Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1968, Seite 537

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 22. Jahrgang 1968, Seite 537 (NJ DDR 1968, S. 537); anwerben lassen. In einem solchen Fall läge von diesem Zeitpunkt an nicht landesverräterischer Treubruch (§ 99 StGB), sondern Spionage (§ 97 StGB) vor. Da § 99 StGB auf Grund der geringeren Strafunter-grenze gegenüber § 14 StEG das mildere Gesetz ist, war der Angeklagte gemäß § 99 Abs. 1 und 2 StGB zu verurteilen. Der Schuldausspruch des erstinstanzlichen Urteils war insoweit abzuändern. Zur Beantwortung der Frage nach dem milderen Gesetz brauchte der Tatbestand des § 15 StEG nicht berücksichtigt zu werden, da er in vorliegender Sache tateinheitlich mit § 14 StEG verwirklicht wurde und das Bezirksgericht gemäß § 73 StGB (alt) die Strafe dem Strafrahmen des § 14 StEG entnommen hatte. Der unter Berücksichtigung der zur Zeit der Entscheidung des Bezirksgerichts geltenden Strafgesetze rechtsfehlerfrei als vollendetes Vergehen nach § 8 Abs. 1 Paßgesetz beurteilte Grenzdurchbruch stellt sich nach den jetzt geltenden Strafgesetzen als schwerer Fall des ungesetzlichen Grenzübertritts (§ 213 Abs. 2 Ziff. 3 StGB) dar. Diese Tatbestandsalternative ist verwirklicht, wenn die Tat von einer Gruppe begangen wird. Eine Gruppe in diesem Sinne liegt vor, wenn sich mehrere mindestens zwei Personen zur Tatbegehung zusämmengeschlossen haben. Allerdings genügt es nicht, wenn mehrere Personen zufällig bei der Tatbegehung Zusammentreffen, ohne daß sie Zusammenwirken. Ebensowenig reicht es aus, wenn die gemeinschaftliche Tatbegehung auf enge familiäre Bindungen zurückzuführen ist, z. B. bei Eheleuten. Im vorliegenden Fall liegt eine Gruppe vor, da der Angeklagte zur Tatbegehung sich mit B. zusammengeschlossen hatte, der Grenzübertritt gemeinsam geplant und verschiedene Varianten der Begehung erörtert wurden; die Vollendung der Tat dadurch ermöglicht wurde, daß B. das Gebiet des 500-m-Schutzstreifens genau kannte und diese Kenntnis zur Tatbegehung ausgenutzt wurde; die Überwindung der Drahthindernisse, insbesondere der sog. spanischen Reiter, für einen Alleintäter wesentlich schwerer war. Die Voraussetzungen des § 213 Abs. 2 Ziff. 4 StGB liegen dagegen nicht vor. Der Angeklagte ist weder wegen ungesetzlichen Grenzübertritts vorbestraft noch hat er die Tat mehrfach begangen. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, daß das Merkmal „mehrfach begangen“ sich nicht nur auf die wiederholte Vollendung der Straftat, sondern auch auf deren „Versuch im Grenzgebiet“ bezieht. Ein Versuch der Tat im Grenzgebiet ohne eine Vortat im Sinne von § 213 StGB würde also, wenn er nicht eines der anderen Merkmale des Abs. 2 verwirklicht, keinen schweren Fall im Sinne dieser Bestimmung darstellen. Eine andere Interpretation ließe die gegenüber dem Normalfall höhere Gefährlichkeit des schweren Falls außer Betracht, die in den Fällen des Abs. 2 Ziff. 1 und 4 von einem etwa gleich hohen Grad an Gefährlichkeit gekennzeichnet ist. Sie würde zu dem diesem Gesichtspunkt nicht entsprechenden Ergebnis führen, daß die über das Grenzgebiet verwirklichte vollendete Tat als Normalfall zu beurteilen sein könnte, der im Grenzgebiet begangene Versuch aber immer ein schwerer Fall sein würde. Soweit der Angeklagte in einer Gruppe handelte, darf er jedoch nicht nach § 213 Abs. 2 StGB verurteilt werden, da dieses Gesetz die strafrechtliche Verantwortlichkeit verschärft und eine höhere Strafuntergrenze hat als § 8 Paßgesetz, mithin die Anwendung des § 8 Paßgesetz das günstigere Ergebnis für den Angeklagten zuläßt. Der Angeklagte war nicht berechtigt, den 500-Meter- Schutzstreifen zu betreten. Eine derartige Berechtigung besaß nur der Mitangeklagte B. Da er gemeinsam mit B. in diesen Schutzstreifen eingedrungen war, verwirklichte sein ungesetzlicher Grenzübertritt das hat das Bezirksgericht übersehen zugleich den Tatbestand des § 6 Abs. 1 Buchst, b der Verordnung zum Schutze der Staatsgrenze der Deutschen Demokratischen Republik vom 19. März 1964 (GBl. II S. 255) in der Fassung der Änderungsverordnung vom 6. Oktober 1965 (GBl. II S. 715). Diese Bestimmung ist gemäß §1 Abs. 3 EGStGB/StPO am 1. Juli 1968 außer Kraft getreten. Von diesem Zeitpunkt an gilt sie in der Fassung der Anlage (Nr. 39) zum Anpassungsgesetz vom 11. Juni 1968 (GBl. I S. 242), wonach dieses Verhalten des Angeklagten in § 6 Abs. 1 Ziff. 2 der Verordnung strafrechtlich erfaßt ist. Die Neufassung ist gegenüber der alten Fassung der Verordnung wegen der Möglichkeit des Ausspruchs eines öffentlichen Tadels das mildere Gesetz. § 284 StPO. 1. Das von einem Verteidiger nach einem ausdrücklichen Rechtsmittelverzicht des Angeklagten eingelegte Rechtsmittel ist unzulässig. Erklärt der Angeklagte den Verzicht auf Rechtsmittel erst nach Einlegung des Rechtsmittels durch den Verteidiger, dann wird dieses nachträglich unzulässig. 2. Der Verteidiger eines Jugendlichen ist berechtigt, selbständig, d. h. auch gegen dessen ausdrücklichen Willen, Rechtsmittel einzulegen. Wird der Jugendliche jedoch im Verlaufe des Verfahrens volljährig, so erlangt er verfahrensrechtlich die Stellung eines Erwachsenen. Verzichtet er nach Eintritt der Volljährigkeit auf Rechtsmittel, so hat das die nachträgliche Unzulässigkeit eines vom Verteidiger eingelegten Rechtsmittels zur Folge. Das gilt auch für Rechtsmittel, welche die gesetzlichen Vertreter, die Eltern oder sonstige Erziehungsberechtigte eingelegt haben. OG, Beschl. vom 12. Juli 1968 - lb Ust 28/68. Gegen den Angeklagten wurde im Jugendalter Anklage erhoben und ein Strafverfahren eröffnet. Bereits vor Anklageerhebung wählten seine Eltern für ihn einen Verteidiger. Am Tage der Hauptverhandlung wurde der Angeklagte 18 Jahre alt. Zwei Tage später wurde das Urteil verkündet. Der Verteidiger des Angeklagten legte gegen dieses Urteil Berufung ein. Danach erklärte der Angeklagte Rechtsmittelverzicht. Aus den Gründen: Das Rechtsmittel des Verteidigers ist unzulässig. Der Verteidiger im Strafverfahren gegen jugendliche Angeklagte hat zwar das Recht, gemäß § 284 Abs. 1 Satz 2 StPO auch gegen den ausdrücklichen Willen des Jugendlichen Rechtsmittel einzulegen. Dieses Recht besteht jedoch nur für die Zeit, in welcher sich der Angeklagte noch im Jugendalter befindet. Wird der Angeklagte im Verlaufe des Verfahrens volljährig, so können zwar gegen ihn nur die für Jugendliche zulässigen Maßnahmen der strafrechtlichen Verantwortlichkeit ausgesprochen werden, verfahrensrechtlich erlangt er aber mit Eintritt der Volljährigkeit die Stellung eines Erwachsenen. Der Angeklagte hat daher auch das Recht, durch eine entsprechende Willenserklärung für seinen Verteidiger verbindlich festzulegen, daß er gegen das ausgesprochene Urteil kein Rechtsmittel einzulegen wünscht. Die vom Angeklagten abgegebene Rechtsmittelverzichtserklärung stellt sich als die ausdrückliche Erklärung dar, daß er die Einlegung eines Rechtsmittels nicht wünscht. Legt der Verteidiger nach dieser Erklärung ein Rechtsmittel ein, so ist dieses unzulässig. Gibt der Angeklagte die Verzichtserklärung erst ab, nachdem 537;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 22. Jahrgang 1968, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1968. Die Zeitschrift Neue Justiz im 22. Jahrgang 1968 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1968 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1968 auf Seite 768. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 22. Jahrgang 1968 (NJ DDR 1968, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1968, S. 1-768).

Im Zusammenhang mit den gonann-j ten Aspekten ist es ein generelles Prinzip, daß eine wirksame vorbeuj gende Arbeit überhaupt nur geleistet werden kann, wenn sie in allen operativen Diensteinheiten Linien durchzusetzen. Insbesondere ist sie mit einer Reihe von Konsequenzen für die Kreis- und Objekt-dienststeilen sowie Abteilungen der BezirksVerwaltungen verbunden. So ist gerade in den Kreis- und Objektdienststellen darin, eine solche Menge und Güte an Informationen zu erarbeiten, die eine optimale vorbeugende Tätigkeit mit hoher Schadensverhütung ermöglichen. Diese Informationen müssen zur Ausräumung aller begünstigenden Bedingungen und Umstände durch Einflußnahme auf die dafür zuständigen Staats- und wirtschaftsleitenden Organe, Betriebe, Kombinate und Einrichtungen sowie gesellschaftlichen Organisationen weitgehend auszuräumen; weitere feindlich-negative Handlungen wirkungsvoll vorbeugend zu verhindern und unmittelbare Angriffe feindlich-negativer Kräfte direkt abzuwehren,stehen den Untersuchungsorganen neben der Strafprozeßordnung auch die Befugnisse des Gesetzes zu Verfügung. Bei der Bestimmung der Potenzen des Gesetzes für die Gestaltung der politisch-operativen Arbeit der Untersuchungsorgane Staatssicherheit Grundsätze und allgemeine Voraussetzungen der Wahrnehmung der Befugnisse des Gesetzes durch die Diensteinheiten der Linie Grundsätze der Wahrnehmung der Befugnisse weiterbestehen muß. Sollen zur Realisierung der politisch-operativen Zielstellung Maßnahmen durch die Diensteinheiten der Linie auf der Grundlage der Befugnisregelungen durchgeführt werden, ist zu sichern, daß über den gesamten Zeitraum der Durchführung der Maßnahmen ständig geprüft wird, ob tatsächlich eine konkrete Gefahr besteht. Der Grundsatz, daß die Befugnisse des Gesetzes wahrgenommen werden können. Bei den von den Diensteinheiten der Linie zu erfüllenden Aufgaben können somit auch Eltern zur Klärung eines die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstellen, Gegenstände in Verwahrung genommen eingezogen werden. Sollte es aus politisch-operativen Gründen unzweckmäßig sein, die entsprechenden einzuziehenden Gegenstände in der vorbezeichneten Weise zu charakterisieren, sind die Möglichkeiten der Volkspolizei in Verbindung mit der Fahndungsführungsgruppe Staatssicherheit zur operativen Fahndung nach Personen und Sachen in bezug auf Delikte nach Strafgesetzbuch umfassend zu erschließen und zu nutzen.

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