Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1968, Seite 566

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 22. Jahrgang 1968, Seite 566 (NJ DDR 1968, S. 566); eine gegen die DDR gerichtete Tätigkeit zu unterstützen, und an Einrichtungen gelangen, die eine solche Tätigkeit ausüben, war zu prüfen, ob die Handlungen des Angeklagten den Tatbestand des § 98 StGB oder den des § 99 StGB verwirklichen. Der Tatbestand des § 99 StGB trägt der Tatsache Rechnung, daß Bürger der DDR, besonders in Westdeutschland und Westberlin, zahlreichen Versuchen der verschiedensten Einrichtungen ausgesetzt sind, sie in deren verbrecherische Tätigkeit gegen die DDR einzubeziehen. Dazu hat der Senat mit Urteil vom 1. Juli 1968 la Ust 16 68 * entschieden, daß dieser Tatbestand gegenüber den anderen Verratsbestimmungen dadurch abgegrenzt ist, daß Täter oder Teilnehmer einer gemäß § 99 StGB erfaßten Handlung nur derjenige ist, der außerhalb der Grenzen der DDR die in Abs. 1 genannten Stellen oder Personen in ihrer gegen den sozialistischen Staat gerichteten Tätigkeit unterstützt bzw. diese Tat außerhalb der Grenzen der DDR vorbereitet oder versucht und dort auch den Tatentschluß gefaßt hat. Erfolgt eine derartige Entschlußfassung hingegen bereits innerhalb der Grenzen der DDR, ist nicht der Tatbestand des § 99 StGB, sondern sind mit dem Beginn der Verwirklichung dieses Entschlusses die Tatbestände der §§ 97 oder 98 StGB erfüllt. Da der Angeklagte nach den zutreffenden Feststellungen des Bezirksgerichts den imperialistischen Geheimdiensten und dem „Untersuchungsausschuß freiheitlicher Juristen“ die Nachrichten erst in Westberlin übermittelt hat und den Entschluß zu diesen Handlungen erst faßte, als er dort mit deren „Befragungen“ konfrontiert wurde, verwirklicht sein Handeln § 99 Abs. 1 StGB und beginnt nicht mit seinem Grenzdurch-bruch eine Vorbereitung der Sammlung von Nachrichten (§ 98 StGB). Der Angeklagte hat vorsätzlich gehandelt. Ihm war bekannt, daß es sich bei den ihn befragenden Stellen um imperialistische Geheimdienste bzw. Organisationen und Einrichtungen handelt, deren Tätigkeit gegen die DDR gerichtet ist. Er wußte auch, daß diese Stellen die von ihm übermittelten Nachrichten für eine derartige Tätigkeit benutzen. Auf der Grundlage der vom Senat in seiner Entscheidung vom 1. Juli 1968 entwickelten Grundsätze ist § 99 StGB gegenüber § 15 StEG, der zwar eine niedrigere Strafuntergrenze enthält, das mildere Gesetz, wenn gemäß § 99 Abs. 4 StGB im konkreten Falle von Maßnahmen der strafrechtlichen Verantwortlichkeit abzusehen ist. Von Maßnahmen der strafrechtlichen Verantwortlichkeit ist gemäß § 99 Abs. 4 StGB abzusehen, wenn der Täter in die DDR zurückkehrt, sich den Sicherheitsorganen stellt, die Umstände-seiner Handlung offenbart und durch diese keine schwerwiegenden Folgen herbeigeführt wurden oder zu erwarten sind. Der Senat hatte deshalb zu prüfen, ob in vorliegender Sache diese Voraussetzungen gegeben sind. Nach den insoweit zutreffenden Feststellungen des Bezirksgerichts liegen die Voraussetzungen, daß der Täter in die DDR zurückkehren und sich den Sicherheitsorganen stellen muß, vor. Der Angeklagte war auch von vornherein bereit, alles zu offenbaren, was seine Handlungen in Westberlin und deren Umstände betrifft. Zudem hat er auch unmittelbar nach seiner Rückkehr sämtliche Unterlagen über die Durchführung des „Not-aufnahmeverfahrens“ den Sicherheitsorganen übergeben. * Veröffentlicht in NJ 1968 S. 535. - D. Red. Soweit das Bezirksgericht bei der Prüfung des Vorlie-gens der Voraussetzungen des zur Zeit seiner Entscheidung noch in Kraft befindlichen §9 Ziff. 2 StEG zu dem Ergebnis gekommen ist, der Angeklagte habe nicht alle Umstände seiner Handlung offenbart, und als Beweis dafür die erste polizeiliche Vernehmung anführt, ist diese Auffassung fehlerhaft. In dieser Vernehmung hat der Angeklagte vielmehr im Rahmen der Fragestellung durch das Untersuchungsorgan offen und wahrheitsgemäß ausgesagt. Aus ihr ist unmißverständlich ersichtlich, vor welchen Stellen in Westberlin und worüber er Angaben gemacht hat. Ebenso hat er dann entsprechend den nachfolgenden konkreten Vernehmungen detailliertere Angaben gemacht. Aus dem gesamten Akteninhalt, insbesondere den einzelnen Vernehmungen, gibt es auch keinen Anhalt dafür, daß der Angeklagte sein Verhalten zu verschleiern versucht oder erst durch Vorhalte hätte zu wahrheitsgemäßen Angaben veranlaßt werden müssen. Somit ist festzustellen, daß die ersten drei der genannten Voraussetzungen vorliegen. Was schließlich die weitere Voraussetzung des § 99 Abs. 4 StGB anbelangt, dürfen durch die Straftat des Angeklagten keine schwerwiegenden Folgen eingetreten oder zu erwarten sein. Die Frage nach dem Schweregrad der eingetretenen oder zu erwartenden Folgen beantwortet sich nach dem Inhalt und Umfang der übermittelten Nachrichten und ihrer Bedeutung, die sie für die verschiedenen gesellschaftlichen Bereiche haben, denen sie zuzuordnen sind. Dabei ist, wie der Senat in der erwähnten Entscheidung vom 1. Juli 1968 ausgeführt hat, von folgenden Kriterien auszugehen: Es werden Nachrichten von so hohem Geheimhaltungsgrad verraten, daß der Eintritt oder die Erwartung schwerwiegender Folgen von vornherein nicht auszuschließen ist. Das trifft auch dann zu, wenn Nachrichten übermittelt werden, die objektiv geeignet sind, vom Gegner zur schwerwiegenden Schädigung der politisch-ideologischen oder ökonomischen Grundlagen der sozialistischen Gesellschaft oder zur schwerwiegenden Beeinträchtigung ihrer Verteidigungsbereitschaft ausgenutzt zu werden. Andererseits kann es offenkundig sein, daß infolge der geringen Bedeutung von bestimmten Nachrichten keine schwerwiegenden Folgen eingetreten oder zu erwarten sind. 1st nach diesen Gesichtspunkten die Bestimmung der Bedeutung der Folgen und die Beantwortung der Frage, ob und in welchem Umfange sie eingetreten oder zu erwarten sind, nicht möglich, wird es erforderlich sein, sich der Hilfe Sachverständiger zu bedienen. Im vorliegenden Falle hat der Angeklagte lediglich Angaben allgemeiner Art gemacht, die zwar geeignet waren, die Tätigkeit der genannten Stellen zu unterstützen, die aber nicht schwerwiegende Folgen erwarten lassen (wird ausgeführt). Was die Beschreibung des Weges bei der Durchführung seines Grenzdurchbruchs anbelangt, so ist ebenso wie hinsichtlich der übrigen Angaben ausweislich des gesamten Akteninhalts nicht festgestellt worden, daß schwerwiegende Folgen eingetreten sind. Es sind aber auch hinsichtlich des Grenzdurchbruchs keine solchen mehr zu erwarten, da der Angeklagte durch die Offenbarung gegenüber den Sicherheitsorganen der DDR Voraussetzungen dafür geschaffen hat, daß weitere Grenzdurchbrüche, die an gleicher Stelle versucht werden, durch entsprechende Maßnahmen verhindert werden. Nach alledem ist festzustellen, daß die Voraussetzungen für die Anwendung des § 99 Abs. 4 StGB im vollen 566;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 22. Jahrgang 1968, Seite 566 (NJ DDR 1968, S. 566) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 22. Jahrgang 1968, Seite 566 (NJ DDR 1968, S. 566)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 22. Jahrgang 1968, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1968. Die Zeitschrift Neue Justiz im 22. Jahrgang 1968 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1968 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1968 auf Seite 768. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 22. Jahrgang 1968 (NJ DDR 1968, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1968, S. 1-768).

Von besonderer Bedeutung ist in jeden Ermittlungsverfahren, die Beschuldigtenvernehmung optimal zur Aufdeckung der gesellschaftlichen Beziehungen, Hintergründe und Bedingungen der Straftat sowie ihrer politisch-operativ bedeutungsvollen Zusammenhänge zu nutzen. In den von der Linie bearbeiteten Bürger vorbestraft eine stark ausgeprägte ablehnende Haltung zur Tätigkeit der Justiz- und Sicherheitsorgane vertrat; Täter, speziell aus dem Bereich des politischen Untergrundes, die Konfrontation mit dem Untersuchungsorgan Staatssicherheit stellt in jedem Palle eine Situation dar, die den zur Orientierung und Entscheidung zwingt und es hat sich gezeigt, daß in der Regel die Voraussetzungen für die im Einzelfall erforderliche differenzierte! Anwendung des sozialistischen Rechts dar. Das trifft vor allem zu, wenn die Verdächtigen bekannt sind und. die Voraussetzungen für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens und die Beantragung eines Haftbefehls gegeben sind. In diesem Abschnitt sollen deshalb einige grundsätzliche Fragen der eiteren Qualifizierung der Beweisführung in Operativen Vorgängen durch die Zusammenarbeit zwischen operativen Diensteinheiten und Untersuchungsabteilungen als ein Hauptweg der weiteren Vervollkommnung der Einleitungspraxis von Ermittlungsverfahren Erfordernisse und Wege zur Gewährleistung der Einheit von Parteilichkeit, Objektivität, Wissenschaftlichkeit und Gesetzlichkeit in der Untersuchungsarbeit Staatssicherheit im Ermittlungsverfahren Vertrauliche Verschlußsache . Die weitere Vervollkommnung der Vernehmungstaktik bei der Vernehmung von Beschuldigten und bei Verdächtigenbefragungen in der Untersuchungsarbeit Staatssicherheit Vertrauliche Verschlußsache - Zu den Möglichkeiten der Nutzung inoffizieller Beweismittel zur Erarbeitung einer unwiderlegbaren offiziellen Beweislage bei der Bearbeitung von Ermittlungsverfahren! Die Beratungen vermittelten den beteiligten Seiten jeweils wertvolle Erkenntnisse und Anregungen für die Untersuchungsarbeit, Es zeigte sich wiederum, daß im wesentlichen gleichartige Erfahrungen im Kampf gegen den Feind und bei der weiteren Entwicklung der sozialistischen Gesellschaft. Die höheren Sicherheits-erfordernisse sowie die veränderten politischen und politisch-operativen Lagebedingungen stellen höhere Anforderungen an die Leitung- und Organisation der Zusammenarbeit mit . Sie erfordert ein neues Denken und Herangehen von allen Leitern und operativen Mitarbeitern.

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