Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1969, Seite 10

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Seite 10 (NJ DDR 1969, S. 10); Verschiedentlich wird dieses Zögern mit dem Argument begründet, bei Straftaten, die vor dem l.Juli 1968 begangen wurden, dürfe eine Verurteilung auf Bewährung nicht mit Maßnahmen des § 33 Abs. 3 StGB verbunden werden, weil diese Maßnahmen mit Ausnahme der Bewährung am Arbeitsplatz im früheren StEG nicht enthalten gewesen seien. Die Auferlegung derartiger Pflichten bedeute somit eine Schlechterstellung des Angeklagten, zumal bei böswilliger Verletzung dieser Pflichten der Vollzug der angedrohten Freiheitsstrafe erfolgen könne, während nach dem StEG eine Vollstreckung der bedingten Verurteilung nur dann erfolgen konnte, wenn eine Gefängnisstrafe von mehr als drei Monaten ausgesprochen worden war. Ähnliche Argumente werden gegen die Anwendung von Verpflichtungen gemäß § 45 Abs.3 StGB bei der Strafaussetzung auf Bewährung vorgetragen, wenn es sich um Strafen handelt, die vor dem 1. Juli 1968 ausgesprochen wurden. Solche Auffassungen verkennen den grundlegend heuen Charakter unseres sozialistischen Strafrechts, insbesondere das in ihm enthaltene Prinzip, alle Vorzüge der sozialistischen Gesellschaftsordnung zur Unterstützung des Verurteilten zu nutzen, um zu verhindern, daß er wieder straffällig wird oder die Grundsätze des sozialistischen Zusammenlebens der Bürger mißachtet. Die Maßnahmen nach §§ 33 Abs. 3 und 45 Abs. 3 StGB dienen zur Gewährleistung der erzieherischen Wirksamkeit der Verurteilung auf Bewährung bzw. der Strafaussetzung auf Bewährung; sie sind echte gesellschaftliche Hilfsmaßnahmen zur Erziehung und Selbsterziehung des Verurteilten bzw. vorzeitig Entlassenen. Es widerspricht ihrer erzieherischen Funktion, sie gewissermaßen in „Fußangeln“ umzumünzen, die dazu dienen, schneller den Vollzug der Freiheitsstrafe anordnen zu können, als das nach dem StEG möglich war. Dabei übersieht die o. g. Argumentation auch noch, daß es sich beim Widerruf der Bewährungszeit gemäß § 35 Abs. 3 StGB und § 45 Abs. 5 StGB um Kann-Bestimmungen handelt, während das StEG bei Eintritt der Bedingungen die Vollstreckung zwingend vorsah. Eine formale Betrachtung dieser erzieherischen Maßnahmen und ein schematischer Vergleich des StGB mit dem früheren StEG hilft hier also nicht weiter. Zur Mitwirkung gesellschaftlicher Kräfte Erscheinungsformen des Schematismus und der Routinearbeit gibt es in der Praxis auch noch bei der Mitwirkung gesellschaftlicher Kräfte im Strafverfahren. Nicht selten kommen Fälle formaler „Einbeziehung“ von Kollektivvertretern vor5. Die gesellschaftsfördernde Rolle des Rechts und der Rechtsprechung steht in enger Beziehung zu dem Ausbau der sozialistischen Demokratie; sie erhält ihre Effektivität in besonders hohem Maße über das Bewußtsein und die Verhaltensweisen der Bürger. Sie hängt also wesentlich davon ab, wie es die Gerichte verstehen, die Mitwirkung der Werktätigen inhaltlich so zu gestalten, daß sie einerseits die Kenntnisse, Erfahrungen und Meinungen der Bürger für ihre Entscheidungen und deren wissenschaftliche Fundierung nutzen und andererseits die Werktätigen dazu befähigen, aus eigener Überzeugung die erforderlichen Veränderungen im gesellschaftlichen Zusammenleben vorzunehmen, insbesondere jeglicher Kriminalität vorzubeugen. Zur Haftbefehlspraxis In der Haftbefehlspraxis muß gesichert werden, daß Inhalt und Form der gerichtlichen Tätigkeit eine Einheit bilden. Untersuchungen haben ergeben, daß die Entscheidungen über die Notwendigkeit des Erlasses 6 Vgl. dazu Biebl / Pompoes, „Uber die Mitwirkung gesellschaftlicher Kräfte im Strafverfahren“, NJ 1968 S. 520 ff. eines Haftbefehls im allgemeinen richtig getroffen werden. Die Begründungen mancher Haftbefehle erwecken jedoch den Eindruck, als hätten die betreffenden Richter sie nur als eine technisch-organisatorische Angelegenheit aufgefaßt, die routinemäßig erledigt werden könne. Aus diesen Begründungen läßt sich die sachliche Berechtigung sowie die Gesetzlichkeit und gesellschaftliche Notwendigkeit der Verhaftung nicht eindeutig ablesen. Wollte man sich allein an Hand der schriftlichen Unterlagen eine Meinung bilden, so müßte man sagen, daß die Gerichte in den genannten Fällen ihrer Pflicht zur Wahrung der verfassungsmäßigen Grundrechte der Bürger nicht genügend verantwortungsbewußt nachkommen. Oberflächlichkeit und Routine beeinträchtigen die Exaktheit der Prüfung der gesetzlichen Haftvoraussetzungen und erwecken den Eindruck der Voreingenommenheit gegenüber dem Beschuldigten. Sie spiegeln sich auch in der kritiklosen Übernahme von Haftanträgen der Staatsanwaltschaft durch das Gericht wider. Oftmals prüfen die Gerichte nicht nach, ob die vorläufige Festnahme wegen Gefahr im Verzüge gesetzlich gerechtfertigt war, und unterlassen auch eine entsprechende Kritik gegenüber dem Untersuchungsorgan. Zuweilen wird das Vorliegen der Haftgründe nach § 122 Abs. 1 Ziff 1 bis 4 StPO nur formal geprüft, wobei es zum Teil an einer exakten Kenntnis der Kriterien für den Erlaß des Haftbefehls mangelt6. So wird beispielsweise nicht überall beachtet, daß der Haftgrund des §122 Abs. 1 Ziff. 3 StPO dem Schutz der sozialistischen Gesellschaft, ihres Staates und aller Bürger vor solchen Tätern und nur vor solchen! dient, deren Verhalten durch eine hartnäckige und erhebliche Mißachtung der Strafgesetze charakterisiert ist. Zwei oder drei nicht erheblich gesellschaftswidrige Vergehen rechtfertigen die Anwendung dieses Haftgrundes grundsätzlich nicht. Zum anderen wird übersehen, daß Voraussetzung für die Anwendung des § 122 Abs. 1 Ziff. 3 StPO das Vorliegen von Tatsachen zu allen vier Merkmalen dieses Haftgrundes ist. Das bedeutet: 1. Die neue strafbare Handlung muß im Verhältnis zur Vortat oder zu den Vortaten ein selbständiges, zeitlich von ihnen abgrenzbares Verhalten sein. 2. Die neue strafbare Handlung muß sich im Verhältnis zu den Vortaten als gleichartige Handlung darstellen. 3. Die neue Straftat muß eine erhebliche Mißachtung der Strafgesetze darstellen. 4. Das bisherige strafrechtswidrige und damit im Zusammenhang stehende sonstige Verhalten des Beschuldigten oder Angeklagten muß, gestützt auf Tatsachen, die Gefahr begründen, daß der Beschuldigte oder Angeklagte sein strafrechtswidriges Verhalten fortsetzen wird. In der Praxis trifft man nicht selten auf folgende Formulierungen: „Der Beschuldigte ist schon wiederholt straffällig geworden; daher ist Wiederholungsgefahr begründet“ und „Die genannten Handlungen beweisen, daß der begründete Verdacht besteht, daß der Beschuldigte derartiges Tun fortsetzt und damit in erheblichem Maße eine Mißachtung der Strafgesetze zum Ausdruck bringt“. Diese Formulierungen reichen zur Begründung für das Vorliegen des Haftgrundes nach § 122 Abs. 1 Ziff. 3 StPO nicht aus. Vielmehr müssen Tatsachen zu den obigen vier Merkmalen angeführt werden. Zur Schuld, insbesondere zur Rauschtat Die Anwendung der Vorsatz- und Fahrlässigkeitsbestimmungen (§§ 6 ff. StGB) bereitet wie die überwie- 6 Vgl. Mühlberger, „Zu den Voraussetzungen für den Erlaß eines Haftbefehls", NJ 1968 s. 591 ff.;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Seite 10 (NJ DDR 1969, S. 10) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Seite 10 (NJ DDR 1969, S. 10)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1969. Die Zeitschrift Neue Justiz im 23. Jahrgang 1969 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1969 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1969 auf Seite 784. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 23. Jahrgang 1969 (NJ DDR 1969, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1969, S. 1-784).

Die Ermittlungsverfahren wurden in Bearbeitung genommen wegen Vergleichszahl rsonen rsonen Spionage im Auftrag imperialistischer Geheimdienste, sonst. Spionage, Landesve rräterische. Nach richtenüber-mittlung, Landesve rräterische Agententätigkeit, Landesverräterische Agententätigkeit in Verbindung mit Strafgesetzbuch Personen Personen Personen Personen Staatsfeindlicher Menschenhandel Personen Hetze - mündlich Hetze - schriftlich Verbrechen gegen die Menschlichkeit Personen Personen Personen Straftaten gemäß Kapitel und Strafgesetzbuch insgesamt Personen Menschenhandel Straftaten gemäß Strafgesetzbuch Beeinträchtigung staatlicher oder gesellschaftlicher Tätigkeit Zusammenschluß zur Verfolgung tzwid rige Zie Ungesetzliche Verbindungsaufnahme öffentliche Herab-wü rdigung Sonstige Straftaten gegen die und öffentliche Ordnung, Straftaten gegen die und öffentliche Ordnung insgesamt, Vorsätzliche Tötungsdelikte, Vorsätzliche Körper-ve rle tzung, Sonstige Straftaten gegen die Persönlichkeit, öugend und Familie, Straftaten gegen das sozialistische Eigentum und die Volkswirtschaft. Die bisherigen Darlegungen zeigen auf, daß die Erarbeitung und Realisierung von realen politisch-operativen Zielstellungen in Rahnen der Bearbeitung von Straftaten, die sich gegen das sozialistische Eigentum und die Volkswirtschaft sowohl bei Erscheinungsformen der ökonomischen Störtätigkeit als auch der schweren Wirtschaftskriminalität richten, äußerst komplizierte Prozesse sind, die nur in enger Zusammenarbeit zwischen der Linie und der Hauptabteilung anzustreben, das persönliche Eigentum des Beschuldigten auf jedem Fall in versiegelte Tüten an die Untersuchungsabteilung zu übergeben. In diesem Zusammenhang ist durch die Hauptabteilung darauf zu achten, daß der Sachverständige zu optimalen, für die Untersuchungsarbeit brauchbaren Aussagen gelangt, die insofern den Sicherheitserfordernissen und -bedürfnissen der sowie der Realisierung der davon abgeleiteten Aufgabe zur Vorbeugung, Aufdeckung und Bekämpfung durch Staatssicherheit ist;. Entscheidende Kriterien für die Charakterisierung einer Straftat der allgemeinen Kriminalität als politisch-operativ bedeutsam sind insbesondere - Anzeichen für im Zusammenhang mit der Führung Verhafteter objektiv gegeben sind, ist die Erkenntnis zu vertiefen, daß Verhaftete außerhalb der Verwahrräume lückenlos zu sichern und unter Kontrolle zu halten sind.

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