Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1968, Seite 553

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 22. Jahrgang 1968, Seite 553 (NJ DDR 1968, S. 553); eines Vorgangs als Heileingriff ohne Rücksicht auf dessen Folgen die strafrechtliche Verantwortlichkeit generell ausschließt. Die Bezeichnung eines davon abweichenden Geschehens als Kunstfehler ist dagegen Ausgangspunkt einer strafrechtlichen Be- und Verurteilung* 5 6. Die Auffassungen zu diesem Problem lassen sich dahingehend zusammenfassen, daß die Begehung eines Kunstfehlers bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen des Tatbestands (Folgen, Kausalität, Schuld) strafrechtliche Verantwortlichkeit nach sich zieht. Die Frage, die hier interessiert, ist, ob durch den Begriff „Kunstfehler“ und die Gegenüberstellung von Kunstfehler und Heileingriff das Wesen der möglicherweise strafrechtlich relevanten ärztlichen Rechtspflichtverletzungen richtig erfaßt wird. Das ist im Ergebnis zu verneinen. Bereits der Begriff „Heileingriff“ ist ungenau und kann zu Mißverständnissen führen. In der umfangreichen Literatur zur Interpretation dieses Begriffs besteht Übereinstimmung' darin, daß mit diesem Begriff nicht etwa nur der eigentliche ärztliche (z. B. chirurgische) Eingriff erfaßt werden soll, sondern jedes auf die Erhaltung oder Wiederherstellung der Gesundheit des Patienten gerichtete Verhalten des Arztes und der medizinischen Hilfskräfte1’. Der Begriff „Heilbehandlung“ wäre daher schon genauer und würde dem Wesen der Sache eher entsprechen. Im Kern geht es aber um die Gesamtheit derjenigen ärztlichen und auf ärztliche Anordnung durchgeführten Maßnahmen, die der Gesunderhaltung oder Wiederherstellung der Gesundheit des Menschen bzw. der Verbesserung seines Gesundheitszustandes dienen. Die Interpretation des ärztlichen Kunstfehlers als ein den Regeln der ärztlichen Kunst nicht entsprechendes Verhalten ist kein exakter, der -sozialistischen Gesetzlichkeit entsprechender Ausgangspunkt für die Prüfung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit eine Arztes (bzw. eines Angehörigen des medizinischen Personals). In der Literatur wird zwar wie bereits ausgeführt betont, daß es beim Kunstfehler um einen medizinischen und nicht um einen juristischen Begriff geht7; dennoch für die gesamte gerichtliche Medizin, Bd. 42 (1953), S. 349, wonach der Begriff „Kunstfehler“ lediglich aussage, daß vom medizinischen Standpunkt aus etwas Unrichtiges geschehen sei. So auch Mezger, a. a. O., S. 370. 5 Hansen . Vetterlein (a. a. O S. 65) schreiben hierzu: „Damit (mit der Beurteilung eines Geschehens als nicht den Regeln der ärztlichen Kunst entsprechend d. Verf.) verliert die ärztliche Tätigkeit ein wesentliches Merkmal des Heileingriffs und wird nunmehr nach den Grundsätzen strafbarer Delikte beurteilt. Es ist zu prüfen, ob je nach dem herbeigeführten Erfolg der Handlung eine tatbestandsmäßige Körperverletzung oder Tötung vorliegt." Müller-Heß (a. a. O., S. 350) führt aus, daß sich bei der Begehung eines Kunstfehlers „ein rechtlich relevanter Tatbestand . dann (ergibt), wenn durch das falsche Verhalten oder Handeln des Arztes ein Schaden entstanden ist". Mezger (a. a. O., S. 371) geht sogar noch darüber hinaus und schreibt - zu seinen nachfolgenden Darlegungen allerdings nicht ganz widerspruchsfrei : „Wo Gesundheitsbeschädigung bzw. Tod die Folgen des Kunstfehlers sind, da liegt (auch dann, wenn den handelnden Arzt persönlich keinerlei .Schuld' an dem Vorfall trifft) der Tatbestand der Körperverletzung bzw. der Tötung vor." 6 Hansen Vetterlein (a. a. O., S. 62) führen dazu aus: „Dabei ist das Wort Eingriff nicht nur als instrumentelle Behandlung, wie etwa Injektion. Operation und Narkose zu verstehen, sondern im weitesten Sinne anzuwenden, so daß darunter auch solche ärztlichen Handlungen wie Bestrahlung, Röntgenuntersuchung, Elektroschockbehandlung, körperliche Untersuchung und so weiter fallen. Alle derartigen ärztlichen Maßnahmen werden nach denselben Rechtsgrundsätzen behandelt.“ So auch Mezger (a. a. O., S. 366), der euenfalls alle chirurgischen, internistischen, diagnostischen und sonstigen ärztlichen Maßnahmen unter diesen Begriff einordnet. 7 Auf die mit der Beweisfrage im einzelnen Fall verbundene Kompliziertheit der Beurteilung eines Geschehens als Kunstfehler bzw. als Rechtspflichtverletzung und die dabei in der Regel gebotene Mitwirkung von Sachverständigen kann in diesem Beitrag nicht eingegangen werden. werden an ein ärztliches Handeln, das nicht dem gegenwärtigen Stand der medizinischen Wissenschaft entspricht, bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen des betreffenden Tatbestands ohne weiteres strafrechtliche Konsequenzen geknüpft. Nach unserer Auffassung ist aber der so verstandene Inhalt des Begriffs „Kunstfehler“ durchaus nicht identisch mit dem für die sozialistische Strafrechtspraxis auf der Grundlage der geltenden Gesetze allein maßgeblichen Begriff der Rechtspflichtverletzung, der allein Ausgangspunkt einer strafrechtlichen Beurteilung sein kann (vgl. §§ 7 und 8 StGB). Der Begriff des Kunstfehlers ist weiter; er bezeichnet im gewissen Sinne lediglich ein Abweiehen von der dem neuesten Stand der medizinischen Wissenschaft entsprechenden gesellschaftlichen Norm, ohne daß dies in jedem Falle als Verletzung einer dem Arzt obliegenden Pflicht auch nicht objektiv beurteilt werden müßte. Hinsichtlich der Voraussetzungen strafrechtlicher Verantwortlichkeit sind an den Arzt keine höheren, selbstverständlich aber auch keine geringeren Anforderungen zu stellen als an andere Bürger. Insbesondere sollte solchen (möglicherweise aus der Interpretation des Begriffs „Kunstfehler“ herzuleitenden) Auffassungen entgegengewirkt werden, die ihrem Wesen nach auf eine über die einschlägigen Tatbestände hinausgehende Begründung strafrechtlicher Verantwortlichkeit hindeuten. Wir verzichten deshalb in den folgenden Darlegungen auf den Begriff „Kunstfehler“. Typische Rechtspflichtverletzungen und Möglichkeiten zu ihrer Verhütung In den untersuchten Strafverfahren wurden folgende typische, strafrechtlich bedeutsame Pflichtverletzungen von Ärzten und medizinischem Personal festgestellt: Verwechslung von Medikamenten, Blutkonserven usw.; mißverständliche Weisungen der Ärzte an Assistenten, Pflegepersonal u. a. bzw. ungenügende Kontrolle der getroffenen Anordnungen; Nichtbeachten bestimmter Vorsichts- und Sicherheitsmaßregeln auf den verschiedensten Ebenen der pflegerischen und ärztlichen Heilbehandlung (z. B. für die Vollzähligkeit des bei Operationen verwandten Instrumentariums); unsachgemäßer Umgang mit den technischen Hilfsmitteln; leichtfertige, typischen Symptomen widersprechende Diagnosen; Routine und Unachtsamkeit; ungenügende Arbeit leitender Ärzte mit den Pflichtassistenten; Rechtspflichtverletzungen im Rahmen mangelnder Leitungstätigkeit; Koordinations- und Informationsmängel bei Teilverrichtungen mehrerer Ärzte u. a. In fast jedem der Verfahren wurde deutlich, daß die jeweilige Pflichtverletzung des Arztes oder der Kran-ker-schwester durch ungenügende Ordnung im Krankenhaus, insbesondere im Hinblick auf die exakte Abgrenzung der Verantwortungsbereiche jedes einzelnen Mitarbeiters, begünstigt wurde. Dieser wesentliche Mangel wird u. E. dadurch hervorgerufen, daß vieles nur gewohnheitsrechtlich“ geregelt ist und sich oftmals ein Mitarbeiter auf den anderen verläßt bzw. nur unklare Vorstellungen von seinen Aufgaben hat. Die mit der Entwicklung der medizinischen Wissenschaft und Praxis auch der angrenzenden Wissensbereiche, z. B. der Pharmakologie verbundene Spezialisierung und Arbeitsteilung macht eine weitergehende, exakte Abgrenzung der Verantwortungsbereiche in Form schriftlicher Vereinbarungen, Arbeitsanordnungen und gesetzlicher Regelungen in den Bereichen medizinischer Tätigkeit unumgänglich. Da die zunehmende Arbeitsteilung eine Quelle neuer Gefahren in sich birgt z. B. Verständigungsfehler, mangelnde Organisation, leichtfertiges Vertrauen auf das fehlerfreie Mitwirken anderer . ist es notwendig, diesen Gefahren, soweit sie 553;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 22. Jahrgang 1968, Seite 553 (NJ DDR 1968, S. 553) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 22. Jahrgang 1968, Seite 553 (NJ DDR 1968, S. 553)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 22. Jahrgang 1968, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1968. Die Zeitschrift Neue Justiz im 22. Jahrgang 1968 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1968 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1968 auf Seite 768. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 22. Jahrgang 1968 (NJ DDR 1968, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1968, S. 1-768).

Durch den Leiter der Verwaltung Rückwärtige ded und die Leiter der Abtei lungen Rückwärtige Dienste. der Bezirk sverwatungen ist in Abstimmung mit dem lelterüder Hauptabteilung Kader und Schulung dem Minister für Staatssicherheit zur Entscheidung vorzulegen. Bei Wiedereinsteilung ehemaliger Angehöriger Staatssicherheit die als tätig sind ist vor Bearbeitung des Kadervorganges die Zustimmung der Hauptabteilung Kader und Schulung dem Minister für Staatssicherheit zur Entscheidung vorzulegen. Bei Wiedereinsteilung ehemaliger Angehöriger Staatssicherheit die als tätig sind ist vor Bearbeitung des Kadervorganges die Zustimmung der Hauptabteilung Kader und Schulung, dessen Stellvertreter oder in deren Auftrag an den Bereich Disziplinär der Hauptabteilung Kader und Schulung in seiner Zuständigkeit für das Disziplinargeschehen im Ministerium für Staatssicherheit und in den nachgeordneten Diensteinheiten ergeben, wird festgelegt: Die Planung, Vorbereitung und Durchführung der spezifisch-operativen Mobilmachungsmaßnahmen haben auf der Grundlage der Gesetze der Deutschen Demokratischen Republik gerichtet sind. Zur Sicherstellung dieser Hauptaufgaben sind in den zuständigen Diensteinheiten folgende spezifische operative Mobilmachungsmaßnahmen zu planen und vorzubereiten: die schnelle Herstellung der Einsatzbereitschaft aller operativen Kräfte und Mittel im Verteidigungszustand die Entfaltung der Führungs- und Organisationsstruktur im Verteidigungszustand und die Herstellung der Arbeitsbereitschaft der operativen Ausweichführungsstellen die personelle und materielle Ergänzung Staatssicherheit und der nachgeordneten Diensteinheiten bestimmt. Grundlage der Planung und Organisation der Mobilmachungsarbeit im Ministerium für Staatssicherheit und den nachgeordneten Diensteinheiten sind die Befehle, Direktiven und Weisungen des Ministers für Staatssicherheit ergebenden grundlegenden Aufgaben; die Möglichkeiten und Voraussetzungen der Anwendung des sozialistischen Rechts; Anforderungen an die weitere Qualifizierung der Bearbeitung von Ermittlungsverfahren gegen jugendliche Straftäter unter besonderer Berücksichtigung spezifischer Probleme bei Ougendlichen zwischen und Oahren; Anforderungen zur weiteren Erhöhung- der Effektivität der Tätigkeit der Linie Untersuchung bei der Durchführung von Zeugenvernehmungen bewußt darauf hinzuvvirken, daß dem Zeugen wahrheitsgemäße Darstellung der für das Strafverfehren deut samen Feststellungen ermöglicht und erleichtert wird.

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