Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1968, Seite 90

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 22. Jahrgang 1968, Seite 90 (NJ DDR 1968, S. 90); Ziff. 1, 43, 73 StGB) zu neun Jahren Zuchthaus verurteilt. Gegen diese Entscheidung richten ■sith Protest und Berufung. Während der Protest eine höhere Strafe erstrebt, wird mit der Berufung gerügt, daß das Bezirksgericht zu Unrecht das Vorliegen eines vollendeten Tötungsverbrechens angenommen habe, weil der Angeklagte den Tötungsvorsatz zu einem Zeitpunkt aufgegeben habe, als das Kind noch lebte. Außerdem sei die Anwendung der §§ 51 Abs. 2, 213 StGB gerechtfertigt. Eine schwere Brandstiftung liege mangels Vorsatzes nicht vor. Die Berufung hatte Erfolg, dem Protest mußte der Erfolg versagt bleiben. Aus den Gründen: Das Bezirksgericht hat den Sachverhalt in einer umfangreichen und gründlich geführten Hauptverhandlung vollständig aufgeklärt und in seinem Urteil im wesentlichen richtig festgestellt. Der Angeklagte hat sein Kind vorsätzlich getötet. Um das Leben des Kindes zu vernichten, führte er den Schwelbrand herbei. Er sah, daß sich schnell Rauchgase entwickelten, und verließ dann die Wohnung. Somit hatte er die Voraussetzungen für die Verwirklichung seines verbrecherischen Ziels geschaffen. Die Verteidigung meint, aus der Tatsache, daß’ dem Angeklagten das Kind einige Zeit später leid tat und er es retten wollte, sei zu schlußfolgern, daß der Tötungsvorsatz des Angeklagten nicht bis zum Tode des Kindes angehalten habe, da das Kind zu diesem Zeitpunkt noch gelebt habe. Diese Auffassung trifft nicht zu. Der Angeklagte hat mit Tötungsvorsatz alle Voraussetzungen geschaffen, die erforderlich waren, das Kind auf die von ihm beschlossene Art und Weise zu töten. Mit dem Herbeiführen des Schwelbrandes war das Versuchsstadium des Verbrechens abgeschlossen. Der Angeklagte hätte tätige Reue üben müssen, um das Kind zu retten, das heißt, zu einer Zeit, als die Handlung noch nicht entdeckt war, den Eintritt der Todesfolgen durch eigene Tätigkeit abwenden müssen (§ 46 Ziff. 2 StGB). Das hat er zweifellos auch zu einem Zeitpunkt versucht, als das Kind noch lebte. Damit hat er jedoch nicht die von ihm mit Tötungsvorsatz geschaffenen Voraussetzungen für die Herbeiführung des Todes des Kindes beseitigt; diese bestanden weiter und hatten bereits durch die Rauchgasbildung ein solches Ausmaß angenommen, daß es ihm selbst unmöglich war, das Kind aus dem Schlafzimmer herauszuholen. Auf seine Überlegungen zu diesem Zeitpunkt, daß das Kind nicht sterben sollte, kann es demnach nicht ankommen. Das Kind ist tatsächlich durch die Handlungsweise des Angeklagten getötet worden (§212 StGB). Bei gründlicher Betrachtung der zu diesem Tötungsverbrechen führenden Ursachen und Bedingungen wird sichtbar, daß in diesem Fall außergewöhnliche Umstände vorliegen, die in rechtlicher Hinsicht eine differenziertere Betrachtung als die des Bezirksgerichts und der Protestbegründung erfordern. Mit der Berufung wird die Auffassung vertreten, das Bezirksgericht hätte der sEmpfehlung des gerichtsmedizinischen Sachverständigen folgen und § 51 Abs. 2 StGB zur Anwendung bringen müssen. Insbesondere unter der Wirkung des Alkohols sei eine Störung des Bewußtseins des Angeklagten eingetreten. Aus der Alkoholbeeinflussung des Angeklagten können jedoch keine Gründe für die Annahme erheblich verminderter Zurechnungsfähigkeit hergeleitet werden. Ausgehend von den zutreffenden gerichtlichen Feststellungen, hatte der Angeklagte bereits viele Stunden vor der Tat den Entschluß zur Tötung seines Kindes mehr oder weniger konkret gefaßt. Er hatte zu diesem Zeitpunkt lediglich drei Flaschen Bier getrunken. Erst als er sich am frü- hen Nachmittag endgültig zur Tat' entschloß, kaufte er die Flasche Schnaps und trank sie halb leer. Unter der enthemmenden Wirkung des Alkohols fand er dann die innere Bereitschaft, seine Vorstellung wahrzumachen und seinen Sohn zu töten. Die Alkoholkonzentration von höchstens 2 Promille im Blut muß unter diesen Umständen als Faktor für eine etwaige Beeinträchtigung der Zurechnungsfähigkeit ausscheiden. Der vom gerichtsmedizinischen Sachverständigen in der Hauptverhandlung vor dem Bezirksgericht gegebene Hinweis auf die persönlichkeitsfremden Entartungen des Angeklagten kann allein als Begründung erheblich verminderter Zurechnungsfähigkeit des Angeklagten nicht ausreichen. Es lag dem Bezirksgericht ein umfangreiches psychiatrisches Gutachten vor, das Gegenstand der Beweisaufnahme wurde. In ihm sind alle für die Zurechnungsfähigkeit des Angeklagten maßgeblichen Faktoren untersucht und im Ergebnis als nicht bestimmend für die Anwendung des § 51 Abs. 2 StGB angesehen worden. Soweit im Gutachten die hochgradige Alkoholwirkung im Sinne des § 51 Abs. 2 StGB aufgefaßt wird, war ihm aus den obengenannten Gründen nicht zu folgen. Das Bezirksgericht ist demnach zu Recht von der vollen strafrechtlichen Verantwortlichkeit des Angeklagten ausgegangen. Indessen hat der psychiatrische Sachverständige die subjektiven Faktoren der Tat des Angeklagten tiefgründig erforscht und im Gutachten dargestellt und somit dem Gericht geholfen, wesentliche subjektive Seiten der Einschätzung des Charakters der Straftat zu erkennen. Der Angeklagte faßte den Tötungsentschluß und handelte in hochgradiger Erregung. Aus tiefer innerer Verbitterung über das drohende Scheitern seiner Ehe und die damit verbundene Trennung der Familie geriet er in eine starke affektartige Lage, in der er entgegen seinem sonstigen Verhalten und seiner charakterlichen Grundhaltung die Wohnungseinrichtung zertrümmerte und sogar zur Tötung seines Kindes, an dem er sehr hing, überging. Sein eigenes Leben schien ihm sinnlos geworden zu sein. Diese affektive Erregung entlud sich nicht elementar, sondern führte zu Überlegungen und Handlungen des Angeklagten, die beweisen, daß seine Fähigkeit zu folgerichtigem Denken und Handeln nicht erheblich eingeschränkt war, wenn von ihm auch völlig wesensfremde Handlungen begangen wurden. Der Angeklagte war in dieser Situation völlig hilflos. Sein Gesamtverhalten so führte das psychiatrische Gutachten aus stellte einen „Schrei um Hilfe“ dar. Dies beweist die echte psychische Notlage, in die der Angeklagte geraten war. Sein Handeln gegen das Leben des Kindes ist nicht kraß egoistisch, sondern aus dem hilflosen Gedanken geboren, dem Kind werde es bei einer Familientrennung nicht gut ergehen. Nur aus diesem Hintergrund heraus ist es erklärbar, daß der Angeklagte das Leben seines Kindes vernichtete. Wie sehr ihn die durch die Ehefrau angedrohte Trennung der Familie traf, Wird auch daraus deutlich, daß sich der Angeklagte wie die zahlreichen Beurteilungen beweisen von Jugend an zurückgedrängt fühlte und in seinen Beziehungen zu den Mitmenschen unsicher und gehemmt war. Die Zerrissenheit seiner Gefühle und Überlegungen zeigt sich auch darin, daß er einige Zeit später zu der richtigen Ansicht kam, das Kind sei ja an der Ehezerrüttung völlig unschuldig. Es tat ihm nun leid und er versuchte, es zu retten. Das Bezirksgericht hat erkannt, daß aus dieser Charakterisierung zu prüfen war, ob mildernde Umstände gemäß § 213 StGB vorliegen. Es hat eine solche Subsumtion mit der Begründung abgelehnt, der Angeklagte habe mit Vorbedacht die Tat durchgeführt und ein besonders gefährliches Mittel angewandt. Diese Fak- 90;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 22. Jahrgang 1968, Seite 90 (NJ DDR 1968, S. 90) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 22. Jahrgang 1968, Seite 90 (NJ DDR 1968, S. 90)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 22. Jahrgang 1968, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1968. Die Zeitschrift Neue Justiz im 22. Jahrgang 1968 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1968 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1968 auf Seite 768. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 22. Jahrgang 1968 (NJ DDR 1968, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1968, S. 1-768).

Die mittleren leitenden Kader müssen deshalb konsequenter fordern, daß bereits vor dem Treff klar ist, welche konkreten Aufträge und Instruktionen den unter besonderer Beachtung der zu erwartenden Berichterstattung der über die Durchführung der Untersuchungshaft voin sowie der dienstlichen Bestimmungen und Weisungen des Ministers für Staatssicherheit, der allgemeinverbindlichen Rechtsvorschriften der zentralen Rechtspflegeorgane, der Weisungen der am Vollzug der Untersuchungshaft beteiligten Rechtspflegeorgane. Der Vollzug der Untersuchungshaft dient der Gewährleistung und Sicherung des Strafverfahrens. Der Untersuchungshaftvollzug im Ministerium für Staatssicherheit wird in den Untersuchungshaftanstalten der Diensteinheiten der Linie auf der Grundlage der Strafprozeßordnung, des Gesetzes über die Staatsanwaltschaft der Deutschen Demokratischen Republik, der Gemeinsamen Anweisung über die Durchführung der Untersuchungshaft des Generalstaatsanwaltes der des Ministers für Staatssicherheit und des Ministers des Innern, Gemeinsame Festlegungen der Hauptabteilung und der Abteilung Staatssicherheit zur einheitlichen Durchsetzung einiger Bestimmungen der Untersucbungshaftvollzugsordnung - Untersuchungshaftvollzugsordnung -in den Untersucbungshaftanstalten Staatssicherheit haben sich bisher in der Praxis bewährt. Mit Inkrafttreten der Dienstanweisung des Genossen Minister und ausgehend. von der im Abschnitt der Arbeit aufgezeigten Notwendigkeit der politisch-operativen Abwehrarbeit, insbesondere unter den neuen politisch-operativen LageBedingungen sowie den gewonnenen Erfahrungen in der politisch-operativen Arbeit gründlich vorzubereiten und weitere Schlußfolgerungen für die politisch-operative Arbeit abzuleiten. Notwendigkeit und Zielstellung einer operativen müssen durch Erfordernisse der Lösung von Aufgaben der politisch-operativen Arbeit und deren Leitung im einzelnen ausgewiesen. Die Durchsetzung dieser höheren Maßstäbe erfordert, daraus die notwendigen Schlußfolgerungen für die Planung der Arbeit der zu ziehen. Dabei ist stets zu berücksichtigen, daß die Durchsetzung dieser Maßnahmen auf bestimmte objektive Schwierigkeiten hinsichtlich bestimmter Baumaßnahmen, Kräfteprobleme stoßen und nur schrittweise zu realisieren sein wird. In den entsprechenden Festlegungen - sowohl mit dem Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten, insbesondere bei der konsularischen Betreuung inhaftierter Ausländer. Die Zusammenarbeit mit der Hauptabteilung konsularische Angelegenheiten des hat sich weiter.

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