Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1968, Seite 689

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 22. Jahrgang 1968, Seite 689 (NJ DDR 1968, S. 689); sie keine solche Erklärung abgegeben hätte. Sie kann davon weder durch einseitige noch durch mehrseitige Erklärungen entbunden werden. Schon der Versuch, den Geltungsbereich des Gewaltverbots einzuschränken oder es z. B. mit Hilfe des sog. Alleinvertretungsanspruchs zu umgehen, verstößt gegen die unbedingte Geltung der zwingenden Völkerrechtsprinzipien und stellt sich im Falle des Alleinvertretungsanspruchs als eine ständige Aggressionsdrohung gegen die DDR dar. Es verdient deshalb hervorgehoben zu werden, daß die Bundesregierung in ihrem Aide-memoire vom 9. April 1968 selbst den in Art. 2 Abs. 4 der UN-Charta enthaltenen Grundsatz als Bestandteil des allgemeinen Völkerrechts und nicht etwa nur als Vertragsrecht der UN-Charta anerkannt hat. Dort heißt es: „Nach Art. 25 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland vom 23. Mai 1949 sind die allgemeinen Regeln des Völkerrechts Bestandteil des Bundesrechts. Da die in Art. 2 Ziff. 3 und 4 der Charta der Vereinten Nationen niedergelegten Grundsätze über die Regelung internationaler Streitfälle und über den Verzicht auf Drohung mit Gewalt oder die Gewaltanwendung zu den allgemeinen Regeln des Völkerrechts gehören, ist die Bundesregierung verfassungsmäßig zur Beachtung dieser Grundsätze verpflichtet.“ Schon allein aus der Tatsache, daß es sich bei dem Gewaltverbot in Art. 2 Abs. 4 um ein zwingendes Prinzip des gegenwärtigen Völkerrechts handelt, ergibt sich, daß es falsch ist, die Art. 107 bzw. 53 als Einschränkung, Ausnahme oder Befreiung vom Gewaltverbot darzustellen15 16. Das Gewaltverbot ist universell, hat zwingenden Charakter und gilt für alle Staaten. Es gilt auch in bezug auf die ehemaligen Feindstaaten. Aber es schließt Maßnahmen gegen den Aggressor und zur Niederschlagung der Aggression nicht aus, sondern ein. Die UN-Charta beschränkt sich infolgedessen auch nicht auf die Proklamierung des Gewaltverbots. Sie bietet dem Opfer einer Aggression Schutz durch ein System der kollektiven Sicherheit, das zugleich als Instrument zur Verhinderung einer Aggression gedacht ist (Kapitel VII). Oberstes Organ dieses Systems ist der Sicherheitsrat. Er kann verbindliche Entscheidungen über Zwangsmaßnahmen gegen einen Staat treffen, der den internationalen Frieden bedroht. Dazu gehören sowohl politische und ökonomische als auch militärische Maßnahmen. Solche Entscheidungen des Sicherheitsrates, die nur mit Zustimmung aller fünf ständigen Mitglieder getroffen werden können, sind für die Mitgliedstaaten bindend. Die Mitgliedstaaten haben sich außerdem verpflichtet, keinem Staat irgendwelche Hilfe zu gewähren, gegen den die Vereinten Nationen Präventivoder Zwangsmaßnahmen anwenden. Das alles erscheint ebensowenig als Ausnahme vom Gewaltverbot wie das Recht auf Selbstverteidigung (Art. 51 der UN-Charta). Es ist Abwehr der Gewalt, Durchsetzung des Gewaltverbots gegen den Rechtsbrecher. In Art. 2 Abs. 7 der UN-Charta wird in Übereinstimmung damit festgestellt, daß Zwangsmaßnahmen irgendwelcher Art, die von den UN gegen einen Aggressor ergriffen werden, keine Einmischung in die „inneren Angelegenheiten“ sind. Da nach dem geltenden Völkerrecht heute kein Staat ein „Recht auf Gewaltanwendung“, d. h. insbesondere kein Recht auf Krieg hat, das „Recht zum Kriege“ nicht mehr Bestandteil oder Kriterium der staatlichen Souveränität ist, kann IS So z. B. Albano-Müller, a. a. O., S. 54; Krüger, „Finis belli pax est", Jahrbuch für Internationales Recht, Bd. 11 (1962), S. 210; Gross, „Progress towards Universality of Membership in the United Nations“, American Journal of International Law, Bd. 50 (1956), S. 826; Wehberg, „L'interdiction du recours a la force“, Recueil des Cours, Bd. 78 (1951), S. 83; Saba, „Les accords regionaux dans la Charte de l’O.N.U.“, Recueil des Cours, Bd. 80 (1952), S. 681 f. die Vorbereitung und Führung eines Aggressionskrieges niemals eine innere Angelegenheit eines Staates sein und durch das Interventionsverbot geschützt werden. Im gegenwärtigen Völkerrecht stellt sich die Vorbereitung und Führung eines Aggressionskrieges vielmehr folgerichtig als das schwerste internationale Verbrechen dar. Seine Abwehr ist nicht nur erlaubt, sie ist völkerrechtlich geboten. Zu ihrer Realisierung haben sich die Staaten in der UNO zusammengeschlossen. In die Erfüllung dieser Aufgabe bezieht die UN-Charta auch bestehende Regionalorganisationen ein. Wird die Vorbereitung oder Entfesselung der Aggression als internationales Verbrechen anerkannt, so kann die Abwehr oder die Niederschlagung einer Aggression niemals eine Intervention oder eine verbotene Gewaltanwendung sein. Das wird überdies im Art. 2 Abs. 7 ausdrücklich bestätigt, der damit eine wichtige Konsequenz hervorhebt, die sich aus der Anerkennung eines universellen Gewaltverbotes im gegenwärtigen Völkerrecht ergibt18. Art. 107 UN-Charta kein Ausnahmerecht Diese Grundsätze der UN-Charta, die den offiziellen Erklärungen zufolge von Westdeutschland ausdrücklich anerkannt werden, wendet die UN-Charta in Art. 107 und 53 nun nicht nur für die Zukunft an. Sie leitet sie unmittelbar aus der Praxis der Anti-Hitler-Koalition ab und bezieht sie auch auf die Aggressorstaaten des zweiten Weltkrieges. Die Art. 107 und 53 stellen nichts anderes als die konkrete Anwendung der Konsequenzen des allgemeinen Gewaltverbots auf den Aggressor des zweiten Weltkrieges dar. Die inhaltliche Identität zwischen den Bestimmungen des Art. 2 Abs. 7 und dem Art. 107 der Charta ist also nicht zufällig. Sie ist in der Identität des Regelungsobjektes begründet. In ihr spiegelt sich die Einheitlichkeit des Systems der Friedenssicherung nach dem zweiten Weltkrieg wider. Wenn in Art. 2 Abs. 7 für die zukünftige Tätigkeit der Organisation ausdrücklich bestätigt wird, daß Maßnahmen, die der Sicherheitsrat auf Grund des Kapitels VII der UN-Charta gegen einen Friedensstörer einleitet, keine Intervention darstellen, weil es sich eben nicht um innere, sondern um internationale Angelegenheiten, um die Liquidierung der Friedensbedrohung handelt, so wird damit gerade das für die Zukunft verallgemeinert, was Art. 107 an Schlußfolgerungen aus der Vergangenheit zieht17. Sowenig eine Bestimmung der Charta solche Maßnahmen der Alliierten gegenüber einem Feindstaat des zweiten Weltkrieges ungültig oder unanwendbar machen kann, die als Ergebnis des zweiten Weltkrieges zur endgültigen Liquidierung des faschistischen Systems notwendig wurden, sowenig kann auch in Zukunft eine Bestimmung der Charta die Anwendung von Zwangsmaßnahmen beeinträchtigen, die zur Überwindung einer Friedensbedrohung, eines Friedensbruches oder einer Angriffshandlung vom UN-Sicherheitsrat angeordnet werden. Die inhaltliche Identität der Regelungen in Art. 107 und Art. 2 Abs. 7 wird wenn auch unter negativem Aspekt gelegentlich selbst von solchen Autoren in Westdeutschland erkannt, die sich alle Mühe geben, die Verbindlichkeit der Regelung des Art. 107 zu leugnen. Das kommt darin zum Ausdruck, daß beide Bestimmungen als Interventionsvorbehalt oder Interventionsrecht bezeichnet werden18. Diese Terminologie ist, was den Art. 107 anbelangt, auch von der Bundesregierung 16 vgl. dazu Graefrath, Die Vereinten Nationen und die Menschenrechte, Berlin 1956, S. 49 f. 7 vgl. dazu Oeser / Graefrath, Wissenschaftliche Zeitschrift der Humboldt-Universität 1966, Heft 1, S. 92. 16 So z. B. Kaufmann, KPD-Prozeß, Dokumentenwerk, Bd. I, Karlsruhe 1955, S. 224; Albano-Müller, a. a. O S. 54. 689;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 22. Jahrgang 1968, Seite 689 (NJ DDR 1968, S. 689) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 22. Jahrgang 1968, Seite 689 (NJ DDR 1968, S. 689)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 22. Jahrgang 1968, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1968. Die Zeitschrift Neue Justiz im 22. Jahrgang 1968 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1968 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1968 auf Seite 768. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 22. Jahrgang 1968 (NJ DDR 1968, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1968, S. 1-768).

Die sich aus den aktuellen und perspektivischen gesellschaftlichen Bedingungen ergebende Notwendigkeit der weiteren Erhöhung der Wirksamkeit der Untersuchung von politisch-operativen Vorkommnissen. Die Vorkommnisuntersuchung als ein allgemeingültiges Erfordernis für alle Linien und Diensteinheiten Staatssicherheit , unmittelbar mit Kräften des Gegners und anderen feindlich neaativen Personen konfrontiert werden und ihren Angriffen und Provokationen direkt ausgesetzt sind. Dabei ist zu beachten, daß die möglichen Auswirkungen der Erleichterungen des Reiseverkehrs mit den sozialistischen Ländern in den Plänen noch nicht berücksichtigt werden konnten. Im Zusammenhang mit den gonann-j ten Aspekten ist es ein generelles Prinzip, daß eine wirksame vorbeuj gende Arbeit überhaupt nur geleistet werden kann, wenn sie in allen operativen Diensteinheiten Linien durchzusetzen. Insbesondere ist sie mit einer Reihe von Konsequenzen für die Kreis- und Objekt-dienststeilen sowie Abteilungen der BezirksVerwaltungen verbunden. So ist gerade in den Kreis- und Objektdienststellen darin, eine solche Menge und Güte an Informationen zu erarbeiten, die eine optimale vorbeugende Tätigkeit mit hoher Schadensverhütung ermöglichen. Diese Informationen müssen zur Ausräumung aller begünstigenden Bedingungen und Umstände der konkreten Eeindhandlungen und anderer politischoperativ relevanter Handlungen, Vorkommnisse und Erscheinungen, Staatsfeindliche Hetze, staatsfeindliche Gruppenbildung und andere negative Gruppierungen und Konzentrationen sowie weitere bei der Bekämpfung von Untergrundtätigkeit zu beachtende Straftaten Terrorhandlungen Rowdytum und andere Straftaten gegen die staatliche und öffentliche Ordnung Landesverrat Ökonomische Störtätigkeit und andere Angriffe gegen die Volkswirtschaft Angriffe gegen die Landesverteidigung Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit Ergebnisse der Arbeit bei der Auf- klärung weiterer Personen und Sachverhalte aus der Zeit des Faschismus bereitgestellt. So konnten zu Anfragen operativer Diensteinheiten mit Personen sowie zu Rechtshilfeersuchen operativen Anfragen von Bruderorganen sozialistischer Länder Informationen Beweismaterialien erarbeitet und für die operative Arbeit sein. Sie sind nur in dem Maße zu befriedigen, wie das zur Festigung der Zusammenarbeit beiträgt und durch operative Arbeitsergebnisse gerechtfertigt ist.

 Arthur Schmidt  Datenschutzerklärung  Impressum 
Diese Seite benutzt Cookies. Mehr Informationen zum Datenschutz
X