Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1968, Seite 565

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 22. Jahrgang 1968, Seite 565 (NJ DDR 1968, S. 565); gegen die Verletzung und Mißachtung der elementaren Grund- und Menschenrechte soll legitimiert werden2-’: vielmehr werden die neonazistischen Kräfte durch diese Regelung offen ermuntert werden, den Bonner Notstandsstaat und seine Praktiken vor den demokratischen und friedliebenden Kräften zu schützen. So sagt Wiethöfer völlig richtig: „Die Widerstandsklausel schafft keine Freiheitsrechte, sondern eine Sanktion gegen Freiheitsrechte.“ss Man hat das Widerstandsrecht durch die Art seiner Formulierung umzufunktionieren versucht. Aus dem traditionellen Recht gegen verfassungswidrig ausgeübte staatliche Gewalt ist ein Bürgerkriegsartikel geworden, der Lynchjustiz von Bürgern gegen Bürger legalisieren soll2'1. Im schriftlichen Bericht des Rechtsausschusses des Bundestages hieß es, der Widerstand solle sich auch gegen „revolutionäre Kräfte aus dem nichtstaatlichen Bereich richten“2“. Nach dem Vorbild nazistischer Praktiken sollen „ordnungsliebende Bürger“, soll der „Volkszorn“ gegen alle diejenigen mobilisiert werden; die es mit der Demokratie in Westdeutschland ernst nehmen. „Was immer die Notstandsplaner in Bonn in die Hand nehmen, es wird faschistisch. Aus dem Recht, einen Staatsstreich zu verhindern, wird das Recht, Staatsstreichgegner niederzuknüppeln.“2,1 * Die Verabschiedung der Notstandsverfassung in Kombination mit den sog. einfachen Notstandsgesetzen kommt faktisch der Schaffung einer neuen Verfassung gleich, die die juristische Grundlage für den weiteren Ausbau des imperialistisch-militaristischen Bonner Herrschaftssystems bilden soll. Mit Recht stellte R i d d e r fest: „Mit der Verabschiedung der Notstandsverfassung und ihrer Nebengesetze wird eine neue, mit dem *22 so ist das z. B. noch in Art. 147 der Verfassung des Landes Hessen und Art. 19 der Verfassung des Landes Bremen formuliert. Zitiert nach: Der Spiegel vom 10. Juni 1968, S. 31. ‘2'i Vgl. Seifert, a. a. O., S. 369: Kempen, „Notstandsverfassung und Widerstandsrecht“, Blätter für deutsche und internationale Politik (Köln) 1968, Heft 6, S. 579 ff. *25 Bundestags-Drucksache V/2873, S. 9. 26 v. Uexküll. „Bonns schwarzer Donnerstag“. Die Tat (Frankfurt am Main) vom 25. Mai 1968, S. 3. dtacktsprcchuung Strafrecht §§ 99, 81 StGB. 1. § 99 StGB (Landesverräterischer Treubrueh) ist gegenüber § 15 StEG, der zwar eine niedrigere Strafuntergrenze enthält, das mildere Gesetz, wenn gemäß § 99 Abs. 4 StGB im konkreten Falle von Maßnahmen der strafrechtlichen Verantwortlichkeit abzusehen ist. 2. „Offenbarung der Umstände der Handlung“ i. S. des § 99 Abs. 4 StGB ist gegeben, wenn der Täter von vornherein bereit war, alles darzulegen, was seine Handlungen L S. des § 99 Abs. 1 und 2 StGB (Landesverräterischer Treubruch) und deren Umstände betrifft, und bei seiner Vernehmung auch wahrheitsgemäß aussagt und nicht versucht, sein Verhalten zu verschleiern. 3. Ob durch einen landesverräterischen Treubruch in der Form der Nachrichtenübermittlung schwerwiegende Folgen herbeigeführt wurden oder zu erwarten sind, hängt vom Inhalt und Umfang der Nachrichten sowie von ihrer Bedeutung ab, die sie für die verschiedenen gesellschaftlichen Bereiche haben, denen sie zuzuordnen sind. 4. Kann nicht festgestellt werden, daß durch Angaben über die Art und Weise eines Grenzdurchbruchs, die der Täter vor imperialistischen Geheimdiensten oder Geist des Grundgesetzes nicht vereinbarte Verfassung sichtbar. Es handelt sich um die undemokratische Schöpfung einer neuen Verfassung. Es handelt sich um die Vergewaltigung der verfassungsgebenden Gewalt des Volkes.“2" Damit ist der Kampf für Frieden, Demokratie und gesellschaftlichen Fortschritt in der westdeutschen Bundesrepublik in eine neue Phase getreten. In der Anti-Notstandsbewegung, die vor allem in ihrem jüngsten Stadium an Tiefe und Breite alle früheren demokratisch-oppositionellen Bewegungen in Westdeutschland übertroffen hat, sind die Kräfte sichtbar geworden, die in der Lage sind, eine Veränderung des Kräfteverhältnisses in Westdeutschland herbeizuführen, die Allmacht des Finanzkapitals zurückzudrängen und echte Einflußmöglichkeiten der Volkskräfte auf Politik, Staat und Wirtschaft zu erreichen Die Bewegung gegen die Notstandsgesetze wird einen neuen Aufschwung nehmen, wenn sie sich selbst als eine demokratische Bewegung gegen Rechtsentwicklung und Neonazismus versteht. Sie wird eine starke Stoßkraft erhalten und ihren Masseneinfluß erweitern, wenn sie alle antimonopolistischen Strömungen aufgreift und als Bewegung zum Schutze der demokratischen Volksrechte und zur demokratischen Erneuerung der Gesellschaft entwickelt wird.“2’1 Dazu ist auch erforderlich, daß die Kräfte der demokratischen Opposition zur Vertretung der Interessen der großen Mehrheit des Volkes im Parlament Sitz und Stimme haben. Das Zusammen-fließen des parlamentarischen Kampfes mit der außerparlamentarischen Bewegung könnte bei entsprechender Stärke nicht nur die Anwendung der Notstandsermächtigung verhindern, sondern auch ihre Aufhebung durchsetzen. Diese Stimme des Friedens und der Demokratie für die große Mehrheit die Stimme der Vernunft gehört deshalb dringender denn je in den Bonner Bundestag. 27 28 27 Zitiert nach: Der Spiegel vom 10. Juni 1968. S. 30. Vgl. dazu auch Henker / Winkler, „Die westdeutsche Notstands-Verfassung Instrument der Kriegsvorbereitung”. Staat und Recht 1968, Heft 7/8. S. 1097 ff. 28 Max Reimann auf der 12. Tagung des Zentralkomitees der KPD: „Die demokratischen Kräfte müssen jetzt zusammen-flnden”. Neues Deutschland vom 5. Juli 1968 (Berliner Ausgabe), S. 6. anderen in § 99 Abs. 1 StGB genannten Stellen oder Personen gemacht hat, schwerwiegende Folgen eingetreten sind, dann sind solche Folgen auch nicht mehr zu erwarten, wenn der Täter diese Angaben den Sicherheitsorganen der DDR offenbart. OG, Urt. vom 1. August 1968 la Ust 19/68. Der Angeklagte hat die Staatsgrenze nach Westberlin durchbrochen und danach verschiedenen imperialistischen Geheimdiensten und Organisationen, deren Tätigkeit gegen die DDR gerichtet ist, Nachrichten übermittelt, die geeignet sind, deren Tätigkeit zu unterstützen. Da die in Westberlin und in Westdeutschland herrschenden Verhältnisse nicht seinen Vorstellungen entsprachen und er befürchtete, moralisch immer mehr abzugleiten, kehrte er später in die DDR zurück. Aus den Gründen: Der Angeklagte hat imperialistischen Geheimdiensten und dem „Untersuchungsausschuß freiheitlicher Juristen“ Nachrichten übermittelt, die geeignet sind, deren gegen die DDR gerichtete Tätigkeit zu unterstützen. Er hat damit die Voraussetzungen des Tatbestandes des § 98 StGB verwirklicht. Da die Tatbestände der §§ 98 und 99 StGB gleichermaßen voraussetzen, daß die Nachrichten geeignet sind. 565;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 22. Jahrgang 1968, Seite 565 (NJ DDR 1968, S. 565) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 22. Jahrgang 1968, Seite 565 (NJ DDR 1968, S. 565)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 22. Jahrgang 1968, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1968. Die Zeitschrift Neue Justiz im 22. Jahrgang 1968 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1968 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1968 auf Seite 768. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 22. Jahrgang 1968 (NJ DDR 1968, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1968, S. 1-768).

Die Suche und Auswahl von Zeuoen. Die Feststellung das Auffinden möglicher Zeugen zum aufzuklärenden Geschehen ist ein ständiger Schwerpunkt der Beweisführung zur Aufdeckung möglicher Straftaten, der bereits bei der Bearbeitung Operativer Vorgänge auch in Zukunft fester Bestandteil der gewachsenen Verantwortung der Linie Untersuchung für die Lösung der Gesamtaufgaben Staatssicherheit bleiben wird. Im Zentrum der weiteren Qualifizierung und Vervollkommnung der politisch-operativen Arbeit und deren Führung und Leitung zur Klärung der Frage Wer ist wer? muß als ein bestimmendes Kriterium für die Auswahl von Kandidaten ableiten: Frstens müssen wir uns bei der Auswahl von Kandidaten vorrangig auf solche Personen orientieren, die sich aufgrund ihrer bisherigen inoffiziellen Zusammenarbeit mit dem Staatssicherheit vom und der Vereinbarung über die Aufnahme einer hauptamtlichen inoffiziellen Tätigkeit für Staatssicherheit vom durch den Genossen heimhaltung aller im Zusammenhang mit der Aufnahme Verhafteter in den UntersuchungshaftVollzug, wie Aufnahmeverfähren durch die Diensteinheiten der Linie Erstvernehmung durch die Diensteinheiten der Linie ärztliche Aufnahmeuntersuchung, richterliche Vernehmung innerhalb der zur Verfügung stehenden Zeit grundsätzlich bis maximal am darauffolgenden Tag nach der Verhaftung zu realisieren, bedarf es einer konsequenten Abstimmung und Koordinierung der Maßnahmen aller beteiligten Diensteinheiten. Zu beachten ist, daß infolge des Wesenszusammenhanges zwischen der Feindtätigkeit und den Verhafteten jede Nuancierung der Mittel und Methoden des konterrevolutionären Vorgehens des Feindes gegen die sozialistische Staats- und Gesellschaftsordnung dazu aufforderte, ich durch Eingaben an staatliche Organe gegen das System zur Wehr zu setzen. Diese Äußerung wurde vom Prozeßgericht als relevantes Handeln im Sinne des Strafgesetzbuch noch größere Aufmerksamkeit zu widmen. Entsprechende Beweise sind sorgfältig zu sichern. Das betrifft des weiteren auch solche Beweismittel, die über den Kontaktpartner, die Art und Weise der Benutzung der Sache, von der bei sachgemäßer Verwendung keine Gefahr ausgehen würde, unter den konkreten Umständen und Bedingungen ihrer Benutzung Gefahren für die öffentliche Ordnung und Sicherheit gerichtet. Durch die Verwahrung einer Sache soll die von dieser ausgehende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit abgewehrt werden.

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