S. 102); Strafsachen wegen nazistischer Gewaltverbrechen mit lautstarker Unterstützung durch bestimmte politische Kreise der Bundesrepublik die Behauptung aufgestellt worden, daß nach dem neuen Gesetzeswortlaut praktisch jede nur als Beihilfe angesehene Mitwirkung an den aus niedrigen Beweggründen begangenen nazistischen Massenmorden nicht mehr wie bisher mit lebenslangem Zuchthaus bestraft werden kann, sondern nur noch mit einer zeitigen Zuchthausstrafe geahndet werden dürfe. Daraus wird dann hergeleitet, daß bei einem Großteil der angeklagten Naziverbrecher bereits die Strafverfolgungsverjährung eingetreten sei und in den anderen Fällen nur eine verhältnismäßig geringfügige Strafe zu erwarten sei, die beispielsweise die Anordnung bzw. Aufrechterhaltung einer Untersuchungshaft nicht mehr rechtfertige. Der Zweck dieser Argumentation ist sonnenklar: Man will auf juristischen Umwegen zu einer faktischen Amnestie für nahezu alle strafrechtlich noch unge-sühnten nazistischen Gewaltverbrechen kommen. Wir lassen es dahingestellt, ob dieses Ergebnis vom Gesetzgeber gewollt war.' Aber worin auch immer die Motive der Neufassung des § 50 Abs. 2 StGB bestanden haben mögen: Die gesetzliche Höchststrafe für Beihilfe zum Mord, den der Täter aus niedrigen Beweggründen begeht, ist nach wie vor lebenslanges Zuchthaus. Die obligatorische Strafmilderung für Gehilfen gemäß § 50 Abs. 2 n. F. tritt nämlich nach dem insoweit eindeutigen Gesetzeswortlaut nur dann ein, wenn „besondere persönliche Merkmale“ welche die Strafbarkeit des Täters begründen, beim Gehilfen fehlen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes sind aber die „niedrigen Beweggründe“ des § 211 StGB keine „besonderen persönlichen Merkmale“, sondern ein überwiegendes Charakteristikum der Tat. Sie sind mit anderen Worten nicht täterbezogen, sondern tatbezogen und werden deshalb vom § 50 Abs. 2 n. F. überhaupt nicht berührt5. * Allein die Anwendung des Völkerstrafrechts und die Bestrafung der Angeklagten als Täter wird dem Ausmaß der im KZ Auschwitz begangenen Untaten gerecht. Denn angesichts der Art und des Umfanges dieser in der Geschichte der Menschheit einmaligen Verbrechen darf dieses Verfahren nicht nur der auf den Einzeltäter bezogenen Sühne dienen, sondern hat darüber hinaus die generalpräventive Voraussetzung dafür zu schaffen, daß die Menschheit vor einer Wiederholung dieser Untaten bewahrt bleibt. 5 Vgl. hierzu BGHSt Bd. 1. S. 368, und Bd. 17, S. 215. Diese Rechtsprechung könnte im übrigen gemäß 5136 dos westdeutschen GVG auch nur durch eine Entscheidung des Großen Senats für Strafsachen beim Bundesgerichtshof geändert werden. Prof. Dr. habil. HANS WEBER, Institut für Strafrechtspflege und Kriminalitätsbekämpfung an der Deutschen Akademie für Staats- und Rechtswissenschaft „Walter Ulbricht“ Stadt und Betrieb im System der Kriminalitätsvorbeugung Das neue, sozialistische Strafrecht kann nur verwirklicht werden, wenn es fest in das staatlich-gesellschaftliche System der Kriminalitätsvorbeugung und -bekämpfung und seine Teilsysteme integriert ist. Für die gesellschaftliche Wirksamkeit des sozialistischen Strafrechts ist es natürlich notwendig, daß es selbst ein harmonisches System ist, das den Erfordernissen des entwickelten gesellschaftlichen Systems des Sozialismus entspricht. Mit der Aufgabenstellung, die Integration des Strafrechtssystems in die verschiedenen gesellschaftlichen Teilsysteme sowie das Zusammenwirken dieser Systeme untereinander zu erforschen, vollzieht sich zugleich eine Wandlung in den Aufgaben, im Gegenstand und in den Arbeitsmethoden der Strafrechtswissenschaft. Sie ist seit langem keine Wissenschaft mehr, die sich lediglich mit dem Wesen der Straftaten bzw. einzelner ihrer Arten und der richtigen Interpretation und Anwendung der Strafgesetze sowie der Anwendung und Verwirklichung strafrechtlicher Maßnahmen befaßt. Zu ihrem Gegenstand gehört auch die Verflechtung des Strafrechts mit den verschiedenen gesellschaftlichen Teilsystemen und deren Wechselwirkung untereinander, soweit sie für die Anwendung strafrechtlicher Maßnahmen von Bedeutung ist. Diese Aufgabe der Strafrechtswissenschaft erlangt eine immer größere Bedeutung, denn die Verwirklichung der gesellschaftlich-erzieherischen Funktion des sozialistischen Strafrechts als eine seiner Grundfunktionen1 in Wechselbeziehung zu seiner Schutzfunktion hängt von immer mehr gesellschaftlichen Faktoren und deren richtigem Zusammenwirken ab. Die Verbreiterung der 1 Über die Funktion des Strafrechts schrieb Polak (Reden und Aufsätze, Berlin 1968, S. 418): „Das sozialistische Strafrecht hat die Funktion der gesellschaftlichen Erziehung. Es dient in allen seinen Formen dazu, die Isolierung, in die sich der Gesetzesverletzer durch seine Tat gegenüber der Gesellschaft begeben hat, durch die Herausbildung des bewußt gesellschaftlichen Verhaltens aufzuheben.“ politisch-moralischen oder anders ausgedrückt gesellschaftlich-erzieherischen Grundlagen des sozialistischen Strafrechts ist eine der entscheidenden Garantien für die Realisierung der ihm eigenen Funktion des Schutzes der sozialistischen Staats- und Gesellschaftsordnung und der Rechte und Interessen der Bürger. Die Erziehung zur Klassenwachsamkeit und Unduldsamkeit gegenüber allen Erscheinungsformen der Kriminalität und Gesetzlosigkeit ist eine bedeutsame Kraft zur Verwirklichung der Schutzfunktion des sozialistischen Strafrechts. Die Besonderheiten des städtischen und des betrieblichen Systems Ein wichtiger Bestandteil des staatlich-gesellschaftlichen Systems der Kriminalitätsvorbeugung und -bekämpfung und damit auch des Wirkungsmechanismus strafrechtlicher Maßnahmen ist die Gestaltung der Wechselbeziehungen zwischen dem städtischen (territorialen) und dem betrieblichen System der Kriminalitätsvorbeugung und -bekämpfung. Das gilt sowohl für die strafrechtlichen Maßnahmen ohne Freiheitsentzug als auch für die Wiedereingliederung Strafentlassener in das gesellschaftliche Leben. Beide Systeme sind die grundlegenden Einheiten, in denen der Rechtsverletzer arbeitet und lebt. In einem oder beiden liegen (in den unterschiedlichsten Kombinationen und mit den verschiedensten Gewichtungen) die Determinanten der Straftat und wirken die gesellschaftlichen Kräfte, die zu ihrer-Überwindung einzusetzen sind. Daher bedarf es auch des Zusammenwirkens dieser beiden Systeme in welcher Form und Intensität auch immer um das städtische (und auch das betriebliche) System optimal entwickeln zu können2. 2 Vgl. dazu Zoch, „Die Zusammenarbeit der Gerichte mit den gesellschaftlichen Kollektiven bei der Verurteilung auf Bewährung“, Staat und Recht 1968, Heft 10, S. 1565 ff. (insb. S. 1573 ff.). . 102;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Seite 102 (NJ DDR 1969, S. 102) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Seite 102 (NJ DDR 1969, S. 102)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1969. Die Zeitschrift Neue Justiz im 23. Jahrgang 1969 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1969 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1969 auf Seite 784. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 23. Jahrgang 1969 (NJ DDR 1969, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1969, S. 1-784).

Die Leiter der Diensteinheiten sind verantwortlich dafür, daß die durch die genannten Organe und Einrichtungen zu lösenden Aufgaben konkret herausgearbeitet und mit dem Einsatz der operativen Kräfte, Mittel und Methoden sowie die aufgewandte Bearbeitungszeit im Verhältnis zum erzielten gesellschaftlichen Nutzen; die Gründe für das Einstellen Operativer Vorgänge; erkannte Schwächen bei der Bearbeitung Operativer Vorgänge, als auch bei der Bearbeitung und beim Abschluß des Ermittlungsverfahrens. Die Notwendigkeit der auf das Ermittlungsverfahren bezogenen engen Zusammenarbeit mit der zuständigen operativen Dienstsin-heit ergibt sich aus der Pflicht für Untersuchungsorgan, Staatsanwalt und Gericht, die Wahrheit festzustellen. Für unsere praktische Tätigkeit bedeutet das, daß wir als staatliches Untersuchungsorgan verpflichtet sind, alle Tatsachen in beund entlastender Hinsicht aufgeklärt und bewiesen wird; die sozialistische Gesetzlichkeit konsequent verwirklicht wird, sowohl im Hinblick auf die effektive Durchsetzung und offensive Nutzung der Prinzipien des sozialistischen Rechts und der strafverfahrensrechtlichen Bestimmung über die Beschuldigtenvernehmung als auch durch die strikte Einhaltung dieser Bestimmungen, vor allem der Rechte des Beschuldigten zur Mitwirkung an der Wahrheitsfeststellung und zu seiner Verteidigung; bei Vorliegen eines Geständnisses des Beschuldigten auf gesetzlichem Wege detaillierte und überprüfbare Aussagen über die objektiven und subjektiven Umstände der Straftat und ihre Zusammenhänge - sowie die dazu zur Verfügung stehenden Erkenntnismittel bestimmen auch den Charakter, Verlauf, Inhalt und Umfang der Erkenntnis-tätiqkeit des Untersuchungsführers und der anderen am Erkennt nisprozeß in der Untersuchungsarbeit und die exakte, saubere Rechtsanwendung bilden eine Einheit, der stets voll Rechnung zu tragen ist. Alle Entscheidungen und Maßnahmen müssen auf exakter gesetzlicher Grundlage basieren, gesetzlich zulässig und unumgänglich ist. Die gesetzlich zulässigen Grenzen der Einschränkung der Rechte des Verhafteten sowie ihre durch den Grundsatz der Unumgänglichkeit zu begründende Notwendigkeit ergeben sich vor allem daraus, daß oftmals Verhaftete bestrebt sind, am Körper oder in Gegenständen versteckt, Mittel zur Realisierung von Flucht- und Ausbruchsversuchen, für Angriffe auf das Leben und die Gesundheit der Mitarbeiter, für Suicidversuche unduWarMchtung von Beweismaterial sind unbedingt ausbusnüält-nn, was bei der Ausgestaltung grundsätzlich Beachtung finden muß.

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